Wer von französischer Cineastik die unverhüllte Erzählweise einer Catherine Breillat oder die märchenhaften Inszenierungen der fabelhaften Amelie erwartet, wird von dem Film „Willkommen bei den Sch`tis” wohl ein bisschen enttäuscht sein. Wer ins Kino geht um sich 140min lang Aktionsszenen auszuschauen und sich dabei von der Soundanlage das Popcorn um die Ohren fliegen zu lassen, kann sich von der Ruhe des Films ebenfalls verwirren lassen.
Alle anderen werden diesen Film lieben.

Komisches Gespann: Antoine (Dany Boon) und Philippe (Kad Merad)

Die Story ist schnell erzählt. Um die angeschlagene Ehe zu kitten möchte Postdirektor Philippe Abrams sich mit seiner Familie in einen schönen Badeort an der Côte d’Azur versetzen lassen. Das meditarane Flair, das leichte Leben des sonnigen Südens sollen den Schwermut seiner Frau Julie vertreiben. Doch aus diesem Plan wird nichts: Wegen eines Betrugversuchs wird Abrams in den Norden strafversetzt. Ausgerechnet nach Bourge und somit in die Region Nord-Pas de Calais, welche für den Großteil der Franzosen mit Tristesse, Regen und Arbeitslosigkeit verbunden wird. Eingedenkt schlimmster Vorurteile über den zurückgebliebenen, immerkalten Norden weigert sich Julie mitzukommen. Voll düsterer Vorahnungen fährt Philippe allein nach Bourge. Dort merkt er nach eingängigen Kommunikationsschwierigkeiten aber sehr schnell, dass die Einwohner, allen voran sein neuer Kollege Antoine, ein durchaus liebenswertes Völkchen sind.

Einige eingefangene Stimme behaupten hinterher, der Film skizziere ein naives Idyll von einer Welt ohne Handys und voller netter Nachbarn ohne Migrationshintergrund. Allerdings legt Regisseur Dany Boon mit „Willkommen bei den Sch`tis” auch keine kritische Sozialstudie der Pariser Vororte vor, sondern eine Hommage an seine Heimat, Nord-Pas de Calais und deren regionale Eigenheiten.

Eine der wundervollen Komponenten dieses Films ist sein Sprachwitz, der sich in der Aneinandersetzung des standardfranzösisch sprechenden Philippe mit dem in Bourge gesprochenen Chti´s, einem flämisch eingefärbten Regiolekt, ergibt. Hier wünscht man sich gut genug Französisch zu sprechen, damit man sich den Film in Originalsprache angucken kann. Aber auch die deutsche Fassung mit Christoph Maria Herbst als Synchronstimme für Dany Boon, der zugleich Regie führte und die Figur des Antoine spielt, ist zum Totlachen. Der Zuhörer wird hierbei mit einem lustigen Kauderwelsch konfrontiert, der irgendwo zwischen Hessisch und Schwizerdütsch anzusiedeln ist. Doch keine Angst, man gewöhnt sich schnell an diese Kunstsprache.

Ein weiterer Pluspunkt des Films ist sein angenehmer Umgang mit menschlichen Klischees. So scheint es in Frankreich auch Franzosen zu geben, die am liebsten Fritten von der Bude essen und die Protagonisten konfrontieren sich gegenseitig mit Erwartungen, die genauso zwischen Schwaben und Ostfriesen existieren könnten.

Dabei kommt die Überspitzung der Klischees sehr unverbraucht rüber, abgenutzte Gestiken und bekannte Witze „a la Hollywood” bleiben einem erspart. Dennoch ist die Spielart nicht schwerfällig sondern augenzwinkernd leicht.

Die witzigen Dialoge, gepaart mit gutgelungener Situationskomik lassen einen immer wieder laut auflachen und machen den Film zu einen der besten Komödien der letzten Jahre. Ein frecher, lebendiger Film der Vorurteile entkräftet, ohne den moralischen Finger aufzuzeigen.

Bildquelle: Pressefotos von bienvenuechezleschtis-lefilm.com