Das Sommersemester ist in vollem Gange, der Uni-Alltag hat einen im Griff– wer träumt da nicht von einem Urlaub im Paradies? Genau dazu lädt der Roman Die Schatzinsel von Robert Louis Stevenson ein. Wäre da nicht ein Problem: Die karibische Insel ist alles andere als ein Paradies! Aber wie kommt es überhaupt dazu?

Der Abenteuerroman Die Schatzinsel (engl. Treasure Island) von Robert Louis Stevenson, der erstmals vom 1. Oktober 1881 bis zum 28. Januar 1882 in Form eines Mehrteilers in der Zeitschrift Young Folks erschienen ist, ist ein Klassiker und wurde bereits über 20 Mal verfilmt. Meine Ausgabe in englischer Sprache ist bei Oxford World’s Classics 2008 erschienen und hat 191 Seiten. Jedoch gibt es auch noch eine Einleitung und einige Extrakapitel. Der Roman handelt davon, dass eine Gruppe von Seemännern und Nicht-Seemännern zu einer Schatzinsel aufbricht, da der Protagonist und Ich-Erzähler in den Besitz einer Schatzkarte gekommen ist. Auf der Insel entwickelt sich dann jedoch alles anders als geplant. Noch bevor sie überhaupt auf der Insel angekommen sind, passiert die erste gravierende Wendung:

I had either fallen asleep, or was on the point of doing so, when a heavy man sat down with rather a clash close by. The barrel shook as he leaned his shoulders against it, and I was just about to jump up when the man began to speak. It was Silver’s voice, and before I heard a dozen words, I would not have shown myself for all the world, but lay there, trembling and listening, in the extreme of fear and curiosity; for from these dozen words I understood that the lives of all the honest men aboard depended upon me alone.

Treasure Island, S. 56

In einem englischen Gasthaus, dem „Admiral Benbow“ bei Bristol schlägt ein alter Seemann sein Quartier auf. Der Ich-Erzähler des Romans, Jim Hawkins der der Sohn des Gastwirtpaares ist, soll für diesen Seemann, genannt William Bill Bones, nach einem einbeinigem Mann Ausschau halten, vor dem dieser Angst hat. Nach kurzer Zeit erscheint ein blinder Bettler, der Bones ein Papier mit einem schwarzen Punkt überreicht. Kurz darauf stirbt Bones an einem Herzinfarkt. Als der blinde Bettler mit seinen Leuten bald darauf das Gasthaus überfällt, können sich Jim und seine Mutter in letzter Sekunde retten. Jim hatte jedoch davor ein Päckchen aus der Kiste von Bones mitgenommen. In dieser befindet sich die Karte einer Insel, auf der es einen Schatz geben soll. Diese Karte zeigt er anschließend dem Arzt Dr. Livesey und dem Gutsherrn John Trelawney, die eine Expedition auf diese Insel beschließen, auf die Jim auch mitkommen darf. Das Abenteuer geht auf der Insel erst richtig los, denn es kommt zu einer unerwarteten Wendung, gefolgt von vielen weiteren. Auf der Suche nach dem Schatz finden sie auch das Skelett eines Piraten, kurz danach ertönt eine Stimme, die sich wie der Verstorbene anhört:

Ever since they had found the skeleton and got upon this train of thought, they had spoken lower and lower, and they had almost got to whispering by now, so that the sound of their talk hardly interrupted the silence of the wood. All of a sudden, out of the middle of the trees in front of us, a thin, high, trembling voice struck up the well-known air and words:-

‘Fifteen men on the dead man’s chest –

Yo-ho-ho, and a bottle of rum!’

I never have seen men more dreadfully affected than the pirates. The colour went from their six faces like enchantment; some leaped to their feet, some clawed hold of others; Morgan grovelled on the ground.

Treasure Island, S. 175-176

Das Buch lädt uns ein in eine wundersame Welt mit Piraten, Geheimnissen und auf eine tropische Insel mit einem Schatz. Dem Autor gelingt es, seine Kapitel oftmals mit Spannung zu beenden, sodass man gezwungen ist, weiterzulesen, um herauszufinden, welche neuen Ereignisse nun wieder folgen. Ich konnte das Buch abends schwer aus der Hand legen, denn die Spannung war zu groß. Die Entwicklung der Figuren, besonders der des Long John Silver, sind meiner Meinung nach sehr gelungen und halten Überraschungen bereit. Long John Silver ist ein ambivalenter Charakter, der einem mal etwas sympathisch erscheint und dann doch wieder nicht, was das Buch unter anderem so gut und fesselnd macht. Auch Jim Hawkins macht im Laufe der Geschichte eine Entwicklung durch, zeigt sich aber von Anfang an als intelligent, raffiniert und mutig. Hier ist ein Ausschnitt zu lesen, was er zu den Piraten sagt, als er von ihnen auf der Insel gefangen genommen wird:

your whole business gone to wreck; and if you want to know who did it – it was I! I was in the apple barrel the night we sighted land, and I heard you, John, and you, Dick Johnson, and Hands, who is now at the bottom of the sea, and told every word you said before the hour was out. And as for the schooner, it was I who cut her cable, and it was I that killed the men you had aboard of her, and it was I who brought her where you’ll never see her more, not one of you.* The laugh’s on my side; I’ve had the top of this business from the first; I no more fear you than I fear y fly. Kill me, if you please, spare me. But one thing I’ll say, and no more; if you spare me, bygones are bygones, and when you fellows are in court for privacy, I’ll save you all I can. It is for you to choose. Kill another and do yourselves no good, or spare me and keep a witness to save you from the gallows.’

Treasure Island, S. 152

Fazit

Alles in allem wird das Buch dem Genre Abenteuerroman auf jeden Fall gerecht und hält auch einige Wendungen in der Geschichte bereit. Gerade die Abläufe auf der Insel sind nicht unbedingt vorhersehbar und machen das Buch spannend. Ich finde es auf jeden Fall empfehlenswert, auch für Erwachsene, selbst wenn das Buch eigentlich unter dem Genre Jugendroman geführt wird. Wer dem Englischen nicht abgeneigt ist, dem empfehle ich es, wie jedes englischsprachige Buch, in der Originalsprache zu lesen. Man muss aber dazu sagen, dass einige Schiff- und Seefahrerbegriffe auftauchen, die mir auch nicht alle geläufigen waren. Davon darf man sich jedoch nicht abschrecken lassen. Manches ergibt sich aus dem Sinn, oder man googelt die Wörter einfach schnell. Was mir auch gut gefallen hat, ist, dass die Geschichte nicht nur aus der Perspektive von Jim Hawkins, sondern auf der Insel auch teilweise von dem Arzt Dr. Livesey erzählt wird. Dadurch erhält man unterschiedliche Eindrücke der Geschichte.

Vielleicht ist ein Entfliehen in eine Welt mit weißen Sandstränden und türkisblauem Wasser, die noch dazu ein Abenteuer bereit hält, sogar noch besser als nur ein öder Roman, der uns ein Paradies beschreibt.

P.S.: Falls euch der Name des Autors etwas sagt: er hat auch die Novelle The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde geschrieben.

Bild: Kirstin Seitz