Trotz Protesten: Bürgerschaft verkauft Hafengrundstück

Die Greifswalder Bürgerschaft hat in ihrer Sitzung am vergangenen Montag den Verkauf eines knapp sechs Hektar großen Grundstücks an die AVILA Gruppe Berlin beschlossen. Zu der Unternehmensgruppe gehört auch das Petruswerk, das in den vergangenen Monaten für viele – und meist negative – Schlagzeilen in Greifswald gesorgt hatte.

Das betroffene Grundstück liegt am südlichen Ryckufer zwischen Marienstraße und An den Wurthen. Die Stadt erhält für das Gelände eine Summe von 1,5 Millionen Euro, genauer 25,60 Euro pro Quadratmeter. Um den Verkauf hatte sich in den vergangenen Tagen eine öffentliche Debatte entwickelt, da viele Greifswalder den erzielten Preis für deutlich zu niedrig halten. Einige Bürger hatten am Montag, im Vorfeld der Sitzung, vor dem Rathaus gegen den Verkauf protestiert.

Verkauft wurde das Gelände am Alten Friedhof zwischen Marienstraße und An den Wurthen

An einem aufgestellten Schreibtisch inklusive Büroausstattung boten Mitglieder des “Aktionsbündnis für Transparenz”  den vorbeigehenden Passanten an, ebenfalls Innenstadtgrundstücke für 25 Euro pro Quadratmeter zu erwerben, angeblich im Namen des Bürgermeisters.

“Tafelsilber wird verhökert!”

Laut Auskunft von Nadja Tegtmeyer, einer der Initaitorinnen der Aktion, hat die Stadt Greifswald erst 2007 rund einen Drittel der Fläche erworben, damals allerdings mehr als siebzig Euro pro Quadratmeter gezahlt: “Die Stadtverwaltung klagt über leere Kassen und verhökert zugleich unser Tafelsilber.”

Bürger protestierten gegen den Verkauf

Auf einem Flyer des Bündnisses wird zudem erklärt, die offizielle Bodenrichtwertkarte sehe bis zu 150 Euro pro Quadratmeter vor. In der aktuell gültigen Karte aus dem Jahr 2007, die auf der Internetseite der Stadt einsehbar ist, werden jedoch Preise zwischen 25 und 75 Euro für einen Quadratmeter angegeben. Ein grobe Schätzung des webMoritz ergab einen Durchschnittspreis von etwa 50 Euro. Dies entspricht auch einem jüngeren Gutachten der Stadtverwaltung.

Die Preise gehen allerdings von unbebauten Grundstücken aus, obwohl sich auf dem Gelände diverse Gebäude, darunter auch einige Bauruinen, befinden. Das Gebiet wird seitens der Stadt auch als “Sanierungsgebiet” deklariert. Die Stadtverwaltung kalkuliert nach Informationen des webMoritz die Kosten der Erschließung auf knapp 1,4 Millionen Euro, die vom angegebenen Wert abgezogen werden. Diese Schätzungen wurden jedoch von einigen Bürgerschaftsabgeordneten im Vorfeld der Entscheidung als nicht nachvollziehbar kritisiert.

Das Aktionsbündnis verweist zudem auf schlechte Erfahrungen mit Großinvestoren, im Speziellen auch mit dem Petruswerk, in den vergangenen Jahren. Das ehemals kirchliche Wohnungsbauunternehmen hatte vor einiger Zeit das Grundstück Stralsunder Straße 10/11 erworben. Bis heute ist nicht klar, was mit dem Gelände geschehen soll. Eine Bürgerinitiative fürchtet, das denkmalgeschützte Gebäude werde modernen Wohnungsbauten weichen müssen. Der alleinige Vorstand der AVILA-Gruppe Dr. Douglas Fernando hatte zuletzt im vergangenen Sommer erklärt, das Gebäude solle erhalten bleiben. Bei einer Begehung im November waren jedoch bereits schwere Schäden an der Bausubstanz erkennbar.

Für die nun erworbenen Grundstücke am Ryck ist angeblich ein konkretes Bebauungskonzept vorgelegt worden. Dieses soll sich am Sieger eines 2002 abgehaltenen Planungswettbewerbs orientieren. Den Wünschen der Stadt entsprechend soll ein Hotel- und Wohnungskomplex entstehen.

Undurchsichtige Beschlussfassung

Kritisiert wurde im Zuge des Verkaufs auch das Verfahren innerhalb der Greifswalder Bürgerschaft. Da die Debatte wie auch die Beschlussfassung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden, besteht immer noch eine Reihe von Unklarheiten um die Entscheidung. Am Dienstag wurde jedoch bekannt, dass die Abgeordneten der Grünen und der Linken vor der Abstimmung den Sitzungssaal verließen, um ihren Protest gegen die Sitzungsleitung des Bürgerschaftspräsidenten Egbert Liskow (CDU) und den ihrer Meinung nach zu geringen Verkaufspreis auszudrücken.

In der Kritik: Bürgerschaftspräsident Egbert Liskow

Im Zuge einer möglichen Kompromissfindung habe die SPD-Fraktion beantragt, dass, sollte das Petruswerk bei einem Wiederverkauf der Gundstücke einen deutlich höheren Preis erzielen, die Stadt am Gewinn beteiligt werde. Der Antrag wurde beschlossen, ein Änderungswunsch der Grünen bezüglich des Grenzwertes sei jedoch von Liskow nicht zur Abstimmung zugelassen worden, berichtete die Ostseezeitung in Berufung auf Mitglieder der Bürgerschaft. Liskow stand bereits mehrfach für seine Sitzungsleitung in der Kritik, besonders der Linken und der Grünen.

So kam es, dass lediglich 23 Abgeordnete über das Angebot der AVILA Gruppe abstimmten. Der Antrag wurde mit einer Gegenstimme bei drei Enthaltungen angenommen. CDU, SPD und FDP sprachen sich geschlossen für den Verkauf aus.

Laut Angaben der städtischen Pressestelle werden Grundstücksverkäufe “nach den gesetzlichen Regeln der Kommunalverfassung wegen schutzwürdiger Interessen der Vertragspartner der Stadt grundsätzlich in nicht öffentlicher Sitzung beraten und entschieden.”

Die Ostseezeitung hatte der Stadtverwaltung bereits Ende März vorgeworfen, Pläne für den Verkauf der Grundstücke geheim halten zu wollen. Oberbürgermeister Dr. Arthur König hatte diese Vorwürfe deutlich zurückgewiesen und den damals zuständigen Bausenator Reinhard Ahrenskrieger in Schutz genommen. In einem Anmerkunsgpapier von Prof. Matschke, das dem webMoritz vorliegt, kritisierte dieser Anfang März 2010 die Vorlage als “nicht beschlußreif”. Weiter schrieb er:

“Die Bedingungen des Verkaufs werfen viele Fragen auf. Die Höhe des Kaufpreises ist intransparent und mit Blick auf die Bebaubarkeit nicht nachvollziehbar. Daß der Gutachterausschuß den Wert so festgestellt hat, macht die Festlegung nicht sakrosankt.”

Die Stadt plant derzeit den Verkauf eines weiteren Grundstücks an die AVILA-Gruppe: Dabei handelt es sich um einen der Parkplätze am Museumshafen. Dort soll ein kleines Einkaufszentrum mit Frischemarkt entstehen.

Anmerkung:

Wir wurden darauf aufmerksam gemacht, dass sich in unseren Text ein Fehler eingeschlichen hatte. Entgegen der ersten Version des Artikels wurde der Antrag der SPD behandelt (und angenommen). Der Artikeltext wurde entsprechend korrigiert.

Bilder:

Kartenausschnitt Hafen – openstreetmaps.org

Foto Aktionsbündnis – Carsten Schönebeck

Foto Egbert Liskow – Frederike Kühnel

Fortschritte beim Caspar-David-Friedrich-Denkmal

In der Lappstraße (zwischen Fischmarkt/Baderstraße und Dom/Martin-Luther-Straße) zeigt ein großes Wandgemälde (Bild) die wichtigsten Daten und Persönlichkeiten aus der Geschichte Greifswalds. Dort soll nun auch ein Denkmal zu Ehren des berühmtesten Sohnes der Stadt aufgestellt werden, des Malers Caspar David Friedrich(1774-1840). Pünktlich zum 5. September, dem 235. Geburtstag von Friedrich, soll das Denkmal der Helmut-Maletzke-Stiftung enthüllt werden, doch bis dahin müssen noch einige Spenden gesammelt werden, denn bisher sind “nur” gut 12.000 Euro der benötigten 30.000 bis 35.000 Euro zusammengekommen.

Standort des CDF-Denkmals

Standort des CDF-Denkmals

Der Greifswalder Künstler Helmut Maletzke war schon Initiator des Wandgemäldes vor zwei Jahren. Für das Denkmal, das ebenfalls auf dem Platz in der Lappstraße stehen soll (siehe Bild oben), sprach er vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Kultur vor, der daraufhin einen Antrag zur Förderung des Denkmals der Bürgerschaft vorlegte. Mit den Stimmen der CDU, der Linken und einigen Anderen wurde dann ein Beschluss gefasst, der zu Spenden von Bürgern und Firmen in Greifswald aufrief.

Schon jetzt ist das Wandgemälde ein fester Programmpunkt jeder Greifswald-Führung. Der Platz ist optimal gewählt, denn von der Rückseite des Hauses Markt 26 – wo das Denkmal stehen würde – kann bzw. könnte man das Geburtshaus von Friedrich sehen, wenn es noch stehen würde.Das Gründstück gehört Bürgerschaftspräsident Egbert Liskow (CDU), mit dem ein Vertrag zur Nutzung geschlossen wird und der den Betonsockel des Denkmals spenden wird.

Gipsentwurf des Denkmals

Gipsentwurf des Denkmals (Klicken zum Vergrößern)

Gipsfigur für Bronze-Guss ist bereits fertig

Auf dem Betonsockel wird eine lebensgroße Statue des jungen Caspar David Friedrich (basierend auf einem Selbstporträt) neben einem Stahlbogen stehen. Die Statue war ein Entwurf des ausführenden Künstlers Claus Görtz, dem der Pommersche Künstlerbund den Zuschlag gab. Die Gipsfigur in Originalgröße ist bereits fertiggestellt und sie soll in diesen Tagen in einer Elmshorner Gießerei in Bronze gegossen werden. Die bisherigen Spenden decken die Kosten für diesen Arbeitsschritt. Die noch fehlenden Spenden sind zur Bezahlung des Künstlerhonorars, des Stahlbogens und einer Tafel mit den Namen der Sponsoren.

Noch hat Bildhauer Görtz keinen offiziellen Auftrag, aber Helmut Maletzke und Bürgerschaftsmitglied Peter Multhauf (LINKE) sind überzeugt davon, dass das Spendenziel erreicht wird und im September das weltweit erste Caspar-David-Friedrich-Denkmal enthüllt werden kann. Es gibt zwar ein Friedrich-Denkmal in Dresden (Bild), aber das zeigt nicht den Maler selbst. Das Denkmal ergänzt den letztes Jahr eingeweihten Caspar-David-Friedrich-Bildweg in der touristischen Ausrichtung auf den bekanntesten Sohn der Stadt.

Bemühungen schon seit zehn Jahren

Vor gut zehn Jahren gab es schon einmal Bemühungen für ein CDF-Denkmal, die jedoch nie umgesetzt wurden. Helmut Maletzke war schon damals dabei, als zwei wichtige Jubiläen anstanden (800 Jahre Kloster Eldena, 750 Jahre Stadt Greifswald) und das Denkmal im Zuge der Sanierung des Marktplatzes zur Sprache kam. Es wurde eine Kampagne gestartet, eine Umfrage der Ostsee-Zeitung lief und auch ein Sponsor war schon gefunden. Basis für das Denkmal war ein Bild, das eine Gruppe Verwandter auf dem Marktplatz zeigt. Friedrichs Bruder gehörte das Haus, in dem heute die Sparkasse untergebracht ist. Doch insofern, als das Motiv auch nicht den Maler selbst gezeigt hätte, ist es ein Gutes, dass es doch nicht zum Abschluss des Projektes kam.

Wer sich mit einer Spende am Gelingen des Denkmals beteiligen möchte, kann dies über folgende Kontoverbindung tun:

Empfänger: Helmut-Maletzke-Stiftung
BLZ: 15040068 (Commerzbank Greifswald)
Konto:832121800
Kennwort: Friedrich-Denkmal

Bilder: Peter Multhauf

Darf der das? Arthur König und die CDU-Werbung

Kurz vor der Kommunalwahl hat der Stadtwahlleiter und Oberbürgermeistert Arthur König in dieser Woche für erheblichen Wirbel gesorgt. Vor allem die Grünen reiben sich an der Tatsache, dass König auf Plakaten und in Publikationen der CDU Position für seine Partei bezieht. Das verletzte die Neutralitätspflicht eines Wahlleiters, argumentieren die Grünen.

koenigwahlwerbung

Unter anderem diese Darstellungen stören manche.

Die Grünen griffen das Thema zuletzt nach einem OZ-Artikel vom 4. Juni in ihrem Blog auf. Am selben Tag schickten Sie dem Bürgermeister einen offenen Brief, in dem sie folgende Fragen stellen: (mehr …)

Wahlinterviews (2): Dr. Gerhard Bartels, DIE LINKE

Am 7. Juni wählt Greifswald eine neue Bürgerschaft. Der webMoritz interviewt Vertreter aller Parteien und Wählergemeinschaften. Heute: Dr. Gerhard Bartels von DIE LINKE.

webMoritz: Etwa 30% der Greifswalder sind Studenten oder Hochschul-Mitarbeiter. Welche Möglichkeiten, glauben Sie, hat die Bürgerschaft, etwas für diese Gruppe zu tun?

Dr. Gerhard Bartels: Auch wenn es sehr viele sind, sind es erstmal Bürger von Greifswald wie alle anderen auch. Natürlich ist es eine wichtige Gruppe. Die Universität ist der größte Arbeitgeber und die Studenten machen die Stadt jung. Insofern sind natürlich alle Sachen, die in der Bürgerschaft beschlossen werden wichtig, gerade auch für diese Gruppe.

Was ich mir wünschen würde wäre eine engere Zusammenarbeit zwischen der Stadtverwaltung und der Universität unter dem Gesichtspunkt, dass der Kooperationsvertrag, der ja schon sehr allgemein formuliert ist, endlich mit Leben gefüllt wird. Und da sehe ich sehr viele Spielräume. Natürlich muss man auch, was das Leben betrifft, etwas unternehmen.

dr_bartels-300x200-linke-kreisverbandAlso gerade beim Wohnraum für Studierende, wo in der Vergangenheit einfach zu viel abgerissen worden ist. Wenn man da ganze Blöcke oder wenigstens Aufgänge für Studierende aufbereitet hätte, durch die WVG zum Beispiel, hätten wir manche Sorge nicht. Für die Stadt wäre das auch gut, denn dann würde der Mietspiegel sinken.

webMoritz: In welchen dieser Bereiche sehen Sie akute Probleme?

Dr. Gerhard Bartels: Das was wir alle kennen: Studierende bewegen sich ja viel mit Fahrrädern durch die Stadt. Greifswald ist stolz darauf, dass es eine der Städte in Deutschland mit der größten Fahrraddichte ist. Aber da ist an Fahrradwegen noch viel zu tun. Also wenn ich vom Platz der Freiheit komme zum Beispiel, egal ob ich die Robert-Blum-Straße langfahre oder die Anklamer Straße – das sind ja wichtige Strecken.

“Wir brauchen ein Förderprogramm für Studentenwohnheime”

webMoritz: Wann soll sich das ändern? (mehr …)