Gestern, am 8. Februar, wurde in der Stadtbibliothek die neue ComputerSpielSchule eröffnet. Ziel dieses medienpädagogischen Projektes soll es sein, das Verständnis für Computerspiele zwischen den Generationen zu fördern. Kinder sollen den kritischen Umgang mit Computerspielen lernen, Eltern sollen einen Zugang zu diesen Medien finden. Seit dieser Woche kann die Schule besucht werden.

Vorbild für die Greifswalder ComputerSpielSchule ist ein gleichnamiges Projekt in Leipzig. Ideengeber und Hauptinitiator war Prof. Dr. Hartmut Warkus, welcher an der Universität Leipzig Medienpädagogik, mit dem Schwerpunkt Mediendidaktik, lehrte. 2008 wurde die Leipziger ComputerSpielSchule als erstes Projekt dieser Art eröffnet. Warkus ist im Dezember 2011 verstorben.

Greifswald wird als zweiter Standort des Konzeptes verstanden, die Leipziger Schule dient weiterhin als überregionaler Kooperationspartner. In der Hansestadt wird die ComputerSpielSchule durch die Stadtbibliothek “Hans Fallada”, der Evangelischen Akademie MV und dem Lehrstuhl für Religions- und Medienpädagogik getragen. Unterstützung gab es auch aus Schwerin von der Landesmedienanstalt.

“[…] Viele Erwachsene und Nicht-Spieler stehen den Computerspielen oft mit Unverständnis und fehlender Akzeptanz gegenüber. […] Begründet liegt dies u.a. im allgemeinen Generationsbruch, der mit der heute vorherrschenden Mediengesellschaft besonders deutlich wird. Das unterschiedliche Medienverständnis der Generationen führt oft zu unüberwindbaren Barrieren. Um diesen entgegenzuwirken ist das Ziel der ComputerSpielSchule Konfliktpunkte aufzugreifen und anzugehen, indem Möglichkeiten für die Medienkompetenzentwicklung auf beiden Seiten geschaffen werden. […]”

So steht es im Konzept der ComputerSpielSchule Greifswald. Es sieht weiterhin vor, einen Begegnungsort für Spieler und Nicht-Spieler zu schaffen. Die mediale Bereicherung von Computerspielen soll dargestellt, der kritische Umgang mit ihnen unter pädagogischer Betreuung gefördert werden. Kommunikation soll dem Generationenkonflikt entgegenwirken und die Medienkompetenz steigern, wie es im Selbstbild weiter beschrieben wird.

Das Spiel wird erläutert

Spiele für alle Altersgruppen

Dafür stehen 10 Computer in dem Raum in der ersten Etage der Stadtbibliothek bereit. Hinzu kommen 8 Nintendo-DS, 2 Wiis, eine XBox samt Beamer und eine Playstation 3. Die Computer wurden aus Mitteln der Stadt bereit gestellt. Ein Teil der Konsolen und Spiele wurde als Unterstützung von den Herstellern beigesteuert, wurden aus Leipzig gespendet oder befand sich schon im Besitz der Bibliothek. Eine Konsole stammt aus privatem Besitz, langfristig will man aber alle Konsolen, welche auf dem Markt sind, vor Ort haben. Gespielt wird unter anderem Anno 1701, Minecraft, World of Warcraft, Assassin’s Creed, Wii Sports oder Guitar Hero um das vielfältige Angebot an Spielen aufzeigen zu können. Es sind Spiele aller USK-Klassifikationen vorhanden, jedoch sind nicht alle auf jedem Computer zugänglich.

Beim Spielen findet immer eine medienpädagogische Betreuung, derzeit durch Lehramtsstudenten, wissenschaftlichen Mitarbeitern oder Mitarbeitern der Bibliothek, statt. Unter deren Anleitung können die Spiele gemeinsam ausprobiert werden, um einen kompetenten Umgang mit ihnen zu erlangen. Auch wird darauf geachtet, dass nicht länger als 2 Stunden gespielt wird. Außerdem sollen es außerhalb der Öffnungszeiten auch speziellere Angebote für die verschiedenen Zielgruppen geben.

Geplant sind beispielsweise Workshops, in denen Erwachsenen verschiedene Ego-Shooter vorgestellt werden, um Vorurteile abbauen zu können und Eltern zu zeigen, was ihre Kinder spielen.

Professor Roland Rosenstock

GTA im Philosophie-Unterricht

“Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.”, mit diesem Zitat von Friedrich Schiller leitete Professor Roland Rosenstock, Lehstuhlinhaber für Religions- und Medienpädagogik seine Eröffnungsrede ein. Rosenstock leitete im Wintersemester 2011/2012 das Seminar “Gott spielen – Computerspiele im Unterricht”, aus welchem sich viele Teilnehmer am Aufbau der ComputerSpielSchule beteiligten. Als Projektverantwortlicher für die ComputerSpielSchule sorgte Rosenstock zusammen mit seinem Seminar vor allem für das Hintergrundwissen und praktische Umsetzung. Man habe es geschafft, einen “hervorragenden Lernort für die medienpraktische Arbeit um zu setzten.” Viele der Studierenden sind nun für den laufenden Betrieb der ComputerSpielSchule verantwortlich.

Ein derartiges Seminar fand laut Rosenstock das erste Mal an einer Theologischen Fakultät in Deutschland statt. Es sei sehr gut von den Studierenden angenommen worden, er will es auf jeden Fall weiter anbieten. Laut Landeshochschulgesetz sei es vorgeschrieben, praktische Arbeit im Rahmen der Medienpädagogik zu leisten. Mit der Schule sei dafür nun eine Betätigungsfeld geschaffen, so Rosenstock. Den Lehramtsanwärtern soll vermittelt werden, wie im Unterricht gezielt Spiele eingesetzt werden können, um die Leistungsbereitschaft von Kindern, welche in diesem Bereich stark ausgeprägt sein kann, auf den Unterricht zu übertragen. So eigne sich GTA dafür, in der Philosophie fragen der Ethik zu diskutieren oder Minecraft um physikalische Zusammenhänge zu verstehen.

Rosenstock sieht derzeit eine Trennung im Medienkonsum und der Kommunikationskultur zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Wichtig sei es, diese Trennung durch den Erwerb von Medienkompetenz aufzuheben. Vor allem für zukünftige Erzieher sei dies wichtig, um einen Zugang zu den Kindern finden zu können.

“Computerspiele sind Kultur”

“Computerspiele sind Bildung, sind Kultur”, sagte Ulf Dembski, Kulturdezernent der Stadt Greifswald, in seiner Eröffnungsrede. “Ohne Computerspiele wäre es mir nicht möglich gewesen, ein Rockstar zu werden, dem von der Menge zugejubelt wird”, unterstrich er die Tatsache, dass Computerspiele in der ganzen Gesellschaft vorhanden seien. Deswegen sei es auch wichtig, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Die Stadt unterstützte das Projekt mit den Räumen und einem großen Teil der Hardware.

Bert Lingnau von der Medienanstalt Mecklenburg-Vorpommern

Klaus-Dieter Kaiser, Direktor der Evangelischen Akademie Mecklenburg-Vorpommern hob einen anderen Aspekt von Computerspielen hervor. Mit ihnen sei es Möglich, Grenzen vorgegebener Gruppen wie der Familie oder Freunden zu überwinden. “Sie fördern die Entstehung neuer sozialer Gruppen und ich hoffe das dies auch an diesem Ort geschehen wird.”

Bert Lingnau, war als Vertreter der Medienanstalt Mecklenburg-Vorpommern zu Gast. 5.000 Euro wurden von dieser Seite beigesteuert, für ihn sei das gut angelegtes Geld, denn die Investition in Medienbildung lohne sich immer. So hätten die Medien als “4. Gewalt im Staate” großen Einfluss auf die Sprache, das Denken und die Persönlichkeitsentwicklung der Bürger. Medienkompetenz sei daher wichtig, um mit diesen Einflüssen umgehen zu können.

Öffnungszeiten

Aktuell hat die ComputerSpielSchule Dienstags, Mittwochs und Donnerstags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Da aber neben Mitarbeitern der Bibliothek vor allem Studenten auf freiwilliger Basis für die medienpädagogische Betreuung verantwortlich sind, werden die Zeiten in der Vorlesungszeit etwas verkürzt. Langfristig sollen aber auch Auszubildende aus anderen Erziehungsberufen gewonnen werden, welche die Arbeit in der Schule als Praktikum nutzen können. Weitere Informationen wird es auf computerspielschule-greifswald.de geben.