Interview von Simon Voigt und David Vössing

Er war nach eigenen Angaben 811 Tage in der Greifswalder Hochschulpolitik unterwegs und bekleidete dabei verschiedene Ämter. Die Führung im Allgemeinen Studierendenausschuss hat er im Mai 2012 übernommen und nun vorzeitig abgegeben. Die bis zu 60 Stunden, die er wöchentlich in das Projekt investiert habe, sollen nun in sein Bachelor-Studium fließen, welches er bald beenden will. Der webMoritz sprach mit Felix Pawlowski über diese Zeit und das, was danach kommen soll.

webMoritz: Ende letzten Jahres war der AStA ausnahmsweise vollständig besetzt. Jetzt legen immer mehr Referenten ihre Ämter vorzeitig nieder. Erst Ginka Kisova, jetzt gehst du. Nicolas Wartenberg übernimmt deinen Posten und sein Referat wird auch frei. Ebenso wird Mandy Bernthäusl bald fehlen. Ist es vernünftig, als AStA-Vorsitzender gerade jetzt aufzuhören?

Felix: Ich habe den Entschluss schon vor vielen Monaten getroffen, das wussten auch die AStA-Referenten. Die Investitur der neuen Rektorin wollte ich noch als letzte Amtshandlung mitbegleiten bevor ich zurücktrete. Ich konnte nicht voraussehen, dass Mandy jetzt als Referentin für Studium und Lehre kurz nach mir aufhört. Wir wussten, dass Nicolas mein Nachfolger wird. Wahrscheinlich wird Nada das Sozialreferat als Beauftragte übernehmen, wodurch das Gleichstellungsreferat frei wird. Es ist aber immer leichter ein Co- als ein Hauptreferat zu besetzen. Das Ginka geht, wussten wir auch, wir hatten nur gehofft, im Januar einen Nachfolger zu finden. Die Situation ist natürlich ungünstig, aber in den Semesterferien ist es ruhiger, von den Erstsemestertagen, die vorbereitet werden müssen, abgesehen. Daher können die Referenten aufarbeiten, was vorher liegen geblieben ist.

Bist du zufrieden mit deiner Arbeit in den letzten Monaten oder gibt es auch Ziele, die du nicht erreicht hast?

Ich bin auf jeden Fall zufrieden mit der Arbeit. Natürlich nimmt man sich mehr vor, als man wirklich schafft. Ich hätte gerne noch die neue Finanzordnung durchgebracht. Dafür hat die Revision der Fachschaftsrahmenordnung und der Wahlordnung geklappt, bei der Satzung der Studierendenschaft zumindest teilweise. Wenn es auch mit der Finanzordnung geklappt hätte, wäre das schön gewesen.

Die Tür zum Club 9 in der Hunnenstraße ist seit Anfang Dezember verschlossen.

Die Tür zum Club 9 in der Hunnenstraße ist seit Anfang Dezember verschlossen. (Archiv)

Seit Beginn der Legislatur im April 2012 haben wir 29 Aufträge vom StuPa bekommen. Davon sind etwa zehn abgeschlossen. Allerdings sind die meisten Arbeitsaufträge nicht projektbezogen, sie sind nicht irgendwann fertig, sondern können nur kontinuierlich immer weiter umgesetzt werden. Zum Beispiel der Arbeitsauftrag zur Transparenz, wovon wir einige Teile umgesetzt haben, andere noch nicht. Außerdem hätte ich gerne noch die Problematik rund um den C9 geschafft oder die Abschaffung der Plagiatssoftware vorangebracht.

Es hieß schon im Sommersemester, dass der November sehr politisch werden sollte, passiert ist aber nichts. Was war da los?

Wir wollten uns bei den Entwicklungspolitischen Tagen engagieren. Das Problem war, dass wir zu spät angefangen haben und nicht mehr in das Programm gekommen sind. Wir hätten uns im September melden müssen, Räume waren auch nicht mehr da, das war ärgerlich. Außerdem hatte unser Praktikant Benedikt eine Veranstaltung zum „Umgang mit dem Tod“ organisiert, das stand auch soweit, er hatte früh angefangen und hatte viele Zusagen. Im Laufe des Septembers sind aber viele Redner wieder abgesprungen, sodass dass ganze Projekt ins Wasser viel.

Glaubst du, dass sich unter der neuen Rektorin Hannelore Weber etwas an der Lage studentische Kultur verbessern kann? Der Club9 sucht immer noch eine neue Bleibe.

Ich habe große Hoffnungen, dass es anders wird mit der neuen Rektorin, vor allem in der Kommunikation zwischen der verfassten Studierendenschaft und dem Rektorat. In den Vorgesprächen war sie schon sehr aufgeschlossen. Es gibt immer wieder Themen, bei denen wir nicht auf einen Nenner kommen werden, aber das ist mir klar und wird hoffentlich auch Nicolas klar sein. Aber sie wirkte auf jeden Fall gesprächsbereit. Das ist schon mal ein Anfang. In den letzten Monaten verhärtete sich die Front mit dem Rektorat doch ziemlich, weil wir nicht auf einen Nenner kamen. Ich hoffe, dass sie uns als Partnerin verstehen wird.

Ist eine Rektorin nicht viel zu sehr an ihr Amt gebunden, dass sie überhaupt keine Möglichkeiten hat, etwas zu ändern?

Das kann natürlich sein. Ich bin mir der Komplexität dieses Amtes nicht voll bewusst. Sie hat sicherlich auch ihre Vorgaben, nach denen sie arbeiten muss. Sie wird nicht plötzlich etwas aus dem Hut zaubern können, aber wohlwollend auf eine Lösung hinarbeiten. Ich habe in letzter Zeit das Gefühl gehabt, dass das vor sich hingeschoben wurde, einfach weil die Legislatur des ehemaligen Rektors zu Ende ging.

Das Rektorat hat jetzt wieder etwas angeboten, nämlich das alte Heizhaus von der Frauenklinik. Man muss sehen, was die Schadstoffanalyse dort ergibt. Wenn man die Ölrückstände dort heraus bekommt, liegt es eigentlich nur noch am Geld, das wir investieren müssten. Wir haben 55.000 Euro durch unser eigenes Konzept. Das Studentenwerk wird sich in ähnlicher Höhe beteiligen. Die Uni wird nichts dazu geben können. Deshalb rechnen wir mit 100.000 Euro. Das ist nicht viel. Damit kann man kein Dach und keine Fassade sanieren.

Sieht aus, als würden sie sich gut verstehen: Felix Pawlowski und Hannelore Weber am 31. Januar, dem Tag ihrer Einführung in das Rektoramt.

Sieht aus, als würden sie sich gut verstehen: Felix Pawlowski und Hannelore Weber am 31. Januar, dem Tag ihrer Einführung in das Rektoramt.

Im neuen Newsletter steht, dass es schön wäre, eine gemeinsame Position zwischen Uni-Leitung und Studierendenschaft zu finden. Glaubst du nicht, dass es besser ist, wenn der AStA sich einmischt und auf Missstände aufmerksam macht?

Das eine schließt das andere nicht aus. Wenn wir eine gemeinsame Position finden, möchte ich natürlich eine möglichst studentenfreundliche Position erreichen, damit die Uni-Leitung mehr Schritte auf uns zugehen muss als umgekehrt. Das ist logisch. Dass man mal eine gemeinsame Position findet, gelingt nicht immer, weil wir kaum Überschneidungen haben. Wir müssen diese Überschneidungen vergrößern. Wir machen die Uni immer wieder auf Missstände aufmerksam. Die Uni wird schon von vielen Seiten kritisiert, aber es hat sich auch einiges getan. Zusammenarbeit beruht auch auf Gegenseitigkeit. Ich würde mich auch mehr in ihre Richtung bewegen, aber wir müssen unsere Position vertreten. Wir machen schon viele Kompromisse und das muss die Uni auch.

Deine frühere Stellvertreterin Ginka schwärmte über ihre Zeit im AStA. War wirklich alles so flauschig?

Wenn ich im Nachhinein darüber nachdenke, überwiegen auf jeden Fall die positiven Seiten. Es gab aber auch negative Aspekte an dem Job. Es gibt Streit, der ist unvermeidbar. Wenn man aber die ganze Woche aufeinanderhängt und miteinander arbeitet, kommt es zwangsläufig zu Meinungsverschiedenheiten, die dann auch gerne mal lautstark ausgetragen werden. Das macht aber nichts, das muss auch mal sein. Die Zeit war absolut genial. Ich möchte sie auch nicht vermissen. Ich habe mich unglaublich weiterentwickelt, gerade was Zeitmanagement angeht. Ich schaffe jetzt viel mehr, als ich noch vor einem Jahr geschafft habe.

Lohnt es sich etwa wirklich? Muss der AStA doch nicht abgeschafft werden?

Nein, auf keinen Fall! Es lohnt sich absolut, sich hier zu engagieren. Man kann sich wirklich verwirklichen. Wir sind gut aufgestellt, die einzelnen Referate haben viel Potential, da ist für jeden etwas dabei. Wir haben die Referate für Veranstaltungen und für Studium und Lehre zu vergeben. Das sind zwei ganz tolle Referate, da kann man viel drin machen.

Eure Darstellung nach Außen mutet sehr bürokratisch an und wenig spontan. Kann man so neue Interessenten gewinnen?

Wir müssen ehrlich sein. Wenn man auf Bürokratie steht, dann gibt es Bereiche, in denen man hier arbeiten kann. Leute, die lieber Projekte machen wollen, können hier aber genauso anfangen. Im Bereich der Hochschulpolitik sind viele Sachen absehbar, die Vollversammlung oder die Gremienwahlen zum Beispiel kommen immer wieder. Andererseits muss man dort aber auch schnell reagieren, zum Beispiel bei Gesetzesnovellierungen. In diesem Jahr sind Bundestagswahlen. Da war bisher weniger zu tun, dafür wird jetzt umso mehr auf Henri (Anmerkung: Referent für Hochschulpolitik) zukommen. Es ist ganz unterschiedlich.

Welche Themen sollte der AStA in Zukunft bearbeiten?

Die studentische Kultur sollte weiterhin ein Thema bleiben. Der Kontakt zu den Clubs ist ganz wichtig. Für den Sommer hat Christin, unsere Referentin für ausländische Studierende eine Ringvorlesung mit hochkarätigen Rednern zum Thema „Integration“ organisiert. Dann kommt auch das Sorbonne-Projekt, dabei wollen wir uns im Laufe des Sommersemesters auf akademischem Niveau mit dem Thema „Bachelor/Master“ beschäftigen. Es wird eine Podiumsdiskussion und Vorträge geben. Die Bio-Mensa und CO²-Neutralität sind langfristige Projekte, genauso wie das Studieren mit Kind. Die neue Rektorin will sich auch für Familienfreundlichkeit an der Universität einsetzen, da wird sicher viel passieren.

Der Schreibtisch ist aufgeräumt und für den Nachfolger bereit.

Der Schreibtisch ist aufgeräumt und für den Nachfolger bereit.

Für dich war es der logische Schritt, von einem Referat in den Vorsitz zu wechseln. Jetzt hörst du mit dem Vorsitz wieder auf. Welcher Schritt folgt danach?

Jetzt mache ich nichts mehr, weil ich die Zeit für mein Studium brauche. Zum Sommersemester werde ich an die Universität Heidelberg wechseln. Für mich heißt das, dass es wieder zurück in den Süden geht.

Können die Kommilitonen an der Uni Heidelberg mit Felix Pawlowski rechnen?

In Baden-Württemberg wird zum Sommersemester 2013 die verfasste Studierendenschaft wieder eingeführt, weil die grün-rote Landesregierung das durchgesetzt hat. Leider haben sie sich in Heidelberg für eine andere Struktur entschieden, wie ich sie gerne gehabt hätte. Entweder man trennt zwischen Amt und Mandat wie bei uns, es gibt ein Parlament und einen AStA. Dort hat man sich für das Studentenrat-Modell entschieden. Die haben keinen AStA und das Parlament setzt sich aus den Fachschaften zusammen. Ich habe eigentlich nicht vor, mich zu engagieren, aber vielleicht kann ich mich auch nicht heraushalten. Wenn ich sehe, dass etwas nicht so gut läuft und ich die Erfahrung hätte, das zu ändern, dann überlege ich mir das noch einmal. Im Master will ich mich aber eigentlich komplett auf mein Studium konzentrieren.

Vielen Dank für das Gespräch.

Ich wollte mich noch bei ein paar Leuten bedanken.

Na dann los.

Mein Dank geht an den FSR Geschichte, bei dem ich in der Hochschulpolitik angefangen habe. Auch bei Erik von Malottki muss ich mich bedanken, denn er hat mich dazu überredet, danach das AStA-Referat für Fachschaften und Gremien zu übernehmen und stand mir immer mit seinem Rat zur Seite. Viel geholfen hat mir auch meine rechte Hand Ginka Kisova. Ohne sie wären die letzten zwei Jahre nicht dieselben gewesen. Anne Lorentzen war vor mir AStA-Vorsitzende, sie hatte mich vorgewarnt und wunderbar vorbereitet, danach war ich nicht mehr überrascht über die viele Arbeit. Sowieso muss ich mich bei allen AStA-Referenten für die langen aber auch tollen zwei Jahre bedanken. Bei fast allen meiner Entscheidungen stand mir auch Christoph Böhm zur Seite, vor allem bei ihm bedanke ich mich für den Rat und die Unterstützung. Ich habe unglaublich viel gelernt und er hat mir immer geholfen, wenn etwas nicht geklappt hat. Außerdem auch bei den Moritz-Medien, bei den Clubs und den vielen anderen engagierten Leuten aus den Gremien der Universität. Es war toll, so viele Kontakte knüpfen zu können.

Am Montag, 4. Februar, trat Felix Pawlowski offiziell vom AStA-Vorsitz zurück. Sein Nachfolger ist jetzt Nicolas Wartenberg, der vorher Referent für Soziales, Wohnen und Studienfinanzierung war. Voraussichtlich im Mai wird vom nächsten Studierendenparlament ein neuer AStA gewählt.

Fotos: Simon Voigt