Streamingdienst der Stadtbibliothek – Das Herausstechen aus der Masse

Streamingdienst der Stadtbibliothek – Das Herausstechen aus der Masse

Netflix, Amazon Prime, Disney Plus, Hulu, HBO Max, RTL+, Youtube premium, Joyn Plus, Sky, Apple TV+… . Streaming regiert die Abendunterhaltung wie Oasis den Wunsch nach Vereinigung, Take That den Wunsch nach Trennung, „We don’t talk about“ Bruno das Herz von Kindern und das Lineal die Kurvendiskussion (wegen ruler…). So stellt sich doch die Frage, worin sich die einzelnen Anbieter noch unterscheiden? Exklusivtitel und Eigenproduktionen locken, jedoch erscheint der berühmte Markt übersättigt durch das Vollgestopfte, mit animierten Sitcoms von super spritzig verrückten Familien, Reality TV über die wirklich wahre Liebe und Filme von und mit Timothée Chalamet und Ryan Reynolds. Bibliotheken des Landes haben dagegen einen Anbieter vorzuweisen, bei dem nun auch die Stadtbibliothek Greifswald Mitglied ist, welcher die Frage mit einem einzigartigen Angebot in ein ganz neues Licht rückt.

Was ist es?

Die Stadtbibliothek Greifswald hat seit dem 15. Dezember das Streamingportal filmfriend in ihr Angebot aufgenommen. Dabei handelt es sich um eine Plattform für Bibliotheken in ganz Deutschland, die Filme zeigt, die sonst selten bei klassischen Streaminganbietern gefunden werden können.
Die Stadtbibliothek schreibt selbst:
Angemeldete Nutzer*innen der Stadtbibliothek können das Filmstreamingportal filmfriend kostenfrei nutzen und damit über 3.000 Filme online schauen. Die Anmeldung erfolgt mit Benutzernummer (auf dem Leserausweis) und Passwort der Stadtbibliothek. Das filmfriend-Angebot umfasst vor allem deutsche und europäische Titel, Arthouse-Fime, Filmklassiker, Kurzfilme, Serien und Dokumentarfilme sowie eine große Filmauswahl für Kinder und Jugendliche.

Was kann es?

Was der Plattform von vornherein zu Gute kommt, ohne das weitere Angebot zu betrachten, ist der unschlagbare Preis. Kostenfrei ohne versteckte Nebenkosten für Bibliotheksmitglieder kann sich wirklich sehen lassen. Interessierte ohne Mitgliedschaft können diese für einen jährlichen Tarif von 15€ (10€ für Studierende) abschließen und dabei auch noch von den physischen Qualitäten der Stadtbibliothek profitieren. Diese stehen im Verhältnis zu monatlichen Beiträgen von meist 8-15€ der klassischen Anbieter, die aufgrund der Andersartigkeit des Angebots aber auch schwer zu vergleichen sind.

Das wichtigeste Herausstellungsmerkmal von Filmfriend lässt sich im Filmangebot ausmachen. Nur um es mal so zu sagen: es gibt vermutlich eine ganze Sammlung von Filmen aus jedem Land Europas, wenn nicht der ganzen Erde, die in irgendeiner Art prämiert wurden. Die Spanne läuft vom dänischen Königshaus zu einem rumänischen Mädchen, das seine Familie nicht mag hin zu einem Pferd aus Finnland. Dazu kommen eine raue Anzahl an Buchverfilmungen, was bei einem Dienst der Bibliothek vermutlich nicht besonders überraschend, aber auch dementsprechend umfangreich ist. Dokumentationen, die in dieser Anzahl und Qualität wohl nur in der zu guten Arte Mediathek gefunden werden können. Trotzdem sind aber auch viele Fernseh- und Kinofilme verfügbar. So gibt es wohl jeden Film mit Daniel Brühl, dem deutschen Bradley Cooper, Lars Eidinger, dem deutschen Neil Patrick Harris und Mads Mikkelsen, dem dänischen Daniel Brühl. “The King’s Speech” hat nicht umsonst vier Oscars gewonnen, “Die Königin und der Leibarzt” fesselt emotional und “Submarine” muss nicht nur aufgrund der Vertonung von Alex Turner zu den besten Coming of Age Dramen gehören. Zu alldem kommt das angesprochene Unterscheidungsmerkmal: Filmfriend weist Filme auf, die in dieser Anzahl wohl nirgends zu finden sind. Als Beispiel dafür gibt es eine ganze Sammlung von in der DDR verbotenen Filmen, die zum Teil erst nach der Wiedervereinigung aus übriggebliebenen Resten zusammengesetzt und hier digital verfügbar gemacht wurden. „Die Russen kommen“ von 1968 zeigt, wie Jugendliche des Nationalsozialismus in der Endzeit des 2. Weltkriegs zwischen Glaube an den Endsieg und völliger Verzweiflung als letzte Verteidigung in den Krieg ziehen mussten. Wenn wir schon bei so aktuell anklingenden Themen sind, muss auch für das Drama “Donbass“, welches den seit 2014 anhaltenden Konflikt in der Ukraine dokumentiert, eine Empfehlung ausgesprochen werden.

Filmfriend hat nicht diese Eigenproduktion, die zur teuersten Serie aller Zeiten werden kann. Aber vermutlich macht das die ganze Plattform zu etwas besonderem, dass sie ein kleines Stück weg vom Kommerz kommt und die Welt so zeigt, wie sie eben ist. Wenig Hollywood Bling Bling dafür mehr echte Emotionen, echte Menschen, echtes Leben. Das Fazit kann daher nur eine absolute Empfehlung an alle Mitglieder der Bibliothek sein, einfach mal reinzuschauen, sowie der Überzeugungspunkt für alle, die an einer Mitgliedschaft noch zweifeln.

Beitragsbild von Glenn Carsten-Peters auf unsplash.com

Mimimi-Mittwoch: Ins Kino gehen

Mimimi-Mittwoch: Ins Kino gehen

Wut, Hass, Zorn: All diese Gefühle verbindet man so manches Mal mit seinen Mitmenschen. Genau für solche Momente ist diese Kolumne da. Wann immer wir uns mal gepflegt über Leute auslassen wollen oder uns auch generell mal der Schuh drückt, lest ihr das hier.

Ins Kino gehen – wenn 200 Leute dabei zusehen, wie Kate Winslet einfach keinen Platz auf ihrer Tür machen möchte und die Romantik trotzdem nicht versinkt. Das Kino ist wohl der Ort, an dem die meisten menschlichen Zustände parallel nebeneinander auftreten können. Manche schauen den Film und lieben es, manche schauen den Film und hassen es, manche schauen den Film und empfinden gar nichts, manche schauen den Film nicht und schlafen, manche schauen Schindlers Liste nicht und machen drei Stunden lang dabei rum und manche wollen den Film eigentlich schauen und sind dann so abgelenkt von der wilden Haarfarbe der Person drei Reihen weiter vorne leicht links (ist das rot, ist das grün, was soll das sein?). Das Kino ist also ein Ort, an dem man sich gerne etwas stoßen kann. Daher ist es an der Zeit aufzuzeigen, wo die Probleme des Kinos liegen und welche cleveren Ideen es geben kann, damit die Unterhaltung auf 21 mal 12 Metern trotzdem für die Zukunft gesichert ist.

Aber fangen wir ganz vorne an. Denn bereits an der Kinokasse treten die ersten elementaren Probleme auf. Man muss es einfach mal so drastisch formulieren: Wer hat damit angefangen, die Snacktheke zum extremsten Ausläufer des Kapitalismus zu machen? Denn für ein kleines Popcorn soll es wohl zum guten Umgang gehören, sein Erstgeborenes an den*die 15-jährige*n Aushelfende*n zu opfern. Der Materialwert eines Produktes, welches aus Zucker (dazu kommen wir gleich noch) und Maiskörnern besteht, kann sich wohl nicht darauf belaufen, dass Snackfreund*innen dafür Teile des Bernsteinzimmers eintauschen müssen. So wird sich das Kino in seinem Überlegenheitskomplex bestimmt in sein vergoldetes Fäustchen lachen.
Über die Kinopreise selbst muss wohl nicht mehr viel gesagt werden, wenn man sich für einen Film mit Überlänge auch einen Monat eines beliebigen Streaminganbieters leisten kann, bei dem mitunter die Filme schon während der Kinolaufzeit verfügbar sind. Es lässt sich jedoch darüber streiten, ob Zuhause schauen und ins Kino gehen das gleiche Erlebnis bietet.

Als nächstes folgt unvermeidbar auch die Frage, warum die Kinospaßunterdrückenden ihren lieben Bürger*innen die Ideologie aufzwingen müssen, dass Popcorn süß zu sein hat. Wozu haben Menschen Jahrhunderte lang Kriege um Salz geführt, um dann nicht dessen volles Potenzial auszuschöpfen? Daher würde ich es mir von ganzem Herzen wünschen, rein salziges oder gemischtes Popcorn nicht nur in wenigen Ausläufern der großen Ketten zu sehen, sondern in jedem Kino des Landes. Zudem ist es langsam mal an der Zeit, neue Snackideen einzuführen, um die verstaubte Tüte M&M’s aus dem Regal zu vertreiben. Mein Vorschlag dazu wäre, die Modern Bowl noch einmal umzudenken und eine umso postmodernere Snackbowl daraus zu machen. Die gemischte Tüte in Zeiten von Metaspace.

Angekommen im viel zu weichen Sitz beginnt das Leinwanderlebnis mit einer angenehmen halben Stunde Werbung. Das wäre auch absolut in Ordnung, würde sich das Kino über die Werbung ausreichend finanzieren, sodass Ticket- und Snackpreise verträglich wären. Ist aber — wie besprochen — wohl nicht so. Daher ich gehe nicht ins Kino um einen Film zu sehen, der kommt natürlich auch, aber später, viel später. Nein, ich gehe ins Kino um Werbung zu schauen. Und so sehe ich: “Ooh der neue Lambogotti Fasterossa, ooh der neue Keili, das ist ja toll, uuuund Eispause.”

Auf den Film selbst hat das Kino natürlich keinen Einfluss. Dennoch schaffen sie es, mit der Erfindung der sogenannten Sneak Previews oder Sneak Peaks, bei denen man nie weiß, welchen Film es zu sehen gibt, künstlich Spannung zu erzeugen. An diesem Konzept kann trotzdem noch weitergearbeitet werden. So wäre es beispielsweise möglich, den Anfang von einem Film und dann das Ende von einem anderen Film zu zeigen. Dann könnten Zuschauer*innen erst den Anfang von Sinn und Sinnlichkeit sehen und dann das Ende von Saw. So hat wirklich niemand Spaß.

Zudem hat das Kino leider auch die Eigenschaft, dass dort von Zeit zu Zeit andere Menschen anzutreffen sind. Über Menschen braucht man eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Aber wer ins Kino geht, um ein Gespräch zu führen, der ist fehl am Platz. Man geht doch auch nicht ins Schwimmbad, um Tennis zu spielen, oder auf ein KIZ Konzert, um gute Musik zu hören.

Zum Schluss muss noch einmal eine Frage gestellt werden: 3D ist doch wirklich nicht so das Ding, oder? Dabei meine ich, es hat gut angefangen und man konnte fliegende Gummibärchen im All fangen. Doch im Film war es schon immer eine Enttäuschung, die niemand wirklich vermissen würde. Dabei ist das Potenzial von mehr Dimensionen durchaus da. Aber wo sind die versprochenen Dimensionen 4 bis 17? Wo sind sie? Obwohl es doch so viele Ideen für ein immersiveres Erlebnis geben würde: Geruch, Wasser tropft von der Decke, bunte Lichteffekte oder deine Versagensangst schreit dich an, weil du alles falsch machst.

Somit bleibt uns nichts anderes übrig, als begeistert festzustellen, dass ein Film ins Kino kommt, den man unbedingt sehen muss, es dann zu vergessen und drei Wochen später festzustellen, dass es den Film schon bei Disney+ gibt.

Beitragsbild von Geoffrey Moffett auf unsplash.com
Gif von Giphy.com

Adweb.kalender 7. Fensterchen: Lasst es mit den Weihnachtsfilmen, Netflix!

Adweb.kalender 7. Fensterchen: Lasst es mit den Weihnachtsfilmen, Netflix!

Alle Jahre wieder weihnachtet es auch beim webmoritz.! Hier wird Weihnachtsmusik gedudelt, werden Plätzchen gebacken und Geschichten der vergangenen, diesjährigen und zukünftigen Weihnacht unter flackernden Lichterketten geraunt. Einen Teil dieser besinnlichen Stimmung möchten wir wieder in unserem Adweb.kalender mit euch teilen. Hinter dem 7. Fensterchen erwartet euch:  Lasst es mit den Weihnachtsfilmen, Netflix!

You better watch out
You better not cry
You better not pout
I’m telling you why
Another horrifying Netflix Weihnachtsfilm is coming to your Endgerät

Es ist wieder mal diese Zeit des Jahres: Weihnachten. Es gibt wohl keinen kontroversen Diskurs darüber, dass Weihnachten neben den tollen Themen wie Familie, Liebe und Frieden auch seine schlechten, eisigen Seiten mit sich bringt. Eine Seite davon, über die der*die aufgeweckte Medienkonsument*in jährlich stolpert, ist eine Reihe an neuen Weihnachtsfilmen, die Jesus’ Geburtstag neu erfinden oder zumindest mit ihrem eigenen, süßen Charme versehen wollen. Genauso tut es auch die allseits beliebte “Kommt-ja-sonst-nix”-Maschine Netflix jedes Jahr. Bislang hatten sie es für mich mit dem 2019 erschienenen, bis jetzt warum auch immer noch nicht zum Weihnachtsklassiker gewordenen „A knight bevor Christmas“ geschafft, dem König Trash die Krone aufzusetzen. Dabei handelt es sich nicht etwa um das bekannte Meisterwerk von Tim Burton, sondern um die geniale Idee, einen Ritter urplötzlich durch irgendeine mysteriöse alte Dame in das moderne Weihnachten 2019 zu teleportieren.  Der Rest des Films besteht darin, dass der edle Ritter bei “High School Musical”-Star Vanessa Hudges einzieht und irgendwelche Aufgaben erledigen muss. Das ist aber auch egal, weil es ist Weihnachten und daher geht es nur darum, die große Liebe zu finden, auch wenn diese in Form von einem Mann kommt, der bis vor ein paar Tagen noch geglaubt hat, dass Magie die Welt zusammen hält. Er hat wohl zu viel “Master of the Universe” gesehen. Schade, dass das im 21. Jahrhundert nicht mehr der Fall ist, sondern die Kraft der Menschen einzig daher kommt, “bis baldrian”, “Tschüsseldorf” oder “bis Danni Lowinski” zu sagen.

Somit befinden wir uns in einer neuen Saison der Festlichkeiten. Auch dieses Jahr wurde sich wieder nicht nur am Titel von Weihnachtsklassikern inspiriert. In “Lovehard” spielen “Vampire Diaries”-Vampir (würde ich mal sagen, hab ich nicht gesehen) Nina Dobrev und Jimmy O. Yang, der neben Steve Carell und John Melkovich in Netflix’ “Space Force” zu sehen war (hab ich gesehen, war so “naja”), die Hauptrollen. Es fällt auf, dass es sich beim Titel um ein Kompositum aus “Love Actually” (“Tatsächlich… Liebe”) und “Die Hard” (“Stirb Langsam”) handelt. Zwei Filme die wohl zu den meistgeliebten, meistgehassten aber auch auf jeden Fall meistgesehenen Weihnachtsfilmen gehören. Spielen die Titel in der Geschichte eine große Rolle? Ja, sie kommen durchaus in entscheidenden Szenen vor. Ist es clever, die gleiche Schriftart wie die Originale zu verwenden? Ja, auch das muss gesagt werden, da so es wohl durchaus öfter dazu kommen wird, dass Nutzer*innen versehentlich auf den Film klicken und die Winterträgheit sie wohl auch zum Weiterschauen zwingt.

Worum geht es? Ich würde hier eine Spoilerwarnung aussprechen, aber im Prinzip erspar’ ich euch nur die Zeit, dir ihr für diesen Film verschwenden würdet, also bitte, gern geschehen, frohe Weihnachten. Der Basisplott besteht darin, dass Hauptcharakter Natalie beruflich journalistisch von ihren verheerend schlechten Flirt “Altert” (das Tinder der Flirty Birdys) Dates berichtet. Diese wenig einfallsreiche “Sex and the City”-eske Grundprämisse führt sie dazu, das Datingleben an den Nagel zu hängen. Nur aber, bis ihr eine neue Begegnung in der App aus heiterem Himmel den wohlmöglich perfekten Typen in die vorweihnachtliche Anstrengung zaubert. Sofort kommunizieren sie natürlich ihre tiefsten Gefühle (was man auch sonst mit Fremden macht) und er kennt alles, wofür sie tiefgreifende Empfindungen besitzt. Sie konkurrieren darüber, ob “Love Actually” oder “Die Hard” der bessere Weihnachtfilm ist und er kennt auch noch zufällig das Gedichtband, welches die kürzlich verstorbene Mutter Natalie immer vorgelesen hat. Quelle Surprise. Das wird begleitet mit Filmsequenzen, in denen anscheinend die Realitäten beider Personen verschmelzen und beide nebeneinander sitzen oder sich gegenseitig in den Schlaf säuseln. Dabei kommt jedoch die gewisse Würze ins Spiel, denn er wohnt in irgendeinem Dorf am anderen Ende des Landes. Was macht sie? Ja na klar, sie reist zu Weihnachten als Überraschung zu ihm, was soll schon schiefgehen?
Nun, sie wird gecatfished. Nochmal Quelle Surprise. Hot guy (der Name ist wirklich egal) ist gar nicht in echt hot guy. Schade, dafür hat sie aber Glück, dass hot guy trotzdem in der Stadt wohnt. So schließen Catfish Guy und Natalie einen Deal, dass sie über Weihnachten seine Freundin spielt und er ihr dafür hilft, an hot guy heranzukommen. Nun ist es nur noch ein egales Hochdramatisiere und Zugespitze der Situation, weil Catfish guy einen einfach nur gemeinen und egozentrischen Bruder hat und Natalie und Catfish Guy sich aus Versehen verloben, weil die Familie sich doch so freut. Hot guy macht gerne Sachen draußen, Natalie macht eigentlich gar nichts gern, und Catfish guy stellt gerne Kerzen her, die nach toten Familienangehörigen riechen. Am Ende zieht sie die ikonische “Love Actually” Andrew Lincoln oder doch Boris Johnson Nummer mit den beschrifteten Schildern durch, da sie erkannt hat, dass doch eigentlich sie Catfish Guy liebt. Ende.

Den Film als Weihnachtsfilm zu deklarieren, ist an dieser Stelle durchaus ein Problem. Denn Weihnachten spielt allgemein, bis auf ein bisschen für Rentner singen und Weihnachtsbaum schmücken wirklich keine große Rolle. Daher ist es wohl auch kein Weihnachtsfilm, sondern eher ein “ich hoffe Weihnachten ist bald vorbei”-Film. Das widerspricht jedoch auch dem Handlungsmotiv von Natalie, denn eigentlich ist sie ja doch an hot guy interessiert, möchte aber trotzdem einfach wieder nach Hause. Sie ist dadurch in einem sich gegenseitig widersprechenden zeitlichen Perpetuum Mobile gefangen.
Außerdem ist zu hinterfragen, welchen kategorischen Anspruch der Film an sich hat. Ist es eine Komödie, dann ist Humor mit dem neudeutschen Cringe gleichzusetzen. Andere Ausgüsse an komödiantischem Material sind leider starke Mangelware, sodass es nur gelegentlich auch mal so etwas wie Ironie oder sogar ein Witz ins Drehbuch geschafft hat.
Genauso wird auch versucht, irgendeine Art des Mitfühlens und der Sentimentalität in den Zuschauer*innen zu erwecken. Meistens besteht das jedoch darin, dass Natalie allergische Schocks hat, oder jeder genau eine Vater oder Mutter Figur verloren hat. Das wärmt das Herz jedoch genauso auf wie eine kaputte Heizung.

So muss man schlussendlich feststellen, dass sich wohl auch Netflix’ neue Weihachtsauslage “Lovehard” nicht in eine Kategorie der Must Watch Weihnachtsklassiker einordnen wird. Das liegt zum einen daran, dass die Geschichte an keinem Punkt überraschend daherkommt und man immer schon die nächste Szene voraussagen kann. Zum anderen ist es auch kein komödiantisches Meisterwerk, das das Publikum trotz schlechter Geschichte an sich immer wieder zumindest zum Schmunzeln bringt. So muss der Film wohl in die immer beliebter werdende Kategorie des Trashs eingeordnet werden, sodass man sich an der schlechten Machart trotzdem auf die ein oder andere Art erfreuen kann.

Beitragsbild: Julia Schlichtkrull
Bild: Samira Rahi auf unsplash.com 

Dear Future Children

Dear Future Children

Dear Future Children – ein Film, der bewegt. Und ein Film, der zum Nachdenken anregt und lange nachwirkt. So sehr, dass ich auch jetzt, mehrere Wochen, nachdem ich den Film im STRAZE-Kino bei seiner Premiere in Greifswald angeschaut habe, noch das große Bedürfnis habe, einen Artikel über ihn zu schreiben und ihn anderen Menschen weiterzuempfehlen.

Der Dokumentarfilm handelt von drei jungen Aktivistinnen, die in drei unterschiedlichen Protestbewegungen in drei verschiedenen Ländern kämpfen. Er begleitet Pepper aus Hongkong, Hilda aus Uganda und Rayen aus Chile bei ihrem Kampf gegen die von Peking beeinflusste Regierung unter Carrie Lam, bei den Protesten in Chile gegen soziale Ungleichheit im Land und in Uganda bei den lokalen Fridays-for-Future-Protesten und Aktionen für Klimagerechtigkeit und Naturschutz. Dabei stoßen die drei und ihre Mitstreiter*innen teils auf sehr ähnliche und teils auf sehr unterschiedliche Probleme und Gefahren und innere wie äußere Konflikte. Diese reichen von Resignation in der Politik wie im Denken und Handeln der Menschen, weil einfach nicht genug passiert, bis zu direkten körperlichen Gefahren durch brutale Vorgehensweisen der Polizei. Was sie gemein haben ist der Kampf für eine bessere Zukunft und der Wille, etwas mit viel Mut und Einfallsreichtum zu verändern. Dafür sind sie auch bereit viel aufzugeben, wie ihre eigene Gesundheit, ihre Freiheit oder den Platz für andere Aktivitäten in ihrem Leben.

Vielleicht kennt ihr das: Ihr schaut einen Film, der euch in irgendeiner Weise berührt und ihr denkt danach: Ab jetzt werde ich mein Leben ändern und mich mehr engagieren oder mehr reisen oder meinen Alltag bewusster und aktiver gestalten … Aber sobald ihr aus dem Kino zu Hause ankommt oder euren Fernseher ausschaltet oder den Laptop zuklappt, denkt ihr nicht mehr weiter über den Film nach. Oder vielleicht begleitet euch der Film sogar noch für ein paar Tage, aber spätestens dann habt ihr ihn meistens vergessen und seid wieder in eurem Alltag – bis zum nächsten Film, der euch in irgendeiner Weise wachrüttelt.

Anders war das für mich und für die anderen Menschen, die den Film mit mir geschaut haben. Nach dem Film sitze ich erst einmal 30 Minuten schweigend einfach nur da und lasse nachwirken, um das gerade Gesehene zu verdauen. Und ich schaffe es in meinem Alltag immer wieder Bezüge zu dem Film herzustellen, bei den verschiedensten Themen. Immer wieder ploppt die Erinnerung an den Film in meinem Kopf auf und ich habe das große Bedürfnis, über den Film zu reden und anderen Menschen davon zu erzählen. Das liegt wohl an dem Thema, das der Film behandelt, aber vor allem auch an den Gefühlen, die er in einem auslöst: Wut, Angst, Ohnmacht, Trauer. Das mag jetzt womöglich abschreckend klingen – soll es aber gar nicht, denn was der Film genauso auslöst ist: Hoffnung, die Erkenntnis, was für unglaublich starke und beeindruckende Menschen es da draußen gibt, die für ihre Sache kämpfen, und die ihre Ziele sogar – zumindest teilweise – erreichen. Das macht Mut mitzukämpfen, sich für etwas einzusetzen, das einem wichtig ist!

Nach dem Film hatte ich viele offene Fragen, wie auch viele der anderen Menschen, die den Film mit mir gemeinsam geschaut haben. Dabei hat uns sehr das Nachgespräch mit dem Regisseur Franz Böhm geholfen, der für die Premiere in der STRAZE nach Greifswald gekommen ist. Hier sind ein paar der interessantesten Fragen zusammen mit seinen paraphrasierten Antworten.

Warum heißt der Film überhaupt „Dear Future Children“?

Der Titel des Films stammt von einem Brief, den Hilda an ihre zukünftigen Kinder geschrieben hat. Die Szene, in der sie den Brief vorliest, ist zwar nicht mehr im Film selbst enthalten, war aber Inspiration für dessen Titel. Er beschreibt auch einen Kernpunkt, warum alle drei Aktivistinnen auf die Straße gehen und für ihre Sache kämpfen. Sie denken dabei immer an ihre zukünftigen Kinder, für die sie eine bessere Welt schaffen wollen, in der man gut aufwachsen und leben kann.

War es Zufall oder Absicht, dass alle drei Aktivistinnen Frauen sind?

Das war tatsächlich Zufall. Bevor sich für eine Person in der Protestbewegung entschieden wurde, wurden von den wichtigen Akteur*innen Profile erstellt mit allen relevanten Informationen über die Personen, ihr Leben, ihre Persönlichkeit und ihre Stellung in der Bewegung. Als es zur Abstimmungsentscheidung kam, welche drei Menschen man filmen möchte, wurden die Informationen über Alter, Geschlecht und Name aus dem Informationsblatt gelöscht, damit niemand davon beeinflusst wird. Es ist allerdings auch passend, dass alle drei Aktivistinnen Frauen sind, weil auch die Protestbewegungen, in denen sie mitkämpfen, vor allem weiblich geführt sind.

Wie sind die Macher*innen des Films an die Drehgenehmigungen für z.B. Hongkong gekommen?

Der Film stellt sicherlich keine Position dar, die zum Beispiel die Regierung Chinas gerne sieht. Für die Erhaltung der Drehgenehmigungen wurde deswegen etwas getrickst. Zum Beispiel wurde für Hongkong behauptet, dass das Team gerne einen Film über Hongkong als Reiseziel für Westeuropäer drehen und dabei die schönen und besonderen Seiten der Stadt darstellen will, um mehr Tourist*innen auf diese Stadt aufmerksam zu machen.

Haben die Dreharbeiten und die Veröffentlichung des Films Nachwirkungen für das Filmteam gehabt?

Natürlich waren schon alleine die Dreharbeiten eine Gefahr, da sie an vorderster Front von Protestbewegungen stattfanden, bei denen die Polizei sehr brutal vorgeht. Aber auch nach den Dreharbeiten gab es noch Nachwirkungen für das Filmteam. Gerade von chinesischer Seite gab es sehr viele Drohungen, darunter auch Morddrohungen. Es wurden auch sehr persönliche Informationen herausgefunden und gegen die Macher*innen des Films verwendet, wie beispielsweise der Wohnort naher Verwandter. Das Team konnte sich aber ein gutes Sicherheitsnetzwerk mit Hilfe von Bekannten und Freund*innen aufbauen, die sich in solchen Sachen auskennen. Kommunizieren tun sie untereinander nur mit höchster Sicherheit in der Verschlüsselung.

Am Donnerstag, den 25.11.21 um 20:00 Uhr, wird der Film noch einmal von Fridays for Future in Greifswald im Hörsaal 1 in der Rubenowstraße 1 gezeigt. Ich kann wirklich jedem*r nur empfehlen, sich den Film anzusehen!

Beitragsbild: © NIGHTRUNNER PRODUCTIONS & SCHUBERT FILM

Integration gelingt!

Integration gelingt!

„Ich stelle Menschen eigentlich sehr gerne nach Bauchgefühl ein und dabei spielt keine Rolle, woher jemand kommt.“ „Integration gelingt“ ist der Titel der Filmreihe, die am 3. Februar gestartet ist. In der achtteiligen Kurzfilmreihe werden  Betriebe und Unternehmen samt ihren Auszubildenden mit Migrationshintergrund vorgestellt.

Die Kurzfilme wurden durch die ZORA Kinder- und Jugendhilfe sowie durch die Universitäts- und Hansestadt Greifswald ins Leben gerufen. In den folgenden Wochen werden insgesamt acht Kurzfilme auf deren sozialen Kanälen hochgeladen, welche gelungene Integration von Personen mit Migrationshintergrund hier in Greifswald und Umgebung festhalten. In den Kurzfilmen werden die Erfahrungen, die Hintergründe und Probleme angesprochen, mit welchen sich auch die Arbeitgeber*innen auseinandersetzen mussten. Als Zeichen der Chancengleichheit sollen die Geschichten der Einzelnen nicht nur Mut machen, sondern auch zum öffentlichen Diskurs anregen.

Dazu ruft besonders die ZORA Kinder- und Jugendhilfe auf, welche neben ihrer Arbeit in Wohngruppen für Kinder und Jugendliche mit hohem Betreuungsbedarf auch mehrere Azubis und bereits Angestellte mit Fluchthintergrund beschäftigen. Die Mit-Initiator*innen setzen sich mit diesem Projekt für mehr Wertschätzung und Diversität nicht nur in ihrer eigenen Belegschaft ein.

Das bereits am 3. Februar erschienene Kurzportrait zu der Brasserie Hermann und ihrem syrischen Auszubildenden Reda Ali könnt ihr hier ansehen. Die weiteren Teile der Filmreihe findet ihr auf dem YouTube Kanal der Universitäts- und Hansestadt Greifswald und der Internetseite der ZORA Kinder- und Jugendhilfe, wo alle zwei Wochen ein weiterer Kurzfilm hochgeladen wird.

Beitragsbild: Pressestelle der Stadt Greifswald