Christian Holm liest PeterLicht im Café KoeppenDer Ficus wird kurzerhand in den Flur zur Toilette abgeschoben, um ein bisschen mehr Platz zu schaffen. Zwar ist das Café Koeppen nicht brechend voll, aber doch ziemlich kuschlig. Ein ziemlich großer Andrang für eine Lesung, wie ich finde. Mein Weg hat mich aufgrund einer begeisterten Empfehlung eines Kommilitonen und des allgegenwärtigen Winterblues hierher geführt. Immerhin, das Motto dieses Sonntagabends klingt interessant: „Sonderholm sieht Licht (und mehr)“. Außerdem wurde das Fehlen von Weihnachtsbezügen garantiert, eine gute Sache für Weihnachtsmuffel wie mich.

Voller Vorfreude sitzen die knapp 30 Gäste bei Bier, Wein und Tee und unterhalten sich angeregt. Als die Musik ausgeht, richten sich alle Augen gespannt auf das kleine Podest in der Ecke. Dort sitzt Christian Holm, Star des heutigen Abends und nebenbei noch Schauspieler im Theater Vorpommern, an einem Tisch. Allerdings sitzt er dort nicht lange, er schnappt sich gleich Gitarre und Stuhl und platziert sich mitten im Publikum.

Eine unkonventionelle Lesung – Mit Gitarre

Er werde heute vor allem von PeterLicht lesen, beginnt Holm. Dass diese Lesung aber keine Lesung im klassischen Sinne ist, merkt man sofort. Zur Einstimmung gibt es unbeschwerte Melodien mit spassig-sinnbefreiten Texten, PeterLicht pur halt. Wer gerade nichts mit dem Namen anfangen kann, sollte sich eine schnelle Nachhilfestunde in deutschem Indie-Pop geben und „Sonnendeck“ anhören.

Im Anschluss diskutiert und liest Holm zu Geld, Liebe und Leben und rechnet gnadenlos mit der Schönrederei eigentlich besch… suboptimaler Zustände ab. „Ich hatte mittelviel Geld“ wird ganz fix und schonungslos zu „ich war mal im Minusgeld geschwommen“. Da wird die Liebe mit einem Unwetter verglichen, dessen Sturzregen Kanaldeckel hochdrücken und den ganzen Dreck der Stadt auf die Straßen spült. Und von der Betrachtung eines Sofas am Feierabend ist ganz schnell der Bogen zum Vergeltungsschlag geschlagen. Verwirrt? Gut so. Das Programm regt weniger zum Verstehen, als vielmehr zum Lachen an.

Zwischendurch gibt es noch zeilenweise Lyrik von Richard Brautigan. Das Gedicht „Betty macht wunderbare Waffeln – Teil 9“ in etwa:

Das finden alle.

Herrje, so was hätte ich früher gerne im Deutschunterricht interpretiert.

Vor der Pause wird noch kurz und ohne Schrecken vor dem falschen Gebrauch von (Fremd-)Wörtern die Geschichte eines sonntäglichen Brunches unter Freunden erzählt. Während die eigene Freundin zum „Tunnel am Ende des Lichts“ wird und es zum Essen „Bambyföten, hingerichtet auf Beknacktenbrot“ gibt, für die so mancher „löten würde“, wird klar: „Das Leben ist eine Kaffeefahrt zur Hölle“.

Nach 15 Minuten geistiger Erdung für die Gäste betreibt Christian Holm Randgruppenmobbing und gibt ein Lied über eine BWLer-Party und den traurigen Nihilismus von Partygesprächen zum Besten – inklusive Comedyeinlagen à la Michael Mittermeier.

Wenn der Zombie klopft – Teil II

Christian Holm beim Live-Hörspiel, hier gerade als Ansager.

Dann kommt der Abend zu seinem Höhepunkt: Ein „analoges Schwarz-Weiß Hörspiel“, live und in Stereo! Holm liefert ein amüsantes und authentisches Hörspiel mit handgemachten Klangeffekten – und Zombies. Leider schlagen jegliche Beschreibungsversuche meinerseits fehl, aber dafür gibt’s bei der nächsten Lesung eine Fortsetzung, versprochen!

Zum Ausklang folgt noch einmal etwas Musik von PeterLicht und von Jochen Schmidt die etwas konstruierte Kurzgeschichte „Wie ich einmal neun überflüssige Informationen benötigte“. Den Abschluss bildete das Gesuch an die Werbeindustrie, doch bitte bitte bitte bitte nie mehr Sexualität in der Werbung zu verwenden. „Bedeckte Körper sind in Ordnung“ lautete das Fazit nach zwei Stunden, die schnell vergangen waren.

Alles in allem war es ein kurzweiliger und lustiger Abend, der eigentlich nicht mit der Bezeichnung „Lesung“ gestraft werden dürfte. Christian Holm war zufrieden, der Journalist war zufrieden, die Zuschauer waren zufrieden. Franziska (28) bringt es auf den Punkt: „Des war jut.“ Auch Samantha (24) findet nur wenige Worte: „Top. Sehr lustig.“

Und genau darum ging es: Spaß haben, lachen, sich amüsieren. Sinn und Hintergrund mag in den gelesenen Geschichten enthalten sein… aber primär sind sie einfach Comedy und ein gutes Gegenmittel für den Winterblues. Wer’s verpasst hat, muss nicht traurig sein: Im Januar folgt Sonderholm 3, der genaue Termin steht leider noch nicht fest.

Fotos: Erik Lohmann