Regelstudienzeit? Nicht mit mir!

Regelstudienzeit? Nicht mit mir!

Sophie Lagies (22) schreibt seit über zwei Jahren für das moritz-Magazin, und leitet dort seit Ende letzten Jahres das Ressort "Feuilleton". Die Wahl ihrer Studienfächer Musikwissenschaft & Anglistik/Amerikanistik zeigt ihr Interesse an Kultur und Sprache. Bis 2008 lebte sie im Provinzstädtchen Wittenburg bei Hamburg.

Gerade befinden wir uns mal wieder im größten Prüfungswahn – so viele Prüfungen, so wenig Zeit, so viel schönere Dinge im Leben. Ein ständiges Hin und Her der Gefühle, das schlechte Gewissen omnipräsent im Nacken, den Musterstundenplan im Hinterkopf. „Ich müsste das Buch noch lesen“ und „verdammt, nur noch zwei Wochen bis“ dominieren die Gespräche in der Mensa; vor der Unibibliothek bilden sich bereits vor acht Uhr lernhungrige Studenten und warten auf den Einlass. Nach nunmehr sechs studierten Semestern meinerseits stelle ich langsam, aber sicher fest: Die Idee der Regelnstudienzeit von sechs Semestern ist bei einem Großteil der Studierendenschaft von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Mittlerweile bin ich jedoch diesbezüglich zu einem passablen Konsens gekommen. Und der lautet: Scheiß doch drauf!

Ganz im ernst: Welcher Arbeitgeber möchte denn lieber einen Absolventen einstellen, der sein Studium in Rekordzeit abgeschlossen hat, dafür aber keine Zeit mehr für kulturelle Vergnügungen, den Aufbau sozialer Kompetenzen, Horizonterweiterung im Auslandssemester und die eigene Persönlichkeitsfindung hatte? Ich als Arbeitgeber würde Letzteres mit ein paar Semestern mehr auf dem Buckel nun wirklich vorziehen. (mehr …)

Bologna: “Bildungs- und wissenschafts-politische Katastrophe”

Prorektor Professor Micheal Herbst

„Prüfungsstress, Überforderung, Ökonomisierung, Verschulung. Studierende sind nicht nur Studierende, sondern auch Menschen, die sich engagieren, Kinder haben oder arbeiten müssen.“ Diese Klagen werden regelmäßig von Bachelor- und Masterstudenten geäußert. Jene Kritik an der ökonimisierten Studienart wurde am Dienstagnachmittag vor etwa 60 Teilnehmern jedoch nicht von einem Studenten, sondern von Prorektor Professor Dr. Michael Herbst geäußert. Das Publikum, Studenten und Professoren, diskutierte über den aktuellen Stand der Bologna-Reform, der Umstellung von Diplom- und Magisterstudiengängen in zweistufige Studiengänge mit Bachelor und Master.

„Es ist eine bildungs- und wissenschaftspoltische Katastrophe“, bündelte Herbst seine vernichtende Kritik am Bologna-Prozess. Dennoch habe Bologna einen Vorteil: „Ein schnelles straffes Studium. Wir wollen das Beste aus der Reform der Bologna-Reform machen“, verwies Herbst auf das neue Landeshochschulgesetz, die vom Senat verabschiedete Bologna-Reform und die aktuell diskutierte Rahmenprüfungsorndung: Wegfall Masterhürde, Wiedereinführung des Diplom-Titels, erleichterte Möglichkeiten zum Auslandaufenthalt, Teilzeitstudium, keine Benotungspflicht für alle Module.

Aufregung um BWL-Diplom

Walter Ried will das BWL-Diplom erhalten.

Es ging aber nicht nur um Bologna, sondern auch um den Diplom-Studiengang der Betriebswirtschaftslehre (BWL). Für Aufregung sorgte Kurt Schanné vom Landesbildungsministerium: Aus der BWL solle ein mehrstufiger Studiengang im Zeitraum der fünfjährigen Zielvereinbarung werden. Dazu werde die Uni vom Land noch aufgefordert. Dass die BWL in Greifswald einen Preis vom Verein für deutsche Sprache erhalten habe, sei „bedeutungslos und nichts wissenschaftliches“. Der Preis sei auch aufgrund der Verbindung eines Lehrenden der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät zustande gekommen.

Dekan Walter Ried ließ das nicht auf sich sitzen: „Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät geht – ebenso wie das Rektorat der Ernst-Moritz-Arndt-Universität –  davon aus, dass sie den Diplomstudiengang Betriebswirtschaftslehre über die gesamte Laufzeit der aktuellen Zielvereinbarung fortführen darf.“ Prorektor Herbst ergänzte, dass „wir sachliche Gründe für das Diplom in der BWL als attraktiven und konkurrenzfähigen Studiengang sehen“. Auch die Vorwürfe zum Sprachpreis wies Ried zurück: „Die Fakultät hat den Institutionenpreis Deutsche Sprache aufgrund der Entscheidung einer unabhängigen und hochkarätig besetzten Jury erhalten.“

“Ziel von Bologna wurde erreicht: einheitlicher Bildungsraum in 47 Ländern”

Marina Steinmann sieht mit dem einheitlichen Bildungsraum ein Ziel von Bologna erreicht.

Aber nun wieder zurück zu Bachelor und Master. „Das Ziel von Bologna wurde 2010 erreicht, nämlich ein einheitlicher Bildungsraum in 47 Ländern, der nach außen auch so wahrgenommen wird“, betonte Marina Steinmann, Referatsleiterin Bologna-Reform beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der die Veranstaltung mitorganisierte. Sie räumte jedoch ein, dass „die Universitäten Fehler bei der Umsetzung gemacht haben“.

Inzwischen seien 82 Prozent aller Studiengänge in Deutschland auf Bachelor und Master umgestellt, jedoch fordere Bologna nur gestufte Studiengänge und keinen Bachelor nach sechs Semesternm, sagte sie. Von der Umstellung seien 16 Millionen Studenten an 4000 Hochschulen betroffen, fügte Professor Manfred Hampe ( TU Darmstadt) hinzu. Der Bologna-Experte des DAAD kritisierte das mecklenburg-vorpommerische Landeshochschulgesetz als „systemwridig“, weil es den Diplom-Ingenieur für den ersten (Bachelor) und zweiten Zyklus (Master) gleichzeitig vergebe. Ein Urteil über den Bachelor wollte er noch nicht treffen: „Der Arbeitsmarkt entscheidet in nächsten Jahren über die Annahme des Bachelors.“

Konkurrenz zwischen Bachelor und beruflicher Bildung?

In der anschließenden Diskussion ging es um verschiedene Fragen. Eine  war, ob der Bachelor in Konkurrenz zu den Berufsabschlüssen der dualen Ausbildung stehe. „Unternehmen bestätigen, dass der Bachelor brauchbar ist“, bezog sich Steinmann auf eine Studie von 2007, die ergab: „Es gibt keine Konkurrenz“. Dem schloss sich Schanné an, auch wenn es  in der Realität Überschneidungen wegen Kooperationen von Fach- und Hochschule gebe.

Hampe meinte, dass einige Menschen besser eine Berufsausbildung machten als auf die Uni zu gehen. Die Hochschulen sollten sich ihre Studierenden genau anschauen, denn „nicht jeder Bachelorstudent hat das Zeug zum Master“. Passend hierzu forderte eine Studentin aus dem Publikum: „Jeder Student soll entscheiden, ob er/sie einen Master machen soll oder nicht“. Dies hänge von den Ressourcen für die Masterstudiengänge ab, schränkte Schanné ein und ergänzte, dass Wechsel zwischen den Hochschulen Probleme machen könnten, was aber nicht zum System werden sollte und nicht Absicht der Hochschulen sein.

Professor Volker Gehmlich sieht den Master nicht als ein Muss.

„Der Master ist kein Muss“, machte Professor Volker Gehmlich von der Fachhochschule Osnabrück deutlich. Den Master würden auch die Bachelorstudenten machen, die nichts auf dem Arbeitsmarkt gefunden hätten. Einige Bachelorstudenten fühlen sich nach sechs Semestern noch nicht fit für den Arbeitsmarkt, wie eine Bachelorstudentin mit der Fächerkombination Geschichte und Kunstgeschichte formulierte, die fehlenden Praxisbezug in ihrem Studium kritisierte.

Dem stimmte Herbst zu: „Wir können uns nicht recht vorstellen, dass jemand, der sechs Semester Theologie studiert, befähigt ist, ein Pfarramt zu führen.“ Auf einen Bachelor könne man einen Master draufsatteln, ergänzte Schanné. „Ein Bachelorstudent sollte überall seinen Master machen können“, fügte Hampe hinzu.

Auslandsaufenthalt wichtiger als ein Semester mehr Regelstudienzeit

Absicht des Bologna-Prozesses war, die Mobilität der Studierenden zu erhöhen. Viele Bachelorstudenten klagen aber, dass sie sich einen Auslandsaufenthalt nicht leisten können. In finanzieller Hinsicht verwies Schanné auf Auslands-Bafög oder Stipendien. In zeitlicher Hinsicht sorgt ein Senatsbeschluss der Universität dafür (Bologna-Richtlinie), dass künftig ein Auslandssemester nicht mehr auf die Regelstudienzeit angerechnet werden muss.

Herbst sprach sich für ein „Mobilitätsfenster“ aus und sieht Probleme bei mehrsemestrigen Modulen. „Die Modulgröße muss so klein sein, dass sie einen Auslandsaufenthalt nicht verhindert und so groß sein, dass sich die Prüfungslast verringert“, machte Hampe deutlich, der sogar einen verlustfreien Auslandsaufenthalt durch eine bessere Abstimmung mit den Partneruniversitäten als möglich ansieht. Der verlustfreie Auslandsaufenthalt werde dadurch möglich, dass es grundsätzlich das Recht auf Anerkennung der ausländischen Leistung gebe, ergänzte Steinmann. Sie schränkte jedoch ein, dass ein Auslandssemester den Unternehmen mehr bedeutet, als die Überziehung der Regelstudienzeit um ein Semester, wenn die Anrechnung doch nicht klappt.

“Bachelor kann nur notwendiges Rüstzeug geben, aber nicht sinnvolle Anwendung des Wissens”

Kurt Schanné (Landesbildungsministerium) sieht den Masterzugang abhängig von den Ressourcen der Hochschule.

Überschreitet man die Regelstudienzeit um ein Semester, steht man manchmal vor dem nächsten Problem zum Master: Man ist im Winter fertig und kann erst im nächsten Winter mit dem gewünschten Master weiter machen. „Wir sollten die Immatrikulation für einen Master auch im Sommersemester ermöglichen“, schlug Herbst hierzu vor, schränkte allerdings ein: „Als kleine Uni stoßen wir dann an unsere Grenzen.“ Um sich für einen bestimmten Master zulassen zu können, werden bestimmte Credit Points (ECTS) in einigen Fächern gefordert. „Was mache ich, wenn ich dies nicht schaffe?“, fragte ein Student und erhielt eher ausweichende und allgemeine Antworten. „Die Credit Points sind zeitliche Orientierungspunkte und nur relevant mit dem Ergebnis“, sagte Gehmlich. „Kompetenzorientierte Prüfungen und deren Anerkennungen sind gewünscht“, fügte Schanné hinzu.

Die genaue Kompetenz eines Bachelors wurde aber nicht deutlich: Ein Physiker von Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät gab zu bedenken: „Die Industrie weiß nicht, was sie braucht. Der Bachelor kann das notwendige Rüstzeug gegeben. Er kann dem Absolventen aber nicht die sinnvolle Anwendung des Wissens geben, zum Beispiel in Form einer ausführlichen zweisemestrigen Masterarbeit“. Hampe nutzte die Gelegenheit und wies allgemein auf den Personalbedarf der Industrie hin: „Sie braucht hochqualifiziertes Personal, davon ein Drittel Master- und zwei Drittel Bachelorabsolventen.“

Wie sieht es mit Bologna 2020 aus?

Professor Manfred Hampe will die Zweistufigkeit der Bologna-Reform nicht zurückdrehen

Die letzte Frage war, wie es mit Bologna 2020 aussieht, beispielsweise ob man zu den Titeln Magister oder Diplom zurückkehren wird. „Wir wünschen uns den Titel Diplom-Ingenieur zurück, jedoch nicht einer Rückkehr zur einstufigen Struktur“, verlangte Hampe und will damit die Zweistufigkeit mit Bachelor und Master beibehalten. Hampe schloss sich auch der Forderung Gehmlichs an, wonach dann unterschiedliche Bezeichnungen notwendig seien. Auch Schammé will keine Aufgabe des gestuften Studiensystems. “Wir machen das Beste aus Bachelor und Master”, ist vielleicht ein passender Schlusssatz von Herbst zur Debatte Bologna unter der Lupe.

Fotos: David Vössing

 

Neue Rahmenprüfungsordnung setzt Ziele des Bildungsstreiks um

Am Mittwoch befasste sich der Senat in erster Lesung mit dem Entwurf einer Rahmenprüfungsordnung, die von einer Studienkommission erarbeitet wurde. Mitglied der Studienkommission ist StuPa-Präsident Erik von Malottki. Mit ihm sprach webMoritz-Redakteur David Vössing über die Änderungen.

StuPa-Präsident Erik von Malottki war an der Erarbeitung der neuen Rahmenprüfungsordnung beteiligt.

webMoritz Was sind die wesentlichen Änderungen der Rahmenprüfungsordnung?

Erik von Malottki Gegenüber den alten Studienordnungen gibt es mehrere Änderungen für Studierende. Jetzt wird endlich ein Teilzeitstudium möglich. Wir haben die Zugänge zum Teilzeitstudium extrem erleichtern können.  Ein Teilzeitstudium bedeutet, dass man nur die Hälfte aller Veranstaltungen belegen muss und somit aus zwei Semestern vier Semester macht. Gründe können Schwangerschaft, Ehrenamtstätigkeit, Familie, Arbeitsbelastung, Pflege von Familienangehörigen oder andere Gründe, die einen Studenten an der Fortsetzung des Studiums hindern können.

“Endlich wird ein Teilzeitstudium möglich”

webMoritz Würde das auch für heutige Studenten gelten, wenn beispielsweise ein Bachelor-Student im vierten Semester sagt, er will das fünfte und sechste Semester in Teilzeit machen?

Erik Laut der jetzigen Formulierung der Rahmenprüfungsordnung noch nicht. Diese Rahmenprüfungsordnung gilt erst für Studierende, die ihr Studium neu aufnehmen. Für Bachelor-Studierende, die ihren Master in Greifswald machen wollen, steht diese Möglichkeit aber offen. Wir wollen erreichen, dass dies auch für Studierende gilt, die jetzt schon ihr Studium aufgenommen haben.

webMoritz Was sind weitere Änderungen in der neuen Rahmenprüfungsordnung?

Erik Wir konnten umfangreiche Verbesserungen durchsetzen, beispielsweise die Forderung des Bildungsstreiks erfüllen, den Prüfungsdruck zu senken. Es ist künftig so, dass 30 Prozent der Bachelor-Module als bestanden oder nicht bestanden gewertet werden können. In einem Master sind es 20 Prozent. Ein anderer wichtiger Punkt ist, dass zwischen 10 und 40 Prozent der Noten nicht in die Endnote eingehen. Das bedeutet beispielsweise für die Philosophische Fakultät, dass die General Studies komplett nicht mehr in die Endnote eingehen müssen.

“Weniger restriktive Bearbeitungszeiten bei Hausarbeiten”

webMoritz Siehst du Verbesserungen bei anderen Prüfungsleistungen?

Mit der Rahmenprüfungsordnung sieht Erik von Malottki Forderungen des Bildungsstreiks umgesetzt.

Erik Bei Hausarbeiten haben wir das Problem von restriktiven Bearbeitungszeiten, für Bachelor- und Masterstudenten ist das der 28. Februar im Wintersemester. In Zukunft müssen die Fachprüfungsordnungen Rücksicht darauf nehmen, wie viele Prüfungsleistungen der Studierende in dieser Zeit zu absolvieren hat und die Bearbeitungszeit entsprechend anpassen.

webMoritz Wie siehst du die Rahmenprüfungsordnung insgesamt?

Erik Die jetzige Rahmenprüfungsordnung ist ein enormer Fortschritt für die Studierendenschaft. Die Ziele des Bildungsstreiks konnten umgesetzt werden. Wir sind auf einem guten Weg durch die Rahmenprüfungsordnung und das neue Landeshochschulgesetz, Bologna studierbar zu machen. Jetzt müssen die Fakultäten die Änderungen in die Fachprüfungsordnungen bringen. Das wird auch Aufgabe der Studierendenvertretung sein. Wir hoffen da auf Hilfe der Fachschaften.

“Änderungen in Fachprüfungsordnungen bringen”

webMoritz Inwiefern sind denn die Diplom-Studiengänge oder das Staatsexamen von der Rahmenprüfungsordnung betroffen?

Erik Bei den Diplom-Studiengängen gibt es keine großen Veränderungen. Für Staatsexamen-Studiengänge gilt die Rahmenprüfungsordnung nicht, weil es dafür eine gesetzliche Regelung gibt.

webMoritz Erik, danke für das Gespräch.

Fotos: David Vössing, Christine Fratzke, Archiv (Bildungsstreik)

Senat will Studienbedingungen verbessern

Pro-Rektor Michael Herbst im Amt bestätigt.

Um die Studienbedingungen von Bachelor- und Masterstudenten zu verbessern, sollen sich die Fakultäten künftig bei Erstellung und Überarbeitung von Studien- und Prüfungsordnungen an eine Richtlinie halten. Der entsprechende Senatsbeschluss sieht jedoch Abweichungen in begründeten Ausnahmefällen vor. Jedoch befasste sich der Senat in seiner letzten Sitzung nicht nur mit Bologna, sondern auch mit der Zielvereinbarung, dem Landeshochschulgesetz und Michael Herbst. Letzterer wurde bei 32 Ja-Stimmen und bei vier Gegenstimmen als Prorektor im Amt bestätigt.

Neue Bologna-Richtlinie: Keine Überschneidung mit anderen Prüfungen

Richtlinie, Gesetz oder doch nur Leitlinie: Bei der Diskussion um die Ergebnisse der Bologna-Arbeitsgruppe ging es im Senat eher um den Gesetzes- oder Empfehlungscharakter der Ergebnisse als um die Inhalte selber. Der Senat entschloss sich schließlich für eine Richtlinie, von der in Ausnahmefällen abgewichen werden kann. Die Richtlinie sieht nun im Einzelnen vor:

  • Die Klausuren sollen nicht in der Vorlesungszeit geschrieben werden und sich nicht mit anderen Prüfungen überschneiden.
  • Der Übergang zu einem Masterstudium soll schneller möglich sein und die sogenannte Master-Hürde fallen. Die Master-Hürde hat beispielsweise die Philosophische Fakultät schon abgeschafft.
  • Die neue Bologna-Richtlinie spricht sich für eine Abschaffung der Master-Hürde aus.

    Vierjährige Bachelorstudiengänge und dann einjährige Masterstudiengänge sollen möglich sein.

  • Module sollen aus mindestens fünf ECTS-Punkten bestehen, wobei ein ECTS-Punkt nicht weniger als 1,5 SWS betragen dürfe.
  • Der Freiversuch wird abgeschafft, dafür sollen grundsätzlich drei Prüfungsversuche möglich sein.
  • Zur Begrenzung der Prüfungslast sollen gerade bei General Studies die Benotung von “bestanden” oder “nicht bestanden” ausreicht. Dies wird auch für weitere Modulprüfungen erwogen.
  • Bei einem Auslandssemester sollen Prüfungsleistungen einfacher angerechnet werden und es die Einsicht geben, dass ein Auslandssemester das Studium verlängert.

Einige der Richtlinieninhalte finden sich auch im neuen Landeshochschulgesetz (LHG) wieder, zum Beispiel die Abschaffung des Freiversuches. “Es wurde gerade im Schweriner Landtag beschlossen”, berichtete Greifswalds Rektor Rainer Westermann während der Senatssitzung.

Verbindlichkeit: Richtlinie, Gesetz oder doch nur Leitlinie?

Bologna-AG: Uni-Rektor Rainer Westermann will kein Gestz.

Herbst stellte als Mitglied der Bologna-Gruppe die Empfehlungen vor: “Wir wollen die handwerklichen Umsetzungen verbessern, die Belastung der Studenten reduzieren und die Modellzuschnitte so ändern, dass die Module studierbar bleiben.” Sie sollen bei der Erstellung neuer Prüfungsordnungen berücksichtigt werden. In der AG war auch die studentische Senatorin Paula Zill vertreten. Der Präsident des Studierendenparlaments (StuPa) Erik von Malottki begrüßte die Änderungen und forderte eine zeitnahe Überarbeitung der Studiengänge. Er sprach sich für eine Verbindlichkeit der Empfehlungen aus. Dagegen regte sich Widerstand: “Die Stellungnahmen aus den Fakultäten wurden nicht berücksichtigt”, beklagte etwa Professor Klaus Fesser, Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät. Er habe kein Problem mit den Empfehlungen, wenn dies nur Vorschläge “ohne normativen Charakter” sind. “Wir müssen flexibel bleiben”, fuhr Fesser fort.

Fachspezifische Besonderheiten bleiben möglich

Uni-Rektor Rainer Westermann schloss sich dem an: “Eine Rahmenrichtlinie, an der man sich bei Studien- und Prüfungsordnungen entlang hangeln kann, ist sehr vernünftig. Ich will aber kein Gesetz, über das man nicht hinweg gehen kann.” Dem stimmte Herbst zu: “Es ist kein Kodex und es gibt Ausnahmen.” Am Ende wurden die Empfehlungen als Richtlinie verabschiedet. Diese soll nun als Grundlage für die neue Erstellung von Studien- und Prüfungsordnungen verwenden werden. Jedoch bleiben “fachspezifische Besonderheiten bei hinreichender Begründung” möglich, wie es im Beschluss heißt.

StuPa-Präsident Erik von Malottki begrüßt die Änderungen.

Der Senat beschäftigte sich aber nicht nur mit der Bologna-Reform und dem LHG, sondern auch mit der Zielvereinbarung.  Westermann bekräftigte in seinem Rektoratsbericht, keine Nachverhandlungen zur Lehrerbildung mit Rostock zu führen. Nach Bekanntgabe der Zielvereinbarung war teilweise die Forderung erhoben worden, dass die Uni Greifswald auf Gelder zugunsten der Rostocker Uni verzichten solle. Letztendlich gab es keine Nachverhandlungen. “Das ist akzeptiert worden”, machte der Rektor weiter deutlich.

Fotos: Arik Platzek (Westermann), Frederike Kühnel (Masterhürde), David Vössing

Studienfinanzierung: Greifswalder Verhältnisse

“Ich wäre so gerne Millionär, dann wäre mein Konto niemals leer.” 1991 erschien das Lied Millionär von den Prinzen, welche mit ihren Songs eine steile Karriere starteten. Einige Studierende waren zu dieser Zeit noch gar nicht geboren oder noch zu jung, um sich ernsthaft Gedanken bezüglich der Problematik eines leeren Kontos zu machen.

Die 19. Sozialerhebung der Deutschen Studentenwerke für die neuen Bundesländer.

Ein in Deutschland lebender Studierender hatte 2009 durchschnittlich rund 812 Euro im Monat zur Verfügung. Diese Zahl geht aus einer Statistik des Deutschen Studentenwerkes hervor. Greifswalder Studierende erreichen hingegen nicht diesen Wert und landen mit circa 700 Euro weit unter dem Bundesdurchschnitt. Diese 700 Euro ergeben sich dabei aus der Summe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG): Kindergeld, Studienkrediten, Stipendien, Geld von den Eltern oder Nebenjobs. Damit gehören die Greifswalder Studierenden zu den 18 Prozent bundesweit, die deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Rund 19 Prozent verfügen über 700 bis 800 Euro, 43 Prozent bekommen über 800 Euro. Bachelor und Masterstudierende haben im Bundesdurchschnitt geringfügig weniger Geld zur Verfügung, als Studierende auf Diplom und Magister. Im Ergebnis müssen sich Bachelor- und Masterstudierende auch mehr hinzuverdienen, als Diplom und Magister Anwärter. Der durchschnittlich monatliche Hinzuverdienst liegt bundesweit bei rund 250 Euro. Ungeachtet dessen existieren unter Studierenden Befürchtungen, dass das monatlich zur Verfügung stehende Geld nicht ausreicht. Etwa 16 Prozent der Studierenden schätzen ihre Studienfinanzierung als ungesichert ein. Der Anteil an Studierenden mit der Herkunft aus finanziell schwächer gestellten Familien ist dabei wesentlich höher, als der aus finanziell gesicherten Familien. Daraus resultiert ein wachsender finanzieller und auch psychischer Druck auf die Studierenden, welcher sich auch auf die Studienleistungen auswirkt.

Bevor die Studienfinanzierung in Greifswald geklärt werden kann, muss ein kurzer Überblick über die Studienausgaben erfolgen. Die durchschnittlichen Ausgaben für die Miete betragen in Greifswald rund 255 Euro. Weitere 140 Euro werden für die Ernährung veranschlagt sowie 59 Euro für Medikamente, Arztkosten oder der Krankenversicherung, Telefon, Internet, Rundfunk und Fernsehgebühren machen rund 35 Euro aus, 63 Euro für weitere Bildungs-, Kultur- und Freizeitangebote sowie 43 Euro für Kleidung und 33 Euro für Lernmittel. Fahrtkosten schlagen mit rund 75 Euro zu buche. Daraus ergibt sich ein monatlicher Aufwand von circa 700 Euro. Diese Zahlen stammen aus der 19. Sozialerhebung der Deutschen Studentenwerke für die neuen Bundesländer. Greifswald gehört somit zu den 18 Prozent, welche bundesweit ein monatliches Plus von 0 bis 50 Euro besitzen.

Studienfinanzierung in Greifswald

Sicherheit durch Verschuldung.

Im Jahr 2009 stellten 3595 Studierende einen BAföG-Antrag, davon wurden 2846 bewilligt. 1131 bekommen den Höchstsatz, welcher derzeit noch 584 Euro, ohne den Zuschlag für Kranken- und Pflegeversicherung, beträgt. Die Förderquote (Relation: Empfänger zur Gesamtstudierendenzahl) liegt bei lediglich 23,3 Prozent. Dieser Wert liegt sogar unter dem Bundesdurchschnitt von 29 Prozent. In der Hansestadt liegt der durchschnittliche Förderbetrag bei 389 Euro im Monat, welcher damit weit unter dem Wert der vollen Förderung angesiedelt ist. Der Anteil von Studierenden mit Vollförderung in Greifswald liegt bei fast 40 Prozent. Deutschlandweit bekommen über die Hälfte der Studierenden die volle Summe. Knapp die Hälfte der Greifswalder Studierenden gehen neben dem Studium arbeiten. Damit liegt die Quote unter dem Bundesdurchschnitt von 65 Prozent. Bundesweit erhalten 87 Prozent der Studierenden Unterstützung durch ihre Eltern unterstützt.

Studienkredit oder Darlehen

Neben dem BAföG, der Unterstützung der Eltern und dem Nebenjob gibt es eine weitere Einnahmequelle, welche einen immer höheren Stellenwert einnimmt. Diese Einnahme nennt sich Studien- oder Bildungskredit. Derzeit beziehen rund 5 Prozent der Studierenden einen Studien- oder Bildungskredit. Laut Studentenwerk ist diese Zahl steigend. Die Mehrheit besitzt einen Studienkredit der KfW-Bankengruppe. Des Weiteren stieg die Zahl an Darlehen durch das Studentenwerk. 2009 bekamen 162 Studierende ein kurzfristiges Darlehen in Notsituation und 52 ein Überbrückungsdarlehen. Die Gesamtausgaben beliefen sich dabei auf 83.554 Euro. 2010 stiegen die Gesamtausgaben um 5,1 Prozent auf 87.788 Euro und die Anzahl der Bedürftigen um 9,6 Prozent auf 240 Darlehensnehmer.

Insgesamt ist zu betrachten, dass die Mehrheit der Greifswalder Studierenden ihre Studienfinanzierung gesichert hat. Doch diese Sicherung entsteht bei rund 26 Prozemt durch Verschuldung. Die Mehrheit muss mindestens 10.000 Euro, aufgrund der Studienförderung durch BAföG, zurück zahlen. Ein kleiner Teil der BAföG-Empfänger bezieht zudem einen Studienkredit aus der Privatwirtschaft, welcher verzinst ist. Es ist nicht selten, dass Greifswalder Studierende nach erfolgreichen oder erfolglosen Studium Verbindlichkeiten in Höhe von 15.000 Euro oder mehr haben. Teilweise gehen sogar Studierende mit Verbindlichkeiten von über 30.000 Euro aus dem Studium. Nicht mit einberechnet sind dabei die Tilgung von Zinsen während der Kreditauszahlung, welche den Verschuldungsgrad deutlich erhöhen. Bundesweit stieg die Zahl der Studierenden, die nach dem Studium stark verschuldet sind, schneller als in Greifswald. Doch auch hier ist laut Studentenwerk eine ähnliche Tendenz zu vermelden.

Bemerkung des Autors: Die kürzlich entschiedenen Veränderungen zum BAföG wurden noch nicht beachtet.

Fotos: Torsten Heil (DSW-Broschüren), (Juso-Geld/Archiv)

Um den Verschuldungsgrad eines Studierenden zu vergegenwärtigen, führte der Autor ein Kurz-Interview mit einem KfW-Studienkredit-Inhaber. Die Person möchte anonym bleiben.

webMoritz Wieso sind Sie auf ein Studienkredit der KfW-Bankengruppe angewiesen?

Kreditnehmer „Ich bin auf den Studienkredit der KfW angewiesen, da meine Eltern ‚zu viel’ verdienen als das ich mein Studium über BAföG finanzieren könnte, aber nicht genug verdienen, als dass sie mich ausreichend unterstützen könnten. Des Weiteren möchte ich möglichst wenig nebenbei arbeiten müssen, um mich so noch besser auf das Studium konzentrieren zu können.“

webMoritz Wie kamen Sie auf dieses Angebot?

Kreditnehmer „Ich bin auf das Angebot selber aufmerksam geworden, als ich mich vor dem Studium Gedanken gemacht habe, wie ich dies am besten finanzieren könnte.“

webMoritz Was mussten Sie machen, um den Kredit zu bekommen?

Kreditnehmer „Die Antragstellung ist sehr unkompliziert über das Internet möglich. Der Antrag wird dann über einen Vertriebspartner der KfW (im Wesentlichen alle großen deutschen Geschäftsbanken) an die KfW weitergeleitet. Es müssen keinerlei Sicherheiten für die KfW beigebracht werden.“

webMoritz Wie hoch ist die monatliche Auszahlung?

Kreditnehmer „Die monatliche Auszahlung beträgt 650,00 EUR minus der bereits aufgelaufenen Zinsen.“

webMoritz Wie hoch ist die voraussichtliche Verschuldung am Ende der Studienzeit?

Kreditnehmer „Bei einer Studiendauer von 10 Semestern (so beim KfW-Antrag angegeben) würde die Verschuldungssumme am Studienende 39.000,00 EUR betragen. Dies wäre die effektive Summe, da die aufgelaufenen Zinsen bereits während der Auszahlungsphase bezahlt worden sind. Allerdings ist die Gesamtrückzahlungssumme wesentlich höher, abhängig von der Länge der Rückzahlungsphase und der Marktzinsentwicklung.“

webMoritz Vielen Dank für das Gespräch.