Kürzungen in Forschung und Lehre, keine Unterstützung wegen der erhöhten Energiekosten und Studierende, die mit gestiegenen Lebenshaltungskosten klar kommen müssen. Der AStA ruft abermals auf, für die Zukunft der Universität und der Studierenden zu demonstrieren. Nach der ersten Bildungsdemo in Rostock Ende Oktober und der Kundgebung in Greifswald Anfang November findet nun am Dienstag eine weitere Demonstration für Bildung statt. Diesmal auf Fahrrädern. Sei auch Du dabei!
Es ist noch nicht vorbei. Die Uni ist noch immer in Not. Und auch die Studierenden ringen weiterhin mit den erhöhten Kosten. Doch die Hilfe der Bundes- und Landesregierung ist nach wie vor viel zu gering. Der Uni drohen 14 Millionen Euro zu fehlen, die diese jedoch braucht, um unter anderem Mitarbeitende, Sanierungen und Forschung zu finanzieren. Das Wegfallen dieses Geldes würde immense Folgen für die Qualität und Quantität der Lehre und Forschung haben und könnte ebenso der Region schaden. Auch das Studierendenwerk leidet unter der Inflation. Der Studierendenbeitrag, die Essenspreise in den Mensen und die Mieten in den Wohnheimen mussten bereits angehoben werden, aber auch das reicht nicht. Nun drohen unter anderem Standortschließungen.
Daher findet am Dienstag, den 22.11., eine Fahrraddemo statt. Diese startet um 13 Uhr auf dem Berthold-Beitz-Platz und endet pünktlich vor der Vollversammlung, welche um 14:15 Uhr im Hörsaal 3/4 am Ernst-Lohmeyer-Platz beginnt. Alle Studierenden sind herzlich dazu eingeladen, im Anschluss gemeinsam zu der Vollversammlung zu fahren.
Das wird gefordert:
Kompensation der Kosten aus der Krise für Studierendenwerke
Das Absehen von Kürzungen in Forschung und Lehre durch das Wissenschaftsministerium
Das Tragen der zusätzlichen Kosten der Krise an Hochschulen durch das Land
Bereitstellung von Mitteln durch die Landesregierung, um Hochschulgebäude energetisch zu modernisieren
Reformation des BAföG, damit Bildung nicht länger vom Geldbeutel der Eltern abhängt
Das Erarbeiten von Wegen durch die Bundes- und Landesregierung, um die prekäre Beschäftigung von Wissenschaftler*innen und Studierenden an Hochschulen beenden
Die Anerkennung des Wertes der Hochschulen, sowie deren Mitarbeitenden und Studierenden für die Zukunft des Bundeslandes durch das Wissenschaftsministerium
Das Wichtigste auf einen Blick: Was? Fahrraddemo für Bildung Wann? Dienstag, den 22.11.2022, um 13 Uhr Wo? Start am Berthold-Beitz-Platz (Open Street Maps)
Der erste Migrantenbeirat wurde am 6. November in Greifswald gewählt. Wie hoch die Wahlbeteiligung war, warum der Beirat so wichtig für unsere Stadt ist und wer die Gewählten sind, erfährst du in diesem Artikel.
In Greifswald gibt es bereits den Seniorenbeirat, den Frauenbeirat sowie den Kinder- und Jugendbeirat. Nun kommt ein neuer dazu: der Migrantenbeirat. Am Sonntag, den 6. November, wurden nämlich 13 Kandidat*innen für den ersten Migrantenbeirat in Greifswald gewählt. Ihre Amtszeit wird mit der konstituierenden Sitzung am 10. Januar 2023 fünf Jahre betragen. Zuvor stellten sich 25 Kandidierende zur Wahl, die Wahlbeteiligung lag bei 16,08 %. Das hört sich zwar nicht nach sehr viel an, aber die Wahlbeteiligung sei wohl höher als der bundesweite Durchschnitt gewesen.
Falls du dich fragst, warum du nichts von der Wahl gehört hast und/oder keine Wahlunterlagen erhalten hast, lag das daran, dass es nur 3.924 Wahlberechtigte in Greifswald gab. Wahlberechtigt waren alle ausländischen Einwohner*innen, Eingebürgerte, deutsche Staatsangehörige mit mindestens einer weiteren Staatsangehörigkeit oder Spätaussiedler*innen und deren Familienangehörige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens drei Monaten ihren Hauptwohnsitz in Greifswald haben.
Mitglieder des Migrantenbeirats
Mohammad Noor Daghsh
Mohamad Alkhaleef
Dr. Mohamad Alkilzy
Homaira Adeel
Kyial Schlieben
Esraa Sweed
Oleh Mahulka
Issa Almustafa
Shady Al-Khouri
Dr. Dina Raafat Gouda Fouad
Bassam Shanwan
Kateryna Zozulia
Mariana Yaremchyshyna
Wozu braucht Greifswald überhaupt einen Migrantenbeirat?
Die Ziele des Migrantenbeirates sind laut der Pressestelle der Stadt:
die Integration der zugewanderten Personen in unsere Gesellschaft zu verbessern,
allen Menschen mit Flucht- oder Migrationsbiografie eine Beteiligung am kommunalpolitischen Geschehen zu ermöglichen, sie über bestehende Formen der Bürgerbeteiligung zu informieren und die politische Beteiligung zu fördern,
die Beziehungen der in der Stadt bereits lebenden unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu fördern,
die vorhandenen Einrichtungen, Angebote und Dienste bedarfsgerecht an den Bedürfnissen und Interessen einer sich stets neu zusammensetzenden Wohnbevölkerung auszurichten,
die Bürgerschaft, ihre Ausschüsse und die Stadtverwaltung durch Anregungen, Empfehlungen und Stellungnahmen zu beraten und
sich für die Verständigung sowie das friedliche und diskriminierungsfreie Zusammenleben aller Bevölkerungsgruppen der Stadt einzusetzen.
Das folgende Zitat von unserem Oberbürgermeister Stefan Fassbinder fasst es zum Schluss noch einmal schön zusammen:
„Mit Hilfe des Migrantenbeirates können wir die ausländischen Bürgerinnen und Bürger Greifswalds nun besser am politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt beteiligen. Indem der Beirat wichtige Themen des Zusammenlebens auf die Tagesordnung hebt und Wünsche und Anregungen der Migrant*innen an die Stadt und die Politik heranträgt, haben diese gleichzeitig die Möglichkeit, die Stadt, in der sie leben, mitzugestalten. Auf diese Weise werden das Zugehörigkeitsgefühl und der demokratische Zusammenhalt gestärkt. Als internationale und weltoffene Stadt möchte Greifswald zudem von der Sicht und den Ideen aller ihrer Bewohner*innen profitieren.“
Nach der recht wenig besuchten Bildungsdemo in Rostock, fand letzten Donnerstag auch eine Kundgebung in Greifswald statt. Studierende und Mitarbeitende der Universität wurden durch den AStA Greifswald innerhalb kurzer Zeit mobilisiert, um gegen Kürzungen und die fehlende finanzielle Unterstützung, aufgrund der gestiegenen Energiekosten, durch das Wissenschaftsministerium MV zu protestieren. Es folgt eine Zusammenfassung der Kundgebung und der Redebeiträge. Es sprachen Lukas Voigt (Vorsitzender des AStA), Prof. Dr. Katharina Riedel (Rektorin der Uni Greifswald), Rieke Trimcev (wissenschaftliche Mitarbeiterin), Prof. Dr. Uwe Bornscheuer (Vorsitzender des Senats der Uni Greifswald), Em (Vorsitz der Fachschaftskonferenz), die Leiterin des Studierendenwerks, Dennis (Jurastudent) sowie Jeannette von Busse (stellvertretende Oberbürgermeisterin und Baudezernentin der Stadt Greifswald).
Die wichtigsten Punkte auf einen Blick
Der Uni drohen Mehrkosten und Kürzungen in Höhe von insgesamt 14 Millionen Euro
500 Demonstrierende hatten sich daher am letzte Donnerstag auf dem Rubenowplatz eingefunden um dagegen zu protestieren
Es gab zwar Mehreinnahmen an Steuern, die unter anderem zur Unterstützung von Hochschulen verwendet werden könnten, jedoch gab es dazu bisher keine konkreten Pläne von der Landesregierung
Vor allem der wissenschaftliche Mittelbau, also all jene Mitarbeitenden ohne Professur, werden zuerst von personellen Kürzungen betroffen sein
Auch die Lehre wird massiv von den Kürzungen beeinflusst werden, wobei vor allem die Qualität leiden wird
Die Universität ist als größter Arbeitgeber und Ausbilder wichtig für die Region und sollte daher gestärkt und nicht geschwächt werden
Studierende haben auch mit den erhöhten Kosten zu kämpfen und müssen unterstützt werden
Das Studierendenwerk muss ebenfalls besser von der Regierung unterstützt werden, denn es drohen Kürzungen im Angebot, in den Öffnungszeiten und Schließungen
Die Stadt Greifswald möchte die Universität unterstützen
Das Land plant, Rücklagen der Hochschulen zu kürzen, wodurch die Uni Greifswald etwa 6 Millionen Euro abgeben müsste. Zudem kommen auf die Uni etwa 8 Millionen Euro Mehrkosten durch Inflation und gestiegene Energiekosten hinzu. Diese 14 Millionen Euro, die der Uni zu fehlen drohen, entsprächen wiederum dem Jahresgehalt von 250 Mitarbeitenden der Universität, deren Stellen nun in Gefahr sind. Daher wird an die Landesregierung appelliert, die Pläne für die Kürzungen zurückzuziehen und die Universität sowie das Studierendenwerk finanziell wegen der Mehrkosten zu unterstützen.
An die 500 Demonstrierende hatten sich daher am Donnerstag, den 03.11.2022, auf dem Rubenowplatz vor dem Universitätshauptgebäude zu der Kundgebung versammelt. Eröffnet wurde die Demonstration von Lukas Voigt, dem Vorsitzenden des AStA. Er betonte, dass eine ausreichende Finanzierung der Hochschulen auch für die Zukunft des Landes von essentieller Bedeutung ist und fordert, dass die Entlastung für Studierende schon im Winter und nicht erst im Sommer kommen soll.
„Wir sind in Not, es ist wirklich wahr.“
Prof. Dr. Katharina Riedel, Rektorin der Universität Greifswald
Danach kam die Rektorin der Uni Greifswald, Frau Prof. Dr. Katharina Riedel, zu Wort. Sie betonte unter anderem, dass die finanzielle Unterstützung nötig ist, weil die Uni als größter und verlässlichster Arbeitgeber in der Region von Bedeutung ist und weil die Wissenschafler*innen nach nachhaltigen Lösungen für die Zukunft forschen. Zudem kritisierte sie, dass die Landesregierung mit Mehreinnahmen an Steuern zwar öffentliche Einrichtungen unterstützen möchte, aber bisher die Hochschulen in ihren Plänen nicht berücksichtigt wurden, obwohl es ebenfalls öffentliche Einrichtungen sind. Zudem erklärte Riedel, dass die Uni dringend auf die Rücklagen angewiesen ist, die sie womöglich abgeben muss. Diese werden dann unter anderem für die Sanierung von Altbauten, zum Beispiel des Internationalen Begegnungszentrums, und für den Bereich Forschung fehlen. Durch das fehlende Geld wird die Lehre massiv beeinflusst werden, Wissenschaftler*innen können keine Verlängerungen für ihre Verträge bekommen und die Attraktivität der Uni könnte nachlassen, wodurch auch die wirtschaftliche Lage der Uni Schaden nehmen würde. Riedel kritisierte zudem, dass noch nichts Konkretes von der Landesregierung bezüglich finanzieller Unterstützung kam, aber die Uni dringend Planungssicherheit braucht. Mit den Worten „Es wäre fatal, in diesem Bereich zu sparen“, schloss sie ihre Rede.
Anschließend hielt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Rieke Trimcev eine Rede. Sie betonte, dass vor allem der wissenschaftliche Mittelbau von den personellen Kürzungen betroffen sein wird, also all jene Mitarbeitenden, die keine Professur besitzen. Denn dort haben viele aneinandergereihte Arbeitsverträge, die auslaufen und erneuert werden müssen. Diejenigen, deren Verträge nächstes Jahr auslaufen, werden dabei zuerst betroffen sein. Oft handelt es sich hier um Mitarbeitende kurz vor der Promotion, die die Verlängerung brauchen, um ihre Promotion abzuschließen. Das könnte dazu führen, dass die Betroffenen wegziehen und ihre Promotion in einem anderen Bundesland beenden oder gänzlich abbrechen müssen. Ein Verlust, den sich das Land, laut Trimcev, nicht leisten kann, zumal es auch ein großer Verlust an Mitteln wäre. Zudem betonte sie, dass die Sparmaßnahmen unglaublich ungerecht sind, weil sie Bildungschancen reduzieren und bestehende Ungerechtigkeiten verschärfen. Außerdem werden sich die Kürzungen auch „eklatant“ auf die Lehre auswirken, weil durch den Druck der Fokus auf den Output verschoben wird und die Lehre und gute Betreuung somit in den Hintergrund rücken. Mehr Arbeit wird auf weniger Schultern lasten. Trimcev befürchtet, dass die Dynamiken im Mittelbau durch die Unsicherheit schon heute leiden könnten und nicht erst, wenn es konkreter wird und die ersten Mitarbeitenden entlassen werden müssen.
Auch der Vorsitzende des Senats der Uni Greifswald, Herr Prof. Dr. Uwe Bornscheuer, hielt eine Rede. Er erzählte, dass der Senat bereits Ende September einen Appell an die Landesregierung geschickt hatte, in dem die Forderungen formuliert sind. Auch andere Hochschulen haben das aufgegriffen und sich beteiligt. Weiterhin kritisierte Bornscheuer, dass die Uni schon seit Jahrzehnten unterfinanziert sei und gerade in den Naturwissenschaften Mittel für die Reparatur und Neubeschaffung von alten Geräten benötigt werden, weil es ansonsten schwieriger ist, attraktive Publikationen zu veröffentlichen. Außerdem erinnert er, dass 2006 schon einmal 160 Stellen gestrichen wurden, wodurch ganze Studiengänge geschlossen werden mussten. Dies betraf einige Lehramtsstudiengänge, woraufhin ein Lehrer*innenmangel folgte. Daraufhin brauchte es wiederum sechs bis acht Jahre, bis neue Lehrkräfte ausgebildet waren. Das droht wieder zu passieren. Auch Bornscheuer sorgt sich, dass Masterabsolvent*innen das Bundesland verlassen könnten, weil sie hier keine Doktorand*innenstellen kriegen könnten. Bezüglich der gestiegenen Energiekosten hält Bornscheuer Online-Uni ebenfalls für die falsche Lösung, denn das hat negativen Einfluss auf die Lehrqualität und das Sozialleben. Ab hier wurde die Rede leider immer leiser und das Getuschel lauter, sodass ich nur wenig verstehen konnte.
„Wir können ja noch den Bunsenbrenner anmachen in der Biochemie – solange wir den da noch haben.“
Prof. Dr. Uwe Bornscheuer, Vorsitzender des Senats der Universität Greifswald
Als Vorsitz der Fachschaftskonferenz und als Studierendenvertretung trug als nächstes Em eine Rede vor. Em betonte, dass die Kürzungen alle betreffen und auch die Existenz der Studierenden gefährden. Ebenso betonte Em den Nutzen, den das Bundesland von der Uni zieht, denn die Uni bringt Bildung, Forschung und auch Fachkräfte in die sonst eher strukturschwache Region. Die Studierenden sind die glänzende Gegenwart und Zukunft des Bundeslandes. Das sollte die Landesregierung ebenfalls interessieren, denn die Uni bringt Geld in das Bundesland. Aber die erhöhten Lebenserhaltungskosten erschweren das Studieren zunehmend. Em erzählte von einer Kommilitonin, die sich die Mieterhöhung im Studierendenwohnheim nicht leisten kann und daher zu ihrer Familie nach Rostock zurückziehen muss, weil das Pendeln günstiger ist. In der Ersti-Woche hatte Em zudem oft gehört, dass Erstis ins Umland oder nach Stralsund gezogen sind, weil es dort günstiger ist. Em befürchtet, dass in Zukunft weniger Studierende nach Greifswald kommen könnten oder hier bleiben, gerade wenn Lehrveranstaltungen durch die Kürzungen wegfallen sollten. Gleichzeitig könnten die Stärken dieser Stadt schwinden, wie zum Beispiel das familiäre Umfeld. Em betonte, dass an der Uni nicht gespart werden darf, sondern viel mehr finanziert werden muss. Auch auf die bevorstehenden Kürzungen der Wohnsitzprämie ging Em ein, von denen zum Beispiel Exkursionen und Arbeitsmittel bezahlt werden und ohne die Lehre nicht möglich ist. Em findet es traurig, dass diese Mittel überhaupt nötig sind und findet es daher auch umso schlimmer, dass diese gekürzt und irgendwann gestrichen werden sollen. Auch die Lehr- und Forschungsstation auf Hiddensee sei dadurch in Gefahr, meinte Em. Zum Schluss betonte Em nochmals, dass die Studierenden die Zukunft des Bundeslandes sind und daher der Respekt vor ihrer Existenz und die Rücknahme der Kürzungen nötig sind.
„Liebes Ministerium, nehmt uns diese Dinge, die wir durch die Universität haben, nicht weg.“
Em, Vorsitz der Fachschaftskonferenz und Studierendenvertretung
Die Leiterin des Studierendenwerks hielt ebenfalls eine Rede und erklärte die Schwierigkeiten für das Studierendenwerk und weshalb auch hier finanzielle Unterstützung durch das Land von Nöten sei. Sie erklärte, dass zwei Drittel des Budgets durch die Mensen, Wohnheime und Studierendenbeiträge selbst finanziert werden müssen. Im Moment sei es aber unmöglich kostendeckend zu wirtschaften, denn die Abschläge und Preissteigungen sind immens. Sie befinden sich nun im dritten Krisenjahr und fühlten sich durch die Coronakrise bereits ganz erprobt. Allerdings war das nur in etwa ein Zehntel von dem, was jetzt auf sie zukommt. Noch immer wird in den Mensen weniger Essen als 2019 verkauft. Zwar steige die Zahl im Moment wieder, aber dennoch fehlen hier die Umsätze. Sie ist dankbar für die Präsenzlehre, weil dadurch mehr Leute die Einrichtungen füllen, allerdings befürchtet sie auch, dass sie es sich nicht mehr leisten könnten, diese offen zu halten. Zwar wurde finanzielle Hilfe bereits in Aussicht gestellt, jedoch gab es bisher nichts Konkretes. 2 Millionen Euro können nicht aus Rücklagen finanziert werden, erklärte sie. Der Semesterbeitrag wird um 8 Euro steigen, Mieterhöhungen in den Wohnheimen wurden angekündigt und die Essenspreise in den Mensen bereits angehoben. Sie betonte, dass die Kostensteigungen so gering wie möglich gehalten wurden. Auch im Vergleich zu anderen Unis waren diese eher gering, dennoch versteht sie, dass es für viele Studierende trotzdem schwierig ist. Das Studierendenwerk ist neben den Semesterbeiträgen und den Umsätzen auf eine dritte Säule angewiesen – und das ist der Zuschuss des Landes. Zurzeit steht alles auf dem Prüfstand, das heißt, Angebot und Öffnungszeiten sollen angepasst werden. Auch Standortschließungen müssen in Betracht gezogen werden. Sie erklärte, dass die stärkeren Mensen bisher die schwächeren Mensen unterstützt haben, aber dies nun nicht mehr möglich ist. Dadurch werden die kleinen Mensen zuerst betroffen sein. Zuletzt betont sie nochmal, wie wichtig die Unterstützung des Landes ist, schließlich geht es hier um die Grundbedürfnisse der Studierenden.
An vorletzter Stelle hielt Dennis, ein Jurastudent im fünften Semester, eine Rede. Auch er sprach davon, wie sehr die Studierenden von den Kürzungen betroffen sind und dass die Unterstützung von der Landesregierung dringend benötigt wird.
Zuletzt hielt Jeannette von Busse, die stellvertretende Oberbürgermeisterin und Baudezernentin der Stadt Greifswald eine Rede. Sie betonte, wie wichtig das Wohlergehen der Uni auch für das Wohlergehen der Stadt ist. Zum Beispiel könnten die Kürzungen dazu führen, dass die Stadt in Zukunft weniger Einwohner*innen haben könnte und sich weniger entwickeln würde. Weniger Absolvent*innen würden auch weniger Fachkräfte bedeuten, die in den Betrieben der Region arbeiten könnten. Auch sie betonte, wie wichtig die Uni als größter Arbeitgeber und Ausbilder der Region ist und wie eng die Uni mit der Stadt verbunden ist. Von Busse versicherte, dass die Stadt die Uni mit allen Kräften unterstützt und betonte, dass die Studierenden und Mitarbeitenden der Uni zur Stadt gehören. Sie bedeuten mehr junge Leute und mehr Diversität. Das möchte die Stadt nicht verlieren.
Im Anschluss wurde mit einigen Teilnehmer*innen der Demo auf dem Innenhof der Universität eine symbolische 250 gestellt, die an die gefährdeten Arbeitsplätze erinnern soll. In nächster Zeit sollen noch weitere Protestveranstaltungen folgen.
Jürgen Wenke trägt eine Regenbogenmütze und hat einen Regenbogenfächer dabei, extra für die Fotos. Es ist ja auch ein schönes Bild, dieser Regenbogen. Die Schnittstelle zwischen Regen und Sonne, der Übergang von etwas Trübem und Tristem zu etwas Hellem, Hoffnungsvollem. Für manche ist der Regenbogen auch ein Zeichen der Standhaftigkeit, des Kampfes für Sichtbarkeit und Akzeptanz. Eine Erinnerung an all jene, die diesen Weg schon vor uns gegangen sind.
Es regnet ein wenig an diesem Morgen, aber das Wasser hilft auch beim Putzen des Stolpersteins. Ein einfacher Küchenspülschwamm, etwas Scheuermilch, klares Leitungswasser aus der Trinkflasche zum Abspülen. Das ist die mechanische Weise, erklärt mir Jürgen, während er die Oberfläche des Steins wieder zum Glänzen schrubbt. Es gibt auch noch eine chemische Methode, bei der man eine Lösung aus Salz und Essig einwirken lässt, doch das greift auch das Messing an, sodass es sich rötlich verfärbt. Jürgen hat Erfahrung im Umgang mit den Stolpersteinen. Etwa 60 davon hat er bereits in Auftrag gegeben, und stolz berichtet er mir auch schon von denen, die für das nächste Jahr geplant sind. Für die Anfertigung und in der Regel auch für die Verlegung ist der Künstler Gunter Demnig zuständig, während Jürgens Aufgabe vor allem in der Recherche zu den jeweiligen Opfern liegt. Von anonymen Listen mit hunderten von Namen, über Geburts- und Sterbeurkunden und Verfolgungsakten bis hin zur Kontaktaufnahme mit noch lebenden Angehörigen, bis ein mehr oder weniger detailliertes Bild der Betroffenen entsteht, eine Lebens- und Leidensgeschichte, die Jürgen auch auf seiner Homepage teilt. „Das geht einem schon sehr nahe“, sagt er, nickt dabei und das sonst so präsente Lächeln auf seinem Gesicht verschwindet für einen Moment.
17 Jahre ist es nun her, dass Jürgen seine Recherchen aufgenommen hat. Damals, auf einem Weg durch die Straßen seiner Heimatstadt Bochums, wurde ihm bewusst, dass sich unter all den verlegten Steinen kein einziger für diejenigen finden lässt, die unter dem Paragraphen 175 verurteilt wurden: Homosexuelle. Also begann er, nachzuforschen, und stieß schließlich auf die Arbeit eines Historikers zu einem Doppelstigmatisierten, Wilhelm Hünnebeck, in den Worten der Nazis „Halbjude“, aber verfolgt nach §175. Jürgen war unzufrieden mit der unzulänglichen Recherche, die vor ihm betrieben wurde, und machte sich selbst an die Arbeit. Wilhelm Hünnebeck war sein erster Stolperstein, während Hünnebeck selbst bereits 10 Jahre zuvor ein Stein gewidmet wurde. Allerdings ohne den tatsächlichen Grund für die Verfolgung, seine Homosexualität.
Über die Zeit häuften sich die Namen und Lebensläufe an. Über seine begonnene Recherche gelangte Jürgen an die Listen der KZs Auschwitz und Buchenwald, jeweils mit 136 und 550 Namen der bekannten Opfer, die den rosa Winkel tragen mussten. „Dann fand ich die Liste aus Dachau, dann die aus Sachsenhausen. Und es geht so weiter. Wenn ich jetzt forsche, stellt sich nicht mehr die Frage Wie mache ich weiter?, sondern nur Wie beschränke ich mich?“ Um nur zehn Prozent der Namen abzuarbeiten, müsste er wohl 200 Jahre alt werden, scherzt er. Aber man müsse irgendwann realisieren, dass es nicht darum gehen kann, die Geschichten aller Opfer aufzuarbeiten, sondern Stellvertreter*innen zu finden. Stellvertreter*innen für die Verfolgung, für die Leidensgeschichte. Auch Jürgens eigenes Archiv Zuhause wächst immer weiter. „Ich könnte dir da wahrscheinlich zweieinhalbtausend Namen nennen, von Leuten, die in diesen Lagern waren.“ Dieses Archiv ist auch ein guter Startpunkt, wenn jemand direkt auf ihn zukommt, um einen Stolperstein zu verlegen, um zum Beispiel dem Wunsch nachzukommen, sich für einen Stein in der eigenen Heimat einzusetzen.
Wir stellen uns an den Säulen des Theatereingangs unter, während der Regen die letzten Schaumblasen von Kurt Brüssows Namen und seiner Verfolgungsgeschichte fortwäscht. „Mehr ginge nicht drauf an Schrift“, sagt Jürgen. Bei den meisten Steinen ist noch die Anmerkung „Hier wohnte“ über dem Namen eingraviert, doch in Brüssows Fall wurde der Stein nicht an seinem letzten freiwillig gewählten Wohnort verlegt, sondern an seinem Schaffensort, dem Greifswalder Theater. Auf den Schauspieler, der 1940 inhaftiert und 1943 zwangskastriert wurde, ist Jürgen über eine Anfrage gestoßen. Der Mann, der ihn anfragte, stammte zwar von Rügen, doch dort für die vielen kleinen Dörfer jemanden zu finden, ist schwierig. Also weitete Jürgen die Suche aus, auf Stralsund, Wismar und Greifswald, und stieß schließlich auf Kurt Brüssow. Ein „Volltreffer“, nennt er den Fund, denn von Brüssow ist eine vollständige Akte von 30 bis 40 Seiten erhalten. Außerdem stößt er nach einer aufwendigen Reise durch verschiedene Einwohnermeldeämter schließlich sogar auf eine noch lebende Stiefenkeltochter, die fassungslos ist, als sie die Geschichte ihres Großvaters liest. Es folgen mehrere persönliche Treffen, lange Gespräche, der Austausch von Fotos und Erzählungen. „So kam eins zum anderen.“ Jürgen berichtet so lebendig von seinen Nachforschungen und den Treffen, als hätten sie erst gestern stattgefunden. „Zum Schluss war das eben eine Geschichte, die den ganzen Teil des Lebens umfasst, soweit man das sagen kann. Den Mann selbst kann ich natürlich leider nicht mehr interviewen, dafür kam ich dann sozusagen zu spät.“ Trotzdem, als er ein Bild Kurt Brüssows aus seiner Tasche holt, um es für ein Foto neben den Stein zu legen, sieht er es an, als hätte er den Schauspieler selbst gekannt.
Der nächste Stolperstein wird morgen in Wismar verlegt. Fritz Stein war Kulturbautechniker, als er nach einer Haftstrafe in das KZ Auschwitz verlegt wurde. Anders als Kurt Brüssow überlebte er die Gefangenschaft nicht, sondern starb bereits mit 38 Jahren an den erlittenen Torturen. Auf Fritz Stein stieß Jürgen durch das Buch „Erinnern in Auschwitz. Auch an sexuelle Minderheiten„. Dem „kleinen Mann mit der Brille“, wie Jürgen ihn nennt, waren nur vier Zeilen und ein Foto gewidmet, aber es war sein Geburtsort, der für Jürgen aus der Masse herausstach. Ein kleines Dorf, in dem er vor einiger Zeit bereits einen Stolperstein verlegte, und in dem aufgrund seiner geschlossenen, dörflichen Struktur noch immer Angehörige und sogar die Kinder der damaligen Denunziant*innen leben. Fritz Stein wählte jedoch Wismar zuletzt als Wohnort aus, also geht die Reise dorthin. Jürgen freut sich auf die Verlegung, denn er wird dabei auch den Neffen und die Großnichte Fritz Steins kennenlernen, mit denen er zuvor nur übers Telefon Kontakt hatte. Wie bei den meisten Opfern, zu denen er recherchiert hat, wussten die Angehörigen nichts vom wahren Grund der Verurteilung Fritz Steins. In der Familie wurde stattdessen behauptet, dass Stein ein Verhältnis mit einer Jüdin gehabt hätte. „Das war leichter offensichtlich als zu sagen ‚Er war schwul'“, erklärt Jürgen mit einem Schulterzucken. „Damit war er immerhin ein Straftäter.“ Bei der Verlegung möchte auch Steins Großnichte einige Worte an die Anwesenden richten, worauf sich Jürgen besonders freut. Obwohl er bereits einige Angehörige hat kennenlernen dürfen, ist das das erste Mal, erzählt er, dass jemand selbst etwas sagen möchte. Die meisten sind dafür viel zu überwältigt.
Wir stehen noch immer an den Säulen des Theatereingangs, schauen immer wieder zu dem Plakat der Burschenschaft auf der anderen Seite hinüber, scherzen über deren konservatives Weltbild, über Fußball und die katholische Kirche. Das Lachen ist befreiend, auch wenn es mit einem Wermutstropfen einhergeht, denn die Wahrheit tut weh. All das Verstecken, die Ausgrenzung und Verfolgung queerer Menschen, mit denen sich Jürgen in seiner Arbeit beschäftigt hat, sind eben nicht nur Relikte der Vergangenheit. Und gerade deshalb ist das Erinnern daran und an die Menschen, die auf diesem Leidensweg gegangen sind, auch heute noch so wichtig.
Als wir uns schließlich verabschieden, hat der Regen aufgehört, und zwischen einer dichten Wolkendecke lugt sogar die Sonne hervor. Einen Regenbogen gibt es nicht. Zumindest nicht am Himmel.
Das Wichtigste auf einen Blick: Was? Verlegung eines Stolpersteins zur Würdigung von Fritz Stein Wann? Mittwoch, dem 09.11.2022, um 11 Uhr Wo? Wismar, Spiegelberg 54, vor dem dortigen Wohnhaus
Am Dienstag, dem 18. Oktober, haben die beiden webmoritz.-Redakteur*innen Leonie und Adrian die Inhaber*innen des Greifswalder Unverpacktladens uver zu einem Interview getroffen. Dort haben sie einige Einblicke in den aktuell laufenden Rechtsstreit mit dem Dienstleistungskonzern Uber aus San Francisco bekommen. Doch wie kommt eigentlich ein weltweit agierendes Unternehmen mit über 11 Mrd. US-Dollar Jahresumsatz auf die Idee, einen kleinen Unverpacktladen aus Greifswald aufgrund von Markenrechtsverletzungen zu verklagen?
Ein Beitrag von Adrian Siegler und Leonie Vogelsang
Im Interview haben die beiden Inhaber*innen Esther und Philippe uns erklärt, was es mit dieser Klage auf sich hat, inwiefern Uber und eine Münchener Anwaltskanzlei in den Streit verwickelt sind und warum eine solche Klage nicht nur ein Problem für uver, sondern auch für viele andere Kleinstunternehmen darstellt. Außerdem im Interview dabei ist Markus, der versucht, wo es auch nur geht, die beiden bei allen möglichen Aufgaben und Herausforderungen im Hintergrund zu unterstützen.
Das Interview:
Hallo ihr drei, zuallererst vorweg …
Wie geht es euch gerade so? Die letzten Tage und Wochen waren ja sicherlich ziemlich anstrengend und stressig für euch.
Esther: Schön, dass ihr da seid. Es waren auf jeden Fall ein paar stressige Tage, aber mir geht es trotzdem ganz gut. Ich kann den Stress gut von meinem Privatleben trennen.
Philippe: Wir haben aufgrund der Thematik sehr viel zu tun und es gibt die ganze Zeit irgendwelche Sachen zu regeln. Das begleitet einen schon mit in den Alltag, da uns die ganze Geschichte je nach Ausgang auch echt gefährlich werden kann.
Würdet ihr euch und natürlich euren Laden einmal kurz vorstellen?
Esther: Ich bin Esther, bin zusammen mit Philippe hierher gekommen und wohne seit 2018 in Greifswald. Vor circa 2 bis 3 Jahren haben wir uns überlegt, dass wir gerne einen Unverpacktladen in Greifswald gründen wollen würden, da wir das hier noch etwas vermisst haben und selbst gerne nachhaltiger und unverpackt einkaufen wollen. Und nun hat der Laden seit mittlerweile knapp 1,5 Jahren offen – uver. Hier findet man alles für den täglichen Bedarf – Lebensmittel, Haushaltswaren wie Shampoo, Waschmittel und Drogerieprodukte und alles unverpackt oder in Pfandgläsern.
Philippe: Ich bin Philippe und auch Teilhaber von uver. Wir haben hier die Mission, Greifswald ein Stück nachhaltiger zu machen, indem wir es möglich machen, plastik- und müllfrei einzukaufen, sodass jede*r im Alltag was tun kann, um aktiv Umweltschutz zu betreiben.
Markus: Hallo, ich bin der Markus. Ich bin schon ein bisschen länger in Greifswald und habe Philippe und Esther bei einer Tour durch Mecklenburg-Vorpommern kennengelernt. Da war ich so begeistert von der Idee, dass sie hier in Greifswald was Nachhaltiges auf die Beine stellen wollen, dass ich da unbedingt einsteigen wollte. Die beiden waren so lieb, mir das Vertrauen zu schenken und seitdem versuchen wir gemeinsam, hier in Greifswald unverpacktes Einkaufen anzubieten.
Es gibt ein Problem mit Uber – Könntet ihr den Sachverhalt nochmal für uns zusammenfassen?
Philippe: Das Thema ist Uber und uver. Wir haben vor einiger Zeit ein Schreiben von einer Anwaltskanzlei für Patent- und Markenrecht erhalten, welche mit Uber zusammenarbeitet. Und die sind jetzt irgendwie dazu gekommen, uns unseren Namen streitig zu machen, da laut ihnen eine Verwechslungsgefahr zwischen den Namen „Uber“ und „uver“ bestünde. Das ist das Problem: Eine Anzeige, in der gefordert wird, unsere Marke und unseren Namen zu löschen.
Was bedeutet der Name uver eigentlich und wie seid ihr auf ihn gekommen?
Esther: Uver mit V ist quasi ein Wortspiel aus unverpackt und dem Ufer, in Bezug auf das Meer und den Ryck hier in der Nähe. Unser Mediendesigner ist auf die Idee gekommen und wir fanden es passend und haben den Namen direkt übernommen. Wir waren lange auf der Suche nach einem guten Namen, den man auch schnell aussprechen kann. „Ich gehe mal kurz zum Unverpacktladen“ klingt da etwas zu umständlich. Aber „Ich gehe mal kurz zum uver“ kann man gut sagen.
Die Forderung der Anwaltskanzlei, euren Namen und eure Marke zu löschen – Werdet ihr weiter darauf eingehen und wenn ja, wie?
Markus: Worum es uns hier eigentlich geht und warum wir die Öffentlichkeit mit euch suchen, ist die Tatsache, dass wir hier nicht nur unverpackte Lebensmittel anbieten, sondern auch für einen sozialeren Umgang – nicht nur im privaten Leben – stehen. Wir vertreten bestimmte ethische Werte, die unser Unternehmen auch ausmachen: Wie wir unseren Kund*innen und Geschäftspartner*innen gegenübertreten, sie behandeln wollen. Und das ist auf fairer Ebene und auf Augenhöhe. Und was uns ein bisschen stört – was heißt ein bisschen? Was uns richtig fertig macht, ist der Fakt, dass hier sofort wieder mit Anwälten kommuniziert wird, ohne die Möglichkeit, vorher mit Uber mal auf Augenhöhe ins Gespräch zu kommen. Wenn du so ein Schreiben in den Händen hältst, weißt du als Kleinstunternehmen: Es wird gefährlich, weil so etwas Anwaltskosten mit sich zieht, die besonders in der Start-up-Phase überhaupt nicht zur Verfügung stehen. Wir suchen weiterhin eine Kompromisslösung, die für beide Seiten vertretbar ist. Und daran arbeitet aktuell auch unser Anwalt.
Was könnten im schlimmsten Fall diese Forderungen von Uber für euch und euren Laden bedeuten?
Philippe: Im schlimmsten Fall müssten wir auf diese Forderungen eingehen – also die Marke löschen. Und da steckt vielmehr dahinter, als man jetzt so im ersten Moment denkt. Wir müssten uns nicht nur einen neuen Namen ausdenken, ein neues Logo designen und eine neue Marke eintragen, sondern auch die ganze Arbeit und Ressourcen, die bereits reingesteckt wurden, um uver als Marke aufzubauen, gehen verloren. Nach 1,5 Jahren erreichen wir nun so langsam den Punkt, wo der Name „uver“ in Greifswald vielen Leuten ein Begriff ist. Das wäre dann komplett verloren. Wir müssten quasi nochmal bei null anfangen, was ein riesengroßes Problem ist, weil vor allem Marketing so ein großes Thema und unfassbar teuer ist. Es wäre für uns fatal, damit noch einmal von vorn anzufangen.
Seid ihr bereits im Austausch mit der Anwaltskanzlei?
Markus: Wir selber natürlich nicht, weil wir gar nicht den juristischen Background haben. Wir haben einen Marken- und Patentanwalt in Berlin kontaktiert, der uns aktuell vertritt. Dieser hat sofort das Telefon in die Hand genommen und gefragt, wie wir zu einer Lösung kommen. Die Münchener Anwaltskanzlei, die Uber vertritt, hat ihm und uns zuerst zu verstehen gegeben, dass wir die Kategorien einkürzen müssen, für die wir unsere Marke eingetragen haben. Das bedeutet, man meldet beim Marken- und Patentamt den Namen „uver“ an. Dabei muss man auch entscheiden, wofür man die Marke einträgt. Wir haben uns für etliche Kategorien eingetragen, die auch perspektivisch unser Unternehmen ergänzen sollen. Zum Beispiel auch für einen Lieferdienst innerhalb von Greifswald, mit dem wir beispielsweise Senioren mit dem Lastenrad beliefern können. Dort müssen wir nun schauen, ob wir nicht durch Einkürzung von Kategorien noch irgendwie unsere Marke retten können.
Uber-Deutschland hat einen eurer Posts auf Instagram kommentiert – sie haben von der Sache gehört und möchten sich bei euch melden. Haben sie das schon?
Esther: Wir haben uns riesig gefreut, dass wir ihre Aufmerksamkeit auf uns ziehen konnten. Aber nein, es ist noch nichts passiert.
Wie könnte ein Vorschlag von Uber aussehen?
Markus: Das ist gar keine so einfache Frage, beziehungsweise haben wir da keine einfache Antwort drauf. Wir haben einfach Hoffnung – und das könnt ihr sicherlich nachvollziehen – dass wir unsere Marke behalten können. Der Vorschlag, den wir uns erträumen, ist, dass Uber auf uns zukommt und sagt: „Okay, wir haben das gar nicht gewusst mit den Anwälten. Wir screenen grundsätzlich den Markt – so ist das ja üblich. Und vielleicht haben wir in dem Fall einen Fehler gemacht, weil wir nicht wussten, dass ihr ein Kleinstunternehmen seid, mit zwei Inhaber*innen, die selbst im Laden stehen und zusätzlich bei dem Thema Umweltschutz ganz stark aktiv sind.“
Eine Traumvorstellung wäre natürlich: „Okay, das war jetzt so ein harter Schlag für euch – wir unterstützen euch auf dem Weg oder bei einem anderen Umweltprojekt, was Relevanz hat.“
Denn der Umweltbericht von Uber hat Visionen bis in das Jahr 2030 oder 2040. Was wir hier betreiben ist Umweltschutz sofort. Oder vielleicht – man wird ja noch träumen dürfen – sagt Uber auch: „Wir gehen aus der Nummer gemeinsam gestärkt raus.“ – und sie unterstützen uns einfach.
Ihr habt zu dem Thema auch eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Wie läuft diese bis jetzt und reichen die Spenden um die Anwalts- und sonstigen Kosten zu decken?
Philippe: An dieser Stelle schonmal ein riesiges Dankeschön an alle Leute, die uns unterstützt haben. Es ist wirklich Wahnsinn. Wir haben das auf Instagram geteilt und es war wirklich unglaublich, was passiert ist. So viele Leute gingen darauf ein und es gab so viel Zuspruch von allen möglichen Seiten. Die Kampagne selbst läuft über betterplace und dort sind richtig schnell die Anwaltskosten in Höhe von 3000 €, die wir initial hatten, wieder reingekommen. Wir haben die Crowdfunding-Kampagne dann wieder runtergenommen. Auf weitere Spenden sind wir zunächst weniger angewiesen und wollen eher die Öffentlichkeit nutzen, um auf das Thema aufmerksam zu machen.
Markus: Auf das Thema aufmerksam zu machen bedeutet, dass wir kein Einzelfall sind. Dadurch, dass wir an die Öffentlichkeit gegangen sind, bekommen wir ganz viele Rückmeldungen von anderen Kleinstunternehmen – auch viele aus der Unverpacktbranche – dass das ein tagtägliches Geschäft ist: Unterlassungserklärungen, Abmahnungen, Markenverletzungsschreiben gehen raus und gerade die kleinen Unternehmen haben damit sehr hart zu kämpfen. Damit wollen wir an die Öffentlichkeit. Wir sind sehr dankbar für die finanzielle und emotionale Unterstützung, aber hier geht es um etwas viel Größeres. Wir hinterfragen die Praktiken, die in Deutschland (darüber hinaus kann ich es nicht einschätzen) vorherrschen, da wir permanent mit solchen Problemen konfrontiert sind. Das ist jetzt das zweite Mal innerhalb eines Jahres. Es ist nicht der erste Rechtsstreit, den wir haben. Und nun haben wir uns nicht anders zu helfen gewusst, als an die Öffentlichkeit zu gehen, was der richtige Weg zu sein scheint. Wir erhalten sehr viel Unterstützung – vielen Dank dafür.
Wollt ihr zum Abschluss noch ein paar Worte loswerden, die euch auf dem Herzen liegen?
Markus: Nach dem ganzen Schock und dem Stress, den wir erleben, erfahren wir aber auch – und da wiederholen wir uns an der Stelle – einen unglaublichen Support. Das schwenkt diese Negativerfahrung sofort in etwas Positives um. Kurz wird dieses Weltbild erschüttert und man fragt sich, ob wir jetzt wieder im Hardcore-Kapitalismus angekommen sind – etwas wofür uver überhaupt nicht steht, wir haben andere Werte. Und diese Werte teilen anscheinend auch ganz viele, viele andere Menschen, obwohl wir noch nicht einmal so richtig in der Öffentlichkeit sind. Wir haben einen minimal-kleinen Social-Media-Kanal mit nicht einmal 2000 Follower*innen und trotzdem haben darüber hinaus so viele Menschen Anteil genommen. Der Kabarettist Moritz Neumeier hat die Story innerhalb einer Stunde aufgegriffen und in seinen Stories veröffentlicht, weil anscheinend eine Followerin hier aus Greifswald das Ganze so schockieren fand, dass sie das einfach an ihn weitergeleitet hat. Danach ist die ganze Crowdfunding-Kampagne völlig explodiert. Und das gibt uns Kraft bei der ganzen Geschichte. Die Unverpacktbranche ist insgesamt eine ganz schöne Herausforderung – hier in Greifswald eher weniger – aber dennoch zu sehen, dass Umweltschutz eine Rolle spielt für die Leute, ist einfach fantastisch.
Vielen Dank für eure Zeit und die interessanten Einblicke. Die moritz.medien wünschen euch nur das Beste!
…fragen sich wohl vor allem Nicht-Studierende. Doch um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, müsst ihr euch nicht umständlich immatrikulieren lassen, den Semesterbeitrag zahlen und dann auch noch am Ende des Semesters nervige Prüfungen schreiben. Stattdessen könnt ihr ganz einfach in den kommenden Wochen dem Rathaus einen Besuch abstatten.
#wissenlocktmich … zur Universität Greifswald – so der Slogan, um auf die Vortragsreihe, welche in den kommenden Wochen und Monaten im Greifswalder Rathaus stattfinden soll, aufmerksam zu machen. Ziel ist es, eine Brücke zwischen der Universität und den Greifswalder Einwohner*innen zu schlagen. Dazu haben Uni und Stadt gemeinsam ein breites Angebot an Vorträgen vorbereitet, in denen Wissenschaftler*innen und Expert*innen ihre Arbeit und Forschungsergebnisse allen Interessierten verständlich vermitteln möchten.
Barrierefreiheit spielt für die Organisator*innen aber nicht nur im Sinne der Verständlichkeit der Vorträge eine Rolle, sondern insbesondere auch bei der Raumplanung der Veranstaltungsreihe: Alle Vorträge finden im Bürgerschaftssaal des Rathauses statt, welcher barrierefrei zu erreichen ist und ohne vorherige Anmeldung allen, die neugierig sind und etwas Neues lernen wollen, offen steht. Die Referent*innen verzichten dabei auf ein Honorar und die Stadt stellt den Saal kostenfrei zur Verfügung, wodurch das Event für die Besucher*innen keinen Eintritt kostet.
Der Auftakt erfolgt dabei bereits diesen Montag, am 24. Oktober, mit Prof. Dr. Torsten Haberzettl und dem Thema „Umweltforschung auf dem Dach der Welt“. Inhaltlich soll es dabei um die Region Tibet gehen und warum diese für einen Großteil der Wasserversorgung Asiens verantwortlich ist.
Weiter geht es am 7. November mit einem Vortrag von Dr. Farid Suleiman zum Thema „Schuld und Sühne in islamischer Perspektive“, welcher sich vor allem mit dem Begriff der Sünde und seiner Bedeutung auseinandersetzen wird.
Daraufhin folgt am 28. November Prof. Dr. Kathrin Mahlau, die einen Vortrag zum Thema „Umsetzung einer inklusiven Schule“ halten wird. Nicht alle Schüler*innen und Schüler lernen auf die gleiche Art und Weise, was neue Modelle zur gerechten Förderung aller erfordert.
Nach dem ersten Advent, am 5. Dezember, folgt ein Vortrag von Prof. Dr. Olaf Hohmann mit dem Titel „Vergeltung, Abschreckung, Besserung, Schutz vor dem Täter?“ und der Frage ob die Bestrafung von Vergehen der Gerechtigkeit oder der Abschreckung dienen soll.
Zu guter Letzt beendet Prof. Dr. Andreas Stahl die Reihe am 9. Januar 2023 mit einem Vortrag zum Thema „Häufige Augenerkrankungen“. Das Sehen ist ein essentieller Sinn des Menschen, was es umso interessanter und wichtiger macht, diesen zu erhalten und Erkrankungen in einer immer älter werdenden Gesellschaft vorzubeugen.
Alle Vorträge finden jeweils am Montag um 17:00 Uhr im Bürgerschaftssaal im Rathaus (am Markt) statt. Der Eingang ist schräg gegenüber vom Hugendubel. Wer von euch etwas detailliertere Informationen für die jeweiligen Vorträge erhalten möchte, kann auf der Internetseite der Uni Greifswald vorbeischauen.