Mit einer Kundgebung vor dem Rathaus machten heute die Greifswalder Grünen Stimmung für einen ihrer Anträge in der Bürgerschaft. Mit Erfolg: Die Bürgerschaft sprach sich gegen eine weitere Lagerung von Atommüll im Zwischenlager Nord (ZLN) aus. Ein ähnliches Vorhaben scheiterte unlängst auf Kreisebene, wo ihr Antrag gar nicht erst zur Diskussion kam, sondern vorher von der Tagesordnung gestrichen wurde.
„Dann könnten wir in Vorpommern-Greifswald auch über den Fiskalpakt für Griechenland abstimmen“, meinte Kreistagsmitglied Jörg Hochheim (CDU) dazu letzte Woche in der Ostsee-Zeitung. Seine Fraktion und Teile der SPD hatten bei der Sitzung des Kreistages am vergangenen Montag für die nötige Mehrheit gesorgt, den Antrag von der Tagesordnung zu streichen. Antragsteller Michael Steiger (Grüne) durfte danach zwar trotzdem noch für sein Anliegen werben, mehr auch nicht. Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU), der eigentlich wegen einem anderen Thema vor Ort war, beteuerte daraufhin, dass kein weiterer Atommüll nach Lubmin geliefert werde, da die Voraussetzungen dafür fehlen würden. Somit sei es auch nicht nötig, ein Zeichen zu setzen, so Hochheim.
Ähnlich wie im Kreistag argumentierten heute auch einige Bürgerschaftsmitglieder. „Die Bürgerschaft ist nicht zuständig“, äußerte beispielsweise Sebastian Ratjen (FDP). Es handele sich „um einen reinen Schaufensterantrag“ wetterte CDU-Fraktionsvorsitzender Axel Hochschild. Einen ähnlichen Beschluss habe man schon 2011 gefasst. „Der Antrag ist nur der Bundestagswahl geschuldet. Sie sehen Ihre Felle wegschwimmen bei Umfragen von unter zehn Prozent“, bemerkte er in Richtung grüne Bürgerschaftsmitglieder. Im Gegensatz zum Kreistag hatten die Grünen aber in der Bürgerschaft Erfolg mit ihren Antrag, der mit 19 Ja- bei 14 Gegenstimmen wie folgt verabschiedet wurde:
Die Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt Greifswald lehnt die Einlagerung von weiteren Castorbehältern ins Zwischenlager Nord (ZLN) ab.
Die Bürgerschaft unterstützt ausdrücklich die ablehnende Haltung der Landesregierung zur Ausweitung der Atommüll-Einlagerung ins ZLN Lubmin.
„Wer, wenn nicht wir?“
Auch bei den Grünen ist man sich bewusst, dass dieser Antrag nur eine symbolische Wirkung haben kann. Dennoch sei es wichtig, solche Signale an die Bundespolitik zu senden, meinte heute Gregor Kochhan, der für die Grünen in der Bürgerschaft sitzt. Das der Antrag im Kreistag vor einer Woche abgelehnt wurde, bezeichnete er als undemokratisch, „wenn andere Fraktionen anderer Meinung sind, sollten sie wenigstens die Diskussion abwarten.“ Um ihrem Anliegen Ausdruck zu verleihen veranstalteten die Grünen noch vor Beginn der Bürgerschaftssitzung eine Kundgebung.
„Wir haben unsere Schuldigkeit getan, wir in Mecklenburg-Vorpommern haben gezeigt, dass wir die Energiewende wollen,“ meinte dort Michael Steiger auch in Hinblick darauf, dass ursprünglich nur ostdeutscher Atommüll aus den ehemaligen KKWs Rheinsberg und Lubmin im ZLN eingelagert werden sollte. Im Winter 2010/2011 kamen bereits zusätzliche Castoren hinzu, derzeit gibt es Vermutungen, dass weitere folgen könnten. „Wer, wenn nicht wir, soll sich beschweren, wenn weiterer Atommüll in unsere Region kommt?“ fragte die grüne Direktkandidatin Claudia Müller. Sie sprach sich für eine faire Endlagersuche aus, bei der nicht bestimmte Bundesländer ausgelassen werden.
Die Kanzlerin habe bisher eine Entscheidung zu dem Problem verschoben, meinte die Landtagsabgeordnete der Grünen Ulrike Berger. Sie würde absichtlich erst die Wahlen zum Bundestag sowie in Bayern und Hessen abwarten. Doch genau „die Länder, die Atomkraftwerke betreiben, sollen die Verantwortung dafür übernehmen.“ Berger verwies auf einen Beschluss von 1991, in dem die Bürgerschaft die Landesregierung und das Bundesamt für Strahlenschutz aufforderte, die Errichtung des ZLN nur zu genehmigen, „wenn dort ausschließlich die atomaren Abfälle der stillgelegten Kraftwerksblöcke Greifswald (Lubmin) und Rheinsberg zwischengelagert werden und die Ausweitung als externes Zwischenlager verhindert wird.“ Diese Forderung wurde zuletzt 2004 erneuert und nun erneut in Anbetracht der geänderten Umstände.
Fotos: Simon Voigt
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