Frauenquote: Haben wir Männer nicht andere Probleme?

Frauenquote: Haben wir Männer nicht andere Probleme?

Torsten Heil (29) schreibt momentan seine Abschlussarbeit in Politikwissenschaft, hat für verschiedene Medien geschrieben und war stellvertretender Chefredakteur beim webMoritz. Derzeit arbeitet er im Bildungsministerium M-V. An dieser Stelle vertritt er aber ausschließlich seine Privatmeinung.

Mittwoch, den 29. Juni 2011

Werte Leserinnen und Leser,

ich habe die webMoritz-Redaktion gebeten, meinen am Dienstag, 28. Juni, unter diesem Titel erschienenen Text zu löschen. Ich hätte nicht gedacht, dass ein glossenartiger Kommentar solch eine Aufregung auslöst.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal klarstellen, dass der Text ausschließlich meine Privatmeinung wiedergibt. Zudem wollte ich lediglich zur Diskussion anregen. Ich hoffe, niemanden persönlich beleidigt oder angegriffen zu haben und entschuldige mich aufrichtig bei allen Leserinnen und Lesern, die dies anders empfunden haben.

Mit freundlichen Grüßen,
Torsten Heil

Anmerkung der Redaktion: Den Text des ursprünglichen Artikels haben wir auf Bitten des Autors entfernt.

(Diese Kolumne gibt ausschließlich die Meinung des Autors als Privatperson wieder.)

Foto: Christine Fratzke (Porträt), Jakob Pallus (Grafik)

Dieser Text ist Teil des webMoritz-Projekts “fünf x fünf – Die Kolumne”. Vom 20. Juni bis 22. Juli schreiben werktags fünf Autoren an je einem festen Tag eine Kolumne für den webMoritz. Weitere Infos gibt es hier. Morgen ist an der Reihe: Sophie Lagies.

Vortrag: Frauen in Führungspositionen

Die Mehrheit der Greifswalder Studierendenschaft ist weiblich: So waren im Wintersemester 2009/2010 unter den 12.300 Studierenden 7.290 Frauen und 5.014 Männer. Doch nach dem Hochschulabschluss sind die Chancen für Frauen und Männer immer noch nicht gleich, vermehrt wird über die Einführung von Frauenquoten in Führungspositionen diskutiert.

Frauen in Führungspositionen - der Flyer zum Vortrag

Am Donnerstag, dem 7. Oktober, gibt es einen Vortrag zur Thematik. Dieser beschäftigt sich mit den Fragestellungen, welche Regelungen es gibt, um ein gleichberechtigtes Teilhaben von Frauen im beruflichen Alltag zu gewährleisten, inwiefern diese genutzt werden und was anders werden muss, damit Frauen mit Universitätsabschluss gleichberechtigt arbeiten können. Auch sollen Tipps für das Studium von den Referentinnen Kirstin Drenkhahn, unter anderem Mitglied des Fakultätsrats an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, und Katja Rodi, Gleichstellungsbeauftragte an der selben Fakultät, gegeben werden.

Der Vortrag beginnt um 10 Uhr, in der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät (Domstraße 20), im Seminarraum 109. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Arbeitskreis Kritischer JuristInnen (AKJ) mit Unterstützung des Fachschaftsrats Jura und dem Interdisziplinären Zentrum für Frauen- und Geschlechterstudien.

Flyer: Veranstalter

Das Fraueninstitut Germanistik: Männer traut Euch!

Eine Glosse von Siri Hummel

Deutschland- dein Volk der Dichterinnen und Denkerinnen.

So jedenfalls könnte man denken, wenn man sich in einen der überfüllten Seminarräume der Germanistik begibt, um etwa der „didaktischen Literatur des Mittelalters” zu lauschen. Der dort vorherrschende Frauenüberschuss ist augenscheinlich und bestätigt das gängige Vorurteil, Germanistik sei ein „Frauenfach”.

Eine richtige Erklärung dafür zu finden fällt schwer. Gerüchtweise wird angenommen Literatur- und Sprachwissenschaften seien „irgendwie seichter” als naturwissenschaftliche Fächer wie Physik oder Informatik. Als quasianthropologische Konstante drängt Frau – nachdem ihr Lieblingsfach in der Schule doch schon immer Deutsch gewesen ist – in sozial orientierte, schöngeistige Fachrichtungen. Dort kann sie ihren natürlichen Hang zur Kommunikation ausleben und ihr emotionales Urverständnis in der Interpretation von Rainer Maria Rilke beweisen kann.

Eine weitere, gern bemühte Vorstellung ist, dass Germanistik sowieso nur auf Lehramt studiert wird. In althergebrachter Überzeugung kann die Erziehung der Folgegenerationen von Frau Lehrerin intuitiv eh viel besser und friedfertiger geleistet werden, als von ihrem männlichen Pendant. Wieso also daran etwas ändern? Außerdem kann man als Lehrerin doch wunderbar selber Kinder bekommen und trotzdem noch arbeiten. Und das wollen doch sowieso alle Frauen.

Also alles Kuschelpädagoginnen, die im selbstgewählten s. Oliver-Uniformismus das Grammatikstudium absitzen, um danach endlich ihre antiautoritären Erziehungsvorstellungen an allen anderen, nur nicht an ihren eigenen Kindern auszuprobieren?

Effiziensdiktum gegen die Liebe zur Literatur

Die Gegenposition könnte wie folgt lauten: Die Philologie, also die Liebe zum Wort, erfordert ein hohes Maß an Selbststudium und eine Lesebereitschaft, die von Männer so nicht geleistet werden will oder kann. Um in einer so genannten Leistungsgesellschaft und in Zeiten des wirtschaftlichen Effiziensdiktums den Mut zu haben seine (ihre) Liebe zur Literatur, trotz drohender Taxifahrerkarriere, akademisch zu behaupten, scheint eine weibliche Tugend zu sein.

Ebenso scheint die Erkenntnis, dass menschliches Handeln nicht per se mathematisch oder produktionsfunktional errechenbar ist, erst bei der xx-chromosomigen Hälfte der Bevölkerung angekommen zu sein. Unsere Sprache ist Projektionsfläche und Speicher unserer Kultur. Sie ist Medium allen zwischenmenschlichen Handelns und befähigt uns überhaupt erst „Mensch” zu werden. Die daraus resultierende soziale und wissenschaftliche Wichtigkeit der deutschen Philologie wird dabei jedoch fast nur von Frauen wahrgenommen.

Germanistik ist eben kein „Laberfach” sondern ein Werkzeug zum sensitiven Begreifen und Bewertung unserer Gesellschaft. Man muss sich fragen, warum die meisten Männer bei dem Gedanken, sich damit auseinander zu setzen, in Schweiß ausbrechen!

Männer wollen also nur Baggerfahrer oder Heuschrecke werden, während wir Mädchen alle Lektorinnen werden?

Selbst der geneigte Leser dürfte sich an dieser Stelle ob der verbreiteten Pauschalität bereits die Haare gerauft haben. Aber manche Vorurteile sind ja nun mal dazu da, um in ihrer geballten Borniertheit aufgeschrieben und angeprangert zu werden. Dies sei hiermit getan.

An unsere männlichen Kommilitonen

Die letzten paar Zeilen sollen den Kommilitonen gewidmet sein, die sich allem zum Trotz für Germanistik eingeschrieben haben. Jenen lichten Geschöpfen, die sich mutig der weiblichen Grußform der Dozentin stellen und trotz mutmaßter Hahn-im-Korb-Stimmung immer noch nicht die Flucht ergriffen haben. Wir glauben euch, dass ihr das Studium nicht mit einer Singlebörse verwechselt! Und im Gegensatz zu den meisten anderen haben wir begriffen, dass ein Junge auch seinen Lehrer braucht. Also, an dieser Stelle: Weiter so!

Es wäre schön, wenn mehr Männer den Weg in das germanistische Studium einschlagen würden. Sowohl Lehrämter als auch Bachelorstudenten, zum einen um den dringend gebrauchten Nachwuchs an männlichen Pädagogen zu stärken, zum anderen als wichtiges Ansichts-Korrelat in der Seminardiskussion.

Wissenschaftliches zum Thema Gender:

Foto: Luisa Wetzel