Die Greifswalder Slawistik, die schon seit vielen Jahren ihre Heimat in der Domstraße 9 hat, musste nun im Sommer 2018 auch umziehen. Das wird an dem Fleiß, an der Emsigkeit und dem regen Treiben im Institut nichts ändern. Die kleine Slawistik ist traditionell eine Konstante, wenn es um die Verbindung zwischen der Universität und der die Uni umgebene Welt geht.

Polonicum, Ukrainicum und PolenmARkT haben sich zu einer festen Größe in Greifswald, Deutschland und darüber hinaus entwickelt und etabliert. Auch Vorträge im Rahmen der Familien-Uni und viele weitere Veranstaltungen tragen die Handschrift Greiswalder Slawistik. In der Slawistik gibt es drei Lehrstühle: den Lehrstuhl für Slawische Sprachwissenschaft, für Slawische Literaturwissenschaft und den für Ukrainische Kulturwissenschaft. Neben dem Lehramtstudium (Russisch, Polnisch) gibt es vier Masterstudiengänge. Einen großen Anteil an der Zusammensetzung der Studierendenschaft der Slawistik haben die Studierenden des Bachelorstudiengangs. Den stellen wir heute vor.

Ziel des Studiums ist die Vermittlung der Basics der Kultur im osteuropäischen Raum. Daneben steht als zweite Säule der Spracherwerb, der durch die Vermittlung sprachwissenschaftlicher Grundlagen unterstützt wird. Am Ende soll ein Studierender auf Masterstudiengänge und für die Berufswelt (z.B. in den Bereichen Verlagswesen, Kulturmanagement, Journalismus, Diplomatik und Tourismus) vorbereitet sein. Für den Bachelor in der Slawistik müssen daher sechs Module belegt und abgeschlossen werden. Am Ende wartet eine Abschlussprüfung bzw. die Bachelorarbeit. Das Studium beginnt hier natürlich mit den Grundlagen der Sprachwissenschaft. Parallel dazu wird die erste Sprache vermittelt. Dort kann der Studierende zwischen Russisch, Polnisch, Tschechisch und Ukrainisch wählen. In den folgenden Semestern geht es tiefer in die Methodenwelt der slawischen Linguistik und Literaturwissenschaft. Aufgrund der kleinen Gruppen ist eine optimale Betreuung möglich. Außerdem gibt es Angebote für Projektarbeit, die gerne angenommen werden. Ein Einblick in alle vier angebotenen Sprachen ist möglich. Allerdings sind nur zwei Sprachen verpflichtend, in denen eine Prüfung abgelegt werden muss.

Greifswald vs. Hamburg

Greifswald und Hamburg unterscheiden sich vor allem im Sprachangebot: Bosnisch-Kroatisch-Serbisch, Polnisch, Russisch und Tschechisch. Mehr gravierende Unterschiede gibt es nicht. Zielstellung und der Weg dorthin ähneln sich sehr. Nach der Einführung geht es in die Methoden, dann in die Vertiefung. Im Studium werden Techniken für die Anwendung vermittelt. Wissenschaftliches Arbeiten, Recherchieren und Präsentieren wird vom Spracherwerb begleitet. Das Studium in Hamburg zielt ebenso auf die Förderung der kommunikativen, medialen und interkulturellen Kompetenz ab. Gerade die letztgenannte Kompetenz wird in Greifswald insbesondere gefördert bei geringen Kursteilnehmerzahlen und vielen Studierenden aus dem Ausland. Die zu erbringenden Prüfungsformen kennen wir in Greifswald auch: mündliche und schriftliche Prüfungen, Protokolle schreiben, Rechercheaufgaben, Projektarbeit. Die Bachelorarbeit wird nach dem Bestehen der Module geschrieben.

Greifswald vs. Wien

Das Ziel der „Übung“ liegt in Wien ähnlich wie in Greifswald und Hamburg in der „Vermittlung grundlegender wissenschaftlicher Kenntnisse über die slawischen Sprachen, Literaturen und Kulturen in Geschichte und Gegenwart sowie der aktiven und passiven Beherrschung slawischer Sprachen“. Wien beschreibt ziemlich genau, wohin es sprachlich gehen soll. Das Angebot sieht so aus: Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Bulgarisch, Polnisch, Russisch, Slowakisch, Slowenisch, Tschechisch und Ukrainisch. Die Erstsprache soll nach dem Studium auf dem B2-Niveau beherrscht werden, die Zweitsprache auf A2. Nicht so genau wird auf das berufliche Leben danach eingegangen, wenn eine Weiterführung über ein Masterstudium nicht erfolgt. Ganz grob geht es um Berufsziele in den Bereichen, in denen Sprachkompetenz und Wissen über slawische Literatur in Wirtschaft, Gesellschaft und Medien benötigt wird. Der Aufbau des Studiums gleicht dem in Hamburg und Greifswald. Der Spracherwerb nimmt auch hier den größten Umfang im Studium ein. Allerdings gibt es einen großen Unterschied: Schon mit dem 5. Semester wird die Bachelorarbeit begonnen.

Greifswald vs. Poznań

Das Studium in Polen hat den Ruf, sehr verschult zu sein. Sehen wir uns einmal an, wie der Bachelor mit dem Schwerpunkt Russisch in Poznań gestaltet ist. Im Zeitplan stehen hier sechs Semester. Im letzten wird die Bachelor-Arbeit geschrieben bzw. das polnische Äquivalent. Der Weg dorthin gestaltet sich ziemlich straff. Den meisten Raum nimmt auch hier die Sprachpraxis ein. Ziel des Studiums ist es, die Studierenden hauptsächlich im Bereich Wirtschaft unterzubringen, wo die Sprachkompetenz benötigt wird. Die restlichen Lehrveranstaltungen gehen auf das Wissen in Literatur und Kultur ein. Daneben wird eine Veranstaltung zu Hilfswissenschaften und sogar Sport angeboten! So geht es auch im zweiten Semester weiter. In Polen werden hauptsächlich Klausuren geschrieben. Kleine schriftliche Arbeiten und mündliche Prüfungen gibt es auch. Im Dritten kommen noch eine Lehrveranstaltung zur Philosophie und Latein dazu! Das kann ja spannend werden im Vierten… Da taucht plötzlich Griechisch auf! Der Rest bleibt. Ab dem Fünften wird dann die Abschlussarbeit geschrieben. Nebenbei gibt es wie im Sechsten auch verschiedene Lehrveranstaltungen zu Kultur und Literatur. Die Sprachpraxis nimmt weiterhin den größten Umfang ein. Bemerkenswert ist ein Vernetzungsseminar für die berufliche Laufbahn nach dem Studium!

Was schreiben wir als Fazit? Greifswald ist in diesem Studiengang absolut auf internationalem Niveau. Dazu kommt noch die Nähe zu Polen und die Partnerschaft mit der Uni in St. Petersburg, was für eine authentische Ausbildung förderlich ist. Arbeit in kleinen Gruppen hat nicht den Charakter einer Massenabfertigung, weshalb die Möglichkeit der Binnendifferenzierung und eine damit verbundene hohe Effektivität Faktoren sind, die Studierende durchaus nach Greifwald locken können.

Beitragsbild: Michael Fritsche