Der Abschied vom „Hotel Mama“

Zweitausendsechs, das Jahr des Hundes, der Fußballweltmeisterschaft und der Beginn meines selbstständigen Lebens.

Der Abiball liegt noch schwer in den Knochen und erst jetzt meinen einige Leute, sich Gedanken über ihre Zukunft machen zu müssen. Da ich schon früh genug wusste, wohin es mich verschlägt, machte ich mir weniger Sorgen.
Das verschaffte mir einen Vorsprung bei der Wohnungssuchaktion. Ein Jahr zuvor machte ich mehrere Ausflüge nach Greifswald. Alsbald musste ich eine Entscheidung treffen, die mein Leben verändern sollte. Mir war klar, dass ich auf jeden Fall dem guten Ruf der Uni Greifswald folgen würde und ich hatte mich bereits in den Osterferien auf Greifswald festgelegt.
Danach startete die mühselige Suchaktion mittels Internet und Zeitungsannoncen. Denn meine Ansprüche waren hoch: keine WG, kein Wohnheim, kein Plattenbau, nah an der Fakultät.
Das Internet war keine große Hilfe, also musste ich extra die Ostsee-Zeitung abonnieren. Zack, gleich der erste Treffer. Eine minimale Anzeige bot des Beste vom Besten: Apartment in einer renovierten Stadtvilla, 29 Quadratmeter, Erstbezug, in Altstadtlage, provisionsfrei, 260 Euro warm!
Obwohl der erste Anruf vielversprechend war, ließ der Besichtigungstermin einen ganzen Monat auf sich warten. Ich sah den Traum schon platzen und  suchte nach anderen Wohnmöglichkeiten. Selbst den Gedanken an eine WG zog ich jetzt in Erwägung.
Aber zum Glück hatten meine Eltern und ich den Besichtigungstermin Mitte Juni. Als wir dann frühmorgens, nach zwei Stunden Fahrt aus Brandenburg, endlich angekommen waren, ging es Schlag auf Schlag. Wohnung besichtigt, fünf Sekunden überlegt und unterschrieben.
Kurz zuvor machte ich noch schnell die Abiprüfungen und gleich darauf halte ich meinen ersten Mietvertrag in den Händen. Der Abiball konnte in Ruhe vonstatten gehen und auch die Ausräumaktion meines ehemaligen Kinderzimmers verlief über den Zeitraum des Sommers. Es war sogar so viel Zeit übrig, dass ich noch zwei Wochen in Frankreich verbringen konnte.
Dann kam der Auszug aus meiner Heimat und der Einzug in mein neues Leben. Weg vom „Hotel Mama“, rein in ein Heim, das man aufräumen kann, wann man will. Wo man aufstehen kann, wann man will, einkaufen kann, was man will und endlos Party machen.
Aber ich stelle fest, dass die erste eigene Wohnung kein Zuckerschlecken ist. Man freut sich doch darauf, nach Hause zu kommen und sich bemuttern zu lassen. Ich bin froh, dass ich so früh wie möglich gesucht habe und ich gleich beim ersten Mal die Traumwohnung gefunden habe. Jetzt kann ich in Ruhe meine Zeit hier in Greifswald genießen.

Geschrieben von Anne Regling