Kommentar von Joachim Schmidt
CDU-Spendenaffären sind für sich genommen nicht überraschend. Wer dann und wann die Medien verfolgt, bekommt den Eindruck, dass finanzielle Zuwendungen und Steuerhinterziehung zu gängigen Methoden politischer Arbeit gehören. Ebenso wenig überraschte die Nachricht, dass auch die lokale CDU vom Einsatz solcher Methoden profitierte. Da investierte ein Konzern horrende Summen, Millionenbeträge, in den Aufbau einer arbeitgeberfreundllicheren Betriebsräte-Organisation (soll kürzlich auch 350.000€ von ALDI empfangen haben), die mit der IG Metall konkurrieren soll.

Wilhelm Schelsky wurden einst diese Gelder überlassen. Der Netzwerker sitzt seit Februar 2007 in Untersuchungshaft. Schelsky soll das Geld großzügig zur Vertiefung persönlicher Netzwerke gebraucht haben. Ulrich Adam (CDU), Mitglied des Bundestages (es sitzen dort nur vier Vertreter unseres Bundeslandes von der CDU) wird vorgeworfen, einen Teil dieses Geldes am Fiskus vorbei angenommen zu haben, um dadurch fällige Schenkungssteuern zu sparen. Gestern erschien ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung, aus dem hervorgeht, dass Adam zwar mittlerweile angenommene Spenden einräumte, er allerdings die fragliche Summe sehr stark nach unten korrigierte, den Betrag halbierte. Zudem ist herausgekommen, dass auch der Wahlkampf des Greifswalder Oberbürgermeisters Arthur König (CDU) direkt von Schelsky mitfinanziert wurde.

Das alles finde ich persönlich gar nicht so spektakulär, die Geschehenisse bestätigen meinen Eindruck von Berufspolitik. Verwerflich finde ich allein, dass die Herren Videoüberwacher und Grafittijäger ihrerseits in Unternehmungen verwickelt sind, die eines weit größeren Maßes krimineller Energie bedürfen, als es bei nächtlichem Vandalismus der Fall ist. Moralische Doppelbödigkeit nennt man sowas gemeinhin. Sie nährt erstens die Politikverdrossenheit und führt zweitens dazu, dass im öffentlichen Bewusstsein die sich zum Volkssport mausernde fiskalische Kriminalität verharmlost wird.

In einer Erklärung der CDU-Fraktion zum Thema Vandalismusbekämpfung heißt es:

Das sind keine Kinderstreiche mehr … Vandalismus und Sachbeschädigung sind Straftaten. Um diesen beizukommen, sollte der Einsatz von Videoüberwachung an schlecht einzusehenden Plätzen, insbesondere in den Abendstunden, geprüft werden. Die Kameras haben eine präventive Wirkung und können bei Straftaten, wie im jetzigen Fall an der Fischerschule, zur Aufklärung beitragen.

Vielleicht sollten die Kameras an anderen Plätzen stehen, wo ebenfalls keine Kinderstreiche ausgeheckt werden?

Delikat an der Affäre ist darüber hinaus, dass sich die Lokalredaktion der Ostsee Zeitung zum Thema ausschweigt. War die Berichterstattung im April schon sehr defensiv, vorsichtig, subjektiv und unmotiviert, erscheint auch heute keine Meldung dieser Nachricht im Lokalteil. Man braucht kein Lokalverschwörungstheoretiker zu sein, um sich die Beziehungen des hiesigen CDU-Kommandos, einflußreicher Wirtschafter und der Lokalchefredaktion als funktionierendes Netzwerk vorzustellen.

Die OZ hat sich durch ihre einseitige Berichterstattung und ihren agressiven Ton bezüglich der Klage gegen das Prozedere des WVG-Anteilverkaufs erst jüngst von ihrer gewohnten Seite gezeigt, wie der webmoritz ausführlich dokumentierte und kommentierte. Allein im überregionalen Teil der Zeitung findet sich auf der Titelseite ein Artikel und ein Kommentar.

cdu-adam

Üblicherweise würde die Lokalredaktion einer Nachricht dieses Wertes zusätzlich Raum und Wort im Lokalteil einräumen; stattdessen gibt es dort einen Artikel über zwei betrunkene Radfahrer Pedalritter und einen Autospiegelzerstörer zu bewundern. Bravo!

(Dieser Beitrag wurde uns mit freundlicher Genehmigung vom Fleischervorstadt-Blog zur Verfügung gestellt. Die Fotos wurden vom webmoritz ergänzt. Es handelt sich um Pressefotos der Websiten.)