Fast wieder Montag – Vol. 1

Fast wieder Montag – Vol. 1

Autoren: Magnus Schult & Philipp Schulz

Alles neu! Neues Semester, neue nette Studenten, neues Unimotto, neue Kolumne. Deswegen wollen auch wir erst einmal alle willkommen heißen und Hallo sagen – Hallo!

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19 – Ein Klassiker aus dem moritz-Magazin

19 – Ein Klassiker aus dem moritz-Magazin

In diesem Kalender konntet ihr bisher schon vergangene Beiträge der moritz-Medien finden, die sich mit der Vorweihnachtszeit beschäftigten. Zum einen war da eine Dezemberfolge von moritzTV aus dem Jahr 2008 und zum anderen ein Kommentar zum Greifswalder Weihnachtsmarkt, der ebenfalls im Dezember 2008 auf dem webMoritz erschien. Heute gibt es eine Kolumne aus dem moritz-Magazin, welche in der Dezemberausgabe vor sechs Jahren gedruckt wurde.

Arvids Kolumne: „Das Volk, das im Finstern wandelt“

Last Christmas I gave you my heart …“ – „Ich kann es nicht mehr hören! Dieser Weihnachtsmarkt macht einen noch fertig! Was soll dieser ganze Rummel überhaupt? Weihnachten ist doch das Fest der Liebe und der Besinnlichkeit…

Hugo van der Goes: Portinari-Altar, Gesamtansicht

Hugo van der Goes: Portinari-Altar (1476-1478)

Ja, genau! Das ist es, worauf es beim Weihnachtsfest ankommt. Dafür kann man doch locker auf den ganzen Ramsch und Kommerz verzichten. Und eigentlich auch auf dieGeschichte,angefangen beim Weihnachtsmann. Der ist doch eh‘ nur ein PR-Produkt von CocaCola. Letztendlich auch die Sache mit dem Christkind. Das ist eigentlich nur ein Mythos, der durch die Kirche immer weiter tradiert worden ist. Ob nun die Maria eine Jungfrau war oder ob Ochs und Esel im Stall gestanden haben, das ist doch für das Fest an sich nicht von Belang. Moment! Die Weihnachtsgeschichte – ein Mythos? Nichts weiter als ein Konstrukt – ohne Anspruch auf Echtheit?
Wieso Echtheit? Was unterscheidet die phantastische Welt von „Narnia“, die sich hinter einem alten englischen Wandschrank auftut, von den aramäischen Dialogen im Mel-Gibson-Film „Die Passion Christi“? Es ist der Glaube! Der Glaube an eine Wissenschaft: die der Geschichte.
Wir haben uns ein Rezeptionsverhalten angewöhnt, das zwischen Termini wie „Fantasy“ oder „Historiendrama“ differenziert. Auch wenn man sich bewusst ist, dass ein Kinofilm immer einen Großteil an Fiktion, also an menschlicher Phantasie enthält, wird dennoch das, was „historische“ Quellen aufzeigen, mit anderen Augen gesehen. Es ist der Glaube an eine objektive Wahrheit, die sich auf eine der Vernunft entspringende Wissenschaft stützt.
Man mag den Interpretationsgehalt antiker oder mittelalterlicher Überlieferungen noch akzeptieren, doch dem, „was die Leute noch selbst erlebt haben“, glaubt man. Ich glaube meiner Oma, dass sie 1945, als sie auf einem überfüllten dänischen Transportschiff aus Hinterpommern floh, nach der tagelangen Reise im Hafen von Wismar vom Kapitän in die Speisekammer mitgenommen wurde, um sich etwas für den weiteren Weg mitzunehmen. Ich kann nicht wissen, ob es wirklich ein Stück Butter war, das sie in ihrer Bescheidenheit auswählte, aber ich glaube es.
Nun mag diese platte Differenzierung von Glauben und Wissen nicht dem Mysterium der „Fleischwerdung Gottes in Jesu Christi“ gerecht werden. Wenn zum einen der Zweifel am Wahrheitsgehalt der Wissenschaft zunimmt und zum anderen der Lebensbezug mythischer Stoffe zu elitär-allegorischen Schatten verkommt, ist die Sinnkrise perfekt.
Wird der partielle Waffenstillstand von 1914, wie er im Film „Merry Christmas“ thematisiert wird, bald von einigen Kreisen als „europäisches Gedankenspiel“ angesehen und wird es bald Leute geben, deren Oma ihnen felsenfest versichert, dass sie im Jahre 1932 „King Kong“ hat wirklich am Empire State Building hochklettern sehen?
Wer dies nun als Gedankenspielerei der Geisteswissenschaft abtut, die er von der Naturwissenschaft zu unterscheiden weiß, dem sei beispielsweise bewusst gemacht, dass sich deren Ergebnisse zwar in der universellen Sprache der Zahlen fassen lassen, aber der Mensch sich noch vom Computer unterscheidet, indem er nicht in Zahlen spricht. Um die vermeintlich objektiven Ergebnisse der Forschung kommunizierbar zu machen, brauchen wir eine menschliche Sprache und eine Sprache ist immer durch Abstraktionen und Allegorien gekennzeichnet, die jeder durchaus subjektiv interpretiert. Ob nun der mathematische Begriff der Ellipse mit einem „Eirund“ identisch ist, liegt im Ermessen des Betrachters.
Es liegt also an uns allen, sich in diesen Tagen wieder einmal klar zu machen, dass es Dinge gibt, die sich der Vorstellung eines rationalen Wissenschaftsbegriffs entziehen und zugleich weit mehr als ein „mythisches Hirngespinst“ sind. Und um diese Dinge lebendig zu halten ist die Ruhe und Besinnlichkeit der Weihnachtszeit ein Gut, das es zu wahren gilt. Vielleicht sind Schneechaos und Stromausfall zu den einzigen ultimativen Mitteln geworden, die freundschaftliche oder familiäre Gemeinschaft zu provozieren.
Wenn man dann den väterlichen Erzählungen lauscht, ist es nebensächlich, ob damals im Winter ’78/’79 der NVA-Major wirklich in überheblicher Feldherrnmanier in dem Dorf Alt Käbelich (zwischen Neubrandenburg und Woldegk) ankam, um nur wenig später ebenso in den Schneemassen zu scheitern, wie es die zuvor taten, die seinem Genius aus dem Weg zu gehen hatten. Dass ein sowjetischer Panzer noch bis zum Frühjahr in einem heute so unscheinbaren Straßengraben festgesessen haben soll, ist letztendlich nur Beiwerk, wenn man erfährt, dass sich unter diesen Umständen meine Eltern kennen lernten.
So wird man vielleicht einer zukünftigen Filialgeneration von dem lauten und bunten Rummel sowie dem Duft von Schmalzkuchen und gebrannten Mandeln erzählen können, den es „damals“ auf dem Weihnachtsmarkt gab. Und der Aussage, dass Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist, tut auch der Gedanke nicht Abbruch, dass die Geburt in Bethlehem nur zur Erfüllung alttestamentlicher Prophetie gedacht ist und dass die „drei Weisen aus dem Morgenland“ ihre Geschenke zunächst einem gewissen Brian überbrachten.

Text: Arvid Hansmann

Bild: wiki-commons.org

Aus die Maus – Das Kolumnenprojekt fünf x fünf ist vorbei

Aus die Maus – Das Kolumnenprojekt fünf x fünf ist vorbei

Hinter uns liegt fünf x fünf: Fünf Wochen lang jeden Werktag eine neue Kolumne. Die fünf Kolumnisten und die drei Gastkolumnisten beobachteten Alltag und Freunde, erzählten Geschichten – manche waren eher nachdenklich, manche vielleicht amüsant – sie nahmen mitunter kein Blatt vor den Mund. Jede Woche auf´s Neue gab es Gedanken von den fünf x fünf-Autoren Christine Fratzke, Torsten Heil, Sophie Lagies, Oliver Wunder und Oleg Maximov. Und drei Gastkolumnisten hatten wir auch: Carsten Schönebeck, Ulrich Kötter und Ole Schwabe. Auf jeden Fall war fünf x fünf ein neues und bislang einmaliges Projekt auf dem webMoritz. Daher möchten wir von euch, den Lesern, wissen, wie ihr dieses wahrgenommen habt.

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Atzocalypse

Atzocalypse

Oleg Maximov (24) studiert in Greifswald Kunstgeschichte und Wirtschaft auf B.A. Er arbeitet seit 2008 vor und hinter der Kamera bei MoritzTV. Nebenbei interessiert er sich für jegliche (pop-)kulturelle Bereiche und das Feiern.

Ein Typ kotzt direkt vor der 30 Meter langen Menschenansammlung an die Wand. Alle Leute gröhlen, klatschen und rufen Beifall. Ich stehe seit 30 Minuten irgendwo in der Mitte, halbzerquetscht und gut angeheitert. Wie es der Zufall so will, wurden alle meine Begleiter nach vorne gedrückt. Die Fremden vor mir kennen die Leute, die gerade erst angekommen sind. Diese drängeln sich zu ihnen. Schieben mich immer weiter weg von meinen Freunden. Andere schlängeln sich seitlich in den Eingangsbereich und versuchen es mit der Busfahrertaktik. Da es keine Trennlinie gibt, mutiert die Schlange, breitet sich aus. Ein lebendiger sich windender Organismus: Einlassstopp vor dem Mensa Club.

Sonst findet man solche Riesenschlangen nur in Großstädten, vor exklusiven Clubs mit Live-Konzerten. In Greifswald gibt es nicht so viele Ausgehmöglichkeiten und irgendwie zieht es einen immer wieder hier hin. Genauso so wie manche einmal im Jahr Lakritze fressen, nur um festzustellen, dass es ihnen immer noch scheiße schmeckt.

In der Menschentraube rührt sich was. Die Türsteher lassen wieder welche durch. Es sieht aus wie eine Entbindung. Ein kleines Häufchen Elend presst sich durch den winzigen Eingang, um auf der anderen Seite nüchtern wiedergeboren zu werden. Nach langem Rumstehen fühlen sich die Meisten jedenfalls so. Und wie ein Baby schreit jeder erst einmal Tequila! Oder Wodka! Oder lieber Jägermeister?

Ich stehe immer noch im menschlichen Uterus. Alle meine Freunde sind auf der anderen Seite des Zauns. Ich werde ungeduldig und überlege, was ich jetzt alles verpasse. Ein Tanzfläche voll von zwei Mal zwei Meter großen Schränken, mit Bauchtaschen an der Hose. Böse Blicke, Angeremple und überschwappende Drinks, die natürlich immer auf einem selbst landen.

Wollen wir noch einen Pfeffi trinken?

Dazu der immer gleiche Partymix. Das ist keine normale Studentenparty, das ist die Atzocalypse! Das Testosteron lässt die Luft flimmern, man will nur noch raus und eine Zigarette rauchen. Draußen gibt es schon Zwist zwischen verschiedenen Cliquen, so dass der Türsteher mal wieder eingreifen muss. Auf den Rückweg, wenn der Club dicht macht, torkeln große Männer umher. Der Mondschein hüllt sie in ein fahles Licht. Sie suchen nach einer Frau, einer offenen Kneipe oder einer Schlägerei.

Nachdem ich so darüber nachgedacht habe, gehe ich doch lieber zurück. Zu der gemütlichen Grillrunde, in der ich mich noch vor einer Stunde befand. Ich seufze, halte mir die Hand vor den Mund und imitiere Würggeräusche, während ich mir den Weg aus der Masse grabe. Dabei denke ich „Heute nicht!“ Doch ich weiß: Ich komme wieder.

 

Foto: Gabriel Kords (Porträt), Oleg Maximov (Pfeffi), Logo: Jakob Pallus

 

Dieser Text ist Teil des webMoritz-Projekts “fünf x fünf – Die Kolumne”. Vom 20. Juni bis 22. Juli schreiben werktags fünf Autoren an je einem festen Tag eine Kolumne für den webMoritz. Weitere Infos gibt es hier. Mit dieser Kolumne sind die fünf Wochen und damit das Projekt (vorerst) vorbei.

Schönwalde – alles Ghetto, oder?

Schönwalde – alles Ghetto, oder?

Oliver Wunder (28) wohnt im fünften Stock eines Plattenbaus. Er studiert Geographie, Politikwissenschaft und BWL. Seit sechs Jahren schreibt er regelmäßig in seinem Blog. Ansonsten zeltet er schwarz und frittiert leidenschaftlich.

Lautes Pöbeln, Mädchengekreische und dumpfes Klatschen von Schlägen im Dunkeln – Prügelei im Innenhof meines Blocks. Wo eben noch die Jugendlichen ihre Sommerferien oder Arbeitslosigkeit genossen haben, bricht ein Orkan der stumpfen Gewalt los. Die Tischtennisplattengang scheint entweder untereinander zu testen, wer das Alphatier im Rudel ist, oder sich mit der Gang aus dem Nachbarhof zu kloppen.

Da es nicht aufhört, greife ich kurzerhand zum Telefonhörer und wähle die 110. Die Polizei scheint recht schnell zu kommen. Später erfahre ich, dass ein Kumpel meines Mitbewohners gegenüber auf der anderen Seite des Innenhofs wohnt und sich das Spektakel auf dem Balkon sitzend mit einer Flasche Bier in der Hand anschaute. Er sah, wie ein Polizeiwagen vorgefahren kam, ein Polizist lässig ausstieg und sich als erste Amtshandlung eine Zigarette anzündete. Mit ihr in der Hand ging dieser langsam in den Innenhof und guckte sich die Szenerie an. Die kleine Gangster pöbelten ihn von Weitem an: „Hau ab, scheiss Bulle!“ Nachdem er aufgeraucht hatte, verzog er sich einfach wieder. Die Prügelei war beendet. (mehr …)