Wer sich schon immer gefragt hat, warum Männer so sind, wie sie sind – hier ist die Antwort. Kino auf Segeln an der Museumswerft zeigte anlässlich des Nordischen Klangs am 9. Mai „Höhere Gewalt“.

Es könnte alles so schön sein. Ski-Urlaub im Luxushotel in Frankreich, Zeit für die Familie und ein Glas Wein mit Freunden. Aber für Tomas und Ebba, Hauptfiguren in Ruben Östlunds „Höhere Gewalt“ (2014), wird der Aufenthalt in den Bergen schnell zu einer Belastungsprobe: Als eine Lawine beim Mittagessen die Hotelterrasse unter sich zu begraben droht, läuft der Vorzeigeehemann vom Tisch weg und lässt die Vorzeigeehefrau mit den beiden diktatorischen, weniger vorzeigbaren Kindern allein zurück. Für Ebba bricht daraufhin eine Welt zusammen, und statt den Rest der freien Zeit zu genießen, nutzt sie jede verfügbare freie Minute, Tomas auf sein „Fehlverhalten“ hin anzusprechen. Der wiederum ist sich keiner Schuld bewusst und streitet ab, sich von seiner Familie entfernt zu haben. Doch die resolute Ehefrau lässt nicht locker und bezieht munter alte und neue Freunde in die Krise ein, indem sie das Geschehene zu allen passenden und unpassenden Gelegenheiten bis ins kleinste Detail auseinandernimmt. Ob der Vorzeigeehemann sich das lange gefallen lässt?

Unterhaltsamer Schlagabtausch der Geschlechter

„Eine großartige Satire über das männliche Ego“, wird der ursprünglich schwedische Film im Trailer genannt. Satire? Check. Männliches Ego? Doppelcheck. Großartig? Naja…

Ruben Östlund hat ohne Frage einen Film geliefert, der viel Diskussionspotenzial liefert. In einer Zeit, in der Sätze wie „Gender Studies? Was soll das denn sein?“ nur noch selten fallen, trifft er sicher den Geschmack vieler Zuschauer. Auch, weil wohl kaum ein anderes Thema so weltbewegend ist wie die Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Hier trifft weibliches „Ich will aber jetzt darüber reden“ auf männliches „Hä? So war das doch gar nicht“. Zumindest das sorgt hin und wieder für ein Schmunzeln bei mir, wenn man sich das ein oder andere Mal in der Vorzeigeehefrau wiedererkennt.

Verwirrender Plot und fehlende Erklärungen

Allerdings hinterlässt der Streifen in meinem Kopf zu viele Fragezeichen, als dass ich ihn wirklich loben könnte. Warum dieser endlose Streit über eine Entscheidung, die innerhalb von zwei Sekunden getroffen wurde und dabei wahrscheinlich noch nicht einmal bewusst fiel? Zumindest einen Unterstützer findet Tomas in Mats, einem Freund des Ehepaars, der dreist genug ist, Ebba gegenüber von Überlebensinstinkt und grundehrlichen Motiven zu sprechen: „[Er ist] weggerannt, um [euch] später, wenn nötig, aus der Lawine ausgraben zu können.“

Auch der Sinn der Schlussszene im Reisebus erschließt sich mir nicht. Dafür zeigt sich Tomas mit Zigarette in der Hand schließlich doch noch sympathisch, indem er auf die Frage „Rauchst du etwa?“ seines Sohnes schlicht, aber wahrheitsgemäß mit „Ja“ antwortet. Seinen übertriebenen männlichen Stolz verstaut er dabei ausnahmsweise ganz tief unten und reagiert mal nicht stark, nicht vorbildlich.

Folgendes bleibt ebenso ungeklärt: Warum sagt keiner den anstrengenden Kindern, dass sie den Mund halten und sich ein bisschen weniger verwöhnt benehmen sollen? Wieso muss Ebba einen Sturz im Schnee inszenieren? Nur damit der Vorzeigeehemann sie dann retten kann? – Wie erbärmlich. Und zwischendurch schiebt sich immer wieder die eine nicht ganz unbedeutende Frage auf meinen Schirm, deren Antwort ich ahne, aber nicht wahrhaben will: Sind (manche) Männer WIRKLICH so? Kopfschüttelnd sitze ich da und weiß nicht, ob ich das noch lustig finden soll. Der Film nennt sich zwar „Satire“, aber viele Situationen wirken auf mich bitter ernst.

Akzeptables Kino gegen Langeweile

Wenn man sich für die Hintergründe nicht interessiert, sondern einfach einen unterhaltsamen Film sehen will und sowieso gerade nichts Besseres vorhat, bietet sich „Höhere Gewalt“ sehr gut an. Mir fällt das schwer, ich frage gerne nach dem Warum. Sexistische Züge würde ich dem Streifen trotz der vielen Vorurteile, die sowohl Männer als auch Frauen hier aufs Vollste erfüllen, dennoch nicht vorwerfen. Es gibt erwiesenermaßen geschlechtsspezifische Unterschiede im Verhalten der Menschen, und die werden auf die Schippe genommen. Fazit des Ganzen: Kann man sehen. Muss man aber nicht.

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Dies ist der letzte Beitrag auf dem webmoritz. zum diesjährigen Nordischen Klang. Auch die Kollegen von moritz.tv haben wieder eine Sendung in petto:

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Beitragsbild: Alamode Film​​​​​​ (kein cc)