Wie die Clowns Streusel, Stick und Co. von den Greifswalder Grypsnasen
die Kinder im Krankenhaus zum Lachen bringen. Bei der Clownsvisite versuchen sie den teils schwerstkranken Kindern die Sorgen zu nehmen.
Eine Reportage von Alexandra Mielke
Lachen ist die beste Medizin – das wissen wir schon lange. Untersuchungen zeigen, dass eine positive Einstellung manches Mal mehr bewirken kann, als tausende von Medikamenten. Geprägt wurde diese Glücksphilosophie vom amerikanischen Arzt Hunter Doherty „Patch Adams“, der schon 1971 erkannte, dass seine Patienten schneller genesen, wenn sie öfter lachen. Deshalb trat er eigens vor seinen Patienten als Clown auf. Medizinische Fachleute, wie Professor Volker Faust von der Universität Ulm, stellten fest, dass das Herz beim Lachen schneller schlägt und dabei der Blutdruck in einem gesunden Maße ansteigt. Durch die Atmung gelangt Sauerstoff ins Gehirn, wo er benötigt wird, um beispielsweise die Stimmung eines Menschen zu heben. Lachen stabilisiert das Nervensystem und der gesamte Organismus gleicht sich aus, das beweist, dass Humor nicht nur helfen kann gesund zu bleiben sondern auch gesund macht.
In Anlehnung an „Patch Adams“ unterstützt die 2008 von dem Kabarettisten und in erster Linie Arzt Dr. Eckart von Hirschhausen gegründete Stiftung „Humor hilft heilen“ die zumeist ehrenamtlich agierenden Clowns in Deutschland. So auch den seit fünf Jahren bestehenden Greifswalder Verein „Grypsnasen e.V. – Clowns im Krankenhaus“. Auf der Kinderstation des Uniklinikums schaffen die lustigen Clowns – ausgestattet mit bunten Seifenblasen, Luftballons, die zu witzigen Tieren werden oder auch erstaunlichen Zaubertricks heitere Momente, die die Kinder vom tristen Krankenhausalltag ablenken. Etwa 15 Mitglieder umfasst der Verein, dessen Name sich auf Greifswald bezieht: Denn „Greif“ heißt auf Latein „Gryps“ und eine rote Nase ist natürlich das Markenzeichen eines Clowns. Schirmherr der Greifswalder Nasen ist der Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommerns, Erwin Sellering, der schon zusammen mit den Vereinsmitgliedern auf dem Greifswalder Marktplatz Spenden gesammelt hat: „Das ist ein Verein, der großartige Arbeit leistet. Die Grypsnasen machen Kindern, die im Krankenhaus liegen eine große Freude. Ich möchte, dass die Gesellschaft mitbekommt, was für eine tolle Arbeit der Verein ehrenamtlich leistet. Und ich will dazu beitragen, dass möglichst viele Greifswalder die Grypsnasen unterstützen“, so Sellering.
So engagieren sich ebenso einige Studenten für den Verein und verwandeln sich regelmäßig in schillernd bunte Figuren, die dann den Puffer zwischen Erwachsenen und Kindern bilden. Die Lehramtsstudentin für Geographie und Kunst, Constanze Gundlack, ist sogar schon seit drei Jahren dabei; unter den Grypsnasen ist sie allerdings besser bekannt als das Clownsmädchen „Streusel“. „Es macht Spaß, aus der Alltagsvernunft herauszuschlüpfen. In der Uni muss ich mich immer so gewählt ausdrücken, aber als Streusel muss ich das nicht. Als Clown kann ich rumzappeln, wann ich will und jede Menge Blödsinn machen.“
Auch Silke Kropf hat sich vor einem halben Jahr entschieden neben ihrem Studium der Kunstgeschichte und Geschichtswissenschaft als Clown „Stick“ in der Kinderklinik die Clownsvisite mitzugestalten. Den Namen gab sie sich, weil sie nebenher noch Schlagzeug spielt. Aber bis jetzt steht Silke noch im Training, das jeden Dienstagabend in den Räumen des Studententheaters „StuThe“ in der Hans-Fallada-Straße stattfindet. Dort lernen die zukünftigen Clowns, wie sie sich in ein Kind hineinversetzen können, wie man improvisiert und auch Rhetorik spielt eine große Rolle bei ihren Auftritten.
Jedes Mitglied in der Clownsfamilie entwickelt seinen eigenen Charakter, seine einzigartige Sprache, eine individuelle Gangart. Es ist ein gut gemischtes Training, das sie von ihrem Trainer, der eine professionelle Theaterausbildung hat, erhalten. Dabei soll vor allem der besondere, sensible Umgang mit den kleinen Patienten geschult werden, aber auch Zaubertricks werden einstudiert und der richtige Körperausdruck. Mit der Zeit entscheidet jeder selbst, wann er es sich zutraut und mental in der Lage fühlt, das erste Mal ins Krankenhaus zu gehen. „Natürlich ist es nicht so einfach, wenn man die vielen kranken Kinder sieht. Aber wenn ich ins Krankenhaus gehe und meinen schicken, pinken Rock anziehe, die rote Nase aufsetze und meine rosa Schleife ins Haar binde, dann bin ich Streusel und schalte einfach um, weil ich weiß, dass die Kinder in diesem Moment einfach nicht an ihre Krankheit denken müssen, da sie für diese kurze Zeit nicht wichtig ist“, beschreibt die 23-Jährige Constanze ihre Empfindungen beim Umgang mit den kranken Kindern.
Auch Silke Kropf fühlt sich jetzt bereit, das erste Mal live bei der Clownsvisite mitzuspielen: „Es ist doch auf der einen Seite auch ein schönes Gefühl zu wissen, dass man damit auch etwas Gutes bewirken kann. Als Stick lebe ich Sachen aus, die ich im normalen Leben nicht auslebe“, lacht Silke.
Regelmäßig sind die Grypsnasen nachmittags auf der Allgemeinmedizinischen-, der Chirurgischen-, der Onkologischen- und der Neurologischen Station anzutreffen. Vor der Visite gehen sie erst einmal alle Stationen ab und sprechen mit den Ärzten. Dabei erfragen die noch in Zivil gekleideten Clowns die Namen und das Alter der Kinder sowie eventuell einzuhaltende besondere Hygienevorschriften, dabei wird natürlich die ärztliche Schweigepflicht eingehalten. Erst jetzt geht es ans Umziehen, rein in die blumigen Strumpfhosen, viel zu großen Hemden, abgetragenen Kleider und die Hosenträger werden umgeschnallt. Jeder Clown bei den Grypsnasen will schön aussehen, wenn es in die Klinik geht, leider gelingt ihnen das nicht immer, dann ist nämlich oftmals die Hose zu kurz oder das Hemd hat ein Loch. Doch die Kinder finden das nicht schlimm, sie lieben ihre Clowns, so wie sie sind und wollen sie oftmals gar nicht wieder gehen lassen. Wenn dann ganz am Ende die rote Nase aufgesetzt wird, verwandeln sich Constanze und ihre Freunde in Streusel, Fienchen, Klausi und Co.
Nun geht es so richtig los, jedem Zimmer wird ein Besuch abgestattet. Ärzte, Eltern, Schwestern – alles und jeder wird mit einbezogen. Schläuche oder Geräte, die zunächst erschreckend wirken, werden zu einer Faszination: „Oh, das blubbert ja so lustig!“.
Constanze Gundlack alias „Streusel“ erinnert sich noch gut an ihren ersten Auftritt im neu errichteten Universitätskrankenhaus: „Damals haben wir imaginären Pudding von den gelben Wänden gekratzt und haben dann auch in allen anderen Zimmern die Zutaten für einen leckeren Kuchen gesammelt!“
Die fröhlichen Clowns finanzieren sich allein aus Spenden, die zum Beispiel für einen Workshop, Schminke oder Kleidung benötigt werden. Die Kostüme suchen sich die Ehrenamtlichen selbst aus oder nähen auch schon mal etwas Eigenes. Sie schmücken ein einfaches Hemd mit glitzernden Pailletten, allerdings ist ihnen die Mühe für das Lachen der Kinder wert.
Am 9. Dezember stellt sich der ehrenamtliche Verein mit vielen Fotos auf einer Ausstellung in der Stadtbibliothek vor. Schirmherr Erwin Sellering kann leider nicht vor Ort sein.
Wer also Interesse hat, die roten Nasen einmal persönlich kennen zu lernen und mehr über ihrer spannenden Arbeit zu erfahren, kann sich dann Anfang Dezember selbst ein Bild von ihnen machen.
Und bis dahin bleibt noch genug Zeit sich eine rote Clownsnase zu besorgen und das triste Studentenleben ein bisschen bunter und lustiger zu machen.
Fotos: Grypsnasen e.V. – Kein CC