von Archiv | 15.11.2006
Anmerkungen zum Greifswalder Wohnungsmarkt
Man sollte meinen, die Privatsphäre eines Menschen darf nicht mit Füßen getreten werden. Mein damaliger Vermieter sah das nicht so eng.
Zunächst monatlich, dann in kürzeren Intervallen schickte er kurzerhand eine Putzkolonne, die in unserer Wohnung Küche, Bad und Flur sauber machen sollte. Bevorzugte Uhrzeit: Sieben Uhr morgens. Bevorzugte Lautstärke: zu laut, um weiterzuschlafen. Bevorzugte Reaktion meinerseits: Rausschmiss.
Unangekündigt aus dem Bett vertrieben zu werden, obwohl man normalerweise erst um halb zehn aufstehen müsste, grenzt an Frechheit. Auch meine fünf Mitbewohner wurden unsanft aus dem Schlaf gerissen. Vorbereitet konnten wir nicht sein, denn der Vermieter händigte der Putzfirma ohne Absprache mit uns die Schlüssel aus. Selbst im Hotel wird man als Gast besser behandelt – dort wird morgens zwischen Acht und Zehn das Zimmer gereinigt. Und wohlgemerkt: der Flur und die Küche waren bei weitem nicht so dreckig, dass eine hausexterne Firma hätte kommen müssen.
Als wir uns dann eine Zweiraumwohnung suchten, wussten wir noch nicht, dass wir es mit Leuten zu tun bekommen würden, die den Greifswalder Wohnungsmarkt zu beherrschen scheinen.
Auf dem schwarzen Brett der Uni fanden wir eine Wohnung in der Fleischervorstadt. Bald war der Deal mit der Vormieterin und dem Vermieter gemacht und die alte Wohnung gekündigt. Da kam ein Anruf von einem Makler, der uns weismachen wollte, dass er von uns eine dreistellige Maklercourtage für die Vermittlung der Wohnung bekäme. Klärende Gespräche mit dem Vermieter scheiterten entweder an seiner Unerreichbarkeit oder an dessen angeblicher Ahnungslosigkeit.
Als wir uns weigerten, eine dreistellige Provision für nicht erbrachte Leistungen zu zahlen, zuckte der Makler nur mit den Schultern und sagte, die Wohnung laufe nur über ihn oder gar nicht.
Da schon zuviel Zeit ins Land gestrichen war und wir bereits gekündigt hatten, mussten wir wohl oder übel zusagen. Zusätzlich zu der Maklergebühr kam selbstredend noch die Kaution in Höhe von drei Kaltmieten.
Dafür gab es zwar ein Eins-A-Übergabeprotokoll, aber der fahle Geschmack, abgezockt worden zu sein, blieb.
Geschrieben von Katarina Sass
von Archiv | 15.11.2006
Der Abschied vom „Hotel Mama“
Zweitausendsechs, das Jahr des Hundes, der Fußballweltmeisterschaft und der Beginn meines selbstständigen Lebens.
Der Abiball liegt noch schwer in den Knochen und erst jetzt meinen einige Leute, sich Gedanken über ihre Zukunft machen zu müssen. Da ich schon früh genug wusste, wohin es mich verschlägt, machte ich mir weniger Sorgen.
Das verschaffte mir einen Vorsprung bei der Wohnungssuchaktion. Ein Jahr zuvor machte ich mehrere Ausflüge nach Greifswald. Alsbald musste ich eine Entscheidung treffen, die mein Leben verändern sollte. Mir war klar, dass ich auf jeden Fall dem guten Ruf der Uni Greifswald folgen würde und ich hatte mich bereits in den Osterferien auf Greifswald festgelegt.
Danach startete die mühselige Suchaktion mittels Internet und Zeitungsannoncen. Denn meine Ansprüche waren hoch: keine WG, kein Wohnheim, kein Plattenbau, nah an der Fakultät.
Das Internet war keine große Hilfe, also musste ich extra die Ostsee-Zeitung abonnieren. Zack, gleich der erste Treffer. Eine minimale Anzeige bot des Beste vom Besten: Apartment in einer renovierten Stadtvilla, 29 Quadratmeter, Erstbezug, in Altstadtlage, provisionsfrei, 260 Euro warm!
Obwohl der erste Anruf vielversprechend war, ließ der Besichtigungstermin einen ganzen Monat auf sich warten. Ich sah den Traum schon platzen und suchte nach anderen Wohnmöglichkeiten. Selbst den Gedanken an eine WG zog ich jetzt in Erwägung.
Aber zum Glück hatten meine Eltern und ich den Besichtigungstermin Mitte Juni. Als wir dann frühmorgens, nach zwei Stunden Fahrt aus Brandenburg, endlich angekommen waren, ging es Schlag auf Schlag. Wohnung besichtigt, fünf Sekunden überlegt und unterschrieben.
Kurz zuvor machte ich noch schnell die Abiprüfungen und gleich darauf halte ich meinen ersten Mietvertrag in den Händen. Der Abiball konnte in Ruhe vonstatten gehen und auch die Ausräumaktion meines ehemaligen Kinderzimmers verlief über den Zeitraum des Sommers. Es war sogar so viel Zeit übrig, dass ich noch zwei Wochen in Frankreich verbringen konnte.
Dann kam der Auszug aus meiner Heimat und der Einzug in mein neues Leben. Weg vom „Hotel Mama“, rein in ein Heim, das man aufräumen kann, wann man will. Wo man aufstehen kann, wann man will, einkaufen kann, was man will und endlos Party machen.
Aber ich stelle fest, dass die erste eigene Wohnung kein Zuckerschlecken ist. Man freut sich doch darauf, nach Hause zu kommen und sich bemuttern zu lassen. Ich bin froh, dass ich so früh wie möglich gesucht habe und ich gleich beim ersten Mal die Traumwohnung gefunden habe. Jetzt kann ich in Ruhe meine Zeit hier in Greifswald genießen.
Geschrieben von Anne Regling
von Archiv | 15.11.2006
Wenn bei dem ersten Sturm Deutschland nicht wieder auseinanderfallen soll,
wenn die Reichsfeinde nach einer oder zwei gewonnenen Schlachten vom Rhein nicht wieder bis Wien und Berlin ungestraft sollen marschieren dürfen, so muß uns eine geistige Kraft gegeben werden, ein Stolz auf eine edle Freiheit und eine Zuversicht auf Gesetz und Recht, welche die Menschen freudig in den heiligen Tod fürs Vaterland treibt.
[zitiert nach: E.M. Arndt: „Geist der Zeit“, 4. Teil, Leipzig o.Jg., 2. Kapitel, Seite 57]
Geschrieben von Ernst Moritz Arndt
von Archiv | 12.11.2006
Shinya Tsukamotos „Haze“
Beklemmende Enge. Allumfassende Dunkelheit. Tief unter der Erde befindet sich ein namenloser Mann (Kaori Fujii) eingeschränkt in seinen Bewegungen wieder. Fragend und frustrierend stellt sich er sich der Herausforderung, Antworten und einen Ausweg aus seinem Gefängnis zu finden.
Die erste Hälfte des japanischen Kurzfilms ist der Protagonist sowohl Absender als auch Empfänger seines eigenen Leides. Auf dem Weg zum interpretationswürdigen Ende wird eine „Mitspielerin“ getroffen… . Multitalent und Filmallrounder Tsukamoto verschleppt den Zuschauer in einen Höllentrip. Nahe und nächste Kameraaufnahmen machen das Elend der Figuren spürbar. Die simple Handlungsbasis läßt US-amerikanische Vorbilder erahnen, geht über diese aber sowohl filmisch als auch existenzial hinaus. Zelluloide Intelligenz ist gefordert. Dank der DVD-Extras ergeben sich Aufschlüsse über den Krieg gegen die eigene Unkenntnis.
Geschrieben von Björn Buß
von Archiv | 11.11.2006
Die Einladepraxis zum Festakt sorgt für Unmut
Am 17. Oktober wird die gesamte Universität im Dom ihren 550. Geburts-tag feiern. Die gesamte Uni? Nein, eine bestimmte Gruppe wird nur wenig vertreten sein, wenn der Bundespräsident und die schwedische Königin Greifswald ihren Besuch abstatten – und das, obwohl sie ein wichtiger Bestandteil des „Uni-versums“ ist, ja, die „Alma mater“ ein ums andere Mal am Leben erhalten hat: die Studierenden.
Kathrin Berger ist sauer. Vor einigen Wochen musste die Präsidentin des Studierendenparlaments ihren Abgeordneten mitteilen, dass diese nur alleine am Festakt im Dom teilnehmen könnten und nicht in Begleitung, wie es vorher in der Einladung des Jubiläumsbüros geheißen hatte. „Ich kann es nicht nachvollziehen, dass da erst Leute ein- und später wieder ausgeladen werden“, zeigt sich Kathrin Berger enttäuscht. „Der Dom ist einfach schon knackevoll“, versucht Constanze Steinke zu erklären. Ihre Rostocker Agentur hat während des Jubiläums die PR-Arbeit der Universität übernommen. „Mit so vielen Interessenten haben wir nicht gerechnet“, gibt sie zu. Allein der NDR werde als Medienpartner mit 85 Angestellten im Dom vertreten sein. „Mehr als 1200 Gäste bekommen wir da nicht unter.“ Planungsfehler im Jubiläumsbüro könne sie jedoch nicht ausmachen. Der dort für den Festakt Verantwortliche, Boris Spix, wollte sich zur Einladepraxis nicht äußern.
Auch auf eine andere Frage gibt es keine Antwort. Unbestätigten Gerüchten zufolge sollen die Partneruniversitäten der Ernt-Moritz-Arndt-Universität zunächst zu den Jubiläumsfeierlichkei-ten eingeladen worden sein, doch als das Organisationsbüro die finanziellen Mittel hierfür nicht auftreiben konnte, kurzerhand eine Ausladung erhalten haben.
„Einige Posten wie zum Beispiel die hohen Sicherheitsmaßnahmen sind teurer geworden als wir zunächst gedacht haben“, berichtet Constanze Steinke. Dies habe zu gewissen Sparmaßnahmen geführt. Eine Verbindung zu einer möglichen Ausladung sieht sie jedoch nicht. Doch auch so ist diese „Sparmaßnahme“ eher ein blamables Ereignis für die Außendarstellung der Universität.
Ein anderer Punkt am Rande des Festakts scheiterte am Desinteresse der Studierenden. So hatte Bernd Eckloff in seiner Eigenschaft als Fahrer des Rektors im September zehn Studenten gesucht, die während des Festakts prominente Gäste im Audi A8 durch Greifswald chauffieren sollten. Der Autobauer wollte der Uni die Fahrzeuge kostenlos zur Verfügung stellen, doch leider meldeten sich nur zwei Studenten, das Angebot verfiel. Nun werden die Promis im Bus durch Greifswald fahren. Königin Silvia und Bundespräsident Köhler werden allerdings nicht auf die öffentlichen Verkehrsmittel ausweichen müssen, wie Bernd Eckloff versichert: „Sie werden ihre eigenen Fahrer mitbringen.“
Geschrieben von Kai Doering