Dass trockener Humor und tragische Themen sich durchaus vertragen können, zeigt Roy Anderssons neuer Film „Das jüngste Gewitter“

Sex mit Pickelhaube, tuba- und trommelspielende Freaks, gekränkte Friseure mit etwas eigenwilligen Vorstellungen von „Bitte nur nachschneiden!“ und Psychiater, die keine Lust mehr auf die „ekelhaften Menschen“ haben und statt zu therapieren nur noch Pillen verschreiben – so bebildert Roy Andersson die Szenen seines neuen Films „Das jüngste Gewitter“ (Originaltitel: Du Levande).
Und wie es gewittert am Himmel, in den farblosen Räumen und auf den ausgemergelten Gesichtern der Darsteller in dieser absurd-schwarzhumoristischen Geschichte. Der Film, eine Komposition aus mehreren Plots, deren gemeinsames Element eine gehörige Portion Skurrilität ist, zeigt die Schattenseiten des Lebens, die der Zuschauer aber dank der grotesken Charaktere und Dialoge durchaus mit einem lachenden und einem weinenden Auge verfolgen kann. Mit wenig Worten sagen die grauen Gestalten, die sich kaum bewegen vor der Kamera, oft mehr als genug und wortlos sind gar die Höhepunkte des Films in puncto Komik und Tragik.

Die Schauplätze des komisch-traurigen Dilemmas sind Büros, Kneipen, Treppenhäuser – überall dort, wo kein Sonnenstrahl hereinkommt, ist die schwedische Seele zu Hause und ist Platz für ein von Tuba und Trommel begleitetes Klagelied von der Trostlosigkeit des Alltags, ohne den aber eigentlich niemand leben kann und will, der Abgestumpftheit menschlicher Beziehungen und dem ewigen Hoffen auf ein besseres Leben, das es nie geben kann – oder nur im Traum, der besser einer bleibt. Der Film zeigt eine Gesellschaft voll Einzelkämpfer, ohne Herzlichkeit, Mitgefühl und Anteilnahme in bizarr wirkenden Sequenzen. Eine bleierne Schwere ummantelt „Das jüngste Gewitter“, dann und wann aufgebrochen von situationskomischen Arrangements.

Das alles wird dem Zuschauer glücklicherweise im O-Ton mit Untertiteln präsentiert. Nicht dass man den Darstellern nicht abkaufen könnte, dass sie zutiefst angewidert sind vom Leben. Dadurch erhält der Grauschleier, der Gesichter, Wände und Luft durchzieht, jedoch den letzten Schliff.