Wasserwerfer am Wegesrand – Antifa-Demo zieht durch Greifswald

Wasserwerfer am Wegesrand – Antifa-Demo zieht durch Greifswald

Ein Bericht von Simon Voigt und Felix Kremser

Unter dem Motto “Zieht euch warm an! Null Toleranz für Nazis – Fight back!” protestierten gestern, 10. Dezember, 860 Menschen gegen den zunehmenden Rechtsextremismus in Greifswald und Mecklenburg-Vorpommern. Zu der Demonstration hatten sowohl die antifaschistischen Bündnisse “Greifswald Nazifrei”, “Nazis wegbassen” und die Antifa-Gruppe “Defiant” als auch die Greifswalder Sektionen “H.I.G.H.” und “M.u.S.i.K.” der hedonistischen Internationalen aufgerufen. Unterstützung erhielt die Demonstration im Vorfeld ebenfalls vom Studierendenparlament und der Vollversammlung der Studierendenschaft der Universität Greifswald.  (mehr …)

Initiativen rufen zur antifaschistischen Demonstration

Initiativen rufen zur antifaschistischen Demonstration

Feste neonazistische Strukturen in Form der “Nationalen Sozialisten Greifswald” sind seit etwa zwei Jahren auch wieder in der Universitätsstadt anzutreffen. Im Vorfeld der NPD-Demonstration um den ersten Mai agierte die Neonaziszene deutlich aggressiver und beschränkte sich nicht auf neonazistische Grafitti-Losungen, die sie an Toilettenhäuschen, Trafohäuschen, auf dem Fußboden vor dem Audimax oder vor der Mensa sprühte. (mehr …)

Gedenken an Eckard Rütz und Vorbereitung auf antifaschistische Demonstration

Gedenken an Eckard Rütz und Vorbereitung auf antifaschistische Demonstration

Gleich mehrere antifaschistische Veranstaltungen werden in den kommenden Tagen in Greifswald stattfinden. Zum einem ist eine antifaschistische Demonstration am 10. Dezember geplant. In diesem Rahmen wird am kommenden Donnerstag, den 24. November, um 20 Uhr eine Mobilisierungsveranstaltung im IKuWo stattfinden. Zum anderen wird Ende dieser Woche, am Freitag, den 25. November, das alljährliche Eckard Rütz-Gedenken stattfinden. (mehr …)

Greifswalder Universität ihres Namenspatrons entledigt

Greifswalder Universität ihres Namenspatrons entledigt

Fast schien es, als würde der 555. Geburtstag der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald sang- und klanglos verstreichen. Auch Jan Messerschmidt, Pressesprecher der Universität ging noch am Nachmittag des 17. Oktober davon aus, schließlich teilte er dem webMoritz mit, dass lediglich runde Jubiläen, aber keine Schnapszahlen gefeiert würden. “Das kann Ihnen jeder Historiker bestätigen”, erklärte Meßerschmidt abschließend. (mehr …)

Nicht vergessen: 80 Menschen gedachten Eckard Rütz

Ein trauriger Anlass war es, weshalb sich etwa 80 Menschen am Donnerstagnachmittag vor der Mensa versammelten. Sie waren dort, um dem Obdachlosen Eckard Rütz zu gedenken. Er wurde in der Nacht vom 24. bis zum 25. November 2000 von drei Jugendlichen ermordet.

Der Gedenkstein vor der Mensa.

Während der bewegenden Gedenkveranstaltung zum zehnten Todestag zeigten die Redebeiträge die Hintergründe der Tat auf. Es wurde an die Umstehenden appelliert, Zivilcourage zu zeigen und dem Mord an Rütz zu gedenken. Mit den Worten, dass es nicht selbstverständlich sei, ein Dach über dem Kopf zu haben, wurde die Veranstaltung eingeleitet. Die Rednerin Juliane Teichert vom Bündnis “Schon vergessen?” führte anschließend aus, dass die drei Jugendlichen zuerst auf den schlafenden Rütz vor der Mensa einprügelten. Später kamen sie zurück, fügten ihm starke Kopfverletzungen zu, aus Angst, er würde sie verklagen. Der 42-jährige Greifswalder erlag seinen Verletzungen. Bei der Gerichtsverhandlung 2001 gaben die drei Täter an, dass sie Rütz “eine Lektion erteilen” wollten. Sie begründeten ihre Tat damit, dass  Rütz dem deutschen Steuerzahler auf der Tasche liegen würde. Damit sei eine nationalsozialistische Gesinnung bei den Tätern erkennbar, so der Richter bei der Verhandlung. Die drei Jugendlichen erhielten Haftstrafen von sieben beziehungsweise zehn Jahren.

Pfarrer Gürtler der Domgemeinde: Zusammenhang zwischen Gedanken und Taten.

Ziel: Pflege von Gedenkkultur

“In Greifswald gab es kaum eine Reaktion auf die Tat, auch keine Gedenkplatte”, führte Teichert in ihrer Rede weiter aus. Erst 2006 wurde eine Steinplatte auf dem Mensa-Vorplatz eingelassen, die an Eckard Rütz erinnert. Dahinter steckte das Bündnis “Schon Vergessen?”, welches 2005 mit der Antifa Greifswald entstand. Daraufhin setzte sich das Bündnis mit verschiedenen Initiativen und Privatpersonen für den Gedenkstein ein. Das Ziel des Bündnisses ist es seither, eine aktive Gedenkkultur zu pflegen und die beiden Opfer von rechtsextremer Gewalt, Klaus-Dieter Gehricke Klaus Dieter Gerecke und Eckard Rütz, nicht zu vergessen.

Als weiterer Redebeitrag folgte der des Dompfarrers Matthias Gürtler, der in seiner Rede Gewalttaten mit ähnlichem Hintergrund darstellte: In der Nacht vom 24. auf den 25. November 1990 wurde Amadeu Antonio in Eberswalde von einer Gruppe Neonazis misshandelt. Im Dezember verstarb er. “Es gibt einen Zusammenhang zwischen Gedanken und Taten”, erläutert Gürtler. Er schloss seine Ansprache: “Ich bin dankbar, dass Jugendliche, Schüler und Studenten Eckard Rütz aus dem Vergessen holen, weil wir es ihm schuldig sind.”  Zwischen den einzelnen Beiträgen spielte ein Gitarren-Geigen-Duo. Die Stücke gaben der Veranstaltung einen würdigen Rahmen. Abschließend konnten die Besucher Eckard Rütz und den Opfern rechtsextremer Gewalt gedenken und Kränze, Kerzen und Blumensträuße niederlegen.

An der Gedenkveranstaltung nahmen deutlich mehr Menschen als in den vergangenen Jahren teil. Zahlreiche Initiativen und politische Gruppen, wie Mitglieder der Jungen Union, dem SDS, der Greifswalder Hedonisten, der Grünen Hochschulgruppe und der Jusos waren vertreten. Aber auch Vertreter des Studierendenparlaments (StuPa) und des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) nahmen zum ersten Mal an der Veranstaltung teil und legten einen Strauß und einen Kranz im Namen der Studierendenschaft nieder. Ebenfalls anwesend war die Koordinatorin des kommunalen Präventionsrates Dr. Christine Dembski, die einen Kranz im Namen der Stadt ablegte. Zudem berichtete Juliane Teichert vom Bündnis “Schon vergessen?”, dass Anfang November in der Bürgerschaft eine Gedenkminute abgehalten wurde. Das Verhältnis zwischen dem Bündnis und der Stadt war in den vergangenen Jahren eher angespannt.

Gedenkkränze vom Oberbürgermeister und dem AStA.

Am Sonnabend, dem 27. November, findet eine Demonstration des Bündnisses statt. Dabei soll den Greifswalder Bürgern die Person Eckard Rütz in Erinnerung gerufen werden. “Wir wollen den Opfern in einem würdigen Rahmen gedenken und überlegen, wie es soweit dazu kommen konnte und daher auch auf soziale Verhältnisse aufmerksam machen”, stellt Juliane vom Bündnis dar. Der Auftakt zur Demonstration ist um 13 Uhr an der Mensa. Auch im kommenden Jahr wird “Schon vergessen?” wieder an die Tat erinnern, um sich weiterhin für ein aktives Gedenken einzusetzen.

Fotos: Christine Fratzke