Retro, retro, retro yeah! Die neue Kolumne über alte Dinge. Kennt Ihr diese Spiele, Filme, Accessoires noch? Aus der Kindheit, meist noch aus den 90ern, stammen sie und sind vielleicht ja doch noch ein Guilty Pleasure des ein oder anderen. Dieses Mal mit dem Thema: Pokémon!
„Ich will der Allerbeste sein
Wie keiner vor mir war
Ganz allein fang ich sie mir
Ich kenne die Gefahr“
Gänsehaut – und das noch nach mehr als 20 Jahren. Wer in den 90ern aufgewachsen ist, kam an diesem Intro-Song des Animes Pokémon nicht vorbei. 1996 wurden die dazugehörigen zwei Spiele Rote und Blaue Edition der Reihe erstmals veröffentlicht. Seitdem nahm der Siegeszug des Franchises seinen Lauf. Aus den ursprünglich 151 Pokémons sind mittlerweile mehr als 800 geworden, mehr als 20 Filme liefen in den Kinos, 22 Staffeln der Serie mit über 1000 Episoden wurden im Fernsehen ausgestrahlt. Zahlreiche Nebenprodukte wie Sammelkarten, Plüschfiguren, Stickeralben, etc. sind erschienen. Und im Herbst diesen Jahres wird die nunmehr 8. Generation der Spiele herausgebracht und somit die Geschichte fortführen. Doch was macht diese Produktreihe so erfolgreich?
„Ich streife durch das ganze Land
Ich suche weit und breit
Das Pokémon – um zu verstehen
Was ihm diese Macht verleiht“
Zunächst einmal bietet sie für Kinder, die die primäre Zielgruppe sind, alles, was das Herz begehrt: schier unendlich viele Pokémons zum Fangen und Tauschen, Arena- und Ligakämpfe zum Trainieren und Siegen – #Jäger&Sammler – und eine spannende Geschichte mit vielerlei Rätseln, in der man selbst zum*r Held*in aufsteigen kann.
Erinnerungen an die Nächte, in denen man seinen Game Boy heimlich unter der Bettdecke versteckt hat, um noch weiter spielen zu können und endlich die Top Vier der Pokémon-Liga besiegen zu können und so zum Meistertrainer aufzusteigen, werden wach.
„Egal wie schwer mein Weg auch ist
Ich nehme es in Kauf
Ich will den Platz, der mir gehört
Ich gebe niemals auf“
Zugegeben: Die Geschichte des Animes ist überwiegend langweilig, weil die Folgen nach dem Schema F aufgebaut sind. Die Protagonisten ziehen mit ihren Pokémon von Arena zu Arena, um alle Orden zu gewinnen und schlussendlich Meister zu werden. Zwischendurch werden sie von Team Rocket unterbrochen, welches mit ihren Plänen immer kläglich scheitert – „Das war mal wieder ein Schuss in den Ofen!“ Vor allem im direkten Vergleich zu anderen zeitgleich erschienenen Animes kommt die Serie eher plump daher. Wenn man sich allerdings mit der hintergründigen Geschichte der Spiele beschäftigt, kann man schnell spannende Parallelen zu antiken Weltentstehungsmythen ziehen und selbst gesellschaftskritische Aspekte in Umweltzerstörung und fehlgeleiteten Experimenten finden. Gerade Forschung und Wissenschaft spielen immer wieder eine nicht zu vernachlässigende Rolle in dem Narrativ.
Spannend zu sehen ist, wie die Gesellschaft auf das Franchise reagiert. Bereits damals zur Veröffentlichung der Spiele auf dem deutschen Markt, gab es Tagesschauberichte und Debatten, in denen vor allem Lehrer*innen und Eltern Bedenken bezüglich der kämpferischen Kultur der Spiele äußerten. In manchen Schulen wurde das Sammelkartenspiel gar verboten, weil die Schüler*innen ihre Pause lieber überzogen, um das Spiel zu Ende zu spielen als pünktlich zum Unterricht zu erscheinen. Vor drei Jahren – zur Veröffentlichung und dem Hype um Pokémon Go, der Augmented-Reality-App – erlebte man ein Déjà-vu: Wieder beschäftigte sich die Tagesschau mit dem Suchtpotential und der Gefahr der Spiele.
„Pokémon – komm schnapp sie Dir
Nur ich und Du, in allem, was ich auch tu – Pokémon
Mein bester Freund, komm, retten wir die Welt
Pokémon – komm schnapp sie Dir
Dein Herz ist gut, wir vertrauen auf unseren Mut
Ich lern von Dir und Du von mir
Pokémon – komm schnapp sie Dir
Komm und schnapp sie Dir – Pokémon“
Was man aber in der Realität und auch in Greifswalds Straßen feststellen kann, ist, dass das Spiel jung und alt zusammenbringt und zu sogenannten Community-Days Sonntagsspaziergänge mit dem Smartphone zelebriert werden. War es nicht genau das, was uns immer gepredigt wurde: mit den Menschen raus in die Natur zu gehen und etwas zu unternehmen?!
Was man bei allen positiven Aspekten nicht vergessen darf ist freilich, dass es sich letzten Endes um ein Konsumprodukt der Unterhaltungsindustrie handelt. Reflexion des eigenen Konsumverhaltens und des bestehenden Narrativs, sind deshalb immer angebracht. Aber anstelle es generell zu verbannen (wie Saudi-Arabien es aus religiösen Gründen tat), sollten wir einen aufgeklärten und emanzipatorischen Umgang damit pflegen.
Die zugrundeliegende Botschaft, neben den martialischen Kämpfen, sollte ernst genommen werden: Nicht das Gewinnen allein ist wichtig, sondern die Art und Weise, wie man an sein Ziel kommt – dass man sich immer für die Freundschaft und die gute Sache einsetzt. Mit Intelligenz, dem Herz am rechten Fleck, einer Prise Mut und ausreichend Durchhaltungsvermögen wird es uns gelingen.
„Komm, zeigen wir der ganzen Welt
Dass wir Freunde sind
Gemeinsam ziehen wir in den Kampf
Das beste Team gewinnt“
Artikel und Beitragsbild von: JD