Professor Matschke nennt Verpflichtungen zum Wohl der Uni

moritz: Welche Ziele verfolgen Sie nach der Wiederwahl zum Senatsvorsitzenden für die Universität Greifswald?
Matschke: Ich möchte möglichst viel von dieser Universität an Substanz erhalten. Und das ist ein schwieriges Geschäft, da wir bei der letzten Zielvereinbarung 2005/2006 viel verloren haben. Mein Anliegen ist es, dass in der nächsten Runde 2009/2010 im Grundsatz kein weiterer Verlust eintritt. Und zwar aus dem einfachen Grunde: Wir brauchen eine Phase der Konsolidierung. Ich würde es für sehr unglücklich halten, wenn in der nächsten Runde an der Struktur, die wir momentan haben, weiter im Sinne von Reduktion gearbeitet wird. Ich wünsche mir, dass die jetzige Struktur erst mal längerfristig Bestand hat und zwar auf jeden Fall bis 2020. Denn Universitäten sind keine Institutionen, die man jedes Jahr anders stricken kann. Sondern es sind Institutionen, die auf lange Frist angelegt sind. Wir sind über 550 Jahre alt und da herrschten immer Phasen der Kontinuität, sonst hätten wir nicht als Institution überlebt.
Natürlich kann und muss es auch Veränderungen geben, aber diese müssen von der Universität gewollt sein und ihr nicht von außen aufgedrückt werden, was letzten Endes geschehen ist, auch wenn wir durchaus Veränderungen der Ministeriumsvorstellungen in Einzelheiten erreicht und der Vereinbarung zugestimmt haben. Das Ministerium und die Hochschule sind jedoch zwei ungleiche Partner. Der
Begriff „Zielvereinbarung“ ist sehr euphemistisch. Denn das Ministerium kann sich letztendlich mit einer Zielvorgabe durchsetzen.

moritz: Wie sehen Sie die Beziehung des Senatsvorsitzenden zum Rektor und Rektorat?
Matschke: Der Senat und der Senatsvorsitzende sind zunächst einmal keine Gegenspieler von Rektorat und Rektor. Zumindest definiere ich mich nicht so. Es wird manchmal das Bild gebraucht, dass es Vorstand und Aufsichtsrat sei. Nach dem jetzigen Landeshochschulgesetz ist dieses Bild aber völlig falsch. Wir sind Teile einer einheitlichen Selbstverwaltung mit unterschiedlichen Befugnissen. Und aus diesen unterschiedlichen Befugnissen können natürlich Gegenpositionen entstehen. Dass ich in bestimmten Fragen eine andere Auffassung habe als zum Beispiel der Rektor oder das Rektorat, ist nicht darin begründet, dass ich ihr Gegenspieler bin, sondern das ergibt sich aus dem Verständnis der Funktionen und einer unterschiedlichen Sicht und Beurteilung. Beide sind zwei unterschiedliche Teile einer dennoch einheitlichen Selbstverwaltung, die gemeinsam dem Wohl dieser Universität verpflichtet sind. Diese müssen zusammenarbeiten und an mir scheitert diese Zusammenarbeit nicht. Aber das bedeutet nicht, dass ich alles hinnehmen würde, was vom Rektor oder Rektorat käme oder gar ihr Nachbeter wäre. Letzten Endes hängen Entscheidungen im Senat aber nicht von meinem Willen ab, sondern von den einzelnen Mitgliedern im Senat. Denn wir sind ein demokratisches Gremium, in dem eine
Mehrheitsmeinung gebildet wird, und jedes Mitglied muss seine eigene Meinung frei vertreten können.

moritz: Wie reagieren Sie auf die Entscheidung des Bildungsministeriums gegen Ihre Dienstverlängerung?
Matschke: Die Entscheidung des Bildungsministeriums beruhte auf einer Vorentscheidung des Rektors. Für diese gibt es zwei unterschiedliche Argumentationsstränge. Einmal ist es das Argument, dass die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses bedeutungsvoll sei. Das zweite Argument ist, dass die Einwerbung von Drittmitteln und die Fortsetzung solcher Projekte noch keine Begründung für eine Verlängerung darstelle. Hinsichtlich der Entscheidung des Ministeriums gilt, dass diese natürlich rechtlich beurteilt werden kann. Das heißt, ich kann mich gegen diese Entscheidung wenden. Momentan überlege ich, ob ich es tun soll. Die endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen.

moritz: Inwiefern schätzen Sie die Unterschriftenaktion zweier BWL-Studenten, die im Zusammenhang mit der Ablehnung Ihres Verlängerungsantrags initiiert wurde?
Matschke: Ich habe mich gefreut. Einerseits, weil es eine eigene Initiative der Studenten war, ndererseits, weil sie für mich völlig überraschend kam, und ich damit nicht im Traum gerechnet hatte.
Sie ist eine unterstützende Maßnahme. Sie zeigt mir, dass die Studenten meinen Einsatz für den Bereich Wirtschaftswissenschaften, wie für die Universität insgesamt zu schätzen wissen. Es hat mich auch gefreut, dass Kollegen, Mitarbeiter sowie Außenstehende mit unterschrieben haben. Auch dies tat gut.

Das Interview führte Cornelia Bengsch.

Geschrieben von Cornelia Bengsch