Der Tag startet ein bisschen, wie ein Horrorfilm. Mit dem Auto geht es Richtung Insel Riems. Vorbei am Sperrschild Seuchenschutzzone. Auf dem kleinen Besucherparkplatz stehen schon einige Autos. Die Landschaft um uns herum ist wahnsinnig idyllisch. Der Bodden, ein paar Wiesen, einige Häuser und Pflanzen. Aber keine Menschenseele.

Bei einem kleinen Rundgang über den begehbaren Teil der Insel sieht man hinter Zäunen ein großes Gebäude, welches gerade abgerissen wird. An sich nichts spektakuläres, aber mit dem Wissen, woran hier auf der Insel geforscht wird, hat es schon einen leicht schaurigen Charakter.

Doch dann sind auch schon die anderen Besucher da und werden von den Mitarbeiterinnen der Pressestelle in Empfang genommen.

Als erstes geht es zum Loeffler-Haus. Dieses war das erste Forschungsgebäude auf der Insel. Am 10.10.1910 wurden hier die ersten Versuche durchgeführt.

Damals wählte Friedrich Loeffler die Insel Riems als Forschungsstandort, da er zuvor mächtig Ärger mit den Bauern rund um Greifswald hatte. Dort begann er nämlich wenige Jahre zuvor im Auftrag vom Preußischen Ministerium, am Erreger der Maul- und Klauenseuche zu forschen. Doch da immer wieder Versuchstiere ausbrachen, musste er sich einen neuen Standort suchen und fand ihn auf Riems. Heute wäre solche Forschung durchaus auch in Großstädten möglich, aber zur damaligen Zeit war es für sämtliche Beteiligten besser diese Forschung auszulagern.

Heute befindet sich in dem Gebäude ein kleines Museum zu Friedrich Loeffler und seinen Arbeiten, die bis heute auf der Insel fortgeführt werden. Bei Interesse kann man das Museum nach vorheriger Anmeldung bei der Pressestelle auch besichtigen.

In den folgenden Jahren wurde das Institut immer größer und die Forscher lebten auf der Insel. Man kam nur mit einem entsprechenden Ausreiseantrag wieder herunter. Und selbst wenn man solch einen Antrag bewilligt bekam musste man bis in die 70er-Jahre mit einem Boot oder der Seilbahn übersetzen, da erst zu dieser Zeit der Deich aufgeschüttet wurde. Seit 2003 ist Riems allerdings wieder eine richtige Insel, da damals der Deich geöffnet und mit einer Brücke ergänzt wurde.

Nach diesem kurzen geschichtlichen Ausflug ging es auf das abgesperrte Gelände. Dazu muss man an der 24 Stunden besetzten Wache vorbei.

Das Gebäude, welches zurzeit abgerissen wird, war das letzte Isoliergebäude aus DDR-Zeiten. Seit 2008 gibt es ein neues Stallgebäude. Hier werden Rinder, Alpakas, Schafe, Ziegen, Wildschweine, Warzenscheine, Fledermäuse, Hühner, Fische, Kleintiere und Insekten gehalten. Aktuell leben etwa 100 Groß- und 10.000 Kleintiere auf der Insel.

Die Tiere werden zum Teil selbst gezüchtet, aber auch Landwirten abgekauft. Solange sie noch nicht an Versuchen teilnehmen, haben die Tiere ein wirklich gutes Leben. Vor allem die Alpakas haben hier eine Sonderrolle. Sie stehen den ganzen Tag auf der Weide und sind nur Blut- und Plasmaspender.

Das Stallgebäude ist über Durchgänge direkt mit dem Laborgebäude verbunden. Dabei sind die einzelnen Sicherheitsstufen komplett voneinander getrennt. Im Friedrich-Loeffler-Institut gibt es die Sicherheitsstufen 2 bis 4, wobei 4 das Maximum ist. Eine weitere Besonderheit ist, dass die Tiere hier direkt am Labor gehalten werden. Solch ein Komplex gibt es weltweit nur noch jeweils einmal in Kanada und Australien. Man kann von außen durch Scheiben und den S4-Laborbereich schauen. An dem Tag hat zwar keiner gearbeitet, allerdings sah man zum Beispiel die Schläuche, über die die Anzüge mit Luft versorgt werden.

Die speziell ausgebildeten Mitarbeiter tragen diese, da hier mit hochpathogenen Erregern gearbeitet wird, für die es kaum oder keine Gegenmittel gibt. Die Luft aus den Laborräumen wird doppelt gefiltert, die Abwässer werden speziell gesammelt und man muss erst durch den S3-Beriech hindurchgehen, um überhaupt hier her zu kommen.

Die Tiere, die für die Versuche infiziert wurden werden in speziellen Tierbeseitigungsanlagen vernichtet. Hier zerkocht der Kadaver stundenlang zu einem Brei, welcher anschließend verbrannt wird.

Das Friedrich-Loeffler-Institut arbeitet vor allem an der Grundlagenforschung, hat aber auch viele direkte Aufgaben. Zum Beispiel stellen sie über 75 Referenzlaboratorien zur Verfügung. Das heißt, wenn eine Krankheit auftritt, wie die Vogelgrippe oder ähnliches, werden Proben hierhergeschickt um abzuklären, welcher Erreger genau vorliegt. Ein aktuelles Beispiel wäre die Afrikanische Schweinepest.

 

Bilder: Michael Fritsche