Frauen werden Bundeskanzlerin, Außenministerin oder Chefin des Internationalen Währungsfonds. Doch bilden Angela Merkel, Hillary Clinton und Christine Lagarde die Ausnahme, denn trotz gleicher Bildung sind Frauen in wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Führungspositionen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Dieses Phänomen lässt sich auch in Greifswald finden.

Wenig Professorinnen in Greifswald

Bei den Studierenden und Promovierenden ist das Verhältnis in Greifswald einigermaßen ausgeglichen beziehungsweise gibt es deutlich mehr Studentinnen: Im Wintersemester 2010/11 waren von den über 12.250 Studierenden über 7.160 weiblich und gerade einmal rund 5.100 männlich. Im Gegensatz dazu ist ein deutlicher Bruch bei den Professuren zu verzeichnen. Davon sind nur elf Prozent mit Frauen besetzt, womit Greifswald deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt von 18 Prozent liegt.

Die Benachteiligung hat viele Gründe

Projektkoordinatorin Ruth Terodde: "Frauen haben es schwerer in Bewerbungsgesprächen."

 

„Die Gründe für die offensichtliche Benachteiligung von Frauen sind vielfältig“, erklären Ruth Terodde und Annette Ehmler vom Projekt Karrierewege für Frauen in Wissenschaft und Wirtschaft M-V. Einerseits liegen sie bei den Frauen selbst. „Nur wenige trauen sich eine Karriere bis ganz nach oben zu“, nennt Ruth Terodde einen Grund. Außerdem ist es immer noch schwer Familie und Beruf zu vereinbaren. Für viele Frauen heißt das: Kind oder Karriere. An diesem Punkt kommt die gesellschaftliche Verantwortung ins Spiel. „Das Rollenverständnis in Deutschland ist immer noch sehr traditionell“, sagt Annette Ehmler und fährt fort: „Die Kindererziehung ist auch heute noch vorwiegend Frauensache.“ Eine zusätzliche Erschwernis ist die schlechte Situation bei der Kinderbetreuung. Obwohl in den letzten Jahren mehr Plätze geschaffen wurden, gibt es beispielsweise keine Kindergärten mit Notfallbetreuung.

Neben den ungünstigen gesellschaftlichen Voraussetzungen sind es aber auch die sogenannten Karrierebarrieren, die Frauen benachteiligen. Bewerbungsgespräche werden häufig von Männern geführt, die dann auch „männliche Kriterien anlegen“, so Ruth Terrode. „Wenn Frauen diese nicht kennen, haben sie es schwerer sich in Bewerbungsgesprächen zu behaupten.“ Zudem haben Männer untereinander andere Spielregeln, Frauen werden häufig als störend empfunden. „Es ist nicht so, dass sich Frauen in Männer verwandeln sollen“, warnt Annette Ehmler. „Frauen müssen deren Spielregeln nur kennen, damit sie angemessen darauf reagieren können.“

Ein weiteres Problem sind Vorurteile, mit denen Frauen immer noch zu kämpfen haben. Es wird beispielsweise angenommen, sie seien sie häufiger krank, weniger konfliktfreudig und könnten wegen einer möglichen Schwangerschaft ausfallen. Hier fallen erneut die kinder- und familienunfreundlichen Strukturen auf. Es scheint ein Teufelskreis, aus dem es nur schwer ein Entkommen gibt.

Frauenquoten als eine Lösung

 

Eine Möglichkeit zur Lösung des Problems sind Frauenquoten. Diese werden aber mitunter als diskriminierend empfunden, schließlich möchten einige Frauen einen Job aufgrund ihrer guten Leistung und nicht wegen einer gesetzlichen Regelung. Auch Ruth Terrode hat früher so gedacht, bis sie erkannte, dass „wir eine Krücke brauchen, so lange die Gesellschaft auf einem Bein lahmt.“ Gesetzliche Verordnungen sind eine Möglichkeit, um Frauen stärker in Führungspositionen einzubinden.

 

Welche Möglichkeiten der Frauenförderung es speziell in Greifswald gibt, gibt es im zweiten Teil von „Jung, weiblich, intelligent sucht: Karriere – Frauen in Führungspositionen“ in der kommenden Woche.

Fotos: Viorel Dudau via jugendfotos.de, Frauenkarrierewege (Ruth Terodde)