Schock, Entsetzen, Wut und Trauer herrschten in Greifswald, als in der Nacht zum 9. November von unbekannten Tätern alle elf Stolpersteine vor den Häusern ehemaliger jüdischer Mitbürger herausgerissen wurden. Aus Spenden wurden inzwischen 13 neue Stolpersteine beschafft, die am 23. Mai verlegt werden sollen. Bis dahin sind sie im Bürgerschaftssaal ausgestellt.

Die evangelische Studentengemeinde, die 2008 zum Verlegen der Steine angeregt hatte, konnte schnell Ersatz für die elf gestohlenen Stolpersteine beschaffen. “Wir sind dankbar für die riesige Spendenbereitschaft”, äußerte der Greifswalder Studentenseelsorger Matthias Tuve. So sind fast 7.780 Euro gespendet worden, die Kosten für die elf neuen Stolpersteine lagen jedoch mit 1.300 Euro weit unter dem Spendenaufkommen. Das übrige Geld werde nun in Projekte im Sinne der Stolpersteine investiert. Es gab Einzelspenden zwischen einem Euro und mehr als eintausend Euro. Auch das Studierendenparlament wollte sich mit bis zu 300 Euro beteiligen. [Update] Allerdings wurde diese Summe nicht eingesetzt, da sich bereits einen Tag nach dem Beschluss abgezeichnet habe, dass genug Geld für die Wiederbeschaffung durch Uni und Stadt zugesichert wurde, so StuPa-Präsident Milos Rodatos auf eine Anfrage. Es bleibt bei einer Verurteilung der Tat.

Bald 13 statt 11 Stolpersteine

Die 13 Stolpersteine sind zehn Zentimeter lang und mit einer Messingplatte versehen, auf welcher die jeweiligen Namen der ehemaligen jüdischen Mitbürger zu lesen sind. Angefertigt hat die Stolpersteine wieder der Kölner Künstler Gunter Demnig, der das Projekt “Solpersteine” als Erinnerung an die von den Nazis verfolgten und ermordeten Juden ins Leben gerufen hatte. Ab heute sind die Steine in einer Vitrine im Bürgerschaftssaal des Rathauses zu besichtigen. Dort bleiben sie bis zum 23. Mai. An diesem Tag sollen sie feierlich wieder eingesetzt werden. Der 23. Mai ist der Tag der Unterzeichnung des Grundgesetzes.

Matthias Tuve, evangelischer Studentenseelsorger, freute sich über das riesige Spendenaufkommen.

Zusätzlich zu den elf ersetzten Steinen hat Demnig noch zwei weitere Steine für das Greifswalder Pflaster gestaltet. Einer erinnert an Else Burchard, die ins Ghetto Glusk deportiert wurde und mit 43 Jahren dort starb, und der andere an Edmund Forster, Direktor der Greifswalder Nervenklinik, der 1933 ein halbes Jahr nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten Selbstmord beging.

“Gegner der Stolpersteine haben Gegenteil erreicht”

“Die Gegner haben mit ihrer Aktion genau das Gegenteil erreicht, was sie eigentlich wollten”, spielt Tuve auf einen rechtsextremen Hintergrund an. So gab es keine zwei Wochen nach der Tat zu einem Gedenkmarsch mit 250 Teilnehmern durch Greifswald. Am Abend des 9. November sollte ein NPD-Fackelmarsch an dem Asylbewerberheim in Wolgast vorbeiführen, wegen dem sich etwa 1.200 Gegendemonstranten zusammenfanden und der auch nur ohne Fackeln und mit Abstand zum Heim genehmigt wurde. Zuvor gedachten am 9. November mittags 75 Menschen den jüdischen Opfern des Nationalsozialismus. Laut Polizei gibt es noch keine neuen Erkenntnisse auf den oder die Täter, man wolle sich aber nicht auf einen rechtsextremen Hintergrund festlegen.

Fotos: David Vössing

Anmerkung: Im mit [Update] markierten Bereich gab es am 14. Februar eine inhaltliche Ergänzung.