Auch der Samstagabend stand unter dem Thema „Erste Liebe“, Liebe zu Menschen, zum Lesen und natürlich zum Schreiben. Einer dieser Aspekte sollte sich in den Texten der jungen Autoren wiederfinden.

Zwar konnte die Lesung wegen des Wetters nicht wie angekündigt im Hof des Koeppenhauses stattfinden, aber es gab eine Live-Übertragung ins Café. Kurz nach 20 Uhr rückten die Besucher dann im kleinen Lesesaal eng zusammen und in gemütlicher Atmosphäre begann der erste Teil der Lesenacht mit fünf Autoren des Greifswalder Universitäts- Studentischen Autorenverbands (GUStAV).
Sinnlich ging es los mit Doreen Schneider. Sie nahm die Zuhörer mit an einen See, um ihrer unerwiderten Liebe heimlich beim Baden zuzusehen und davon zu träumen, das Salz auf seiner Haut zu schmecken.
Katharina Hamacher verstand es besonders gut, mit dem Publikum zu flirten. Bei ihr ging es natürlich auch ums Verliebtsein, aber in Verbindung mit sehr viel Mayonnaise, Nudelsalat und Krümeln brachte sie damit viele zum Schmunzeln.
Etwas ernster ging es mit Andreas Budzier weiter. Er philosophierte über das Intime in der Öffentlichkeit, verschwendete Zeit und unglücklich endende Beziehungen.
Mathias Archut erzählte von einer Begegnung mit einer ganz speziellen Frau, die etwas von einer Stute hatte und scheinbar mit einer Bombe in der Tüte unterwegs war.
Für einen humorvollen Abschluss sorgte Michel Kenzler. Die recht spezielle und humorvolle Beschreibung seiner Traumfrau forderte Erklärung. So konnte dem jungen Autor entlockt werden, dass es sich bei seinem Text um eine „ironische Distanzierung von der krampfhaften Suche nach der perfekten Frau“ handelt.

Nach einer kleinen Pause, in der man sich zu Klängen von DJ Leo mit neuen Getränken und Büchern eindecken konnte, ging es weiter mit Heike Geißler. In ihrem Roman „Nichts was tragisch wäre“ geht es um Differenzen zwischen einer Autorin und ihrer Lieblingsfigur, der es nicht passt, was ihre Schöpferin mit ihr vorhat. Mit ruhiger Stimme setzte Geißler dem Publikum ihre Bilder in den Kopf, von der Erzählerin im Kleid auf einem Flachdach und einer Frau, die mit einem Pferd durch die Stadt läuft.
Der Literaturkritiker Kolja Mensing las aus seinem literarischen Debüt „Minibar“, einer Sammlung von kurzen Erzählungen. Inspiriert von Gehörtem und Erlebtem, haben alle Texte ein Thema: Menschen Mitte Dreißig, die alles haben und denen doch etwas fehlt. Szenen aus dem Alltag lässt Kolja Mensing durch die nüchterne Sprache und eine fast fremd wirkende Ehrlichkeit in einer anderen Perspektive erscheinen. Ob der Autor jemals einen Roman schreiben wird, ist jedoch fraglich, da er, wie er am Ende erklärt, jede unnötige Ausschweifung aus seinen Texten herausstreicht, die dann deutlich zusammenschrumpfen.

Nach einer letzten kleinen Pause und schon recht weit fortgeschrittener Zeit, hatten sich die interessierten Zuhörer wieder eingefunden, um den letzten beiden Autoren dieses Abends zu lauschen. Lucy Fricke las exklusiv aus ihrem ersten Roman vor. In „Durst ist schlimmer als Heimweh“ schildert sie mit ernster Stimme das Leben der 16jährigen Judith, die jahrelang missbraucht wurde. Dabei lässt die Autorin den Leser mit ihrer präzisen Darstellung so nah heran, dass es manchmal unangenehm wird, dem Mädchen auf ihrem Irrweg zu folgen. Dennoch fesselt die Geschichte und man wird sie bestimmt nicht vergessen haben, wenn der Roman im September erscheint.
Den Abschluss der Lesenacht bildete Saša Staniši?, der dem Publikum erstmal auf liebevolle Weise die wichtigsten Protagonisten aus seinem Roman „Wie der Soldat das Grammophon repariert“ vorstellte und sie dann selbst zu Wort kommen lies. Der Junge Alexandar flieht mit seinen Eltern in den Wirren des Bürgerkriegs aus Bosnien nach Deutschland. Mit den Erfahrungen aus seiner Heimat und Tipps seiner Verwandten muss er nun das neue Leben meistern und das alte verarbeiten. So geht es um Lieblingseis, die umgefallene Mauer und den Schrecken des Krieges, der immer dann am größten ist, wenn er im Gesicht eines anderen geschrieben steht.
Um 00:07 endete die „Lange Nacht der jungen Literatur“ dann mit einer kurzen Dankesrede der Veranstalter. „Möge das Institut und die Fachschaft noch lange existieren.“ Anschließend fanden die Autoren noch Zeit, um Bücher zu signieren und kleine Fragen zu beantworten.

Geschrieben von Alina Herbing