von Gabriel Kords | 09.11.2009
Zum 20. Jahrestag des Mauerfalls passiert speziell in Greifswald zwar wenig Bemerkenswertes, doch der webMoritz hat aus Anlass des großen Jahrestags ein besonderes Dokument ausgegraben. Das Schreiben dürfte mutmaßlich bereits zu seiner Entstehung für Heiterkeit gesorgt haben – heute ist es aber unfreiwillig noch komischer als zu seiner Entstehungszeit. Wobei es in seinem Inhalt durchaus noch von gewisser Aktualität ist…
Sodann:
von Eric Wallis | 04.10.2009
Aus Kopenhagen sandte uns der altbekannte webMoritz-Satiriker Eric Wallis die folgende Glosse. Und bevor sich jemand beschwert: Kommentare und Glossen unserer Autoren spiegeln nicht automatisch die Meinung der gesamten Redaktion wieder.
Dass Angela Merkel eine Niederlage wie einen Sieg feiert, zeigt schon jetzt, wie es in nächster Zeit zugehen wird. Idiotisch. Und dass die FDP vierzehn Prozent geholt hat, ist doch ganz klar auf die Bildungskuerzungen der letzten Jahre zurueckzuführen. Wie sonst können so viele Menschen mit einem gelben Warenkorb voller Atommüll, Inkompetenz und inhaltlicher Leere liebäugeln? Die geistigen Ressourcen in Deutschland sind weggebrochen und nun koaliert geistige Leere mit inhaltlicher.
"Dreamteam" oder "Duo Infernale"?
Na, immerhin ist gelb besser als braun. Wie kann der Glaube an ein funktionierendes Finanzsystem nur so fest verbunden sein mit jener Partei, die ausser Genscher nichts zu bieten hat als Ringelpietz mit und ohne Anfassen? Oder greifen hier Farbsymboliken? „Gelb ist der Kreig unser Feind dieser Welt“ sang Drafi Deutscher einmal. Gelb ist auch der Neid. Und Gelb ist auch das Gold in unserer Fahne. Wählt man einfach nur Gelb, weil in Anbetracht der Krise die Zeichen noch etwas mehr auf Neid und Krieg gestellt werden? Will man, bevor man fähig ist, einen Schritt vorwärts zu machen, nochmal versuchen, das alte System zu extremisieren und mit Vollgas gegen den Berg rauschen, um zu sehen, ob nicht vielleicht der Berg der Schwächere ist? Was will man?
Ich weiss es nicht, aber ich hätte gedacht, man will einen Wechsel. Irgendwie ist dieser dann ja doch gelungen. Nur sitzt die Regierung, die einen Wechsel bedeutet hätte, in der Opposition. Rot-Rot-Grün. Soziale Gerechtigkeit – keine Waffenlieferungen und Kriegsbeteiligungen und erneuerbare Energien. Statt dessen Schwarz-Gelb! Und das nicht, weil der Wähler es so gewollt hätte, sondern weil sich die SPD zielstrebig koalitionsunfähig gemacht hat, vor allem fuer die Linken.
Und natuerlich sieht der alte Münte das alles ganz gelassen. So ist es halt, das hat es immer schon gegeben. Jepp! Wer wuerde das nicht sagen und sich den nächsten Cigarillo anzünden, in die Limousine steigen und ab dafür ins Gartenhaus? Ist doch eh egal! Ein paar nette Hauptsätze noch und schon ist die Welt wieder in Ordnung. Nich wahr?
Eins ist sicher: Vorwärts wird es nicht gehen in Deutschland. Gerechter wird es nicht zugehen, und damit wird Deutschland – und das bleibt ein Trost – leider auch nicht reicher werden, und das trotz Schwarz-Gelb. Oder vielleicht doch, vielleicht wird alles viel besser und gerechter, weil es gar nicht anders geht. Vielleicht wird eh alles ganz anders und Westerwelle wird hetero und heiratet Merkel nach ihrer bedauerlichen, aber fuer die Klatschpresse profitablen Scheidung von Joachim Sauer, den davor keiner kannte, und Merkel gebärt wunderbare Kinder und die regieren Deutschland dann wie Könige, gerechte Könige oder Königinnen – je nachdem.
Vielleicht raucht Muente aber auch so viele Cigarillos und der alte Schmidt so viele Zigaretten, dass man aufgrund der enormen Mehreinnahmen fuer die Tabaksteuer die Steuerlast aller uebrigen Menschen senken kann und dann werden die bluehenden Landschaften auftauchen, die es bisher nur im Osten gibt und Friede wird sein, der Papst wird nach Deutschland zurückkehren und wir alle miteinander werden Freude darueber empfinden.
Naja, dann wohl doch lieber nur Schwarz-Gelb…
Fotos: user „manos.radisoglou“ (Westerwelle) und „zeno_pensky“ (Merkel) via jugendfotos.de
von Carsten Schönebeck | 23.08.2009
Nicht nur die Wirtschaftskrise hält Deutschland und die Welt in Atem. In einem deutlich schmierigeren Würgegriff – und das seit Jahren – hält den gemeinen Bundesbürger ein Konstrukt mit dem teuflischen Namen „Service-Hotline“. Kaum besser als mit dem Titel von Hitchcocks Kultfilm aus den fünfziger Jahren lassen sich die Gefühle des verwirrten und schnell auch verirrten Kunden umschreiben.
Ein ruhiger Dienstagnachmittag in der Greifswalder Innenstadt. Die Sonne scheint durchs Fenster, die Vögel zwitschern die Grillen zirpen, die ganze Stadt liegt geschäftig aber doch friedlich drei Stockwerke tiefer. Das ist die Gelegenheit denke ich. Seit einigen Tagen bereits quälten mich Probleme mit dem Produkt eines größeren deutschen Unternehmens. Nach langem Suchen auf dessen Homepage greife ich mir die vielversprechendste Nummer. Ich zähle langsam bis zehn, greife zum Telefonhörer und wähle …
Ich rechne derweil schon mit dem Schlimmsten – und so soll es auch kommen. Der Evergreen deutschsprachiger Hotlines dudelt mir entgegen: Mozarts kleine Nachtmusik. Nach etwa drei Minuten raunzt mir eine unfreundliche Stimme eine ebensolche Begrüßung entgegen. Ich schlucke kurz und schildere in einem etwa zweiminütigen Monolog mein Problem. „Da verbinde ich sie wohl mal mit dem Service“ – Ich bin beruhigt. Der unfreundliche Mann war (trotz Bezeichnung der Telefonnummer) gar kein Servicemitarbeiter. Und ich hatte mich schon über den patzigen Ton gewundert.
Zwei Minuten Mozart später habe ich tatsächlich einen freundlicheren Mann am Telefon. Der erklärt mir dass ich jetzt in der Servicezentrale in München gelandet sei. Das hört man, denke ich und freue mich über die Vielfalt an Dialekten in unserem Land. Leicht irritiert durch die andauernden Kau- und Schmatzgeräusche am anderen Ende der Leitung bringe ich meinen Monolog erneut zum Vortrag. Dann sagt der freundliche Mann (offenbar mit vollem Mund), er würde mich mit einem Kollegen in Stuttgart verbinden, der sich besser auskenne. Ich bin beruhigt, dass meine Frage offenbar nicht so doof ist, dass sie einfach jeder dahergelaufene Service-Mitarbeiter beantworten könnte. Ehrlich gesagt ist es mir auch etwas peinlich, den freundlichen Herrn anscheinend in seiner Mittagspause gestört zu haben.
In der Warteschleife denke ich an Falco und Rock Me Amadeus, dann an Milos Formans Film, dann an die Kinderschallplatte über Mozart, die ich früher so oft gehört habe.
Kurz darauf spreche ich mit dem schwäbelnden Experten und verfalle in Freude über diesen Dialekt erneut in meinen Monolog, wobei ich mir Mühe gebe nicht aus Sympathie mitzuschwäbeln. Der Mann stellt zwei kurze Nachfragen. Die zweite lautet: „Woher rufen sie an?“. Ich bin etwas irritiert und antworte wahrheitsgemäß. „Wo ist das denn?“ lautet die überraschte Gegenfrage. Ich fasele noch irritierter etwas von Ostsee, Vorpommern und Stralsund. „Ja da sind sie bei mir falsch. Wissen sie, dass ist hier alles nach Bundesländern sortiert. Ich stell sie mal zu ihrer Regionalvertretung nach Berlin durch.“ Schön, dass wir mal drüber gesprochen haben, denke ich und bedanke mich artig.
Ich versuche, mich über die Warteschleife hinwegzutrösten, indem ich zähle, wie oft die zweisprachige Aufforderung, nicht aufzulegen, durchläuft. Nach dem vierzehnten Mal höre ich auf, sinniere stattdessen darüber, ob diese Tätigkeit passend zur Nachtmusik dem Schäfchenzählen gleich kommt und entscheide mich dazu, im Anschluss an das Telefonat einen Mittagschlaf einzulegen.
In der Bundeshauptsadt wird der Ton wieder rauher und schwäbeln tut man hier auch nicht. Auf den Monolog folgt diesmal der Satz: „Für dieses Produkt haben wir eine gesonderte Hotline, ich stelle sie mal durch.“ Es bleibt keine Zeit für eine Verabschiedung und ich frage mich schon, wohin mich meine Deutschlandreise diesmal verschlägt.
Meine Sympathie zu Mozart erreicht derweil einen neuen Tiefpunkt.
Der Dialekt verrät mir diesmal, dass ich wohl im Rheinland gelandet sein muss. Jedenfalls glaube ich ganz fest daran. Nach gut zwanzig Minuten, vier erfolglosen Schilderungen des Problems und der fünften Weiterleitung will ich mir erst einmal den Atem sparen. Ich erkläre der Dame am anderen Ende der Leitung, lediglich dass ich aus Greifswald anriefe und um welches Produkt es geht.
Ob ich bei ihr jetzt richtig sei? Im Prinzip ja, ich sei nun mit dem Servicebereich für das besagte Produkt verbunden… Während meines kurzen Aufatmens bemerke ich, dass die Einleitung „Im Prinzip…“ nicht Gutes verheißt. Und tatsächlich, sie fährt fort mit „…faktisch werde ich Ihnen aber nicht weiterhelfen können“. Das Thema sei sehr komplex, sagt sie. Dafür sei sie nicht ausreichend geschult, sagt sie. Dass ich mich an eine Mailadresse wenden solle, sagt sie….
Ich merke, wie Wut in mir aufsteigt. Ein Gefühl, das man nicht gerne hat, das einem als zivilisierten Bürger ein schlechtes Gewissen bereitet und das ich irgendwo neben Existenzängsten und den vielen Jugendsünden wieder tief in meinem Unterbewusstsein vergrabe. Während ich das tue, merke ich, wie es irgendwo in mir „klick“ macht. Vielleicht war es auch ein „Tut“. Jedenfalls höre ich dann, wie ich in meinen eigenen hessischen Dialekt verfalle, der Dame erkläre, ich könne erstmal die Adresse aufnehmen, dann müsse man weitersehen. Ich erkläre ihr, dass ich allerdings für Adressaufnahmen nicht der richtige Ansprechpartner sei, dass ich sie verbinden würde. Ich summe Mozart und melde mich erneut. Diesmal in einem deutlich gekünstelten Hanseatisch. Etwas verwirrt nennt sie mir die Adresse. Leider bin ich selber jedoch nur für Adressen mit „.com“-Endung zuständig. Für Adressen mit der Endung „.de“ müsse ich sie nach Zürich verbinden, ich habe bereits angesetzt Schwitzerdütsch zu reden, da höre ich wie es in der Leitung knackt. Ich bin irritiert: Ein bisschen Geduld sollte man schon mitbringen…
Bilder:
gelbe Hörer – „Roman Cieslik“ / www.jugendfotos.de
orangenes Telefon – „Jan-Henrik Wiebe“ / www.jugendfotos.de
von Carsten Schönebeck | 12.08.2009
In sechs Wochen ist Bundestagswahl und langsam rollt der Wahlkampf an. Als Parteimitglied steht für Carsten Schönebeck zwar fest, wo er das Kreuz auf dem Wahlzettel zu machen hat, aber trotzdem kann es nicht schaden, wenn man etwas über die Bundestagskandidatin der eigenen Partei weiß. Doch das herauszufinden ist gar nicht so einfach. Gedanken eines Genossen zum Wahlkampfauftakt:
Steuersenkungen, höhere Sozialleistungen, vier Millionen Arbeitsplätze – von einem Wettbewerb der Ideen wird gerne gesprochen, wenn man den Wahlkampf meint. Dass das Internet spätestens seit Obama und Schäfer-Gümbel immer mehr zum Wahlkampfmedium wird, erleichtert es dem Wähler nicht unbedingt, mit der Informationsflut umzugehen.
SPD-Kandidatin Katharina Feike
Welch ein Segen, dachte ich mir, sind doch Parteimitgliedschaften. Nicht nur, weil ich seitdem in meinem Spam-Ordner zwischen Penis-Verlängerungs- und Viagra-Angeboten auch persönliche Mails von Frank Walter Steinmeier und Co finde. Auch die Wahlentscheidung ist mir seitdem abgenommen – schließlich habe ich mich ja bereits entschieden. Dennoch erkundige ich mich natürlich, rein höflichkeitshalber, nach dem eigenen Direktkandidaten.
Vor einigen Tagen packte mich dann aber doch die Neugier. Neben dem Namen der Kandidatin wollte ich mehr Informationen zu Person und politischen Zielen. Schnell erlebte ich ein Trauerspiel und begreife als Verweigerer geschmackloser Kinokomödien zum ersten Mal, was Fremdschämen bedeutet.
Als ich also die Direktkandidatin für meinen Wahlkreis, Katharina Feike, vor einigen Tagen googelte, blitzten zunächst die üblichen Personen- und Abgeordneten-Suchseiten auf, irgendwo dazwischen ein Link zur rechtsextremen Seite altermedia und dann tatsächlich auch noch ihre persönliche Webseite. Die läuft unter dem Titel “Feike – Die tut was!“. Doch vor lauter sozialdemokratischer Vollbeschäftigung tut Frau Feike für ihren Internetwahlkampf erstaunlich wenig. Ein twitter-Account mit ganzen sieben Abonnenten und vier nichtssagend-organisatorischen Einträgen in eben so vielen Wochen. Dazu kommt ein Formular zur Bestellung eines Newsletters, das mich mit der Eleganz eines humpelnden Lamas anspringt. (mehr …)
von Carsten Schönebeck | 14.07.2009
Auch der Greifswalder Tapir, Freund des gepflegten Sarkasmus, hat von den Schwierigkeiten im AStA Wind bekommen. Wir danken Kai-Uwe Makowski für die Genehmigung den „Sonder-Tapir“ hier veröffentlichen zu dürfen.
Bis Mittwoch, den 15. Juli um 16 Uhr könnt ihr euch übrigens noch auf die unbesetzten Referate bewerben. Das StuPa wählt die neuen Referenten dann in seiner außerordentlichen Sitzung um 20 Uhr im Hörsaal in der Löfflerstraße 70.
von Gabriel Kords | 08.05.2009
Ein aufmerksamer Leser schickte uns bereits am Dienstag ein spannendes Foto, das er an der Straßenüberführung der Stralsunder Straße über den Ryck gemacht hat. Dort hat jemand ein Protestplakat aufgehängt.
Das Protestplakat (Klicken zum Vergrößern)
Der Protest richtet sich offensichtlich gegen die geplante Sanierung der Bahnbrücke über den Ryck. Die Brücke ist Teil des Eisenbahnanschlusses des Hafens Ladebow an die Hauptstrecke. Die Strecke liegt bereits seit mehreren Jahren still, soll aber noch in diesem Jahr wieder flott gemacht werden.
Der Neubau der Brücke soll aus Mitteln des Konjunkturpakets I finanziert werden. Ob das Ansinnsen gelingt, ist derzeit noch nicht klar.
Wer der Urheber des Plakats ist und ob es noch immer an der entsprechenden Stelle hängt, ist uns derzeit nicht bekannt. Leser, die mehr wissen als wir, sind aber herzlich eingeladen, uns in den Kommentaren aufzuklären.
Foto: Leser-Einsendung