Die Kirchenmusikdirektorin (KMD) Anneliese Pflugbeil feiert am vergangenen Samstag ihren 90. Geburtstag. Mit einem Empfang und einem für sie ausgerichtetes Festkonzert.Heute empfängt sie der Oberbürgermeister Dr. Arthur König im Rathaus. Dann darf sie sich für ihre Verdienste in das Goldene Buch der Stadt Greifswald eintragen.

Anneliese Pflugbeil ist die Mutter der Bachwoche. Zusammen mit ihrem Mann Hans gründete sie 1946 das Musikfestival, das im Laufe der Zeit zu einer festen und landesweiten Kulturinstitution wurde. Dank einer treuen Bachwochengemeinde. „Es war eine schöne Zeit und wir hatten Glück“, meint die rüstige Ehrenprofessorin der Ernst-Moritz-Arndt-Universität rückblickend über die ersten Jahre. „Die Leute waren so begeistert und froh, nicht an Heizung, Essen oder Wohnung denken zu müssen“, erinnert sie sich. Nicht allein das. Die gebürtige Stettinerin fand in Greifswald den Platz, um wieder ein kirchenmusikalisches Seminar der Pommerschen Evangelischen Kirche zu gründen.

An einem kalten und sehr schneereichen Januartag reiste sie zu einem Gastvortrag des Musikwissenschaftlers Prof. Blume extra aus ihrer Heimatstadt an. Die Pracht des in Schnee eingehüllten Domes inmitten des vom Krieg verschonten Ortes berührte die damals junge Frau sehr. „Hier ist der richtige Platz, hier werde ich bleiben“, dachte sie damals. Seit 1939 gab es in Stettin eine kirchenmusikalische Ausbildung.

Seit 1941 unterrichtete die Theo Blaufuß-Schülerin dort als Dozentin für Klavier. An der Greifswalder Universität gab es bereits von 1927 bis 1940 eine vergleichbare Einrichtung. Anneliese Pflugbeil wirkte nachhaltig in Greifswald. Trotz anfänglicher Wohnungssuche für Schüler und den ersten und damals bescheiden ausgestatteten Lehrbetrieb im Lutherhof. „Es war eine wunderschöne Arbeit“, gesteht Anneliese Pflugbeil. Denn unterrichtet habe sie immer sehr gern. Selbst heute können Studierende mit Fragen zu ihr kommen.

Als Lehrkraft für Klavichord und Liedbegleitung betreut sie am heutigen Institut für Kirchenmusik und Musikwissenschaft noch einen Schüler, der kurz vor dem Abschluss steht. Vor zwölf Jahren wurde das Seminar mit dem Institut für Musikwissenschaften zusammengelegt. Somit gehörte es zur Universität „Ein guter Schritt“, befindet Anneliese Pflugbeil. Allerdings hätten die Gerüchte über einem möglichen Umzug nach Rostock während der letzten Zielvereinbarungen zwischen Land und Universität vor ein paar Jahren dem Haus nicht gut getan. „Ein paar mehr Kirchenmusiker wären schön“, wirft Anneliese Pflugbeil ein. In Greifswald gebe es gute Studienbedingungen und die meisten der Absolventen hätten bisher immer eine volle Stelle bekommen.

„Ich freue mich, dass es die Bachwoche immer noch gibt und weiterhin geben wird“, fügt Anneliese Pflugbeil hinzu. Gerade dank des Engagements von Prof. Jochen A. Modeß, dem heutigen Künstlerischen Leiter. Bis 2001 eröffnete die begnadete Bachinterpretin am Klavichord die Greifswalder Bachwoche mit einem Konzert. Ein stets besinnlicher Auftakt, um auf das danach Kommende hinzuführen.

Die Liebe zur Musik verdankt sie der Mutter mit ihrem schönen und geschmackvollen Sopran. Dies konnte sie zusammen mit ihrem Mann innerhalb ihrer Familie weitergeben. Nicht allein das. Das tägliche Musizieren pflegt Anneliese Pflugbeil bis heute und mit Freude. Vieles davon auswendig. Denn die etwas ermüdeten Augen machen das Einstudieren neuer Stücke nicht leicht. Und: immer wieder Bach.

Etwas länger schlafen zu können, in die Stadt zu gehen und sich abends gern etwas Schönes anzuhören oder anzusehen, macht zudem ihren Tagesrhythmus aus.

Eines erfüllt sie dabei dennoch mit Sorge: Die Kirche schätze den Stellenwert der Kirchenmusik oft nicht richtig ein. Meistens würde dort bei Kürzungen zuerst gespart. „Das ist ein schwerer Fehler“, befindet Kirchenmusikdirektorin. Nicht allein das. Denn insgesamt und grundsätzlich sei es heutzutage dringend nötig, Kinder und Jugendliche wieder an gute Musik heranzuführen.

Geschrieben von Uwe Roßner