Neue Runde, neues Glück? Greifswald und das Containerdorf

Neue Runde, neues Glück? Greifswald und das Containerdorf

In den letzten Wochen entfachte in Greifswald eine starke Diskussion über die Errichtung eines Containerdorfes zur Unterbringung von Geflüchteten. Diese Diskussion hatte Proteste diverser politischer Lager zur Folge. Nachdem bereits Anfang März im Hauptausschuss der Stadt um Alternativen gebeten wurde, legte die Stadt Greifswald heute eine Beschlussvorlage vor. Diese soll am kommenden Montag durch die Bürgerschaft diskutiert und im besten Fall beschlossen werden.

Die Hauptausschusssitzung am 2. März wurde von drei Demonstrationen und viel Polizeischutz begleitet. Besprochen wurde letzten Endes, dass die Stadt nochmals andere Unterbringungsmöglichkeiten prüfen möge. Alle beteiligten Parteien fanden die ursprünglich angestrebte Lösung nicht zufriedenstellend. Hierbei sollen die Geflüchteten auf verschiedene Standorte aufgeteilt werden. Dadurch befinden sich nicht 500 Personen auf eine Fläche verteilt, sondern auf mehrere Standorte. Die Stadt wurde beauftragt, nochmals Flächen auf diese Art der Nutzung zu prüfen.

Am Montagmorgen haben der Oberbürgermeister Stefan Fassbinder sowie die Bausenatorin und stellv. Oberbürgermeisterin Jeannette von Busse eine Beschlussvorlage bezüglich der Containerdorf-Situation vorgelegt. Dabei wurden gewisse Ausschluss- und Abwägungskriterien betrachtet und ausführlich beschrieben. Insgesamt sind fünf Flächen, die sich über das Stadtgebiet verteilen, in die nähere Auswahl gekommen:

  1. Festspielplatz an der Jungfernwiese
  2. Wiese in der Lise-Meitner-Straße
  3. Sportplatz in der Feldstraße 86
  4. Anklamer Straße 15/16 (Hinterhoffläche der Kunstwerkstätten)
  5. Usedomer Weg (neben der CDF-Sporthalle)

Die Vorschläge umfassen unterschiedlichste Flächengrößen. Von Busse erklärt hier, dass es diesbezüglich keine Vorgaben gebe, sodass diese in eine nähere Betrachtung gefallen sind. Wie viele Container für Geflüchtete auf diesen Flächen jeweils untergebracht werden können, müsse man anschließend noch genauer prüfen.

Nicht optimal, aber notwendig

Der Oberbürgermeister betont während des Gesprächs, dass Containerdörfer definitiv nicht die beste Lösung sind. Dennoch seien Sporthallen noch schlechtere Unterbringungen und die Situation sei momentan äußerst dynamisch. Wie dynamisch die Situation um die Geflüchteten aktuell im Landkreis ist, berichtet Karina Kaiser, Dezernentin für Soziales, Jugend, Gesundheit, Sicherheit und Ordnung: In den letzten 2,5 Monaten wurden dem Landkreis Vorpommern-Greifswald mehr Geflüchtete zugewiesen. Der Landkreis fragte Hochrechnungen beim Land an. Diese gibt es jedoch nicht. Daraufhin hat der Landkreis selbst eine ungefähre Schätzung versucht zu berechnen – diese Zahl beläuft sich auf ungefähr 1.800 Geflüchtete bis zum Jahresende. Dem Landkreis sei vor allem eine gute Betreuung der Geflüchteten wichtig. Auch Kaiser begrüßt die kleinere Lösung mit einer Aufteilung der Geflüchteten auf verschiedene Flächen zu jeweils (maximal) 200 Geflüchteten. Dadurch sei eine bessere Betreuung und damit auch eine gelingendere Integration gewährleistet.

Sowohl Landkreis als auch Stadt sind bemüht, eine gemeinsame Lösung zu finden. Der Oberbürgermeister fügt an, dass es sich bei den Flächen ausschließlich um Flächen im Besitz der Stadt handelt. Darüber hinaus sind private Besitzende angehalten, ihre Flächen zu prüfen. So haben beispielsweise sowohl die Universität als auch die drei Kirchengemeinden der Hansestadt eine Anfrage erhalten, ihren Flächenbestand auf die Möglichkeit der Errichtung einer Container-Unterkunft zu prüfen.

Generell vernimmt man eine gewisse Spannung, was die Bürgerschaft auf der Sondersitzung am kommenden Montag beschließen wird. Die Sitzung wird am 27. März 2023 um 19 Uhr in der Mehrzweckhalle im Schönwalde-Center stattfinden. Wer an dieser Sitzung teilnehmen möchte, kann sich noch bis zum 24. März 2023, 12 Uhr per Mail (an die Bürgerschaft buergerschaft@greifswald.de) oder per Post an die Kanzlei der Bürgerschaft anmelden. Dafür werden der Vor- und Nachname sowie das Geburtsdatum benötigt. Beides wird vor der Sitzung durch das Sicherheitspersonal kontrolliert – Ausweis also nicht vergessen.

Beitragsbild: Laura Schirrmeister

Der Landkreis sagt „Nein“ zur Geflüchtetenunterkunft

Der Landkreis sagt „Nein“ zur Geflüchtetenunterkunft

Auf der Website des Landkreises kann nachgelesen werden, dass die leerstehende Kita “Zwergenland” als befristete Geflüchtetenunterkunft hergerichtet werden sollte. Dieses Projekt wurde nun allerdings vom Landkreis wieder abgesagt. Auf diese Nachricht reagierte unser Oberbürgermeister Dr. Stefan Fassbinder nicht allzu begeistert. Was genau geschah, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Das alte Gebäude der ausgezogenen Kindertagesstätte “Zwergenland” stand eigentlich auf der Abrissliste. Stattdessen sollte das Gebäude so weit wieder hergerichtet werden, dass ukrainische Geflüchtete in das Gebäude ziehen können. “Oberbürgermeister Dr. Stefan Fassbinder und Landrat Michael Sack betonen die gute Zusammenarbeit bei der Schaffung der Flüchtlingsunterkunft”, wurde auf der Website des Landkreises im Juni noch betont.

“Die Situation erfordert zügiges Handeln. Wir sind im Gespräch mit möglichen Betreibern der Unterkunft und konnten bereits das DRK gewinnen. Da wir die Sporthalle in der Siemensallee als Landkreis schnellstmöglich wieder für den Schulsport und die Greifswalder Vereine freigeben wollen, muss rasch gehandelt werden. Dazu ist weiterhin eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten nötig.”

Landrat Michael Sack

Die Situation war für das Land Mecklenburg-Vorpommern dann anscheinend doch nicht allzu prekär. 120 Personen können jetzt nämlich nicht in der geplanten Flüchtlingsunterkunft unterkommen. Dass der Landkreis zurückrudert, liegt am guten Geld. Die Finanzierung sollte eigentlich wie folgt aussehen: Der Eigenbetrieb Hanse-Kinder (dem die leerstehende Kita gehört) sollte den Umbau als Vorleistung bezahlen. Die Kosten hätte der Landkreis dann zurückgezahlt. Das Land Mecklenburg-Vorpommern wiederum hätte dem Landkreis das Geld zurückerstattet. Nun heißt es aber, dass das Land dem Landkreis geraten habe, das Projekt wegen der Kostensteigerungen abzubrechen. Es könne nämlich nicht sichergestellt werden, dass die anfallenden Kosten für die Herrichtung der Einrichtung erstattungsfähig wären.

Der Eigenbetrieb hat allerdings schon mit dem Umbau angefangen. Der Landkreis prüft jetzt, welche Auslagen erstattet werden können.

Unser Oberbürgermeister Dr. Stefan Fassbinder ist über den Rückzug des Landkreises überhaupt nicht erfreut. Es könnten nämlich noch mehr Flüchtlinge nach Greifswald kommen, um im Winter hier Schutz zu suchen.

“Wir haben mit langem zeitlichem Vorlauf sowie mit viel Zeit- und Arbeitsaufwand das Vorhaben Flüchtlingsunterkunft Ostseeviertel gemeinsam … vorangebracht. Gern wüsste ich, dass wir auf diese Weise auf die möglichen starken Fluchtbewegungen in unserer Stadt gut vorbereitet sind und nicht nur im Krisenmodus reagieren müssen. Die Flüchtlingsunterkunft Ostseeviertel war für mich ein gutes Vorbild dafür, wie das Land, der Landkreis und die Stadt gemeinsam vorausschauend handeln und die notwendigen Vorbereitungen treffen.”

Dr. Stefan Fassbinder

Ein weiteres Problem kommt noch dazu: die Wohnungssituation. Viele Geflüchtete konnten schon Wohnungen der Greifswalder Wohnungsunternehmen WVG mbH, WGG eG und privater Vermieter beziehen. Das verschärft die bereits angespannte Greifswalder Wohnungssituation.

“Die Flüchtlingsunterkunft Ostseeviertel könnte Entspannung und Handlungsspielraum auf dem engen Wohnungsmarkt in Greifswald in der aktuellen Flüchtlingssituation bringen und eine gute Aufnahme ermöglichen. Umso mehr bedauere ich es, dass die Stadt Greifswald in den Entscheidungsprozess über die Einstellung dieses Vorhabens nicht eingebunden war.“

Dr. Stefan Fassbinder

Das paradoxe an der ganzen Situation: Die Stadt habe vom Sozialamt des Landkreises die Bitte erhalten, aufgrund der Vielzahl der Zuweisungen von Geflüchteten bei der Suche nach Wohnraum zu unterstützen.

Beitragsbild: Laura Schirrmeister

Hygiene für Athen

Hygiene für Athen

In den vergangenen Monaten ist Hygiene für uns zu einer Lebensnotwendigkeit geworden. Immer wieder werden Stimmen laut, die das obligatorische Tragen eines Mundschutzes kritisieren oder sich über das ständige Händedesinfizieren beim Betreten von öffentlichen Gebäuden beschweren. Was viele von ihnen dabei vergessen, ist: Hygiene ist keine Strafe, sie ist ein Privileg.

Viren wie das COVID-19 machen nicht an Ländergrenzen halt, das konnte man gerade am Anfang der Pandemie immer wieder in den Nachrichten hören und lesen. Das bedeutet aber nicht nur, dass wir die Infektionen in anderen Ländern genauestens im Auge behalten müssen, weil es die Gefahr erhöht, dass es auch in Deutschland (wieder) zu einem Anstieg kommen kann. Es bedeutet vielmehr, dass Corona auch diejenigen treffen wird, die sich noch weniger dagegen schützen können als wir. Die Bilder von Geflüchtetenlagern wie dem bei Moria sind nichts Neues, auch die grauenvollen Hygienebedingungen dort sind uns bekannt. In Corona-Zeiten kann ein solcher Mangel an Sanitäranlagen oder das Fehlen von grundlegenden Hygieneartikeln wie Feuchttüchern oder Seife förmlich zu Zündstoff für eine Katastrophe werden.

Die Möglichkeiten, wie wir hier denen dort drüben helfen können, sind begrenzt aber trotzdem vorhanden. Geboten werden sie oft von Initiativen, die zu einem großen Teil auf ehrenamtlicher und Spendenbasis arbeiten. Der Bund deutscher Pfadfinder*innen M-V ist so eine Organisation. In weniger als zwei Wochen macht sich eine Gruppe von Rostocker Pfadfinder*innen auf den Weg nach Griechenland, um dort in erster Linie die Vernetzung von Hilfsprojekten aus M-V und Griechenland zu stärken. Dabei werden sie sich insbesondere mit Initiativen treffen, die sich in Athen und Umgebung für Menschen mit Fluchthintergrund einsetzen. Eine Idee, wie sie die Arbeit vor Ort unterstützen können, ist die Bereitstellung von Hygienekits.

Um bei dieser Aktion mitzuhelfen, hat Greifswald hilft e.V. vor Kurzem über Facebook zu einer Spendenaktion aufgerufen. Am vergangenen Freitag standen sie dafür bereits auf dem Campus Loefflerstraße, um die gespendeten Artikel entgegenzunehmen. Heute, am Montag den 31.08., werden sie zwischen 16 und 18 Uhr noch einmal sammeln – dieses Mal in ihrem Vereinshaus, dem Pari (Kapaunenstraße 20). Gesucht werden vor allem Zahnbürsten, Zahnpasta, Feuchttücher, Handseife (Stück) und Hand-Desinfektionsmittel. Wer sich beteiligen will, muss aber nicht gleich ein fertiges Kit mitbringen, jeder einzelne Gegenstand hilft. Solltet ihr zu dem Termin keine Zeit haben, könnt ihr Greifswald hilft auch direkt anschreiben und ein persönliches Treffen vereinbaren. Und falls ihr euch gerade nicht in Greifswald aufhaltet, bietet euch der Verein die Möglichkeit an, Geldspenden mit dem Verwendungszweck „Griechenland“ auf sein Konto zu überweisen, mit denen die Mitglieder im Anschluss selbst die benötigten Hygieneartikel kaufen werden. 7 Euro genügen bereits für ein gesamtes Kit.

In Rostock konnten für den Bund deutscher Pfadfinder*innen bereits 200 Hygienekits zusammengestellt werden. Wie viele kann Greifswald noch dazu beisteuern?

Mehr Informationen zum BdP M-V findet ihr auf deren Website: http://bdpmv.org/
Zum Facebook-Aufruf des Greifswald hilft e.V. für die heutige Spendenaktion gelangt ihr hier: https://www.facebook.com/Greifswaldhilft/

Beitragsbild: Mrdidg auf Pixabay