„Motiviert Studiert“ und einige andere Bücher hat Daniel Hunold bereits veröffentlicht. Was er sich dabei genau gedacht hat und wie wir Studierenden das Ganze nutzen können, erfahrt ihr hier im Interview mit ihm.

Du hast ja ein Buch für Studierende geschrieben, worum geht es da eigentlich?

Ich habe mehrere geschrieben. Ziel ist es immer, die Studierenden auf sympathische, humorvolle, aber auch tiefgründige Weise dazu zu animieren, an sich selbst zu arbeiten und an ihren Lernstrategien und ihrer Motivation. In einem davon geht es um Prüfungsangst und da geht es halt darum, wirklich diese Ängste zu überwinden und damit zu arbeiten.

Hast du da so kleine Tipps jetzt schon vorweg aus einem deiner Bücher? 

Ja, gerne zur Prüfungsangst. Das ist ja ein ganz verbreitetes Phänomen, dass man vor einer Prüfung wartet und die letzten zehn Minuten sind unglaublich schrecklich. Und um da wirklich effektiv gegen vorgehen zu können, wäre es großartig, wenn man sich ein Blatt Papier nimmt, einfach seine Sorgen aufschreibt und sich dann vorstellt, dass man die ganzen Sorgen auf das Papier verbannt, dann hinterher nimmt, zerknüllt und in den Mülleimer wirft und dann geht man in die Prüfung rein. Das ist viel effektiver als einfach zu denken „Oh mein Gott, ich weiß nicht was ich zu tun hab“, weil dann hat man etwas zu tun und es ist wirklich ein Gefühl von „Ich lass es einfach mal raus“. Weil vor einer Prüfung mit jemandem so zu reden, kann auch jemand anderen noch nervös machen. Vor einer Prüfung ist es immer schwierig, aber so ist das eine sehr sehr effektive und auch wissenschaftlich nachgewiesene Methode, um seine Prüfungsangst zu senken.

Du berufst dich da auf etwas, für das es tatsächliche wissenschaftliche Belege gibt. Also etwas, das wirklich hilfreich ist und das du vielleicht auch schon selbst ausprobiert oder gesehen hast?

Ja, ich ich sehe mich da eher als Übersetzer. Also die Wissenschaft befasst sich schon seit Jahrhunderten damit. Zum Beispiel wissen die Griechen seit zweieinhalbtausend Jahren, wie man richtig lernt. Die Psychologen befassten sich die letzten 50 Jahre damit, aber eigentlich seit 100 Jahren haben die alles zum Lernen herausgefunden. Komischerweise kommt das Wissen nicht bei den Studenten und bei den Schülern, aber vor allem schon bei den Vorschulkindern an. Und ich sehe mich eher als jemand, der es schafft, dieses in kleine Geschichte zu verpacken oder in kleine anderthalbseitige Hacks, die so einfach und prägnant erklärt werden, dass man sie in seinen Alltag integrieren kann. Also, ich sehe mich da gar nicht so sehr als Forscher, sondern wirklich als jemanden, der nur versucht die Sachen einfach herüberzubringen.

Und du hattest eben schon angemerkt, dass du ja mehrere Bücher geschrieben hast. Ich habe auch gehört, du hast jetzt vor kurzem nochmal einen zweiten Teil zu einem deiner Bücher geschrieben?

Ja, der dritte Teil sogar und der geht über Prokrastination. Also wie man es schafft dieses innere Gefühl, die Prokrastination, die wie ein Schutzmechanismus wirkt, zu überwinden. Dieses innere Gefühl sagt: “Okay, wenn ich nicht anfange und mich nicht an das Lernen dransetze, kann ich auch nicht verlieren”. Und der Prokrastibär ist dabei und sagt „Nee, lass uns das lieber nicht machen, dann können wir kein negatives Feedback in der Klausur haben“, weil die Ausrede ist immer „Ja, wir hätten ja lernen können“.
Um das zu umgehen, gibt es tausend Bücher zur Prokrastination, also wirklich dicke dicke Bücher, die es von allen möglichen Seiten beleuchten. Das Problem ist nur, wer setzt sich hin und liest so ein Buch? Und dann haben wir uns überlegt, okay, wir machen eins auf 70 Seiten und erklären mit einfachsten Modellen – alles mit einer Psychologin ausgearbeitet – wie Prokrastination funktioniert und an welcher Stelle du einhaken kannst und diesen Hack sofort anwendest, damit du da rauskommst.

Und dieses Buch ist jetzt gerade noch im Druck oder in Arbeit?

Ja, ich hoffe, dass Jonathan in zwei Wochen damit fertig ist und wir es dann online stellen können. Das wird dieses mal nur ein E-Book.

Und wo findet man dann diese Bücher?

Im Moment bei motiviert-studiert.de kostenlos zum Herunterladen und wahrscheinlich in zwei Wochen auch bei Amazon. Bloß das Problem bei Amazon ist, man kann die Sachen nicht kostenlos reinstellen und deshalb muss man dafür 99 Cent nehmen, wovon leider Amazon fast alles bekommt. Aber man kann auch eine richtige E-Book-Version neuerdings bei uns auf der Website herunterladen, also nicht nur als PDF, sondern dass man es auf einem E-Book-Reader auch kostenlos lesen kann.

Ich weiß, ihr habt auch so Hefter, diese kleinen ersten Bücher, die kann ich hier an der Universität überall finden, oder?

Genau, die werden über das Studierendenwerk verteilt und da kann man die auch bekommen. Oftmals werden sie an Menschen herausgegeben, die Motivations- oder Prüfungsängste haben und die dann etwas in den Händen brauchen. Um so auf sympathische Art und Weise seine Hemmungen davor zu verlieren, auch mal etwas auszuprobieren.

Du hast ja auch einen YouTube-Channel, in dem du Tipps gibst. Hast du dich da auch auf einen bestimmten Bereich spezialisiert oder sprichst du da auch alles an, was du gerade erwähnt hast?

Ich habe ganz einfach damit angefangen, wie man ganz schnell ganz viele Fakten lernt. Jetzt geht es darum, wie man für mehrere Klausuren gleichzeitig lernt und bald kommt ein ganzer Videokurs dazu raus, wie man wissenschaftliche Arbeiten schreibt. Im Moment geht es noch ganz viel um Motivation und Zeitmanagement. Ich versuche aber eigentlich alle Themen abzudecken.

Magst du uns nochmal den Namen des YouTube-Channels sagen?

Motiviert Studiert.

Wie bist du auf die Idee gekommen, das Ganze an die Studierenden weiterzugeben?

Ich bin ja seit acht Jahren Dozent hier an der Universität und die ersten Jahre habe ich damit zugebracht, die Veranstaltungen so zu konzipieren, dass sie auch verständlich sind. Das hat aber nichts an den Noten verändert. Was aber etwas gebracht hatte war, als ich angefangen habe, zu erklären „wie ihr das lernen müsst“. Zum Beispiel kommen am Anfang eines Jahres Studierende aus dem letzten Semester vorbei und erzählen, wie sie gescheitert sind oder wie sie erfolgreich gewesen sind und das hat dann auf einmal viel mehr gebracht. Dann hören einem die Studierenden auch mehr zu. Ich beginne dann auch direkt so, dass ich am Anfang sage, so sieht die Klausur aus und ihr müsst jetzt darauf hinarbeiten. Man fängt dabei immer damit an, wie das Ergebnis sein soll und wie man sich dann ergebnisorientiert vorbereiten sollte, sodass sich die Note auf einmal drastisch verbessert. Hätte ich nicht gedacht. Dann hab ich so eine Vortragsreihe gemacht: „Wenn ich die Uni geschafft habe, dann schaffst du sie erst recht!“. Und das waren auf einmal 200 Leute, die dann da waren – es gab reges Interesse. Als nächstes habe ich dafür den Lehrpreis bekommen und 2.000€ an Geldern, von denen ich eine Kamera gekauft und eine studentische Hilfskraft zum Schneiden eingestellt habe. Letztlich habe ich mit dem YouTube-Kanal angefangen. Daraus ist auch ein Instagram-Kanal geworden, eine Facebook-Seite und eine Website, die ziemlich erfolgreich läuft und auf der mittlerweile, ich glaube, 3000 Abonnenten sind, vor allem Leute vom Studierendenwerk und von anderen Unis, die sich dann Tipps holen, wie sie Studenten beraten und da bin ich, das muss ich sagen, ein bisschen stolz drauf. Ich freu mich total darüber, dass wir mittlerweile so einen Ruf haben, der sagt: „Hier bekommt man wirklich wissenschaftlich fundierte Tipps, die man einfach anwenden kann“.

Und die man auch mit gutem Gewissen weiterempfehlen kann.

Das immer! Wobei ich immer sage, es gibt keinen perfekten Hack oder keine perfekte Lernstrategie. Jeder ist individuell und man muss einfach gucken, wenn man an die Uni kommt, welcher Hack zu einem passt und bei einem am besten funktioniert, denn was bei dem einen gut funktioniert, ist für den anderen wiederum nichts. Wenn sie nicht funktioniert – sofort rauswerfen und die nächste ausprobieren. Und so baut man sich sein perfektes Deck für jede Klausur und für jede Prüfung auf.

Hast du das Gefühl, dass das gut von den Studierenden angenommen wird oder, dass da noch ein bisschen Arbeit marketingmäßig gemacht werden muss?

Ich sag ja immer, der Tag hat nur 24 Stunden und je mehr Zeit man investiert, desto erfolgreicher ist das Projekt auch. Die Nutzerzahlen haben sich seit dem letzten Jahr verdreifacht. Also jetzt auch zum Beispiel die Views, davor hatte es sich verdoppelt und das ist meist wie eine progressive Steigung und da sind wir gerade so mittendrin, das ist ganz spannend. Ich schreibe jetzt auch für die „Neon“ regelmäßig Gastartikel und darf dann sozusagen auch einem breiten Publikum von Hunderttausenden mittlerweile dann die Sachen weitergeben und das ist wirklich eine Ehre. Ich hab auch gerade etwas für den „Audimax“ geschrieben, die haben eine Auflage von 400.000 und das ist eigentlich wirklich toll, dass man das so machen kann.

Hast du noch weitere Pläne oder Ideen für die Zukunft? Etwas, das du vielleicht noch machen möchtest?

Tausende. Das ist aber alles immer ein Zeitfaktor. Deswegen muss man mal gucken. Ich habe noch ein Jahr an der Uni so für meinen regulären Job und da kann ich das gut nebenbei machen, aber dann wird es schwierig, deshalb weiß ich nicht, ob die Uni dann gewillt ist, mich weiter einzustellen. Wenn nicht, müsste ich mal gucken, wie ich das mache, ob ich das über Sponsoren machen könnte. Mein Ziel oder mein Traum ist es, „Motiviert Studiert“ zu einer Plattform aufzubauen, wo du als Erstklässler Tipps bekommst, wie du in der ersten Klasse motiviert wirst und richtig lernst, in der vierten/fünften Klasse oder wenn du ins Abitur gehst, wie du deinen Realschulabschluss machen kannst oder deinen Abiturabschluss, anschließend die Uni erfolgreich bestehst und wie du optimal ins Arbeitsleben einsteigst. Mein Traum wäre, dass die Sachen alle kostenlos sind, hochwertig und kostenlos, sodass es das dann jeder im deutschsprachigen Raum nutzen kann. Ich bin ein Arbeiterkind und ich hatte diese Möglichkeiten nicht, ich hatte es wirklich nicht einfach in meiner Schulzeit und an der Uni ging es dann. Das war wirklich sehr sehr anstrengend und ich hätte mir gewünscht, dass es so etwas gegeben hätte, das nichts kostet, weil ich auch nicht das Geld gehabt hätte, da 3-4€ oder 500€ auszugeben für irgendeinen Kurs. Da wäre es cooler, wenn man eine gute Motivation hat, sollte man dann auch die Inhalte kostenlos bekommen, weil eigentlich heißt es ja in Deutschland „Bildung ist kostenlos“, aber nirgendwo auf der Welt ist die Quote der Akademiker der Arbeiterkinder, die dann hinterher studieren so niedrig wie in Deutschland und das hat einen Grund. Und für mich liegt das zum einen an den großen Klassen und der dadurch mangelnden Betreuung für den Einzelnen und dem mangelnden Wissen über Lernstrategien und der Glaube an sich selbst und das ist was „Motiviert Studiert“ machen wird. Die richtigen Tools und die Motivation dafür, dass man an sich glaubt und sagt: „Ich kann das schaffen“. Es gibt ja eine Studie von Heublein, „Von der Studienerwartung zur Studienwirklichkeit“, und man sieht ganz deutlich die Zusammenhänge, je nachdem, was für Erwartungen man hat und ob man nun aus einer Akademikerfamilie kommt oder nicht, dass das einen Vorteil hat, wenn du Abitur gemacht hast gegenüber einem Fachabitur. Man hat so einen großartigen Vorteil, wenn man Zugriff auf private Tutoren hat und deshalb sind diese Leute auch immer erfolgreicher. Jemand, der das aber nicht hat und an sich zweifelt, der wird nach zwei Semestern aufgeben, obwohl wirklich viel Potential in ihm steckt, dass ist leider traurig und für mich ist „Motiviert Studiert“ der Ort, an dem man online sozusagen das bekommt, was zum Beispiel ArbeiterKind oder Studienkompass auf Face-to-Face-Ebene macht. Das ist also einfach noch ein Zusatzangebot für Leute wie mich, die auf dem Dorf gewohnt haben und wo es einfach nichts für ein Arbeiterkind gegeben hat. Sodass man einfach in seinem Zimmer sitzen kann und denkt „Wow, vielleicht kann ich doch mehr als ich gedacht habe“.

 

Ihr wolltet schon immer einmal wissen, welcher Lerntyp ihr seid und welche Lernstrategie zu euch passt? Hier findet ihr einen kleinen Artikel dazu. 

Beitragsbild: Anne Frieda Müller