DVD: Rütli lässt grüßen

Detlev Bucks „Knallhart“

Seit Filmen wie „Karniggels“ und „Männerpension“ könnte man Regisseur Detlev Buck mit seinem Händchen für filmische Skurrilitäten als eine Art Tarantino des norddeutschen Flachlands bezeichnen. Sein neuester Film, das Sozialdrama „Knallhart“, beschreitet nur scheinbar neue Wege.

Der fünfzehnjährige Protagonist Michael findet sich nach dem abrupten sozialen Absturz seiner Mutter, eines in die Jahre gekommenen High-Society-Luders (sich scheinbar selbst spielend: Jenny Elvers), unversehens mitten im hauptstädtischen sozialen Brennpunkt Neukölln wieder. Schnell bekommt er zu spüren, was es heißt, selbst ein deutscher „Migrant“ im Reich der türkischen Minderheit zu sein. Vom Strudel der Gewalt erfasst, treibt es Michael in die Fänge der wohlwollenden Unterweltgröße Hamal, der ihm einen scheinbaren Ausweg aus seinem „Opferdasein“ aufzeigt.
Atmosphärisch und inhaltlich irgendwo zwischen Akins Kiezdrama „Kurz und Schmerzlos“ und De Niros „Straßen der Bronx“ wird viel Altbekanntes serviert. Dennoch schafft es Buck zumeist, die ärgsten Klischees zu umschiffen und den von ihm bisher nicht bekannten gesellschaftskritischen Ansatz mit seiner ganz eigenen Handschrift griffig umzusetzen. Wenig plausibel erscheint lediglich Michaels allzu beiläufige Berufung in die türkische Unterwelt.
Wirklich sehenswert machen „Knallhart“ Bucks subtile Inszenierung kurioser Kleinigkeiten und die liebevoll gezeichneten Nebenfiguren. Herrlich widerwärtig fallen dabei die Auftritte von Christian Ulmen und Jan Hendrik „Mux“ Stahlberg als überkandidelte Yuppie-Wichte aus. Über das übliche Beiwerk hinaus bietet die DVD wenig Spektakuläres. Durchaus launig ist allerdings der nordisch-nonchalante Audio-Kommentar von „Regievogel“ Buck.

Geschrieben von Johannes Kühl

Ihr habt die Wahl!

Für die Zukunft der Universität Greifswald: Justus Richter, neuer AStA-Referent für Hochschulpolitik

Das Referat für Hochschulpolitik ist von zentraler Bedeutung, denn politische Entscheidungen betreffen uns alle. Wir leben in einer Gesellschaft, die wir selbst mitgestalten können. Das gilt für Prozesse auf jeder politischen Ebene. Gerade die Zukunft der Universität Greifswald sollten Studierende aufs Nachhaltigste entscheiden.

Seit dem 24. 10. bin ich als Referent für Hochschulpolitik des Allgemeinen Studierenden Ausschuss (AStA) tätig. Die Entwicklung der Landespolitik im Bereich der Hochschulen verfolge ich schon seit langem kritisch und habe mich daher entschlossen, die Belange der Studierendenschaft sie darin zu repräsentieren, zu vertreten und an der Meinungsbildung mitzuwirken. Gerade bei der Auseinandersetzung mit politischen Themen, die die Interessen der Studierendenschaft in besonderer Weise beeinflussen ist es wichtig, sich zu positionieren und ihre Meinung zu artikulieren. Wichtig bleibt dennoch:  für Studierende lohnt es sich immer, sich in die studentischen Belange der Hochschulpolitik der Ersnst-Moritz-Arndt Universität einzubringen.
 Der Widerstand gegen die Einführung von Studiengebühren bleibt weiterhin zentrales Thema für künftige Diskussionen.
Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU in MV haben ergeben, dass Gebühren für die Einführung von Studiengebühren für das Erst- und Zweitstudium vorerst nicht vorgesehen sei. Das Landeshochschulgesetz (LHG) soll demnach in der jetzigen Form bestehen bleiben. Jedoch können weitere Veränderungen nicht ausgeschlossen werden. Das Studierendenparlament (StuPa) lehnt dies strikt ab.

Die Gremienwahlen finden im Januar statt. Hierfür sollte eine höhere Wahlbeteilung erreichbar sein. 12 Prozent in diesem Jahr sind ein denkbar guter Anfang im Vergleich zu früheren Urnengängen. Dennoch hängt davon die politische Legitimation  in erster Linie von der Beteiligung ab. Nutzt euer Wahlrecht!
Ins Auge sticht zudem der dringende Renovierungsbedarf vieler Universitätsgebäude. Ein langfristiges Projekt beinhaltet die thematische Auseinandersetzung mit der NPD. Dazu werden in enger Abstimmung mit den AStA – Referaten eine Reihe Veranstaltungen und Aktionen stattfinden.
Protest werden vielleicht auch nicht ausbleiben. Die Aushöhlung der Hochschulautonomie darf nicht forschreiten. Der Vernachlässigung studentischer Belange im Bereich der Hochschulpolitik des Rektorats und des Landes muss Einhalt geboten werden!

Geschrieben von Justus Richter

Engagement lohnt sich!

Ein Aufruf der Präsidentin des Studierendenparlaments Kathrin Berger

Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,

erstmals in der Geschichte der EMAU ist die Zahl der Studierenden auf über 11000 gestiegen. Dies ist ein Grund zur Freude, denn diese Zahl zeigt, wie attraktiv die Alma Mater Gryphiswaldensis für wissbegierige junge Menschen ist.
Die Studierenden bilden damit die größte Gruppe innerhalb der Universität – einerseits eine heterogene Gruppe an fünf Fakultäten, mit unterschiedlichen Zielen, Interessen und Wünschen. Andererseits verbindet uns auch etwas: Das gemeinsame Ziel, wunderschöne Jahre an der Uni zu verbringen, gut ausgebildet zu werden und einen erfolgreichen Abschluss zu erzielen.
Daneben gibt es etliche Studierende, deren gemeinsames Ziel es ist, die Entwicklungen in der  Universität auch mitzubestimmen. Diese unsere Kommilitonen und Kommilitoninnen engagieren sich in den studentischen und akademischen Gremien: in den Fachschaftsräten, den Fakultätsräten, im Studierendenparlament (StuPa), dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) sowie dem Akademischen Senat.
Die gemeinsame und verbindende Aufgabe aller Studierender in den Gremien ist das Verantwortungsbewusstsein, als Studierende für Studierende zu arbeiten und zu versuchen, gemeinsame Interessen zu vertreten, die Studienbedingungen zu verbessern und die studentischen Positionen der personell stärksten Gruppe an der Universität klar zu artikulieren und zu vertreten.
Der AStA steht Euch Studierenden darüber hinaus bei den unterschiedlichsten Fragen jederzeit zur Verfügung, egal, ob Ihr Probleme mit dem BAföG habt, Euren Stundenplan allein nicht zusammen stellen könnt, Euch zu aktuellen Kulturangeboten informieren möchtet oder plant, ein Semester ins Ausland zu gehen – alle diese Fragen und noch viele mehr können Euch die AStA-Referenten und Referentinnen beantworten. Sie nehmen sich neben ihrem eigenem Studium Zeit für Euch.
Der AStA wird gewählt durch das StuPa, das die Legislative der verfassten Studierendenschaft ist und von allen Studierenden nach den freiheitlich-demokratischen Grundsätzen gewählt wird. Es legt die Rahmenbedingungen fest, beschließt den Haushalt der Studierendenschaft (in den von jeder und jedem von uns ein Teil des Semesterbeitrages fließt) und befasst sich mit allen grundsätzlichen Entscheidungen. Ganz aktuell ist dabei die Positionierung gegen Studiengebühren.
Das StuPa wie auch die anderen erwähnten Gremien benötigen eine demokratische Legitimation. Deshalb ist es wichtig, dass wir Euch erklären, was wir in den Gremien machen und wofür wir uns einsetzen. Ebenso wichtig ist es, dass Ihr Euch für diese Arbeit interessiert und auch mal „mitmachen“ und die Studierendenschaft vertreten wollt – ganz egal, ob im StuPa, im Fakultätsrat oder im Akademischen Senat. Außerdem sollten viele von Euch wählen gehen und den Vertretern eine gute Ausgangslage für ihre Arbeit mit auf den Weg geben.
 Da die studentischen Vertreter der universitären Gremien im Januar 2007 neu gewählt werden, planen wir für Euch ein hochschulpolitisches Wochenende am 2.-3. Dezember. Wir möchten Euch über die Arbeit und Zuständigkeiten der Gremien informieren, die hochschulpolitische Lage vorstellen und Euch für die Beteilung in den Gremien begeistern. Interessenten können sich dazu bis 27. November 2006 beim AStA-Referenten für Fachschaften und Gremien, Thomas Schattschneider anmelden. Kontakt: gremien@asta-greifswald.de
Bitte nehmt Eure Möglichkeiten der Partizipation an der Universität wahr. Engagement lohnt sich!

Geschrieben von Kathrin Berger

As a result …

AStA vertieft Kontakt zu Stettiner Studierendenschaften

Die Kontakte der Greifswalder Studierendenschaft sind gut. Lettland, Estland, Frankreich, Spanien, Schweden, Litauen, Österreich, Irland, Serbien und Weissrussland gehören zu der Liste der europäischen Studierendenschaften, zu denen AStA-Referentin Monika Peiz den Kontakt hält und pflegt.

Polen nimmt dabei eine besondere Rolle ein. „Die polnischen Studierenden bilden die größte Gruppe der ausländischen Studierenden in Greifswald“, so Monika Peiz.

Ausgebaut

Anfang Mai 2006 erreichte den hiesigen AStA eine Anfrage aus Stettin. „Wir wurden zum Festival Stettin Juwenalia eingeladen“, so die Referentin für Studierenden- austausch und Internationalisierung. 50 Greifswalder Studenten folgten damals der Anfrage. Man lernte sich kennen und beschloss, den Kontakt auszubauen. Im Sommer erfolgte dann der Gegenbesuch. Die Struktur polnischer und deutscher Universitäten, soziale Belange der Studierenden, der aktuelle Stand der Hochschulpolitik sowie kulturelle Belange standen auf der Agenda. „Die Einladung nach Greifswald erfolgte, um einfach ein paar weitere Dinge zu besprechen“, so Monika Peiz.

Vertieft

Doch dabei blieb es nicht.  Am 28. und 29. Oktober trafen sich die  Vertreter beider Seiten in Stettin zu vertiefenden Beratungen. „Wir wollten jetzt weitere Projekte für die Zukunft planen, eine Zusammenarbeit fokusieren und weitere kleine Fragen zu einzelnen Bereichen klären“, so die AStA-Referentin. Sehr interessant seien die Diskussionen in den kleinen Gruppen gewesen. „Es hat mich sehr gefreut die Leute wieder zu sehen, neue kennen zu lernen und die Zeit mit dem umfangreichen Begleitprogramm zu erleben.“
„Der fruchtbare Austausch führte zu der gemeinsamen Ideen des Letter of Intend“, fasst Thomas Schattschneider, AStA-Referent für Fachschaften und Gremien, die Gespräche zusammen. Dieser soll von den einzelnen Studierendenschaften beider Seiten unterzeichnet werden und bekräftigt ihren Willen zur Zusammenarbeit. Spannend wird dann die erste gemeinsame Radtour im April von Greifswald nach Stettin.

Geschrieben von Uwe Roßner

Spur der Seiten

Internationale Autorentagung „Junge Literatur in Europa“ der Hans Werner Richter-Stiftung

Wie groß würde es wohl werden, wenn es heißt „Junge Literatur in Europa“? Wie groß, wenn diese im Internationalen Begegnungszentrum statt fände? Wie groß, wenn dort Autoren lesen, welche schon fast jeden Literatur-Preis gewonnen haben, den es zu gewinnen gilt? Und schließlich, ganz naiv, warum macht man das?

In der Bahnhofstraße 2/3 gibt es einen Raum, der durch nichts abzulenken versucht, etwas Stuck, der schon immer da war, kahle weiße Wände, zwei moderne eintönige Kunstwerke und eine Hand voll roter Stühle auf grauem Boden. Kaum mehr als 50 Besucher konnten so Platz finden und nicht jeder Stuhl wurde besetzt. Man war sparsam mit der Werbung umgegangen und wollte vielleicht auch gar nicht, dass die Welt an diesen drei Tagen genauer hinsieht. Wer aber mitbekam, dass Anfang November die Internationale Autorentagung statt fand, hatte eine einmalige Gelegenheit, auf Augenhöhe, manchmal Schulter an Schulter und Bein an Bein neben denen zu sitzen, welche die Welt – ihre Welt – nein, ihre Sicht in Büchern beschreiben und festzuhalten versuchen. Und das nicht nur mit Erfolg, sondern auch auf eine Weise, der man gern zuhört, der man gern lauscht, von der man mehr will.
Clemens Meyer, Gernot Wolfram oder Rein Raud sind Namen, die nicht jedem etwas sagen, vielleicht noch nicht. Es ist eine junge Literatur, die noch sucht, die eine ganz andere Generation anspricht. Zum Beispiel die Generation derer, die in der DDR aufgewachsen sind, die Wende im Sturm ihrer eigenen Jugend erlebten und sich danach zurecht finden mussten. Sie wollten nicht, sie mussten und müssen eben jene Worte erzählen. Und die Worte sind es auch, welche im Vordergrund stehen, nicht der Autor. Seine Aussage, seine Botschaft, eben das, was geschrieben werden musste.
So war es auch bei Kerstin Mlynkec. Sie machte sich zunächst einen Namen als Fotografin und Filmschaffende. Doch das schien ihr nicht zu reichen. In ihrem Buch „Drachentochter“, eine Ich-Erzählung, ein Entwicklungsroman oder auch ein Sparten- oder Randgruppenwerk, geht es um ein junges sorbisches Mädchen, welches wie durch eine Kamera in eine Welt sieht, in ein System, das, wie die Autorin sagt „sich selbst freilegte“. Bevor sie die Frage beantwortete, warum ich als Nicht-Sorbe dieses Buch lesen sollte, runzelte Kerstin Mlynkec die Stirn, fand aber doch schnell eine prägnante Antwort: „Ich habe eine Tochter, die einst in der Schule beauftragt wurde, herauszufinden, wir ihre Eltern die DDR erlebten. Doch was wissen Kinder schon über dieses Leben ihrer Eltern mehr, als jene romantischen Erinnerungen die noch übrig sind? Dieses Buch stellt eben jenes Leben so nackt und klar dar, wie es war.“ – Und nackt und klar ist auch ihr Stil, der manchmal mehr mit dem Wie, als dem Was spielt.
Um eine andere Identität geht es wiederum in dem Roman, an dem Lucy Fricke noch schreibt und der den vorläufigen Titel „Durst ist schlimmer als Heimweh“ trägt. Ein junges Mädchen von etwa 16 Jahren wird in einer WG, man könnte fast Heilanstalt sagen, aufgenommen. Sie ist ebenso distanziert wie die „Drachentochter“, lebt aber in einer ganz anderen Zeit. Mit einer Leichtigkeit, welche fast einer Kamerafahrt gleicht, beschreibt die junge Autorin das Leben Judiths, die eben jenes wieder auf die Reihe zu bekommen versucht. Ein flaues Gefühl stellt sich ein, wenn die junge Protagonistin dem Leser das normale Leben madig macht – und doch fühlt man mit, leidet und will wissen, wie es ausgeht. Schade, dass wir noch wenigstens zwei Jahre warten müssen, bevor der Roman in den Verkaufsregalen landet. Bei der Frage, warum sie selbst genau diese Geschichte schrieb, zog Lucy Fricke dann doch die Augenbrauen hoch, suchte nach Antworten in den Reihen ihrer Kollegen, wurde nervös und sagte, „dass manches eben geschrieben werden muss.“
Insgesamt waren es 14 Autoren, welche an diesen drei Tagen ihre Werke vorstellten und vielleicht ist es eben genau das, was die junge Literatur so reizvoll macht: die Autoren suchen im Kleinen nach Identität, haben Gefühle, die aufgeschrieben werden müssen, an denen wir im Kleinen teil haben dürfen und uns dann selbst die Frage stellen können, wer wir sind, und was wir leisten – im 21. Jahrhundert?

Geschrieben von Christoph Schuchardt