Wesolych Swiat!

Weihnachtsbräuche in Polen

Das Weihnachtsfest wird neben Ostern in Polen wohl am feierlichsten begangen. Die zentrale Rolle spielt hier das Essen, das zum heiligen Abend gehört wie der Adler ins Staatswappen. Bereits Tage vorher wird gekocht, gebacken und vorbereitet, damit die Familie am 24. Dezember nicht Hunger leiden muss. Tagsüber wird gefastet, doch mit Einbruch der Dunkelheit geht es dann los. Sobald der erste Stern aufleuchtet, lässt sich die Familie am Esstisch nieder.

Der Festschmaus besteht in Polen traditionell aus zwölf Gängen, die an die zwölf Apostel erinnern sollen. Häufig gibt es Fisch in verschiedenen Variationen. Bevor es jedoch ans Schlemmen geht, teilt die Familie die Weihnachtsoblaten untereinander und verzeiht sich alle Kränkungen und Verfehlungen des Jahres. Außerdem ist die Oblate ein Zeichen dafür, dass alle in der Familie ihr Leben miteinander teilen möchten.
Viele Bräuche in Polen haben ihren Ursprung im slawischen Brauchtum. Dies ist zu Weihnachten nicht anders. Besonders beliebt ist die Tradition, ein Geldstück beim weihnachtlichen Festschmaus unter einem Teller zu verstecken. Wer es findet, dem ist für das kommende Jahr Glück garantiert. In manchen Orten hat auch die Tradition überdauert, den Haustieren nach dem Festmahl Oblatenstückchen zu geben, damit sie gesund bleiben und sich gut vermehren.
Schließlich sind in Polen auch die oft sehr alten Weihnachtslieder untrennbar mit dem Fest verbunden. Die Texte sind humoristisch, satirisch oder sogar gesellschaftskritisch. Für viele Polen, die fern der Heimat leben, sind die Weihnachtslieder der Inbegriff alles Polnischen. Doch nicht nur im Kreis der Familie wird gesungen. Bereits im 17. Jahrhundert zogen Sänger in der Vorweihnachtszeit von Haus zu Haus und trugen an einer Stange einen großen, bunten, von innen erleuchteten Stern.
Auch wenn in Polen inzwischen in großem Maße eine Verwestlichung stattgefunden hat, konnten viele dieser Traditionen glücklicherweise überleben. Natürlich schreiben sich die Polen auch Weihnachtskarten und darauf steht dann „Wesolych Swiat!“

Geschrieben von Kai Doering

Weihnachtsglosse: Shop till you drop

Jedes, aber auch jedes Jahr nehme ich es mir von Neuem vor: Dieses Mal werde ich alle, wirklich alle Geschenke bis spätestens Ende Oktober gekauft und verpackt haben, sodass ich allem Stress entkomme und die Vorweihnachtszeit so richtig genießen kann.

Aber erstens kommt alles anders, und zweitens anders als man denkt. Soll heißen, ab Mitte November beginnt die große Panik: Oh Gott, es ist praktisch schon Weihnachten und ich habe noch keine Geschenke und auch keine Ahnung, was sich wer wünscht. Also wird der übliche Weihnachtsschlachtplan in Gang gesetzt.
Phase 1: Hektisches, stundenlanges Herumtelefonieren nach Weihnachtswünschen von Groß und Klein, wonach man nicht wirklich schlauer ist. Standardantwort: „Ach, ich weiß nicht, dir fällt schon was ein.“ Zumindest der Telekom hat man schon mal ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk zukommen lassen.
Dem folgt der Übergang zu Phase 2: Shopping extrem: man stürzt sich, idealerweise Samstag vormittags, in der stilvoll mit Kunsttannenzweigen und Lichterkettchen dekorierten Innenstadt in den Weihnachtseinkaufstrubel, auch Schlachtfeld genannt. Hier darf man sich dann mit Hunderten anderer Leute unter „Last Christmas“–Dauerbeschallung in Weihnachtskaufstimmung versetzen lassen.
Das ganze Spektakel ist definitiv nichts für Leute mit Platzangst und spätestens nach dem zweiten Laden bekommt Internetshopping einen ganz neuen Reiz. Einige Auseinandersetzungen mit freundlichem Verkaufspersonal später spaziere ich um viele Nerven und einiges Geld ärmer – hat schon mal jemand über die Einführung eines Weihnachtsgeldes für Studenten nachgedacht? – dann doch mit den ersten Einkäufen aus dem letzten Laden, nur um mich direkt in das nächste Chaos zu stürzen.
Phase 3: Geschenke verpacken und verschicken. Da bei vielen der kleinen Menschen, die ich zu Weihnachten zu beschenken habe, die Ausrede „Der Weihnachtsmann hat das Geschenk für dich bei mir abgeben, deshalb bekommst du es etwas später“ nicht zählt, mache ich auch der Post zu Weihnachten eine Freude, indem ich, nach stundenlangem Schlangestehen, exorbitante Beträge dafür hinblättere, Kinderschokolade nach Übersee und Barbieklamotten nach Belgien zu verschiffen.
Habe ich den ganzen Stress hinter mir und tatsächlich alle Geschenke beisammen, beginne ich regelmäßig ernsthaft darüber nachzudenken, den Glauben zu wechseln, um im nächsten Jahr dem Chaos zu entkommen. Aber, so verrät mir ein kurzer Blick ins Lexikon, auch andere Religionen haben Feste, zu denen man sich Dinge schenken muss.
Also tröste ich mich damit, dass Weihnachten ja nur ein Mal im Jahr ist und dass ich nächstes Jahr ganz bestimmt früher mit dem Geschenkekaufen anfangen werde.

Geschrieben von Sarah Riesner

Weihnachtsmarkt, die Zweite

Neuauflage eines fröhlich-kritischen Besuchs

Jahr Eins nach dem großartigsten Weihnachtsmarkt meines Lebens. Nach dessen neugieriger Erforschung und Verewigung in Schrift und Bild letzten Winter muss anno 2005 natürlich eine weitere Expedition in die geheimnisvollen, magischen, vorweihnachtlichen Mirabilia auf dem Greifswalder Marktplatz unternommen werden.

Jahr Eins nach dem großartigsten Weihnachtsmarkt meines Lebens. Nach dessen neugieriger Erforschung und Verewigung in Schrift und Bild letzten Winter muss anno 2005 natürlich eine weitere Expedition in die geheimnisvollen, magischen, vorweihnachtlichen Mirabilia auf dem Greifswalder Marktplatz unternommen werden.

Schon seit geraumer Zeit freute ich mich dermaßen darauf, dass ich die schlaksige Tanne, die bereits am Mittwoch vor der feierlichen Eröffnung des Spektakels durch den Weihnachtsmann aufgestellt worden war, ganze zwei Tage lang übersah. Vielleicht, weil man vor lauter Platz den Baum nicht sah? Oder doch wegen des frühwinterlich trüben Wetters?

Dieses ist jedenfalls am ersten Adventssamstag wieder versöhnt und zeigt sich von seiner schönsten Seite: Ein blauer Himmel mit einer strahlenden, im Untergehen begriffenen Sonne spannt sich über Menschenmassen, die mit Fotoapparaten, Einkäufen und Kindern in zu kurzen Schneeanzügen zum Ort des Geschehens strömen.

Die Uhr zeigt 15.20, also noch 10 Minuten bis zur offiziellen Eröffnung durch den leibhaftigen Weihnachtsmann. Ich versuche, mich in Position zu begeben, die geliehene Kamera im Anschlag bahne ich mir den Weg durch Massen gedichtaufsagwilliger Kinder. Um 15.25 Uhr kann ich endlich eine rote Gestalt wahrnehmen, sie schneidet feierlich den sechs Meter langen Stollen an und durch. Zu spät für historische Pixelaufnahmen. Für den Weihnachtsmann ist Zeit eben eine belanglose Dimension.

Macht nichts. Es gibt ja noch so viele andere Dinge, die man ansehen kann. Die Glühweinbuden scheinen in gehabter Zahl wieder angetreten, in bunter Reihe mit den bekannten kulinarischen Angeboten, im Volksmund leicht abwertend „Fressbuden“ genannt.

Die zeitliche Nähe des ersten Advents gestattet das beherzte Zugreifen, und man befindet sich noch dazu in liebreizender Gesellschaft diverser Mitmenschen, die Glühwein auf Bistrotischen ver- beziehungsweise in ihre Luftröhre hineingießen. Auf den folgenden kräftezehrenden Hustenanfall muss man dann erstmal etwas essen. Da bieten sich wie eh‘ und je Schwenkgegrilltes, Fernöstliches, Crêpes, Mutzen und Süßigkeiten. Jahrmarktssüßigkeiten! Ein Traum aus Kindheitstagen, den wohl kaum einer abgelegt hat.

Doch ein bisschen anders kann einem schon werden, wenn man die diesjährigen Preise betrachtet. Es scheint sich ein Kartell aus Mandel- und Lebkuchenherzverkäufern gebildet zu haben. Das ist vermutlich nichts Untypisches für Märkte wie diesen, aber 2,50 Euro für 100 Gramm gebrannte Mandeln ist bei aller vorweihnachtlicher Sanftmut ein dreister Nepp, und eine Preissteigerung um gefühlte 25 Prozent noch dazu.

Ein Gutes haben die Preise allerdings – Fahrten in den Fahrgeschäften können neuerdings in Mandeltüten ausgedrückt werden. Dadurch werden Budgetkalkulationen erheblich leichter. Beispiel: „Ich habe heute eigentlich nicht vor, mehr als drei Mandeltüten auszugeben. Soll ich sie aufessen oder doch lieber verfahren?“

Entscheidet man sich für Letzteres, muss man entsetzt feststellen, dass eine der beliebtesten Attraktionen des letzten Jahres, die alles überstrahlende Geisterbahn, dieses Jahr leider fehlt. Bleibt also nur die Wahl zwischen Breakdancer, Autoscooter und Kinderkarussells.

Diejenigen unter uns, die mit einer etwas zarteren Konstitution bedacht sind, können ihr Geld natürlich auch wieder in nicht-verderblichen Gütern anlegen. Handwerksstände und solche mit praktischen wochenmarktähnlichen Waren stehen dafür zur Auswahl. Eine klare Einordnung ist jedoch nicht überall möglich, da einige Händler in ihrer Auslage einen etwas eigenwilligen Übergang von Kochgeschirr über pseudonützliche Kunst aus Holz zu orientalischen Dessous vollziehen, die mir aus dem letzten Jahr verdächtig bekannt erscheinen.

Bei den Handwerksbüdchen muss man hingegen einen deutlichen Niveauzuwachs verzeichnen, den ich hier vollkommen unironisch anerkennen möchte. Nicht nur wird diesmal echte Erzgebirgskunst statt überteuerten Imitaten feilgeboten, es gibt sogar einen Stand mit Fair-Trade-Produkten aus dem Weltladen.

Balsam auf konsumgeschundene Akademikerseelen war am Eröffnungswochenende zudem der niedliche Weihnachtsmarkt vor dem Landesmuseum, wo es stilvolle Kunst und leckere Nahrungsmittel zu kaufen gab, die vor allem aus Greifswalder Bildungseinrichtungen und der Region stammten. Hier flanierte es sich frei und ungestört.

Diesen Niveauausgleich konnte man allerdings nur am ersten Adventswochenende erfahren. Das Erlebnis der Volksbespaßung auf dem Markt wird ihn also verschütten, wenn man nicht bewusst und verbissen davon zehrt. Aber auch das wäre nicht schlimm. Schließlich können wir dann bei Altvertrautem bleiben. In dem Sinne werden meine einzigen Souvenirs auch 2005 wieder eine halblegal angeeignete Glühweintasse sein und die Faszination, wie innerhalb eines Monats aus Sommernostalgie mit Cafétischen überall auf dem Markt der alljährliche Weihnachtswahnsinn werden konnte.

Geschrieben von Katja Staack

Europe goes Greifswald

Die Festzelte sind noch gar nicht richtig abgebaut und die Luftmatratzen für die Besucher noch nicht fertig eingerollt, da sind die Mitglieder des GrIStuF e.V. auch schon wieder fleißig am Arbeiten.
Nach dem Erfolg des Students Festivals 2005 findet auch im nächsten Jahr, dann bereits zum dritten Mal, wieder ein Festival statt. Nur diesmal wird nicht die ganze Welt, sondern Europa im Mittelpunkt stehen.

Rund 200 Teilnehmer aus ganz Europa sind eingeladen, sich vom 27. Mai bis zum 4. Juni 2006 miteinander über Europa und dessen Zukunft auszutauschen und zu diskutieren. Gemäß des Festivalmottos: „Project Europe: utopia or reality?“ werden die Teilnehmer wichtige Aspekte des Zusammenlebens und -arbeitens in Europa betrachten und konstruktive Beiträge erarbeiten. Zum Einen halten hierfür Experten aus verschiedenen Tätigkeitsbereichen öffentliche Vorträge und führen Debatten mit anderen Referenten. Zum anderen können die Teilnehmer dann in Workshops zu den Themenbereichen „Informieren“, „Darstellen“, „Lernen“ und „Verbinden“ die Erkenntnisse aus den jeweiligen Veranstaltungen vertiefen und den eigenen Meinungen Ausdruck verleihen.
Und auch die Kultur soll in dieser Woche nicht zu kurz kommen. Neben Bühnenveranstaltungen, einem Kleinkunstmarkt und einer großen „U-Rope“-Abschlussparty findet traditionsgemäß auch wieder ein „Running Dinner“ statt.
Es gibt also noch eine Menge zu organisieren und es sind nicht einmal mehr 180 Tage bis zum großen Ereignis. Aus diesem Grund arbeitet das GrIStuF-Team auch eifrig daran, Anträge von Workshopbewerbern zu bearbeiten, Referenten einzuladen und Sponsoren zu finden.
Helfende Hände können dabei immer gut gebraucht werden. Wer gerne einmal hinter die Kulissen des Students Festivals schauen und selber mitwirken möchte, ist beim GrIStuF immer willkommen.
Weitere Infos über den GrIStuF e.V., das Students Festival oder die Möglichkeiten einer Mitarbeit erhaltet ihr unter www.gristuf.org

Geschrieben von Susanne Wächter

Quer durch Europa Teil II

Die Tour d´Europe in Aveiro, Trento und Novi Sad

Um Mitternacht endlich in Aveiro angekommen, das ca. 100 km nördlich von Lissabon und direkt am Atlantik liegt. Der nächste Tag beschert uns warmes Wetter und Sonnenschein – Schadenfreude versüßt mir den frühen Morgen bei dem Gedanken an das Herbstwetter in Deutschland.

Der Zeitpunkt ist genau richtig, als wir die „Universidade de Aveiro“ mit ihren Departements besuchen. Denn es ist die erste Woche der „Freshmen“. Das entspricht ungefähr unserer Erstsemesterwoche, mit dem Unterschied, dass die Erstis einen ganzen Monat lang von älteren Semestern getriezt und schikaniert und damit in das Studentenleben eingeführt werden. „Das sei Tradition“, lasse ich mir sagen und beobachte gerade, wie die Erstis mit roten Zahlen auf der Stirn gemeinsam im Chor brüllen müssen. Max aus Frankreich erzählt mir, dass solche Traditionen an seiner Uni verboten seien, seit der Aktion, eine Frau mit gelber Farbe und ein Mann mit blauer Farbe anzustreichen, beide in einen Raum zu sperren und sie erst dann wieder heraus zu lassen, wenn beide grün sind. Farbenlehre einmal anders, denke ich. Nach dem Frühstück in der Caféteria, hören wir uns den Vortrag von Tiago aus Portugal an, der Campus Europae den „Freshmen“ vorstellt. Anschließend postieren wir uns an den Ständen und präsentieren unsere Uni, wobei unser dürftiges Infomaterial Asbach uralt ist.
Der Campus entspricht übrigens allen Klischees. Palmen, wo man hinsieht, braungebrannte, stoppelbärtige Männer, Steppenlandschaft und selbst das Essen in der Mensa. Zu Parolen der „Freshmen“ im Hintergrund, essen wir Garnelen, Fisch (Haifisch?) und Muscheln mit Reis. Was sonst? Anschließend machen wir eine Fahrradtour quer durch Aveiro. 26 Fahrräder auf einem Haufen, das sieht stark nach Klassenfahrt aus und fühlt sich auch genauso an.
Nach dem Empfang im Rathaus und dem Lunch in der Mensa, gehen wir abends in einen Club – nur aus Recherchegründen, versteht sich. Die Luft ist mild, die Leute gut gelaunt und überhaupt scheint in dieser Nacht ganz Aveiro auf den Beinen zu sein. An diesem Abend ruft Zach zum ersten Mal das legendäre „Kissingtime“ und meint damit, dass jeder jeden auf die Wange küssen muss. Das erfordert Überwindung, den Rest erledigt der Gruppenzwang. Ich glaube, damit können so einige ihren Drang nach Intimität ausleben. Kurze Zeit später haben wir auch schon das erste Liebespaar.

Die Reise geht weiter

Nach drei bis vier Stunden Schlaf, müssen wir uns von Aveiro verabschieden. Das bedeutet eigentlich nur, dass eine Gruppe von Zombies sehnsüchtig aus dem Fenster guckt, als wir zum Flughafen nach Porto fahren. Der Flug geht bis nach London, wo wir umsteigen müssen, was mit einigen Komplikationen verbunden ist. Die freundlichen Beamten bei der Passkontrolle, zögern bei den Visa der Leute, die nicht aus der EU kommen. Das frustriert und wir bemerken zum ersten Mal, wie problemlos das Reisen für EU- Bürger ist. London Stanstead ist nicht der einzige Flughafen, an dem die beiden Natasas aus Serbien und Alina und Katya aus Weißrussland Einreiseprobleme haben.
Trotzdem geht alles gut und wir landen in Venedig Treviso in Italien und fahren nach einem kurzen Aufenthalt bei MC Donald´s mit dem Zug weiter nach Trento. Wir beziehen unser Lager diesmal in einem Hotel direkt am Marktplatz, von wo aus man nur einige 100 Meter entfernt die letzten Ausläufer der Alpen sehen kann. Einfach nur fantastisch. Und endlich hat das Reisen an diesem Tag ein Ende und wir fallen totmüde in die Betten.
Sonne, blauer Himmel, Temperaturen über 20 Grad – was will man mehr? So beginnt der siebte Tag der Tour. Nach italienischer Mentalität schlendern wir ganz entspannt zur Philosophischen Fakultät und werden dann im „Rettorato“ der „Universita degli studie di Trento“ empfangen.
Danach haben wir bis zum Dinner Zeit für die angenehmen Dinge des Lebens. Sprich Shoppen, italienischen Macchiato trinken und sich die Sonne auf den Pelz scheinen lassen.
Max aus Frankreich erzählt mir von einem deutschen Punksong aus seiner Schulzeit, der mit den Worten beginnt: „Mein Name ist Günther, ich liebe meine Mutter. Der Käse ist zu stinken, ich will eine Dusche nehmen, ich bin neidisch auf den Käse, weil ich in einem Kühlschrank wohnen möchte.“ 20 Minuten später ist auch mein Lachkrampf vorbei. Nachts gehen nur die Hartgesottenen in die „beer factory“, doch selbst unser irischer Bierliebhaber Paul (“Kiss me I’m Irish“) geht früh schlafen.
Mit 17 Stunden Zugfahrt durch Slowenien, Kroatien und Bosnien- Herzegowina nach Novi Sad in Serbien-Montenegro und nur einer Mahlzeit soll der nächste Tag nämlich der abenteuerlichste werden. Die Passkontrollen in Kroatien werden fast zur Schikane, als die Pässe und Visa von den beiden Natasas zehnmal hin und her gewendet, die Fotos verglichen und Funkgespräche geführt werden. Wir trösten uns mit „Kissingtime“. Unsere multikulturelle Gruppe wird zur Attraktion für die Kontrolleure, von denen einige klischeeentsprechend Alkohol intus haben. Kurz vor Mitternacht haben wir es tatsächlich geschafft und wir quartieren uns im „Domestere“ in Novi Sad ein und die Gruppe ist wieder ein Stückchen mehr zusammengewachsen.

Trinkkultur in Novi Sad

Nach einer eiskalten Nacht auf harten Betten, besichtigen wir zwei „Monastries“. Das Wetter lässt uns leider im Stich und so haben wir nur halb soviel Spaß. Um uns wenigstens innerlich aufzuwärmen, fahren wir zu einer Weinverköstigung nach Svenski Karlovci mitten auf dem Lande. Fotoapparate werden gezückt bei dem Anblick vorbeifahrender Ladas, Moskwitsche und Wartburgs. Für mich als Kind der DDR kein besonderer Anblick. Die Vororte von Novi Sad vermitteln das Gleiche wie die alten Autos. Hier hat sich seit 30 Jahren nichts geändert.
Die Weinverköstigung auf dem Hinterhof eines unscheinbaren Einfamilienhauses beglückt uns umso mehr. Und wir stoßen so lange mit „Bermet“ und „Gourmet“ an, bis wir keinen Trinkspruch mehr kennen.
Leicht angetrunken laufen wir zum Restaurant, wo es als Vorspeise „Fischkopf in Suppe“ gibt.
An die Fischaugen traut sich dann doch niemand ran…Anschließend führen uns die beiden Natasas durch das multikulturelle und moderne Novi Sad.
Müde kommen wir im „Domestere“ wieder an und gönnen uns ein Nickerchen für 45 Minuten. Danach geht‘s weiter in die „beerfactory“.
Helle Halogenlichter, verspiegelte Wände und verchromte Industrieprodukte stehen im Kontrast zu dem Bauernbetrieb der Weinproduktion. Dafür sponsert uns die Firma hinterher ein Abendessen mit Freibier. Der Tag ist hart, aber noch lange nicht zu Ende.

Wie man in Novi Sad feiert, warum die Angst im Zug nach Budapest mit uns fährt und wie nun eine Saunaparty in Riga aussieht, das erfahrt ihr im nächsten moritz.

Geschrieben von Katarina Sass