Adventskalender Türchen 5: How to: Nachhaltigere Weihnachten

Adventskalender Türchen 5: How to: Nachhaltigere Weihnachten

Weihnachten ist nicht nur die Zeit der Besinnung, Familie und Liebe, sondern ist auch verbunden mit sehr viel Konsum. Das erkennt man alleine schon an der alljährlichen Überforderung der Postdienste: Geschenke werden bestellt, inklusive passender Geschenkverpackung, neue Deko wird gekauft, Adventskalender werden für jedes Familienmitglied besorgt. Das ist nicht nur viel Geld, was dabei ausgegeben wird, sondern auch jede Menge Müll, der produziert wird. Sei es die klassische Plastikeinlage im Schokoadventskalender, das Geschenkpapier, was nur gekauft wird, um dann wieder weggeschmissen zu werden oder die Weihnachtsmannfigur, die letztes Jahr noch toll war, doch jetzt nicht mehr in das Dekokonzept passt. Aber was kann man anders machen? Wie kann man vielleicht ein wenig mehr darauf achten, nicht ganz so verschwenderisch zu weihnachten? 

Geschenke, Geschenkverpackung, Geschenkpapier

Muss es denn immer das gekaufte Geschenkpapier sein? Statt dieser Einweg-Verpackungs-Strategie gibt es so viele andere Möglichkeiten. Zum einen kann man auf Geschenktüten und Geschenkboxen zurückgreifen. Diese kann der Beschenkte wieder verwenden, da sie – wenn man ordentlich mit ihnen umgeht – nicht kaputt gehen. Und statt die Boxen mit Klebestreifen zuzukleben, kann man auch einfach Schleifenband benutzen. Am besten macht man allerdings nur eine einfache Schleife, so kann sie einfach geöffnet werden und danach zusammengerollt und für das nächste Weihnachtsfest oder den nächsten Geburtstag weggepackt werden. 
Eine andere Alternative zum Geschenkpapier ist das gute alte Zeitungspapier. Sei es das Werbeprospekt aus dem Briefkasten, die Tageszeitung oder andere alte Zeitschriften, die ihr noch besitzt. Daraus lässt sich einfach und schnell Geschenkpapier machen. Meiner Meinung nach gibt es den Geschenken auch einen sehr coolen Look und mit roter Schleife ist es auch ganz schnell weihnachtlich. 


Eine tolle Alternative zur Geschenküberhäufung ist zum Beispiel Wichteln. Einfach im Familienkreis oder Freundeskreis losen, wer wen beschenkt. So ist es nur noch ein Geschenk, das zu besorgen ist und nicht mehr zehn. Es spart Geld, Zeit und Stress. Und behaltet bei der Geschenkebesorgung immer im Blick, was der*die zu Beschenkende auch wirklich gebrauchen kann. Nicht, dass noch der fünfzehnte Nussknacker in die Sammlung kommt, die dann entweder einstaubt oder den Weg in die Mülltonne findet. 
Genauso gut könnt ihr mit euren Liebsten Schrottwichteln machen. Dabei könnt ihr auch gleichzeitig alte Deko verwichteln, und wer weiß, vielleicht ist des einen Schrott des anderen Schatz. Wie ihr wichtelt, ist dabei ganz euch überlassen. Es gibt viele lustige Möglichkeiten: würfeln um die Geschenke, losen oder ihr macht „Preiswichteln“. Beim Letzteren überlegt ihr euch ein Spiel mit genügend Platzierungen für alle Teilnehmer*innen oder ihr spielt ein Konsolenspiel (bspw. Wii-Bowling). Zum Schluss stehen alle Wichtelgeschenke aufgetürmt da und der*die Erstplatzierte darf sich als erstes eines auswählen, der*die Zweite als zweites und so weiter.

Lichterketten, Glöckchen und Christbaumkugeln 

Der Toptipp zum Thema Deko ist natürlich, einmal Deko zu kaufen und diese dann immer wieder zu benutzen und so wenig wie möglich neu anschaffen. Dekostücke sind in den meisten Fällen sehr langlebig, vor allem da sie meistens nur einen Monat lang in Gebrauch sind. Aber oft ist es so, dass man doch gerne mal etwas Neues hätte oder sich an einigen Teilen einfach satt gesehen hat. Doch statt dann immer neuproduzierte Deko in den bekannten Läden zu kaufen, kann man auch einfach mal auf Secondhand-Websiten zurückgreifen und da nach Weihnachtsdeko, die jemand anderes nicht mehr haben will, suchen. Oder wie wäre es mit einem Dekotausch? Das könnt ihr einfach mit Freund*innen oder Familie machen oder aber ihr geht zur STRAZE. Denn da findet in dieser Adventszeit immer donnerstags bis samstags in der Bibliothek eine Dekotauschbörse statt. 

Braten, Soße und Klöße?

Wie wäre es einfach mal mit einer vegetarischen bzw. veganen Alternative zum Adventsbraten? Denn statt Fleisch gibt es auch viele andere Möglichkeiten, das Adventsessen schmackhaft zu machen. Wie wäre es also mit einem leckeren Jackfruit Gulasch? Oder ihr haltet es ganz einfach und klassisch mit Kartoffelklößen, Rotkohl und veganer Bratensauce. Dazu könnt ihr euch auch noch vegane Kohlrouladen machen.


Ebenso habt ihr auch viele Möglichkeiten, weihnachtliche Naschereien vegan zu machen:

Wie ihr seht, gibt es viele einfache Möglichkeiten, das Weihnachtsfest nachhaltiger zu machen. Wahrscheinlich gibt es sogar noch viel mehr Möglichkeiten, an die wir auch nicht gedacht haben. Falls ihr noch weitere Ideen für ein nachhaltigeres Weihnachten habt, dann schreibt sie uns gerne in die Kommentare. Wir wünschen frohe, nachhaltige Weihnachten!

Beitragsbild: Vanessa Finsel

Adventskalender Türchen 3: Weihnachtsdeko – Sein oder nicht sein

Adventskalender Türchen 3: Weihnachtsdeko – Sein oder nicht sein

Weihnachtszeit ist die Zeit der Nächstenliebe, der Besinnlichkeit und der Weihnachtsdekoration. Seien es Nussknacker, Socken, Miniaturtannen, Dekogeschenke oder Lichterketten – all das hat mich zu einer Frage bewogen.

Doch bevor wir uns dieser Frage widmen können, müssen wir eine Sache ergründen. Um zu klären, wie viel Deko zu viel ist, müssen wir uns zuerst mit der Haltung zu Dekoration beschäftigen.

(Weihnachts-) Deko und ich – Eine schwierige Beziehung

Mein Verhältnis zu Deko ist ein schwieriges. In meiner Kindheit war Weihnachtsdeko omnipräsent. Mein Elternhaus strahlte – vor Weihnachtsvorfreude und vor Lichterketten. Es gab alles: Vom Rentierschlitten aus Lichterketten über Weihnachtsbäume mit Dekogeschenken bis hin zu Nussknackern und Dekofiguren. Doch ich sah das alles immer nur als „Schnickschnack“ und „unnötig“ an.

Als ich nach Greifswald zog, hatte ich keinerlei Weihnachtsdeko. Ich kaufte mir auch keine. Ein einziges Weihnachtsdekostück fand seinen Weg in meine Wohnung – ironischerweise ein Geschenk meiner Eltern, die mir damit vermutlich ein wenig Weihnachtsstimmung ins Haus bringen wollten. Das brachte mich dazu, darüber nachzudenken, warum ich eigentlich keine Weihnachtsdeko besaß – oder mir keine zulegen wollte. Die Antworten fand ich schnell:

Das Kaufen und Aussuchen ist eine Last. Noch schlimmer ist nur das Aufbauen oder das Schlendern, um vielleicht Deko zu kaufen. Ich finde Deko eher unnötig und hatte deshalb auch nie den Drang, sie in meiner Wohnung aufzustellen. Also musste ich mich fragen, warum ich Deko eigentlich nicht mag – oder warum ich nie den Drang verspürte, mir Dekoration zuzulegen. Die Frage war einfach, die Antwort nicht. Denn ich musste feststellen, dass mir Deko eigentlich sogar sehr gut gefällt.

Warum wollte ich mir also nie Deko zulegen, wenn sie mir doch zusagt? Offengesagt habe ich keine klare Antwort darauf. Vielleicht war ich vom Angebot überfordert – warum gibt es alles in allen möglichen Farben, Formen und Preisklassen? Vielleicht war ich zu faul, den ganzen Spaß wieder abzubauen und ordentlich wegzuräumen. Vielleicht wollte ich mir auch einfach nicht eingestehen, dass Deko doch etwas für mich sein könnte.

Doch wie es im Leben so läuft, kam alles anders, als ich es erwartet hatte. Meine Freundin liebt Deko. Und so musste ich mir die Frage stellen: Wie viel Deko ist mir zu viel? Ich begann also, meine Beziehung zur Weihnachtsdeko aufzuarbeiten. Andere arbeiten ihre Beziehungen zu Menschen auf, ich zu Weihnachtsdekoration. Naja, so läuft das Leben eben manchmal.

(Weihnachts-) Deko und ich – Wie viel kann ich?

Das also eingestanden, musste der Elefant im Raum angesprochen werden: Wie viel Deko ist für mich zu viel? Diese Weihnachtszeit war ein wenig wie ein Feldversuch. Zunächst habe ich gelernt, wie unfassbar viel Deko es gibt. So unglaublich viel. Ich war regelrecht überfordert – von Weihnachtsdeko. Eine Tatsache, von der ich nie gedacht hätte, dass sie jemals eintreten könnte.

Doch ich habe auch gemerkt, dass ich immer noch einen tiefen Widerwillen empfinde, wenn es ums „Deko-Schlendern“ geht. An das Kaufen konnte ich mich langsam gewöhnen, aber das ziellose Umherlaufen, um eventuell Deko auszusuchen, ist für mich schlicht unerträglich. Beim eigentlichen Aussuchen bin ich mir oft unschlüssig – ich vermute, das hängt stark von meiner Tagesform ab.

Trotz allem musste ich feststellen, dass ich mich für Weihnachtsdeko tatsächlich begeistern konnte. Ich weiß nicht, wie, wann oder warum das passiert ist, aber offenbar bin ich zum Softie geworden. Ich habe erkannt: Solange das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt und mir die Deko gefällt, findet sie bei mir immer einen Platz. Sie darf nur nicht so extravagant sein, dass sie die gesamte Straße erleuchtet. Für den amerikanischen Weihnachtsdeko-Stil bin ich noch nicht bereit – und mein Geldbeutel übrigens auch nicht.

Im Grunde hat die Sache doch etwas Gutes: Ich habe einen neuen Zugang zu Weihnachtsdeko gefunden, ohne mich komplett zu verbiegen. Und wer weiß, wie sich das Leben noch entwickelt.

(Weihnachts-) Deko und ich – Eine aufgearbeitete Beziehung

Weihnachtsdeko ist in meinem Haushalt also ein gern gesehener Gast – solange sie im Rahmen bleibt. Ein steiniger Weg hat doch noch sein Ende gefunden, auch wenn ich es mir unnötig schwer gemacht habe.

Beitragsbild: Vanessa Finsel


Zur Person des Autoren

Voll digital: Das neue moritz.magazin gibt’s jetzt als e-Paper

Voll digital: Das neue moritz.magazin gibt’s jetzt als e-Paper

Auf dem webmoritz. könnt ihr ab jetzt das aktuelle moritz.magazin als e-Paper lesen. Wo ihr die Funktion findet und was euch im neuen Heft erwartet.

Das moritz.magazin erscheint dieses Jahr voraussichtlich nur dreimal in gedruckter Ausgabe. Warum, erfahrt ihr hier. Das heißt aber nicht, dass die magazin-Redakteur*innen die letzten Monate gefaulenzt haben. Denn alle weiteren Ausgaben erscheinen online. Und damit ihr Leser*innen trotzdem das bestmögliche Leseerlebnis habt, gibt es auf dem webmoritz. eine neue Funktion!

Die erste Ausgabe, die ausschließlich online erscheint, könnt ihr jetzt mit dem neuen e-Paper-Feature lesen. Dazu schaut ihr auf dem webmoritz. einfach in das Menü, klickt auf „e-Paper“ und könnt direkt durchs digitale Magazin blättern. Oder ihr klickt einfach hier.

Was euch in dieser neuen Ausgabe erwartet?

Im Forum – dem Politikteil des moritz.magazins – findet ihr Artikel wie:

  • Die Welt wählt – Warum 2024 auch als Superwahljahr bezeichnet wird
  • Taylor Swift und Politik – Wie die Pop-Ikone den US-Wahlkampf beeinflussen könnte

Im Uni.versum, dem Universitäts- und Wissenschaftsressort, geht es weiter mit:

  • Wir sind noch da – Wie der Mensa Club jetzt weitermacht
  • Der Rektor mit den weißen Laken – Die faszinierende Geschichte hinter Karl Engel, dem letzten Rektor unserer Uni während des Nationalsozialismus

Im Lokalteil, Greifswelt, geht es diese Ausgabe unter anderem um:

  • Druckfrisch – Zu Besuch in einer Greifswalder Druckwerkstatt
  • 24/7 420 – Was die neuen Cannabis-Regeln für Greifswalder bedeuten

Den Abschluss mach unser Kulturressort, das Kaleidoskop, mit unter anderem folgenden Texten:

  • Kalter Koffeinentzug – Ein Selbstversuch
  • Unter der Fassade der Veränderung – Ein Reisebericht aus Südafrika

Das nächste Heft, Ausgabe 169, erscheint schon im August – wieder als e-Paper.

Beitragsbild: Kelly Sikkema & moritz.magazin

Rezension – William Shakespeares „Romeo und Julia“ am Theater Vorpommern

Rezension – William Shakespeares „Romeo und Julia“ am Theater Vorpommern

Es ist die wohl berühmteste Liebestragödie aller Zeiten. Eine Geschichte von einer verbotenen Liebe auf den ersten Blick, von zwei verfeindeten Familien im italienischen Verona – die Rede ist selbstverständlich von Romeo und Julia. Seit dem 07.06.2024 wird William Shakespeares Meisterwerk in Form eines Sommer Open Air am Theater Vorpommern aufgeführt. Auch der webmoritz. durfte wieder einmal an einer Inszenierung teilnehmen und kann nun davon berichten.

„Kein Leidensweg war schlimmer irgendwo als Julias und ihres Romeo.“ 

Zwischen den Familien Montague und Capulet herrscht ein scheinbar nicht beilegbarer Bürgerkrieg. In den Straßen von Verona kommt es immer wieder zu heftigen Kämpfen und Blutvergießen zwischen den Beteiligten und auch die politischen Instanzen vermögen nichts auszurichten, selbst unter Androhung der Todesstrafe. Doch inmitten der Auseinandersetzungen und des Hasses passiert das Undenkbare, das schlichtweg Verbotene. Auf einem Fest der Capulets treffen zwei Sprösslinge der verfeindeten Familien, Romeo Montague und Julia Capulet aufeinander und verlieben sich. Heimlich wird eine Vermählung durch den Pater Lorenzo geschlossen, das Glück der Liebenden scheint vollkommen. Doch es soll nicht, darf nicht sein. Auf offener Straße entbrennt ein Streit zwischen Romeos Freund Mercutio und Julias Vetter Tybalt. Als Romeo dazwischengeht, wird Mercutio tödlich verwundet. Im Zorn tötet Romeo den Angreifer Tybalt und zahlt dafür die Konsequenzen. Er wird aus Verona verbannt. Während seiner Abwesenheit beschließt Julias Vater, seine Tochter mit dem Grafen Paris zu verheiraten. Ein durch Pater Lorenzo initiierter Plan, Julia zu retten, schlägt fehl. Unwissenheit und eine tragische Verkettung von Ereignissen treiben Romeo und Julia schlussendlich in den Selbstmord, ihn durch Gift und sie durch den Dolch ihres Geliebten. Eine sinnlose Familienfehde sorgt dafür, dass die Liebenden erst im Tod miteinander vereint sein können. Shakespeares Tragödie, geschrieben 1597, fasziniert auch heute noch Menschen auf der ganzen Welt und sorgt immer wieder für Adaptionen im Theater, Film und Literatur.

Was dürfen die Zuschauer*innen erwarten?

Inszeniert wird das Stück in seiner deutschen Fassung nach Frank Günther durch Regisseur Jens Kerbel (*1975). Anlässlich des Caspar-David-Friedrich-Jahres 2024 darf man sich als  Zuschauer*in in dieser Sommersaison insbesondere auf die außergewöhnliche Kulisse der Klosterruine Eldena freuen, in welcher das Stück Open-Air aufgeführt wird. Das romantisch anmutende Gemäuer, kombiniert mit der authentisch-zeitgenössischen Kostümierung auf den zuvor veröffentlichten Pressefotografien sind es, durch die man bereits vor der Aufführung gedanklich in das elisabethanische Zeitalter (1558-1603) einzutauchen vermag. Auch ohne die Geschichte zu kennen, kann man sich anhand der Bilder bereits auf wilde Degen-Kämpfe, Geschrei, auf heftige Emotionen und Leidenschaft einstellen. Mit Shakespeares Werk bereits vertraute Zuschauer*innen hingegen dürfen sich während der Vorstellung auf die Suche nach den zahlreichen Gegensatzmotiven der Tragödie begeben, die hier theatral aufgearbeitet wurden. Seien es „Hass und Liebe, Melancholie und Glück, Alter und Jugend, Verliebtheit und Sexismus, Herrschaft und Diener, weltliche und religiöse Gewalt, Tragik und Komik“. Spannung und Faszination sind garantiert!

Besucher*innen der zuletzt vom webmoritz. rezensierten Theaterproduktion „der herzerlfresser“ werden bei den Darsteller*innen auf altbekannte Gesichter treffen, wie Philipp Staschull als Romeo, Amelie Kriss-Heinrich als Amme/Fürstin und Olivier Günter als Mercutio. Umso freudig gespannter war der webmoritz. vor der Aufführung am 21.06. auf die vielen anderen Schauspieler*innen und ihre Rollen!

Eindrücke aus einer gelungenen Vorstellung

Wenn ich an den Freitagabend zurückdenke, fällt mir zunächst einmal nichts anderes ein als „Was war das bitte wieder einmal für eine geniale Produktion des Theaters Vorpommern?“ Bereits zu Beginn des Stücks wurde den Zuschauer*innen mitgeteilt, dass es sich zwar um eine im Wortlaut getreue Wiedergabe von Shakespeares Werk handelt, jedoch mit verschiedenen modernen Stilmitteln versehen wurde. Wer also befürchtet, hier ausschließlich mit bitterem Ernst und Tragik konfrontiert zu werden, kann beruhigt werden. Seien es Party-Szenen, das Einbeziehen des Publikums auf der Suche nach einer passenden Frau für Romeo, der BMW des Grafen Capulet (Hannes Rittig) oder der markante Ausruf „JuLiAaAaA“ der Lady Capulet (Gabriele Völsch) sorgten für Lacher seitens des Publikums. Auch für Musik-Liebhaber*innen ist etwas dabei. So sorgten die wunderschönen Soli von Julia-Darstellerin Nora Hickler, Amelie Kriss-Heinrich und Philipp Staschull für Gänsehaut-Momente und angehaltenen Atem. Außerdem fanden Künstler*innen wie ABBA („Lay All Your Love On Me“) und Kylie Minogue („Can’t Get You Out of My Head“) Eingang in das Stück, was immer wieder für Schmunzeln und eine erfrischende Abwechslung sorgte. Was die schauspielerische Leistung betrifft, so weiß ich gar nicht, wen ich am meisten hervorheben soll. Jede Rolle war großartig und treffend besetzt und die Kostümierung durch Toto begeisterte in Sachen Authentizität und moderner Touch. Hinsichtlich der Kulisse machte mich meine Begleitung als Kunsthistoriker darauf aufmerksam, dass die Klosterruine Eldena als „sterbende Architektur“ mit in das Stück integriert wurde, beispielsweise in Form der berühmten Balkon-Szene. In Kombination mit verschiedenen Nebel- und Lichtelementen kam diese natürlich ganz besonders in der Dunkelheit zur Geltung.

Weniger dem Stück selbst als glücklichen Zufällen gedankt, sorgte zunächst ein Turmfalke für passende tierische Untermalung der Lerchen-Szene und zusätzlich das Wetter dafür, dass ausgerechnet in dramatischen Momenten zunächst ein leichter Regen einsetzte, die Spannung durch ein nahes Gewitter gesteigert wurde und schließlich wenige Minuten nach dem tragischen Tod der beiden Liebenden und dem Ende der Vorstellung ein heftiger Wolkenbruch einsetzte.

Insgesamt war es ein fantastischer Abend, sodass ich das Ensemble für ihre gelungene Produktion nur loben und mich bedanken kann.  

Weitere Termine

Ihr möchtet selbst einmal in die Welt zweier verfeindeter Familien und in die tragische Liebesgeschichte ihrer beiden Kinder eintauchen? Dann ist Beeilung geboten, denn die nächsten beiden Aufführungstermine sind bereits ausverkauft! Weitere Informationen gibt es hier.

  • 02.07. / 19:30 Uhr; ausverkauft
  • 10.07. / 18:00 Uhr; ausverkauft
  • 11.07. / 19:30 Uhr
  • 13.07. / 19:30 Uhr
  • 14.07. / 18:00 Uhr
  • 16.07. / 18:00 Uhr
  • 17.07. / 19:30 Uhr
  • 18.07. / 19:30 Uhr; Letzte Vorstellung

Beitragsbild: Peter van Heesen


Zur Person der*des Autor*in

Ticker: Podiumsdiskussion zu den Bürgerschaftswahlen

Ticker: Podiumsdiskussion zu den Bürgerschaftswahlen

Die Kommunalwahlen am 9. Juni rücken immer näher. Unter den Kandidierenden sind auch einige Studierende aus den Hochschulgruppen, die der AStA nun zu einer Podiumsdiskussion eingeladen hat. Diese fand am Donnerstag, den 30. Mai statt. Luise und Juli vom webmoritz. waren vor Ort und haben für Euch mitgeschrieben. Dieser Text ist ungekürzt und nur minimal bearbeitet (Rechtschreibung wurde überarbeitet und weiterführende Links ergänzt.)

Ein Beitrag von Luise Markwort und Juli Böhm

18:09 Uhr

In einem Halbkreis unten in HS 2 des ELP6 sitzen sieben Menschen, sechs Studenten und eine Studentin. Man kennt sie schon aus der Hochschulpolitik, aber heute sitzen sie hier nicht als Mitglieder des Studierendenparlaments, sondern als Kandidierende in der Kommunal- und/oder Bürgerschaftswahl. Die Mikrofone funktioneren nicht, deshalb sitzen auch die Zuhörer*innen, ca. 30 Personen, vor allem Studierende, ganz nah am Podium und die Kandidierenden versuchen laut zu sprechen.

Henry Weede begrüßt alle und stellt sich vor. Er ist AStA-Referent für politische Bildung & Antifaschismus und moderiert die Podiumsdiskussion.

Auch die Kandidierenden stellen sich vor und erzählen kurz, wie sie den Wahlkampf empfinden:

Marcel Neuhaus (RCDS) ist 22 Jahre alt und studiert Rechtswissenschaften. Er tritt für die CDU für die Bürgerschaft an, nicht für den Kreistag. Er erlebt den Wahlkampf als sehr anstrengend und nicht immer angenehm. Er freut sich, wenn der Wahltermin näher rückt.

Kevin Wang (keine Hochschulgruppe) studiert Umweltnaturwissenschaften und tritt für die Partei Mensch Umwelt Tierschutz (die Tierschutzpartei) an. Er empfindet den Wahlkampf ebenfalls als anstrengend.

Jada Ladu (Jusos) studiert seit 2019 Politik- und Kommunikationswissenschaften in Greifswald. Er kandidiert für die SPD für die Bürgerschaft und den Kreistag. Er nimmt den Wahlkampf als sehr intensiv wahr. Er berichtet von ein paar Anfeindungen, die die Genossen erlebt haben.

„Nach dem 9. Juni kommt die große Erleichterung und man kann sich wieder auf die Bachelorarbeit konzentrieren.“

Jada Ladu

Hennis Herbst ist 27 Jahre alt und Spitzenkandidat der Linken. Herausforderung am Wahlkampf sei die Doppelbelastung, weil er am Montag seine Bachelorarbeit abgeben muss. Greifswald selbst sei nicht so schwer zu „bespielen“, aber die Landkreise seien schwierig, weil die so groß sind. Spätestens im Wahlkampf stelle man fest, wie riesig die Wahlkreise sind.

Raphael Scherer (Campus Grün HGW / Grüne Jugend VG) studiert Fennistik und Kommunikationswissenschaften und kandidiert für die Grünen. Er sei sehr viel im Kreis unterwegs und findet den Austausch sehr erfüllend.

Mercedes Spiering (Junge Liberale) ist 22 Jahre alt und studiert Kommunikationswissenschaft und Kunstgeschichte im Bachelor. Sie kandidiert für die FDP für die Bürgerschaft. Der Wahlkampf sei sehr durchwachsen und irgendwann sei die Stimmung gekippt.

„Wir geben nochmal alles zum 9. Juni.“

Mercedes Spiering

Henry fasst zusammen, dass Studierende eine große Rolle in der Stadt und im Wahlkampf spielen. Er stellt die erste Frage:

„Was kann man machen, um studentisches Leben zu fördern?“

Mercedes antwortet, dass es wichtig sei, Orte für Studierende zu schaffen. Sie könne sich vorstellen, dass man als Stadt gucken sollte, warum sich immer weniger Studierende ummelden. Zum Beispiel könnte mehr auf den KUS-Pass aufmerksam gemacht werden, auf den auch Studierende Anrecht haben. Auch den Rufbus möchte sie mehr beworben sehen. Der soll günstig sein und könnte zum Beispiel genutzt werden, um nachts von Party zu Party oder nach Hause zu gelangen.

Henry möchte dazu anschließen, dass es ja bereits viele studentische Orte in der Stadt wie die Straze und das Klex gibt. Wie sollen diese unterstützt werden?

„Wir sind ein großer Teil dieser Stadt.“

Raphael Scherer

Raphael betont, Jugendzentren seien besonders wichtig. Er finde es sehr wichtig, Verbindungen herzustellen. Es sei sehr wichtig, diese Orte für Teilhabe für junge Menschen und Studierende zu schaffen. Dafür könne sich die Bürgerschaft auch einsetzen. Auch wäre es gut, dass die Stadt mit den Vereinen spricht um gemeinsam etwas aufzubauen. Selbst wenn man nur drei Jahre in einer Stadt verbringen wird, sollte es trotzdem möglich sein, sich vor Ort zu engagieren.

Hennis erzählt, dass er ursprünglich aus der Nähe von Stralsund komme. Er merke, wie die Städte sehr unterschiedlich seien trotz ähnlicher Größe, einfach weil Greifswald mehr Studierende hat. Daher finde er es sehr wichtig, schon einmal anzuerkennen, was Greifswald bereits hat und das aufrecht zu erhalten. Er betont zudem, dass der KUS-Pass ein Projekt der Linken gewesen sei. Er fügt hinzu: Gerade rechte Parteien hätten angekündigt, die Förderung für diese Orte zu streichen – das sei die AfD, aber auch die CDU. Die CDU hätte dies bei der Straze versucht. In manchen Stadtteilen fehlen auch Jugendclubs, da soll nachgezogen werden.

Jada möchte es auf studentische Clubkultur ausweiten, weil diese ja auch Studierende anlocken kann. Sie sehen, dass dieses Angebot am Schrumpfen sei – zum Beispiel das Schließen des Mensa-Clubs. Sie haben gesehen, wie wichtig es sei, Räume für Studierende zum Feiern zu schaffen. Er beruft sich auf lange Schlangen vorm C9 um die große Bedeutung von diesem Angebot hervorzuheben. Ein zweites Thema seien auch die privaten Clubs. Zum Beispiel hatte die ROSA im letzten Jahr Probleme, in ihren Räumen zu bleiben (zu dem Thema gab es einen Artikel im moritz.magazin 166). Für deren Erhalt möchten sie sich auch einsetzen. Freiflächen seien auch ein großes Thema, wie mit der grünen Wiese am Hafen, die seine Partei erhalten hat und weiterhin möchte.

Kevin schließt sich an. Vor allem der Wohnraum und Kulturraum seien wichtig, aber von Kürzungen bedroht. Sie brauchen eigentlich mehr Investitionen in diese Orte.

Marcel ist noch wichtig, zu betonen, dass ja auch viele Studierende kandidieren. Oft sei die Frage, was das für ein Nutzen sei, wenn Studierende jetzt ein paar Jahre hier seien und dann wieder weg gehen. Die Themen, die ihnen wichtig seien, seien aber auch für andere, neue Generationen an Studis wichtig. Also sei es nicht so, dass ihre Kandidatur von Anfang an kurz begrenzt sei. Oft gäbe es die Annahme, Studierende hätten mit der Stadt gar nicht so die Berührungspunkte. Auch er erwähnt den KUS-Pass.

Henry fragt dazu, wie sich der im 10-Punkte Plan der CDU erwähnte Studi-Pass vom KUS-Pass unterscheide.

Marcel erklärt, dass der Plan sei, den Studierendenpass mit zum Beispiel dem KUS-Pass und dem Premienheft zu verbinden, auch, damit man nicht noch einen Ausweis braucht. 

Henry erklärt, dass es nun mit der studentischen Kultur weitergehe.

„Was wollt ihr konkret machen, um studentische Kultur zu fördern und nicht nur zu erhalten?“

Raphael betont nochmal, wie wichtig zum Beispiel die Clubs seien. Es sei wichtig, Räume und Begegnungsstätten zu schaffen. Viele Studierende wollen ja auch nicht in ihrer „Bubble“ leben, sondern sich auch in der Stadt integrieren und engagieren. Daher sei es wichtig, regionale Förderungen oder Förderungen von der EU zu nutzen oder andere Förderprogramme, um diese Räume zu schaffen.

Setze man sich bei solch zeitlich begrenzten Förderprogrammen nicht einer möglichen Prekarisierung aus, fragt Henry.

Raphael antwortet, dass es da auch wichtig sei, das frühzeitig im Blick zu haben, welche Förderungen fortgeführt werden sollen, wenn diese auslaufen.

Hennis antwortet, dass es außerdem wichtig sei, unbesfristete Stellen zu schaffen, die in den Jugendzentren arbeiten können. Man brauche grundsätzlich solide Finanzierung. Im ländlichen Raum sei es oft noch viel schlimmer als in der Stadt. Stadt und Kreis sollten auch Gebäude schaffen und zur Verfügung zu stellen. Das hätte er sich auch für den Mensa-Club gewünscht. Auch in seiner Zeit in der Hochschulpolitik habe er gemerkt, dass ganz viele Vereine etc. eigentlich nur Räume brauchen. Aber oft kosten die Geld, auch wenn die von der Uni gestellt werden.

Jada bezieht sich auf Schönwalde, wo der Mangel an Räumen zur Sozialisierung besonders auffällt. Jugendliche dort könnten oft nicht an Angeboten in der Innenstadt teilhaben. Als Zweites sei die finanzielle Sorge ein großes Problem. Oft werde bei Kürzungen zu erst bei den kulturellen Projekten gestrichen. In Greifswald habe es vermehrt die Situtation gegeben, dass am Ende des Jahres Geld übrig geblieben sei, weil Projekte nicht realisiert wurden. Es sei dann wichtig, im Finanzausschuss und der Bürgerschaft zu gucken, dass man zielgenaue Kulturförderung betreibt.

Kevin hebt die Partnerschaft für Demokratie hervor, die viele Projekte ermögliche, aber in diesem oder nächsten Jahr auszulaufen drohe. Dazu gab es vor kurzem ein Arbeitstreffen. Es sei wichtig, sich als Bürgerschaft dafür einzusetzen, dass das weitergeführt werden könne. Oft brauche es ein größeres Budget für Kulturveranstaltungen. Das müsse unterstützt werden.

Marcel sagt, dass Kultur oft als erstes von Kürzungen betroffen sei. Das sei ja oft eine freiwillige und keine verpflichende Ausgabe. Er bezieht sich auch auf das Theater, das saniert wird und somit hohe Kosten hat. Man denke ja immer zuerst an die Innenstadt, wenn man überlege, wo Kultur gelebt werde. Er verweist auf den Unterschied zwischen Innenstadt und Stadtteilen wie zum Beispiel Eldena. Daher sei es wichtig das mehr anzugleichen, dass auch mal in anderen Stadtteilen Raum für Kultur geschaffen werde. Der Mensa-Club sollte auch überparteiisch angegangen und mit der Stadt daran gearbeitet werden. Die Stadt selbst könne keinen Mensa-Club neubauen oder ein freistehendes Gebäude zur Verfügung stellen, aber die Stadt könne als Vermittlungsinstanz wirken.

Mercedes wünscht sich, den KUS-Pass online beantragen zu können, der jetzige Weg sei zu aufwändig. Es sei wichtig digitaler zu denken, damit es jungen Menschen einfacher gemacht werde Dinge zu beantragen. Gesundheit soll auch mitgedacht werden, damit Studis nicht in der Heimat zum Arzt gehen müssen. Oft nehmen Ärzt*innen und Psycholog*innen keine neuen Patient*innen auf. Sie könne sich vorstellen, dass wenn mehr mit der Uni-Medizin zusammengearbeitet werden würde, Übergangslösungen und auch langfristige Lösungen gefunden werden könnten. Sie finde es auch schwierig, dass es zum Beispiel Drogeriemärkte hauptsächlich in der Innenstadt gibt. Das sei schade in der Stadtplanung, weil auch Studierendenwohnheime außerhalb der Innenstadt sind.

„Ihr seid euch alle recht einig, da bin ich dagegen.“

Henry Weede – Moderator

Weiter gehen soll es mit einem mehr kontroversem Thema: Wohnraum

Was könne in Greifswald getan werden, um Wohnraum zu schaffen?

Hennis konstatiert Unterversorgung bei Wohnheimplätzen. In Rostock gibt es zum Beispiel Platz für 10 % der Studierenden in den Wohnheimen – in Greifswald sei das weniger. Die Stadt solle sich stärker dafür einsetzen und die Studierendenschaft gegenüber dem Land vertreten. Als zweites: die Stadt habe sich in letzter Zeit sehr schnell entwickelt, was super sei, und man müsse aufpassen, dass die Stadt mitwächst. Die einzige Antwort sei darauf, dass es mehr Wohnraum und mehr sozialen Wohnraum geben müsse. Er zählt Beispiele auf, in denen Studis aus WGs wegen vermeintlichem Eigenbedarf herausgeklagt wurden, dies würde nicht passieren, wenn die Stadt die Wohnung besäße. Die WVG, also die städtische Wohnungsbaugesellschaft, sei dort sehr wichtig. Eine Stadt mit so viel Zuwachs und begrenztem Platz müsse natürlich auch in die Höhe bauen.

Jada erzählt von den Forderungen der SPD: Sie planen einen Zuwachs von 20% sozialem Wohnraum. Sie wollen dort auch eng mit der WVG zusammenarbeiten. Außerdem wollen sie sich für einen Mietenstop einsetzen. Lieber stabile Wohnungskosten als hohe Gewinne.

Hennis sagt, der kommunale Mietstopp würde nur bei der WVG funktionieren. Er erzählt von einem Plakat der alternativen Liste: dieses wirbt wohl für 10% Senkung der Miete von der WVG. Das sehe er aber als falschen Ansatz, weil die WVG eben keinen Gewinn mache und die Einnahmen wieder investiere.

Jada sagt, wir seien im Moment in einer besonderen Krise.

Kevin ergänzt, dass sie sich sogar für 30% Zuwachs an sozialen Wohnraum einsetzen wollen.

„In einem angespannten Wohnraummarkt wie in Greifswald, muss man auch den Anteil Einfamilienhäuser begrenzen.“

Kevin Wang

Marcel meint, dass er gehört habe, dass die Stadt gerne mal größer werden würde als Neubrandenburg. Dafür sei es wichtig, mehr Bauland auszuweisen. Dadurch sei es auch möglich, dass Wohnungspreise gesenkt werden können. Er spricht auch das Bauland am Hafen an.

Hennis sagt, auf dem Bauland am Hafen entstehen gerade 600 Wohneinheiten, teils WVG. Er wundere sich, dass die CDU dort eigentlich mal Einfamilienhäuser bauen wollte.

„Also sprich da mal lieber nochmal mit deiner Fraktion.“

Hennis Herbst

Kevin möchte auf die Frage von Angebot und Nachfrage eingehen. Mehr Angebote für günstiges Wohnen wären benötigt.

Marcel sagt, es käme auf eine breite Streuung verschiedener Wohnformen an.

Mercedes schließt sich dem an, dass Bauland geschaffen werden müsse und auch die Schwellen niedriger gesetzt werden müssen – Stichwort Bürokratieabbau -, damit dort gebaut werden könne. Es sei wichtig, einen kritischen Blick darauf zu haben, wie realisierbar die Pläne seien. Natürlich darf auch der Wettbewerb nicht außer Acht gelassen werden. Es sei als Stadt wichtig, auch für Studierende attraktiv zu bleiben. Sie wünsche sich, dass Greifswald nicht nur eine „Übergangslösung“ während des Studiums sei, sondern auch danach noch attraktiv bleibe. Dazu gehörten sowohl soziale Wohnungen und Wohnheime als auch später Eigenheime.

Raphael fasst zusammen, dass Bauen sehr wichtig sei. Auch die Fläche neben dem Bauland am Hafen, wo der alte Bunker mal stand. Diese Fläche sei privat und der Besitzende möchte das nicht verkaufen. Auch Kulturgebäude, wie das Sybilla-Schwarz-Haus, sollten renoviert werden. Als Stadt müsse man dort reingehen und sagen, diese Fläche brauchen wir. Es sei auch wichtig, Studierendenheime zu sanieren und neu zu bauen. Das sei auch wichtig fürs Zusammenleben. Die Stadt habe ihre Grenzen, aber man kann sich auch im Kreis umschauen. Dann wäre es wichtig, verkehrstechnischen Anschluss zu schaffen.

Hennis sagt, das Wort, das Raphael sich nicht getraut habe auszusprechen, sei „Enteignung“.  Das sei die Lösung für zum Beispiel das Sybilla-Schwarz-Haus, dass einem Autoverkäufer aus Baden-Württemberg gehöre, der sich „einen Scheiß“ drum kümmere. Das würde den Wohnungsnotstand nicht lösen, aber es könne nicht sein, dass sich Einzelpersonen daran bereichern, dass hier Wohnungsnot herrsche. Zu dem Punkt, dass auch Einfamilienhäuser gebaut werden müssen: „Nein“, das sei nicht die Gruppe an Leuten, für die gerade Wohnraum gebaut werden müsse.

Es folgt eine Runde, wo die Kandidierenden nur mit Ja oder Nein antworten sollen:

Seid ihr für den Erhalt des Verbots für den Verkauf städtischer Flächen?

Raphael, Hennis, Jada und Kevin antworten mit Ja. Marcel antwortet „neutral“ und für Mercedes komme es auf das Angebot an.

Henry hebt hervor, wie politsch engagiert die Kandidierenden seien.

Wie kann man politische Teilhabe in Greifswald stärken und erhalten?

Jada antwortet, Beiräte seien wichtig, wie zum Beispiel der Migrant*innenbeirat. Solche Beiräte böten einen Eingang und mögliche Netzwerke in der Politik und seien als Peer-to-Peer-Organisation niederschwellig. In Zukunft brauche es die Stärkung der Rolle und Rechte der Beiräte, zum Beispiel das Antrags- und Rederecht. Die Beiräte sollen unbedingt erhalten bleiben. Aktuelles Thema sei die Frage, wie es mit den Wahlen zu diesen Beiräten weitergehe, es stehe zur Debatte, ob die Beiräte weiterhin von Bürger*innen direkt oder von der Bürgerschaft gewählt werden sollen. Beiräte seien eine weitere Möglichkeit für demokratische Teilhabe. Auch Parteien sollte die Möglichkeit gegeben werden, sich bei städtischen Veranstaltungen zu präsentieren, um niederschwellige Möglichkeiten zu schaffen und Bürger*innen einzubinden, wie zum Beispiel beim Kulturfest am Markt. Die SPD habe eine Aktion gemacht, in dem sie über Briefe gefragt haben, welche Themen die Bürger*innen beschäftige. 

Henry fragt: „Wie verfährt man in solchen Fällen mit undemokratischen Parteien?“

Jada überlegt kurz und antwortet dann: „Nicht einladen.“

Henry fragt, wie es weitergehe, wenn das juristische Probleme nach sich ziehe.

Jada sagt, seine Antwort sei mehr aus Jusos- als aus SPD-Perspektive, das müsse er nochmal mit der SPD absprechen. Es sei aber wichtig, dass dort (bei solchen Veranstaltungen) kein Hass und Hetze geschürt werde. Daher sei es wichtig, diese Parteien auszuschließen.

Kevin schließt sich Jada zu den Beiräten an. Neben den Beiräten seien auch die Ortsteilvertretungen wichtig. Es sei wichtig, den Menschen vor Ort zuzuhören und ihnen zu helfen. Auch Orte wie die Straze, seien wichtig für niederschwellige politische Angebote.

Marcel möchte hervorheben, dass in diesen Beiräten nicht nur Bürgerschaftler*innen oder Parteimitglieder sitzen, man könne auch in den Ortsteilvertretungen mitmischen. Es sei wichtig, bürgeroffen zu sein. Er fände es schade, dass sich die Parteien hauptsächlich vor den Wahlen bemühen, aber er fände es schön, wenn es regelmäßiger Veranstaltungen gebe, die Gremien sollten nicht nur als Wahlkampfmedium genutzt werden. Zum Beispiel könnten Bürgergespräche jährlich geschehen, aber auch andere regelmäßige Formate seien wichtig.

Mercedes ergänzt, dass auch lokale Vereine unterstützt werden sollen; sie seien auch Begegnungsstätten. Es sei wichtig mit den Leuten dort in Kontakt zu treten. Sie habe erlebt, dass es wichtig sei, aktiver in den Dialog zu gehen und aufzuklären. Wenn die Leute das Gefühl haben, dass sie nicht beachtet werden, wählen sie die AfD. Daher sei es wichtig aufzuklären. Auch in den Gremien sollte mehr Transparenz geschaffen werden, so könnte man z.B. Schulklassen zu Bürgerschaftssitzungen einladen.

Raphael sagt, dass es wichtig sei zu gucken, wie kommuniziert wird. Es gab beim Wahlkampf viel die Rückmeldung, dass es schön sei, wenn es eine Ansprechperson gebe. Das sei vor allem in den ländlicheren Regionen wichtig. So könnte man Sprechstunden vor Ort anbieten.

Hennis sagt, dass er dafür sei, dass die Beiräte mehr Rechte brauchen, wie es vor kurzem ermöglicht wurde. Es bräuchte eine aufsuchende Politik, bei der zum Beispiel regelmäßig Vereine eingeladen werden. So entwickeln die Leute in den Vereinen einen Draht zur Politik.

Henry wechselt das Thema und blickt auf den Frauenbeirat: Politik sei immer noch sehr männerdominiert, dafür müsse man sich nur das Podium hier angucken.

„Wie können wir es schaffen insbesondere die Teilnahme von FINTA*-Personen zu stärken?

Mercedes antwortet, dass ihr aufgefallen sei, dass als sie den jungen Liberalen beigetreten ist, dort erstmal drei Männer standen. Das fand sie dann auch erstmal nicht so attraktiv. Man müsse sich an die eigene Nase fassen, und (parteiintern) überlegen, was man besser machen könnte. Sie wisse aber auch, wie ernüchtern das sei, auch mit Parteikollegen, wie wenig dort der Wunsch sei, das zu ändern. Sie wünscht sich, dass mehr auf Frauen zugegangen wird – Stichpunkt „gesamtgesellschaftliches Empowerment“.

Marcel stellt die Frage, warum wenig Frauen in Gremien vertreten seien. Eine mögliche Antwort und ein wichtiger Stichpunkt sei die Familienfreundlichkeit der Arbeit in den Gremien. Die Sitzungen gehen oft bis spät abends. Daher wäre dort die Frage, ob man dort nicht ein Zeitstop einführe. Das kenne er auch schon von Parteisitzungen. Dadurch könne man für mehr Familienfreundlichkeit sorgen, da es häufig doch die Frauen sind, die die Pflegeaufgaben übernehmen. 

Mercedes fragt, warum man sich dort nicht eher fragen sollte, warum es genau für die Frauen familienfreundlich sein soll, und warum es Aufgabe der Frauen sein soll, da zu betreuen. Dafür gibt es reges Geklopfe. Vielleicht sei das genau die Haltung, die Frauen fern halte.

Marcel meint, dies sei einfach eine häufige Realität.

Hennis schlägt vor, dass man sich Mühe geben könne, sich paritätisch aufzustellen. Das habe letztendlich bei ihnen nicht ganz geklappt und damit seien sie sehr unzufrieden. Sie seien aktiv dabei, Leute anzusprechen und zu fragen, ob sie nicht zum Beispiel Lust auf den Frauenbeirat hätten.

Kevin sagt, es habe vor kurzem einen Artikel zu Frauenanteilen in Parteien gegeben. Die Tierschutzpartei sei die einzige Partei mit einer Frauenmehrheit gewesen. Aber es fehle sehr viel an der nötigen Förderung und dem Bewusstsein zu misogynen Einstellungen.

Raphael sagt, dass es auch ihre Verantwortung als Männer sei, dieses Muster zu brechen. Männer müssten feministisch und intersektional denken. Gerade in der aktuellen Lage, wo Parteien viel ausgesetzt seien beim Wahlkampf. Es gebe in seiner Partei auch ein Mentoring-Programm insbesondere für Frauen. Das Problem sei das System und das müsse man angehen. Auf ihrer Liste sind viele Frauen, aber nicht weil sie Frauen seien, sondern, weil sie gesehen haben, dass sie engagiert dabei seien.

Jada sagt, sie hätten auch versucht, sich paritätisch aufzustellen und Männerbünde aufzubrechen. Aber es sei auch nicht sinnvoll, FINTA* Personen nur aufgrund ihres Status in Gremien zu setzen.

Henry geht über zum Klimaschutz. 

„Was können wir in Greifswald machen um Ökologie und Klimaschutz zu stärken?“

„Ja, wo soll man da anfangen?“

Kevin Wang

Kevin ergänzt, dass Energie, Verkehr und Moore da zum Beispiel wichtige Themen seien. Es gebe einen riesigen Nachholbedarf an erneuerbarer Energie. Photovoltaik-Anlagen gehören auf jedes Dach, dies sei aber häufig problematisch mit dem Denkmalschutz, aber es könne unterstützt werden, dass auf den Dächern der WVG-Gebäude PV-Anlagen angebracht werden. In MV machen Moore etwa 30% der Emissionen aus. Es bräuchte Moormanager.

Marcel möchte in präventive und abmilderde Initiativen unterscheiden. Auch die Schäden, die bereits eintreten, müssten angegangen werden. Großer Punkt sei die Begrünung in der Stadt und in den Parks. Den Stadtforst sollte man wiederbeleben und aufforsten. Zum Beispiel könnten auch die Dächer von Bushaltestellen begrünt werden, und auch andere Flachdächer. Er sei auch kein Fan von Schotter-Gärten. Auch sei es wichtig zu gucken, ob die Deiche hoch genug seien.

Henry fragt, wie diese Renaturierungsmaßnahmen mit der Haltung der CDU gegen Wiedervernässung von Mooren zu vereinbaren seien.

Marcel antwortet, dass er nicht grundsätzlich dagegen sei. Es komme immer darauf an, wo sich dieses Moor befände. 

Henry bohrt nach, ob er also, gemäß Wahlprogramm der CDU, gegen Wiedervernässung in der Stadt sei.

Marcel antwortet, dass es dort schwierig sei mit einer pauschalen Antwort. Das müsse man immer abwägen.

Kevin sagt dazu, dass es dazu bereits viel Forschung gebe. Er nennt ein paar Orte in Greifswald, die wiedervernässt werden könnten, und fragt Marcel nach seiner Meinung dazu.

Marcel nennt ein paar Maßnahmen.

Kevin sagt die von Marcel genannten Maßnahmen seien nicht präventiv sondern reaktiv. Die Wiedervernässung sei eine wahrhaft präventive Maßnahme.

Marcel antwortet, dass es im Prinzip doch beides sei, dass sie sowohl das bekämpfen würden, was bereits schief gelaufen sei und präventiv auch arbeiten.

Kevin fragt, was mit den anderen großen Emissionsquellen sei.

Marcel antwortet, dass es noch viele Möglichkeiten gebe, die angegangen werden könnten.

Mercedes sagt, dass dieser Austausch zeige, wie wichtig es sei, Experten mit ins Boot zu holen. Es sei auch wichtig, mehr sichere Radnetze zu schaffen – gerade auch als Anbindung von außerhalb von Greifswald. Sie schlägt zudem vor, kleinere Elektrobusse einzusetzen, die nicht die Städte verstopfen und enger getaktet fahren könnten. Außerdem sei ein großes Thema bei ihnen, dass E-Ladesäulen geschaffen werden. Es sei schade, wenn jetzt viele Leute umsteigen möchten und ihr neues Auto dann nicht laden könnten.

Raphael sagt, unser Moormanagement sei einzigartig, und es sei wichtig, in den Dialog zu gehen. Es sei wichtig, Bäume nachzupflanzen. Alleen seien nicht nur schön anzusehen, sondern seien auch klimatisch wichtig. Sie haben die Idee, auf Dächern Solaranlagen anzubringen und auch Begrünungen. Auch Fernwärme möchten sie gerne langfristig fossilfrei kriegen, und auch für entlegenere Stadtteile ermöglichen. Es gebe auch landwirtschaftliche Flächen um Greifswald herum, die mit Solaranlagen kombiniert werden könnten. Die Stadtplanung solle Natur und biologische Vielfalt berücksichtigen. Zum Bereich Vorgärten: Schottervorgärten sollten verboten werden. Es sollen so viele Grünflächen wie möglich geschaffen werden, öffentlich und privat – auch wenn das eher reaktiv als präventiv sei. Aktuell gebe es nur noch die Möglichkeit, die Klimakrise zu verlangsamen.

Hennis ergänzt, dass die Stadt bis 2030 klimaneutral sein möchte. Das sei schon einmal ein großes und gutes Ziel. Wichtig dabei wären weniger der Stadtforst und mehr die Moore. Da sei es schön, dass die Uni da mit dabei ist und an Mooren forscht. Da könnte Greifswald ein Vorbild werden. Die Stadt habe bereits eine Moor-Managerin eingeführt. Die möchte die CDU wieder abschaffen, das müsse verhindert werden. Die Uni möchte auch noch eine Moor-Stelle schaffen. Das zweite Thema sei die Energie. Mit den Stadtwerken gäbe es ein gutes Fernwärmenetzwerk. Fernwärme sei eine gute Ressource: So richtig effizient sei eine Wärmepumpe auch nicht, auch wenn es attraktiv klinge. Die Stadtwerke haben auch einen Plan für mehr Nachhaltigkeit. 

„Wer Klimaschutz will, muss progressive Mehrheiten in die Bürgerschaft wählen.“

Hennis Herbst

Zur Mobilität möchte Hennis noch sagen, dass es einen Verkehrsplan für die Innenstadt gebe, der umgesetzt werden müsse. Sie als Linke seien für eine autofreie Innenstadt und kostenlosen Nahverkehr.

Jada sagt, bei der SPD und bei den Jusos sei klar: 

„Moor muss Nass – das sehen wir so ein.“

Jada Ladu

Jada ergänzt weiter, sie seien da als Jusos schon ganz stolz, Vorreiter zu sein. Sie hätten verschiedene innerparteiische Maßnahmen und Anträge zum Thema Moor gestartet. Ein weiterer wichtiger Punkt sei auch bei ihnen Energie. Sie beobachten was so um die Stadt herum geschieht: In Neuenkirchen habe sich eine Energiegenossenschaft gebildet, die die Dächer von städtischen Gebäuden (Schulen etc.) pachtet, um dort PV-Anlagen aufzustellen. Zum Thema Stadtwerke setzen sie sich auch sehr stark dafür ein, dass sie nicht zusätzliche Energie einkaufen müssen, sondern das selbst generieren. Dazu gibt es bei ihnen auch einige Ideen.

Henry: „Ist das nicht eine Abwälzung der Verantwortlichkeit von Städten auf die Anwohner selbst?“

Leider haben wir die Antwort nicht mitbekommen 🙁

Hennis erzählt von dem Nachhaltigkeitsbündnis, das sich in der Stadt gegründet hatte. Das habe auch schon ein bisschen was unternommen.

Henry leitet zur Verkehrsthematik weiter:

„Was muss sich verkehrspolitisch in Greifswald tun?“

Marcel antwortet, dass er mit Blick auf die Straßen, Radwege und Fußwege schon sehr viele schlechte Zustände sehe. Manche Straßen wären nicht saniert worden seitdem Honecker über sie gefahren ist. Andere Straßen seien aber auch schon gut ausgebaut. Insgesamt sei es aber noch nicht auf dem Niveau auf dem es sein sollte. Es sei ein Problem, an dem alle Verkehrsteilnehmenden an einem Strang ziehen sollten. Das anzugehen, sehe er als klare Priorität.

Mercedes schließt sich generell an. Gerade in der Innenstadt sei das Problem sehr stark. Generell sei sie aber gegen eine autofreie Innenstadt, weil sie den Individualverkehr für wichtig hält. Sie wünscht sich mehr Parkmöglichkeiten. Es könne zum Beispiel auch einen Bus geben, der direkt in die Innenstadt fährt. Auch mit den Leuten, die in der Innenstadt wohnen, müsse gesprochen werden. 

Henry fragt, wie solche Buswechsel überhaupt realistisch seien, da die Stadtwerke nun schon im Notfallplan fahren.

Mercedes antwortet, dass sie dort schon eine Möglichkeit sehe. Es müsse halt in den Dialog gegangen werden. Man müsse versuchen, andere Finanzierungsmöglichkeiten zu schaffen und zu finden.

Raphael sagt, es gebe viele Punkte die weitergeführt werden sollten, und auch vieles, das verbessert werden sollte. Es gebe einen neuen Busplan mit neuen Linien und Strecken, dieser muss aber noch umgesetzt werden. Es fehlen momentan noch die finanziellen Mittel. Als Stadt haben sie entschieden, diesen Plan zu haben, und dieser soll/muss nicht gewinnbringend sein. Er hebt auch die Barrierefreiheit/Barrierearmheit hervor. Busse sollten von allen genutzt werden. Ein weiterer Punkt sei das Schienennetz. Sie möchten sich dafür einsetzen, dass die Strecke nach Lubmin auch für Personenverkehr wieder geöffnet wird. Das würde auch Eldena durch Reduktion des Durch-Verkehrs entlasten. Auch mit Blick auf die Tourist*innen und Pendler*innen sei es wichtig, Parkplätze und Anbindungen nach außerhalb von Greifswald zu schaffen, damit diese ohne Auto in die Stadt kommen. Es sei bei den Radwegen und Fußwegen wichtig, sie zu sanieren und sie dabei barrierefrei zu gestalten. Weiterhin sei es wichtig, dass Radwege deutlich von der Straße abgegrenzt seien. Radwegsinfrastrukturen sollten mit dem Kreis gestaltet werden. Es muss sein, dass dort jetzt investiert wird, damit es in Zukunft nicht teurer wird.

Hennis ergänzt, dass die Straßen in einer Zeit angelegt wurden, in der die Autos noch nicht so groß und schwer waren. Dadurch sind natürlich jetzt auch viele Schäden entstanden. Er findet, dass Leute, die eine G-Klasse fahren, kein Anrecht auf Parken in der Innenstadt brauchen. Er findet es auch wichtig, gute Arbeitsverhältnisse im ÖPNV zu schaffen.

Jada versucht sich kurz zu fassen: Sie seien dafür, Parkhäuser statt Parkplätze zu bauen, damit nicht so viel Fläche versiegelt werden muss. Sie seien auch dafür, dass das Parkhaus an der Europakreuzung endlich gebaut wird. Sie sind auch ganz klar gegen Lieferverkehr in der Innenstadt und wünschen sich Liefer- und Beladungszonen. Generell seien sie sehr stark für eine weniger autozentrierte Stadtplanung. Sie sind auch für mehr und bessere Fahrradwege. Er führt die Situation an der Anklamer Straße an, bei der man sich mit dem Fahrrad sehr unsicher fühlt. Sie setzen sich auch für eine Querkreuzung über die Europakreuzung ein.

Mercedes fragt nochmal nach, wie es genau mit den Lieferzonen in der Innenstadt gemeint war.

Jada sagt, dass das nicht unbedingt für den Lieferverkehr für die Läden gedacht war, sondern eher für die Post.

Kevin sagt, dass sie auch für das neue Innenstadtkonzept sind, bei dem u.a. die Loefflerstaße und die Domstraße Fahrradstraßen werden sollen.

20:05 Uhr

Henry eröffnet dem Publikum die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

„Es ging viel um die Ausgabe von Geldern. Aber es fehlt in Greifswald und Umgebung viel an großen Unternehmen. Was kann man tun, damit mehr Geld eingebracht wird?“

Mercedes sagt, es sei wichtig, Greifswald zu einem attraktiven Standort für Unternehmen zu machen. Zum Beispiel sehe man an Cheplapharm, wie wichtig so ein großes Unternehmen sei. Dafür bräuchte es aber auch gehörigen Mut. Es sei wichtig, darauf zu achten, dass Unternehmen nachhaltig handeln.

Kevin fragt, ob sich die Frage auf die Umsatzsteuer beziehe. Die Person, die die Frage gestellt hat erklärt: Das war wohl nicht gemeint, sondern generell bräuchte es mehr Wirtschaft. Man müsste mit dem Wettbewerb mithalten.

Kevin antwortet, dass er nicht glaubt, dass eine Kommune das entscheiden kann und Unternehmen anlocken kann. Das muss vom Bund oder vom Land kommen. Greifswald sei ja schon eine Uni-Stadt, die den größten Arbeitgeber hier bildet.

Hennis sagt, dass es historisch bedingt sei, wie es sich hier entwickelt habe. Greifswalds Stärke sei nicht die Industrie, sondern die Uni, der Tourismus und die Kultur. Darauf müsse sich konzentriert werden.

„Was ist das Alleinstellungsmerkmal eurer Partei?“

Hennis (Die Linke) führt an, dass die Linken keine Spenden von Unternehmen annähmen und so unabhängig seien.

Raphael (Bündnis 90/Die Grünen): Umweltschutz, mit Europa zusammen Lösungen finden.

Mercedes (FDP): Individualität, denn sie haben eine ganz große Bandbreite mit verschiedenen Meinungen.

Jada (SPD): „Soziale Verträglichkeit.“

Kevin (Partei Mensch Umwelt Tierschutz):  „Wir sind eine kleine Partei, die nicht die Struktur aus alteingesessenen Männern hat.“

Marcel (CDU): „Zusammendenken von Verkehr, Wohnen und Umwelt.“

„Wie stellt man sich eine autofreie Innenstadt vor? Was würdet ihr einer Person sagen, die in der Innenstadt wohnt und das partout nicht will? Wie sollen die Ausladezonen funktionieren, die Jada erwähnt hatte?

Hennis antwortet, dass das alles im Verkehrsplan stehe, der schrittweise durchgeführt werden solle. Es wird immer noch etwas Verkehr von zum Beispiel Rettungswagen, Lieferwagen und Umzugswagen geben.

Jada erklärt die Zonen: es soll festgelegte Zonen geben, an denen die Lieferfahrzeuge parken und von denen Postbot*innen die Sachen zu den Lokalen bringen. So sollen die Lieferwagen nicht durch die Lange Straße fahren.

Henry fragt, ob das nicht ein großer Aufwand für die Arbeitnehmer*innen sei.

Jada gibt zu, dass dies so sei. Aber es ei auch ein großes Sicherheitsrisiko in einer Fußgängerstraße, was ihm wichtiger sei.

Frage an Marcel: „Wenn man für Moorvernässung ist, möchte man keine Wohnflächen vernässen.“
Leider haben wir die exakte Frage nicht mitbekommen 🙁

Marcel antwortet, dass er auf keinen Fall grundsätzlich gegen die Wiedervernässung sei. Es sei aber immer eine Abwägungsfrage. Wahrscheinlich sei es in den meisten Fallen sinnvoll.

Frage hinsichtlich Rechtsruck: „Wie steht ihr und eure Parteien dazu, mit welchen Parteien und Initiativen würdet ihr Bündnisse schlißen und welche würdet ihr ausschließen?“

Hennis antwortet, dass sie weiterhin mit den Fraktionen zusammenarbeiten werden, mit denen sie bereits zusammengearbeitet haben, wenn die Mehrheiten stimmen. Eine Zusammenarbeit mit der AfD und der Initiative Bürgerentscheid schließen sie von vornherein aus. Mit der CDU sei das immer so eine Frage, aber da verbietet die CDU ja auch schon eine Zusammenarbeit. Ansonsten gibt es da aber auch wenige Anknüpfungspunkte.

„Vor allem mit der CDU vor Ort, die scheinbar immer den Schulterschluss nach Rechts sucht…“

Hennis Herbst

Jada stimmt Hennis grundsätzlich zu. Hier in Greifswald beschäftige sie auch viel die CDU. Sie haben da eine konsequente Haltung. Auch der Spitzenkandidat Barsch sieht die Brandmauer CDU in Greifswald als gefallen.

Kevin schließt auch komplett eine Zusammenarbeit aus. Er erinnert daran, wie die CDU und die AfD gesammelt eine Bürgerschaftssitzung verlassen haben.

Marcel kann sich keine Zusammenarbeit mit der AfD vorstellen, aber mit der Bürgerschaft schon.

Mercedes schließt sich dem an, dass es keine Zusammenarbeit mit rechten oder hetzerischen Parteien geben wird. Ihnen sei eine gute, kommunikative Zusammenarbeit wichtig. Dabei sei es wichtig, auf ähnliche Ziele zu achten.

Raphael nennt die Linke, die Alternative Liste und die Tierschutzpartei als gute Zusammenarbeitspartner. AfD auf keinen Fall, IBG nein. CDU wenn es mal ein gleiches Ziel gibt, aber eigentlich nicht.

Frage an Marcel:  Die CDU setze sich sehr stark gegen das Thema Abtreibungen hier an der Klinik ein. Wie sei da seine Meinung?

Marcel antwortet, das Thema Abtreibung sei bei ihm recht leidenschaftslos. Er sei nicht genug im Thema drin.

Mercedes hakt nochmal nach, ob er jetzt dafür oder dagegen sei.

Marcel habe keine klare Meinung dazu. Es sei ja auch kein kommunalpolitisches Thema.

Henry erklärt, es handle sich nicht um Verbote, sondern um Informationsthematiken.

Marcel antwortet, dass es bei ihnen unterschiedliche Meinungen gebe. Er sieht keinen Anlass, das zu verbieten. Aber er möchte keine Position beziehen, weil er dazu keine Meinung habe.

Frage an Marcel: Er habe ja kommentiert, dass die Straßen seit Honecker nicht erneuert wurden. Allerdings sei seit der Wende die CDU an der Macht gewesen – sei das eine Kritik an der eigenen Partei?

Marcel antwortet, er sehe das nicht auf die Parteien beschränkt. Er sehe sich das an und sehe, dass dort in letzter Zeit nicht viel passiert sei. Es sei eine Priorität, das Thema anzugehen.

Henry schließt die Podiumsdiskussion gegen 20:30 Uhr – auch um weitere Zwiegespräche zu vermeiden.

„Vielen Dank fürs Zuhören und Hiersein.“

Mercedes Spiering

Beitragsbild: Annica Brommann

AfD-MV: Das Wahlprogramm unter der Lupe

AfD-MV: Das Wahlprogramm unter der Lupe

Bauernproteste, Klimakleber, Treppenstürze und Nazi-Lieder – die letzten Wochen haben Mecklenburg-Vorpommern viel abverlangt. Keine Partei stand dabei so im Fokus wie die AfD. Grund genug, das Kommunalwahlprogramm der AfD in Mecklenburg-Vorpommern genauer zu betrachten.

Präambel

Am 9. Juni finden in Greifswald die Kommunal- und Europawahlen statt. Die letzten Wochen der Kommunalpolitik waren geprägt von Treppenstürzen, eskalierenden Bürgerversammlungen und vielen, vielen Demonstrationen . Das Klima ist spürbar aufgeheizt.
Im Zuge dieser Ereignisse wurde wohl über keine Partei so viel gesprochen, diskutiert und gestritten wie über die AfD. Das haben wir zum Anlass genommen, uns genauer mit der AfD-MV auseinanderzusetzen und die Ziele der Partei anhand ihres Wahlprogramms für die Kommunalwahl zu durchleuchten.

Es wäre schwierig, Themen wie Pflege, kommunale Finanzen oder Migration zu analysieren, ohne entsprechende Experten zu befragen. Hierzu griffen wir, sofern möglich, auf qualifizierte Wissenschaftler und deren Expertise zurück.

Aber ist es nicht realitätsfern, ein ganzes Wahlprogramm für bare Münze zu nehmen, da Parteien doch immer auf Koalitionen und Kompromisse angewiesen sind? Ja, das wäre es.

Nikolaus Kramer, Fraktionsvorsitzender der AfD-MV im Landtag und Listenplatz 1 für die Kommunalwahl in Greifswald, scheint das jedoch ganz anders zu sehen. In seinem Podcast stellt er seinem Interviewpartner René Springer (AfD, MdB) die Frage, die auch uns umgetrieben hat: „Der politische Gegner wirft uns vor, wir hätten keine Lösungen. Das kannst du alles gar nicht umsetzen, was wir in unserem Parteiprogramm zu stehen haben und unsere Kernforderungen. Bist du der Meinung, wir können unsere Versprechen tatsächlich in die Tat umsetzen […]?“1  Springer antwortet darauf sinngemäß: Ja, sofern die Wähler einem die Macht dazu verleihen. Ziel sei es, die absolute Mehrheit zu erringen. „Ja, richtig!“, bestätigt der Spitzenkandidat.2 

Kurz danach führt Nikolaus Kramer weiter aus und stellt klar: „Bei uns, bei der AfD, muss sich gar nichts ändern. Wir lassen uns ja nicht auseinanderdifferenzieren oder springen über irgendwelche Stöckchen. Wenn, dann muss sich etwas bei einem potenziellen Koalitionspartner ändern, damit dieser für uns koalitionsfähig bleibt.“3

Daraus erschließt sich für uns: Die Forderungen und Ziele der AfD bleiben bestehen. Auch Koalitionspartner können keinen Einfluss nehmen. Wir können das Programm also tatsächlich für bare Münze nehmen.

Was sind die wichtigsten Forderungen der AfD-MV?

Für Infrastruktur

  • Zustand kommunaler Straßen verbessern / Ausbau von Rad- und Wanderwegnetzen
  • Stillgelegte Bahnstrecken im ländlichen Raum reaktivieren
  • Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Bauvorhaben
  • Flächendeckende Bargeldversorgung

Für Ehrenamt bei der Freiwilligen Feuerwehr

  • Stärkere finanzielle Unterstützung bei der Beschaffung von Ausrüstung
  • Genügende Anzahl an Weiterbildungskursen

Sind die Forderungen kommunal umsetzbar?

Nein.  

Die meisten der genannten Forderungen sind nicht allein auf kommunaler Ebene umsetzbar. Sie erfordern eine enge Zusammenarbeit und finanzielle Unterstützung von Landes- und Bundesebene, um erfolgreich und nachhaltig realisiert zu werden.

Was lässt sich außerdem sagen?

Zu Infrastruktur:

Für die infrastrukturellen Forderungen sind die finanzielle Unterstützung von Land und Bund ein wesentlicher Faktor, ohne den viele Maßnahmen nur sehr schwer realisierbar sind. Kommunen können aber durch gezielte Planungsmaßnahmen, interkommunale Zusammenarbeit und die Nutzung von Förderprogrammen wichtige Schritte zur Umsetzung dieser Forderungen unternehmen. 
Um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, können die Kommunen durch Implementierung des Onlinezugangsgesetzes und die Nutzung moderner Technologien wie Künstliche Intelligenz auf lokaler Ebene unterstützen, indem sie digitale Plattformen für Genehmigungsverfahren bereitstellen.
Jedoch können einige Voraussetzungen wie beispielsweise die rechtlichen Rahmenbedingungen und Zuständigkeiten auf Landes- oder Bundesebene liegen und somit die Möglichkeiten der Kommunen beeinflussen oder bestimmen.  

Zur Freiwilligen Feuerwehr: 

Dass die Forderungen nach finanzieller Unterstützung und Weiterbildungskursen für die Freiwillige Feuerwehr in erster Linie auf Landesebene umzusetzen sind, wurde bereits ausgeführt.
Dennoch war es uns wichtig, die zu befragen, die es betrifft. Für unsere Recherchen baten wir also eine traditionsreiche Freiwillige Feuerwehr um ein Interview. Diese befindet sich etwa 45 Minuten von Greifswald entfernt, ruhig gelegen im ländlichen Raum. Wir hatten die Möglichkeit, direkt mit einem erfahrenen Feuerwehrmann zu sprechen. Dieser wollte nicht namentlich genannt werden, darum nennen wir ihn Marko.

Marko erklärte uns, wie er in den letzten Jahren viel Zeit und Engagement in die Feuerwehr steckte. Feuerwehr funktioniere nur mit Politik, daran habe er immer geglaubt. Deswegen sei ihm auch ein enger Kontakt beispielsweise zum Landesparlament besonders wichtig. Er habe es geschafft, politische Entscheidungen anzustoßen, und ist bis heute vor allem der CDU für deren Einsatz für die Freiwillige Feuerwehr dankbar. Befürchtungen habe er insofern, dass die Investitionen nicht als Kreislauf wahrgenommen würden. Konkrete Vorschläge und ein Grundinteresse an dem nicht ganz unwichtigen Thema Brandschutz seien deshalb erforderlich.

Die AfD-MV fordert, dass genügend Kurse angeboten werden, um die Anforderungen an die Spezialisierung der Feuerwehrkameraden zu erfüllen. „Ein großes Problem ist nicht etwa, dass nicht genug Weiterbildungsmaßnahmen angeboten werden, sondern dass sie nicht zugänglich sind“, sagt uns Marko im Interview.
Er schildert uns, dass die Landesfeuerwehrschule in Malchow zu klein sei. Viele Lehrgänge würden schon dezentral angeboten, dennoch seien für manche Lehrgänge Wartezeiten von über vier Jahren normal.

Auch beim Grundinteresse an dem Ehrenamt Freiwillige Feuerwehr habe sich einiges entwickelt. Marko berichtet von Veranstaltungen, zu denen auch politische Vertreter eingeladen wurden. Mittlerweile würden Politiker aber auch eigeninitiativ auf ihn zukommen. „Die SPD hat sich gemeldet – von sich aus – die CDU sowieso. Die haben gesagt: Wir möchten gerne mal vorbeikommen und die Wache angucken. Dann können wir uns unterhalten und ihr sagt, was ihr braucht, wie ihr euch finanziert und wohin die Wege führen sollen. Aber ich habe noch keinen AfD-Politiker gesehen, der in eine Kommune gefahren ist und gefragt hat: Was braucht ihr? Wie können wir helfen? … Ist das nicht traurig?“

Was sind die wichtigsten Forderungen der AfD-MV?

  • "Wiederherstellung" und Wahrung der Sicherheit
  • Erhöhte Polizeipräsenz, Verstärkung der Ordnungsämter
  • Konsequentere Abschiebungen (zur Analyse siehe Migration)

Sind die Forderungen kommunal umsetzbar?

Nein.  

Sollte die Sicherheit gefährdet sein, würden die Kommunen sicherlich nicht allein gelassen werden. Maßnahmen zur Wiederherstellung der Sicherheit erfordern eine landes- oder sogar bundespolitische Autorisierung. Die Verstärkung der Ordnungsämter ist größtenteils auf kommunaler Ebene umsetzbar. Konsequentere Abschiebungen hingegen sind hauptsächlich von der Bundesebene abhängig.

Was kann außerdem gesagt werden?

Zur “Wiederherstellung der Ordnung“:

Der Begriff "Wiederherstellung" wird im Programm der AfD-MV bewusst genutzt.
Er deutet an, dass nach Ansicht der AfD-MV die Sicherheit in unserem Bundesland bereits verloren gegangen ist. Das sollte alarmierend sein. Aus dem Wahlprogramm ist nicht ersichtlich, worauf die Parteimitglieder ihre Ängste begründen. Wären die Sicherheit und Ordnung, die freiheitlich-demokratische Grundordnung, wirklich gefährdet, so wäre die Präsenz von Polizei und Bundeswehr eine ganz andere.
Es bleibt unklar, wie die AfD-MV zu dieser Ansicht gekommen ist. Doch Dramatik überzeugt manchmal mehr als eine Statistik.

Zu erhöhter Polizeipräsenz und Verstärkung der Ordnungsämter: 

Sicherheit ist ein vielschichtiges Thema.
Während erhöhte Polizeipräsenz kurzfristig zu einem Rückgang der Kriminalität und einem gesteigerten Sicherheitsgefühl beitragen kann, sind die finanziellen Kosten, die potenzielle Verlagerung der Kriminalität und die gesellschaftlichen Auswirkungen wichtige Faktoren, die berücksichtigt werden müssen.
Eine nachhaltige Strategie zur Kriminalitätsbekämpfung sollte daher langfristige und präventive Maßnahmen umfassen. Damit sind konkret Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut, sozialer Ungleichheit und anderen strukturellen Ursachen von Kriminalität gemeint.

Gibt es einen “klaren statistischen Zusammenhang zwischen Masseneinwanderung und Gewaltkriminalität“?

Quelle: polizei.mvnet.de, Jahresbericht PKS 2023

Quelle: polizei.mvnet.de, Jahresbericht PKS 2023 

Das Wahlprogramm der AfD-MV spricht von einem klaren statistischen Zusammenhang zwischen Masseneinwanderung und dem Anstieg von Gewaltkriminalität.
Schauen wir uns das in der Abbildung an: Wir können sehen, wie die Gewaltkriminalität von 2014 bis 2019 jedes Jahr ein wenig ansteigt. Wenn wir der AfD-MV folgen wollen, so würden wir erwarten, dass besonders in den Jahren 2016 und 2017 – zu Zeiten der großen Geflüchtetenwelle – die Kurve stark ausschlagen müsste. Das tut sie aber kaum.
Ab 2020 dann ein großer Fall bis auf 2.600 erfasste Fälle, und ab dann wieder aufwärts.Die AfD-MV kennt für diesen Anstieg nur eine Ursache: Masseneinwanderung. 

Forschende des Bundeskriminalamtes (BKA) haben drei Hauptfaktoren identifiziert, die zu dieser Entwicklung beigetragen haben: Diese Faktoren zeichnen ein komplexes Bild, in dem soziale Umstände eine zentrale Rolle spielen.
Während der Covid-19-Pandemie war die Mobilität stark eingeschränkt, was zu einem Rückgang der Straftaten führte. Mit dem Ende der pandemiebedingten Beschränkungen im Frühjahr 2023 hat sich die Situation jedoch grundlegend verändert. Menschen sind wieder häufiger unterwegs, was automatisch mehr Gelegenheiten für Gewaltdelikte bietet. Öffentliche Räume sind stärker frequentiert und damit anfälliger.
Ein weiterer bedeutender Faktor ist die aktuelle wirtschaftliche und soziale Lage. Die Inflation wird von der Bevölkerung als ein ernsthaftes Problem wahrgenommen und steht in direktem Zusammenhang mit der Anzahl der Gewaltdelikte. In wirtschaftlich schwächeren Regionen sind die Kriminalitätsraten besonders hoch. Hinzu kommen die psychischen Belastungen, die vor allem Kinder und Jugendliche infolge der Corona-Maßnahmen zu tragen haben. Diese erhöhten Belastungen können die Anfälligkeit für Straftaten steigern, da Stress und Unsicherheit häufig zu impulsivem Verhalten führen.
Auch Migration wird als Faktor genannt. Es ist allerdings nicht die Herkunft der Menschen, sondern ihre oft prekäre Lebenssituation, die hier eine Rolle spielt. Die Lebenssituation in Erstaufnahmeeinrichtungen, wirtschaftliche Unsicherheit und vorherige Gewalterfahrungen sind Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit von Gewaltkriminalität erhöhen können. Eine bessere Integration und Unterstützung können helfen, diese Risiken zu minimieren.

Wer immer noch behauptet, der Anstieg sei ganz klar auf Masseneinwanderung zurückzuführen, ignoriert die zwei anderen Faktoren also völlig.

Wer sich dafür interessiert, warum die Forderung nach konsequenterem Abschieben eine große Illusion ist, der kann gerne unter dem Punkt „Asyl und Migration“ weiterlesen.

 

Das Problem mit den Forderungen

In ihrem Wahlprogramm präsentiert die AfD verschiedene Vorschläge zur Familienpolitik.
Wir setzten uns mit Experten auseinander, um die Vorschläge einzuordnen. Das Problem: Die Forderungen als solche sind politisch diskutabel und umsetzbar, die Präsentation wirft aber tiefgreifende Fragen auf.

Das "Baby-Begrüßungsgeld"

So propagiert die AfD-MV ein Baby-Begrüßungsgeld als Teil einer "Kinder-Willkommenskultur".
Diese Aufmachung ist problematisch. Der Begriff der "Willkommenskultur" entstand während der Geflüchtetenwelle. Er bezeichnet zum einen die positive Einstellung von Bürgern, Politikern, Unternehmen, Bildungseinrichtungen, Sportvereinen und anderen Institutionen zu Migranten. Zum anderen drückt der Begriff den Wunsch aus, dass Migranten allen Menschen, denen sie begegnen, willkommen sein mögen.
Die AfD-MV vertritt eine klare Position gegen Einwanderung (s. Migration und Asyl). Durch das erneute politische Aufladen dieses Begriffs werden neue Spannungen geschaffen. So bleibt es auch beispielsweise unklar, ob Zugewanderte überhaupt Anspruch auf ein Baby-Begrüßungsgeld hätten. Oder mit anderen Worten, welche Familien die AfD-MV damit unterstützen möchte und welche nicht.

Die Familienbeauftragte, auf Kosten der Gleichstellungsbeauftragten:

Die AfD-MV sieht die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau in Deutschland als gegeben an und will daher die Gleichstellungsbeauftragten in Familienbeauftragte umwandeln.
Erneut, ein politisches Argument mit fadem Beigeschmack. Der Vorschlag einer Familienbeauftragten könnte von mehreren politischen Lagern konstruktiv diskutiert werden. Diese Begründung ignoriert aber tatsächliche Ungleichheit, die noch immer existiert. So erfasste die Hans-Böckler-Stiftung, dass im Jahr 2020 Frauen rund 18 Prozent weniger verdienen würden als Männer. Bis 2023 habe sich dahingehend nichts getan.

Die Angst vor dem "Gender-Mainstreaming" 

Sogenanntes "Gender-Mainstreaming" beschreibt die Verpflichtung, bei allen Entscheidungen die unterschiedlichen Auswirkungen auf Männer und Frauen in den Blick zu nehmen. So definiert es das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die AfD-MV sieht das als Gefahr für die Gesellschaft. Die Partei erklärt: "Die Natur kennt zwei Geschlechter. Die Gender-Ideologie hingegen will die aus der Biologie resultierende Geschlechteridentität zerstören." Und spricht von einer "Indoktrinierung" durch eine "laute Minderheit". 

Doch Wissenschaftler wie Dr. Anne Fausto-Sterling und selbst die  Weltgesundheitsorganisation (WHO) betonen, dass Geschlecht sich aus sozialen Konstrukten zusammensetzt und von Gesellschaft zu Gesellschaft variieren kann.
Diese Definition betont die soziale Dimension von Geschlecht und unterstreicht, dass es sich nicht nur um eine biologische Dichotomie handelt. Daher ist es wichtig anzuerkennen, dass die Komplexität der Geschlechteridentität nicht auf einfache biologische Identitäten reduziert werden kann. 

Der politische Diskurs muss stets auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und respektvollem Dialog basieren. Diese Erkenntnisse zu verleugnen, wäre weder respektvoll noch wissenschaftlich.

Was sind die wichtigsten Forderungen der AfD-MV?

  • Erhalt und Ausbau der bestehenden Schulstruktur
  • Vermeidung von Unterrichts- und Betreuungsausfall
  • Schülerbeförderung mit Sitzplatzgarantie
  • Stärkung der Berufsausbildung
  • Erhalt der Förderschulen

 

Sind die Forderungen kommunal umsetzbar? 

Eher nein. 

Viele Maßnahmen, wie der Erhalt und Ausbau der Schulstruktur sowie die Digitalisierung, erfordern übergeordnete Unterstützung und ausreichende finanzielle Mittel. Die Bekämpfung des Lehrermangels und die Stärkung der Berufsausbildung benötigen eine Koordination mit Landes- und Bundesebenen. Der Erhalt der Förderschulen widerspricht der Inklusionspolitik und benötigt spezialisierte Ressourcen. Die Schülerbeförderung mit Sitzplatzgarantie ist organisatorisch machbar, bedarf jedoch finanzieller Investitionen und Planung.

 

Was kann außerdem gesagt werden?

Zu Erhalt und Ausbau der Schulstruktur: 

Die AfD fordert ein dichtes Netz an allgemein- und berufsbildenden Schulen, unterstützt durch umfangreiche Bau- und Sanierungsmaßnahmen sowie eine moderne technische Ausstattung und Digitalisierung.
Die Finanzierung solcher umfangreichen Vorhaben stellt eine große Herausforderung dar, insbesondere für finanzschwache Kommunen. Landes- und Bundeszuschüsse sind also unerlässlich, um diese Maßnahmen zu ermöglichen.

Zu Vermeidung von Unterrichts- und Betreuungsausfall: 

Ganztagsschulen mit umfassenden Betreuungsangeboten, einschließlich Hausaufgabenhilfe und Freizeitprogrammen, sollen laut AfD-MV den Unterrichtsausfall minimieren. Zudem soll der Mangel an Lehrpersonal durch Änderungen im Lehramtsstudium und kommunale Anwerbemaßnahmen bekämpft werden. Während Kommunen Ganztagsschulangebote einrichten können, erfordert die Bekämpfung des Lehrermangels Maßnahmen auf Landes- und Bundesebene. Zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen sind nötig, die kurzfristig oft schwer bereitzustellen sind.

Zu Schülerbeförderung mit Sitzplatzgarantie:

Die AfD verlangt eine zuverlässige Schülerbeförderung mit ausreichenden Bussen in enger Taktung und Sitzplatzgarantie für jeden Schüler. Zudem sollen Schüler den öffentlichen Nahverkehr kostenlos nutzen können, auch wenn sie nicht die örtlich zuständige Schule besuchen.
Diese Maßnahmen sind ganz prinzipiell auf kommunaler Ebene umsetzbar, erfordern jedoch erhebliche Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr und eine gute logistische Planung. Die Bereitstellung von Bussen und Fahrern stellt eine zusätzliche Herausforderung dar.

Zu Stärkung der Berufsausbildung:

Zur Förderung der dualen Ausbildung soll die Anzahl der Berufsschulen erhöht werden. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit Landesregierungen und regionalen Bildungsbehörden. Kommunen können unterstützende Initiativen ergreifen, sind jedoch auf übergeordnete Hilfe angewiesen.
Ohne eine ausreichende Nachfrage nach Ausbildungsplätzen könnte der Ausbau ineffizient sein.

Zu Erhalt der Förderschulen:

Die AfD spricht sich für den Erhalt der Förderschulen aus, die als Orte echter Inklusion gesehen werden. Ein gegliedertes Schulsystem aus Regional- und Förderschulen sowie Gymnasien wird befürwortet.
Diese Forderung steht im starken Widerspruch zur aktuellen Inklusionspolitik, die auf die gemeinsame Beschulung aller Schüler abzielt.

Zu den Forderungen des Wahlprogramms:

Auch hier könnten wir stumpf Vorschläge und Forderungen der AfD-MV wiedergeben und einordnen.
Beispielsweise könnten wir die widersprüchlich gesetzten Prioritäten thematisieren: Normalerweise gilt für die AfD-MV nämlich ein strikter Abbau der Bürokratie und der Wunsch nach einem "schmalen Staat". Was den Denkmalschutz betrifft, fordert die Partei jedoch mehr Personal für die betroffene Behörde.
Insgesamt könnten die Forderungen für Heimat einen wirren Eindruck vermitteln: Sie schlagen eine Förderung der niederdeutschen Sprache, den Erhalt "herrschaftlicher Gutshäuser" und Chorarbeit vor. Allesamt Dinge, die harmlos wirken. Die AfD zeigte aber mutmaßlich bei einem Treffen zur sogenannten "Remigration" von Millionen Menschen, wie offen ihr Heimatverständnis ist.

Die Forderungen abseits des Wahlprogramms? Remigration?

Nach Recherchen von CORRECTIV sähe der Remigrationsplan vor, dass alle, die nicht als ausreichend "deutsch" angesehen würden, beispielsweise deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund, abgeschoben oder durch "hohen Anpassungsdruck" zur Auswanderung gebracht werden sollten. In einigen Fällen könnten politische Gegner oder sogar Journalisten ins Visier genommen werden. Abgeschoben werden sollte vorzugsweise nach Afrika, um dort einen "Musterstaat" zu schaffen. Ein Vorhaben, das die Verweisung von Menschen aufgrund ihrer politischen Überzeugungen, Ethnie oder Religion fordert, würde grundlegende Menschenrechte verletzen.

Die Politik, die durch die CORRECTIV-Recherchen aufgezeigt wird, würde versuchen, eine ethnische und politische Homogenität im Land zu erzwingen. Diese Maßnahmen würden Minderheiten unterdrücken und die politische Opposition zum Schweigen bringen."Die AfD versteckt unter dem Mantel der Bürgerlichkeit tiefe braune Abgründe", resümiert der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Dirk Wiese, zu den CORRECTIV-Recherchen.

Was sind die wichtigsten Forderungen der AfD-MV?

Für alle Versorgungsbereiche:

  • Ausbau von Praxiskliniken für ambulantes Operieren
  • Arztpraxis auf Rädern
  • Organisation regionaler Bereitschaftsdienste
  • Ausbau der Leistungsoptionen im vorärztlichen Betreuungsbereich
  • Abbau der Hürden bei der Anstellung von ärztlichem Personal

Für den Pflegenotstand:

  • Mehrgenerationshäuser, um dem Pflegenotstand entgegenzuwirken

Zurücknahme des Tariftreuegesetzes 

Sind die Forderungen kommunal umsetzbar? 

Eher nein. 

Die Umsetzbarkeit dieser Forderungen hängt stark von der Zusammenarbeit zwischen kommunalen und staatlichen Behörden sowie von den verfügbaren finanziellen Ressourcen und rechtlichen Rahmenbedingungen ab.

Was kann außerdem gesagt werden?

Zu den beispielhaften Forderungen für alle Versorgungsbereiche:

Zu diesen Vorschlägen hatten wir die Möglichkeit, Prof. Dr. Steffen Fleßa zu befragen.
Steffen Fleßa ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement an der Universität Greifswald. Zudem publizierte er 2021 die wissenschaftliche Arbeit "Notfallversorgung auf dem Land", in welchem er  Lösungen und Ergebnisse in Bezug auf Wirtschaftlichkeit, medizinischen Nutzen und Nachhaltigkeit darstellt.

Steffen Fleßa erklärt, dass die einzelnen Forderungen "sich in ein Gesamtkunstwerk fügen müssen". Damit ist gemeint, dass beinahe jeder einzelne Vorschlag für sich genommen unzureichend wäre, aber in Kombination mit den anderen Vorschlägen umsetzbar.
Beispielsweise der Ausbau von Praxiskliniken zum ambulanten Operieren: Wenn ein Rentner eine Blinddarm-OP durchläuft, wäre es grob fahrlässig, ihn zwei Stunden lang mit dem Bus fahren zu lassen und ihn dann der Obhut seiner vermutlich nicht minder alten Frau zu überlassen. Gepaart jedoch mit der Forderung von Fahrdiensten, Telemedizin und erreichbarem ärztlichen Personal wäre dieses Vorhaben umsetzbar, befindet Fleßa.

Zu dem Pflegenotstand und den Mehrgenerationenhäusern:

"Es gibt viele Beispiele, wo das wunderbar funktioniert, und es gibt viele Beispiele, wo das gar nicht funktioniert", schildert uns Steffen Fleßa.
Er erklärt, dass solche Konzepte erfahrungsgemäß besonders erfolgversprechend sind, wenn sie frühzeitig zum Einsatz kommen, beispielsweise wenn ältere Menschen noch körperlich fit sind und es lange bleiben.
Sobald jedoch Pflegegrad 3 erreicht ist, wären Mehrgenerationenhäuser und Wohngemeinschaften schnell am Ende. Schon für eine Familie kann die häusliche Pflege eines Mitglieds zur zeitlichen Zerreißprobe werden.
"Wer jemanden mit einem Pflegegrad 3, 4 oder 5 wirklich pflegt, der ist nach einem halben Jahr in der Regel vollkommen fertig. Es ist ein 365-Tage- und 24-Stunden-Job. Und noch dazu ein schwerer Job." Eine vollständige Lösung des Pflegenotstands durch Mehrgenerationenhäuser oder Wohngemeinschaften ist also eher nicht absehbar.

Zu dem Tariftreuegesetz:

In aller Kürze besagt das Tariftreuegesetz folgendes: Eine staatliche Stelle darf von keinem Unternehmen Dienstleistungen oder Sachgüter annehmen, die selbst wiederum nicht bei ihren eigenen Mitarbeitern Tarifbindung haben. 

Den Status Quo veranschaulichen wir in einem Beispiel: Wir beauftragen einen Reinigungsdienst für ein Krankenhaus. Wenn die Summe groß genug ist, müsste diese Stelle europaweit ausgeschrieben werden.
Nun könnte sich ein Reinigungsdienst aus beispielsweise Spanien bewerben. Die Leiharbeiter würden dann hochgeschickt, könnten in Zelten übernachten und würden mit einem Stundenlohn von 3,20€ "entlohnt" werden. Theoretisch ist das zurzeit möglich.
Das Tariftreuegesetz regelt nun, dass wir bei den Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, sicherstellen müssen, dass diese auch die Tariftreue einhalten. Die spanischen Putzkräfte müssen also die gleiche Tarifbindung haben wie die eigenen Putzkräfte.

Steffen Fleßa sagt dazu folgendes: "Natürlich kann dies für das einzelne Krankenhaus erst einmal Mehrkosten bedeuten. Auf der anderen Seite: Kann es wirklich das Ziel sein, dass ein Krankenhaus an einer Stelle systematisch einspart und dafür an anderer Stelle die Menschen systematisch krank gemacht werden? Sei es durch schlechte Bezahlung oder schlechte Arbeitsbedingungen?
Wäre es nicht viel sinnvoller zu sagen: Menschen, die in diesem Krankenhaus arbeiten, werden fair und ordentlich bezahlt. Ich sorge dafür, dass entweder das gesamte Krankenhauswesen ausreichend finanziert ist oder ich von Anfang an sage, welche Leistung ich mir in diesem Bundesland nicht leisten kann, nicht leisten will – oder in ganz Deutschland.
De facto ist es aber so, dass wir uns manche Sachen nicht leisten können oder nicht leisten wollen. Wir sollten diese Rationierung aber nicht auf den Rücken der Schwächsten austragen. Es sind in der Regel die niedrigsten Lohngruppen, welche ausländische Tarife oder überhaupt gar keine Tarife haben. Wir würden dann auch noch bewusst mit diesen Menschen zusammenarbeiten, nur weil sie noch mal ein paar Euro billiger sind. Das glaube ich, ist eine grob ungerechte Sache und das tut auch uns als Gesellschaft nicht gut.
Ein Krankenhaus ist ein Teil des Gesundheitswesens, das eine soziale Verantwortung für die ganze Gesellschaft hat. Dazu gehört, im Sinne der WHO, dass das Krankenhaus nicht dazu beiträgt, dass der Rest der Gesellschaft, die nicht bis ins Krankenhaus kommen, noch kränker wird als sie vorher waren. Wenn sie solche Nebeltarife haben oder wenn sie überhaupt keinen Tarifvertrag haben oder alle möglichen aus dem Ausland nehmen, die ganz anderen Arbeitsgesetzgebungen unterliegen, dann macht das den Rest der Gesellschaft kranker."

 

Was sind die wichtigsten Forderungen der AfD? 

  • Stärkung des Mittelstands durch Bürokratieabbau.
  • Förderung des Tourismus - aber nicht zulasten der Natur und der "einheimischen Lebenskultur".
  • Rücknahme des Tariftreuegesetzes.

Sind die Forderungen kommunal umsetzbar? 

Ja, tatsächlich könnte die AfD auf kommunaler Ebene ihre Forderungen im Bereich "Wirtschaft und Soziales" umsetzen. Dies liegt auch maßgeblich daran, dass die Ziele recht allgemein gehalten sind.

Was kann außerdem gesagt werden? 

Zur Stärkung des Mittelstands durch Bürokratieabbau: 

Die Partei könnte tatsächlich auf kommunaler Ebene die Bürokratie abbauen, um den Mittelstand zu unterstützen. Auch eine Absenkung der Gewerbesteuer könnte umgesetzt werden, da sie von den Gemeinden erhoben wird.

Zur Förderung des Tourismus - aber nicht zulasten der Natur und der "einheimischen Lebenskultur": 

Die Forderung, den Tourismus zu fördern und dabei gleichzeitig auf den Schutz der Natur zu achten, bleibt abstrakt. Sie wird auch von anderen Parteien, wie den Grünen, gefordert.
Das einzige konkrete Detail ist die Ablehnung einer Kurtaxe für Einheimische und der "Bettensteuer". Unter einer Bettensteuer versteht man eine Abgabe, die Touristen bei der Übernachtung in einem Hotel entrichten müssen. Diese Steuer kann - genau wie Kurtaxen - von Kommunen erhoben werden, und die Erlöse würden ihnen gehören.
In Mecklenburg-Vorpommern erheben derzeit Schwerin, Wismar, Greifswald und Stralsund eine Bettensteuer. In Schwerin gelten die Einnahmen aus dieser Steuer als essenziell für den Haushalt der Landeshauptstadt.

Zu dem Tariftreuegesetz:

In Deutschland können Tariftreuegesetze auf kommunaler Ebene von den jeweiligen Kommunalparlamenten beschlossen oder geändert werden.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Tariftreuegesetze oft auf Landesebene erlassen werden und die kommunalen Gesetze die Vorgaben des Landesgesetzes nicht unterschreiten dürfen.
Wenn euch das Tariftreuegsetz interessiert, dann schlagt gerne unter "Gesundheit und Pflege“ nach. Dort wird erläutert, worum es sich dabei handelt und was das für Auswirkungen haben kann. 

Was sind die wichtigsten Forderungen der AfD-MV?

  • Auflagen für Landwirtschaft zurücknehmen
  • Naturschutz mit Augenmaß
  • Jagdreviere an ortsansässige Jäger vergeben, Bürokratie für Fischer abbauen

Sind die Forderungen kommunal umsetzbar?

Nein.

Die Auflagen für Landwirtschaft und Naturschutz werden auf nationaler oder sogar internationaler Ebene festgelegt, während die Vergabe von Jagdrevieren und die Bürokratie für Fischer auch staatliche oder regionale Zuständigkeiten erfordern.

Was kann außerdem gesagt werden?

Die AfD moniert in ihrem Wahlprogramm die “Zwangsökologisierung”, die die mittelständischen Bauern in MV bedroht. Das Horrorszenario, das sie zeichnen: Die Bauern, die uns mit gesunden, lokal angebauten Nahrungsmitteln versorgen sollen, ertrinken im Meer der Bürokratie der Umweltauflagen.
Deswegen will die Partei Bürokratie abbauen und generell für einen “Naturschutz nach Augenmaß” eintreten.
Vermutlich bezieht sich die AfD hier auf die Vorgaben der EU, die Höfe erfüllen müssen, um Subventionen zu erhalten, sagt Dr. Stefan Ewert, Leiter des Arbeitsbereichs “Ländliche Nachhaltigkeit” der Politikwissenschaft. Umgekehrt - so Ewert - gibt es einige naturwissenschaftliche und stichhaltige Argumente, die dafür sprechen würden, dass die Auflagen zu schwach sind und weder Biodiversität noch Klima substantiell schützen. “Vielleicht meint das Wahlprogramm aber auch den häufig kritisierten großen bürokratischen Aufwand, der für die Landwirte damit verbunden ist.
So oder so: Die kommunale Ebene hat eigentlich keinen Einfluss auf diese Dinge”, sagt Dr. Ewert auf Anfrage.

Auch die Forderungen nach Bürokratieabbau bei der Jagd- und Fischereiwirtschaft sind in einem Kommunalwahlprogramm falsch adressiert.
Der Einfluss von Kommunen auf die Agrarpolitik bleibt gering, bei der Fischerei- und Jagdpolitik liegen bei den Kommunen weitestgehend nur verwaltungstechnische Aufgaben, sagt Ewert.
Der Politikwissenschaftler weist beim Thema “Ländliche Räume” des AfD-Kommunalwahlprogramms auf generelle Widersprüche hin: Die Verpachtung von Jagdrevieren an ortsansässige Jäger ergibt Sinn. “Dieser Punkt steht aber unter der Überschrift 'Jagd ohne bürokratische Überregulierung'. Bisher gibt es keine bürokratischen Regulatorien dazu, die Erfüllung der einen Forderung kollidiert somit zwangsläufig mit der anderen,” so Ewert.
Die Forderungen der AfD in Mecklenburg-Vorpommern zur Agrar-, Jagd- und Fischereipolitik zielen auf die Stärkung der lokalen Wirtschaft und die Reduktion von Bürokratie ab. Allerdings zeigen die Ausführungen von Stefan Ewert, dass viele dieser Forderungen in ihrer Zielsetzung widersprüchlich sind."

Herkunftskontinente aller Zuwanderer MVs

Quelle: Landesamt für innere Verwaltung

Was sind die wichtigsten Forderungen der AfD-MV?

  • Ein Modell einführen, angelehnt an Dänemarks Anti-Ghetto-Politik.
  • Aufnahmestopp für Kommunen.
  • Mehr "Rückkehrberatungen"

Sind die Forderungen allein kommunal umsetzbar?

 Nein.

Migrationspolitik ist Bundespolitik und hängt außerdem von verschiedenen Faktoren ab, darunter die gesetzlichen Rahmenbedingungen, finanzielle Verhältnisse, internationalen Verpflichtungen und politische Unterstützung.

 

Was lässt sich außerdem sagen? 

Zu Dänemarks Anti-Ghetto-Gesetz: 

Im Jahr 2018 wurde der "Ghettoplan“ in Dänemark eingeführt.
Ziel dieser Spezialgesetzgebung war es, bestehende "Ghettos" aufzulösen. Es zeugt von wahrer Menschenfeindlichkeit, als offiziellen Titel dieses Gesetzes ausgerechnet den Begriff „Ghetto“ zu wählen.
"Ghetto" ist ein von den Nationalsozialisten verwendeter Ausdruck für jüdische Wohngebiete und Sammellager, die als Zwischenstationen vor dem Transport in Vernichtungslager dienten.
Die Gesetzgebung sieht vor, dass in Gebieten, in denen der Bevölkerungsanteil über 50 % "nicht-westlicher Einwanderer und ihrer Nachkommen" liegt, zwangsweise die Bevölkerung ausgetauscht wird. Zuziehen dürfen dann ausschließlich dänische oder „westliche“ Menschen.
Die noch bestehenden Sozialwohnungen sollen vorzugsweise abgerissen und neu gebaut werden. Die Kommunen können dies auch selbst beschließen. Eine Begründung aus "strategischen Gründen" reicht hierbei aus. 

Was Regierungschef Lars Løkke als „eine Hoffnung auf ein Dänemark, in dem wir auf das Gleichgewicht und aufeinander achten“ präsentiert, offenbart sich jedoch zunehmend als sozial- und klimapolitisches Fiasko.
Denn: Es wird größtenteils den Wohnungsunternehmen selbst überlassen, wie die Quoten erreicht werden. Diese packen die Gelegenheit beim Schopf und reagieren drastisch.
Sie verkaufen, renovieren, reißen ab und bauen neu. Die Unternehmen versuchen, das Möglichste zu tun, um die Ziele zu erreichen und Gewinne maximal auszureizen. Das Abreißen von bezahlbarem Wohnraum und Errichten von Luxuswohnungen wirkt sich auf die Klimastatistik genauso verheerend aus, wie es klingt.
Außerdem verlieren dabei nicht nur „nicht-westliche“ Menschen, sondern auch die Dänen selbst. Die dänische Tageszeitung Politiken interviewte den in Pakistan geborenen 55-jährigen Taxifahrer Arif Mohammed. „Ich bin seit 32 Jahren in Dänemark und habe immer gearbeitet. Ich lebe nicht auf Kosten des Staates und habe das nie getan. Darauf bin ich sehr stolz.“
Der Taxifahrer ist also kein Krimineller. Er und seine Frau müssen dennoch ausziehen. Passend stellt er fest: „Ich werde dafür bestraft, dass ich am selben Ort wie die lebe: Eine grenzenlose Ungerechtigkeit.“ 

Auch die 80-jährige Rentnerin Lisbeth Bjerregaard Saugmann spricht offen über die Ungerechtigkeit. Ihre Wohnung wurde mit einer dreimonatigen Frist wegen Renovierungen gekündigt.
Eine Aussicht auf einen neuen Vertrag bekam sie gleich dazu. Die neue Miete für ihre renovierte Wohnung konnte sie sich mit der schmalen Pension vermutlich nicht leisten. 

Es stellt sich die Frage, ob die AfD-MV einen ähnlichen Wandel für Greifswald vorsieht und welchen Preis dieser Wandel verlangt. 

Zu Migration, Asyl und konsequentem Abschieben: 

Wer Obergrenzen fordert, sollte diese auch konkret beziffern können. Davon fehlt in diesem Wahlprogramm jede Spur.
Grundsätzlich gelten nach wie vor das Grundrecht auf Asyl und die Genfer Flüchtlingskonventionen. Diese Gesetze berechtigen jeden, der Schutz sucht, ein Asylverfahren zu erhalten.
Ein solches Verfahren erforderte im ersten Halbjahr 2022 bis zu einer unanfechtbaren Entscheidung rund 21,8 Monate. Für den gesamten Verfahrenszeitraum bringt eine Obergrenze den Kommunen überhaupt nichts, da die finale Entscheidung zwischen Abschiebung, Asyl und allem, was dazwischen liegt, aussteht.
Das Versprechen eines sofortigen Aufnahmestopps erscheint unter Einhaltung geltenden Rechts also als sehr schwer.

Zu den nackten Zahlen: Laut dem statistischen Bundesamt lebten am 31.12.2023 rund 3,1 Millionen Geflüchtete in Deutschland. Davon sind nur ungefähr 48.700 Menschen „unmittelbar ausreisepflichtig“. Nur diese 48.700 Menschen - oder 1,56% - könnten abgeschoben werden.
Die Gründe für diesen Status können vielfältig sein. Entweder weil der Asylantrag nicht bewilligt wurde, weil das Visum abgelaufen ist oder weil keine weitere Duldung ausgesprochen wurde. Die darauf möglichen Abschiebungen sind außerdem oft teuer und umständlich. Warum eine Abschiebung nicht erfolgen kann, hat ebenfalls vielfältige und oft individuelle Gründe.
Auch hier sprechen die Zahlen für sich: Rund 24.700 Abschiebungen sind 2023 vor der Übergabe der ausreisepflichtigen Personen an die Bundespolizei gescheitert. Im Regelfall lag die Ursache darin, dass Abschiebeflüge kurzfristig gestrichen wurden. Nur bei genau 248 Abschiebungen wurden diese wegen des Widerstands der Betroffenen abgebrochen. Dies entspricht ziemlich genau einem Prozent der 24.700. In 64 Fällen konnte die Abschiebung wegen medizinischer Gründe nicht erfolgen. In 175 Fällen weigerte sich die Fluggesellschaft oder der Pilot, die Abzuschiebenden zu transportieren.
Tatsächlich abgeschoben wurden 16.430 Personen, sowie 5.053 im Rahmen der Dublin-III-Verordnung. Das sind bereits 27% mehr Abschiebungen als im Jahr zuvor. Außerdem wurden 9.544 Anträge zur geförderten Ausreise bewilligt. Es haben also knapp 45% der abgeschobenen Personen 2023, bereits freiwillig das Land verlassen. Daraus lässt sich schließen, dass auch die bisherigen "Rückkehrberatungen" durchaus einen Effekt zeigen. 

Nach Betrachtung der Zahlen sollte folgendes deutlich werden: Selbst wenn doppelt und dreifach abgeschoben würde, wäre der Effekt in den Kommunen wahrscheinlich kaum spürbar.
Die Forderung nach konsequenter Abschiebung steht außerdem vor rechtlichen, ethischen, praktischen und weiteren Fragen, welche die Kommunen jedoch nicht eigenständig beantworten müssen. 

Warum? 

Weil Migrationspolitik auf Bundesebene stattfindet. Der Bund verteilt auch nach festen Schlüsseln auf die Kommunen. Sicherlich kann auf kommunaler Ebene über die Art und Weise der Unterbringung diskutiert werden, jedoch ist die Frage nach Abschiebungen eindeutig Bundessache. Warum die AfD-MV dieses Verfahren nicht transparent macht, erschließt sich nicht.
Ehrlich gegenüber dem Wähler ist das jedoch nicht.
Daraus kann sich die Vermutung ergeben, dass die Partei gezielt versucht sich eine Stimmung zu Nutzen zu machen.

ca. 1.35.000 Hektar Fläche landwirtschaftlich genutzt (in grün und ohne Brille erkennbar). 5.000 Hektar sind die Obergrenze der für den Photovoltaik-Ausbau freizugebenden Ackerfläche (schwarz und mit Brille erkennbar).

 

Was sind die wichtigsten Forderungen der AfD-MV?

  • Ein breiter Energiemix aus Kernkraft, Kohle und Gas mit erneuerbaren Energien als sinnvolle Ergänzung.
  • neue Abstandsregelung für den Ausbau von Windrädern
  • Photovoltaikanlagen – Solarpanele – sollen nicht auf fruchtbaren landwirtschaftlichen Flächen errichtet werden
  • Abschaffung des "Klimanotstandes" in einigen Orten MVs.

Sind die Forderungen allein kommunal umsetzbar?

Nein.

Insgesamt ist der Einfluss der Kommunen auf die Forderungen begrenzt. Abstandsregelungen für Windräder werden auf Landes- oder Bundesebene festgelegt,  ebenso wie die Förderung oder Beschränkung bestimmter Energiequellen.

Was lässt sich außerdem sagen?

Zu einem breiten Energiemix aus Kernkraft, Kohle und Gas

Ein Energiemix für MV, der auf Kernenergie setzt, ist "aktuell nicht umsetzbar und auch nicht ratsam", heißt es von der Landesenergie- und Klimaschutzagentur MV (LEKA MV) auf Anfrage.
Die Agentur wurde vom Land MV eingerichtet und berät seit 2016 Kommunen, Verbraucher und Unternehmen zum Thema erneuerbare Energien. Im April 2023 gingen – wie über Jahre auf Bundesebene vorbereitet – die letzten deutschen Atomkraftwerke vom Netz.
Sollte die Partei mit diesem Abschnitt auf die Zukunftstechnologie Kernfusion anspielen: Auch das ist zurzeit schlicht unmöglich. Forscher schätzen, dass es noch gut 50 Jahre dauern könnte, bis diese neue Energiequelle wirtschaftlich nutzbar wird. 

Zu neuen Abstandsregelungen für den Ausbau von Windrädern

Mit ihrer zweiten Forderung will die AfD dem Ausbau der Windenergie in MV den Kampf ansagen. Eine Kernforderung: Die 10-H-Regelung.
Sie besagt, dass der Abstand zwischen einem Windrad und der nächsten Wohnbebauung das Zehnfache der Gesamthöhe des Windrads betragen muss. In den nach Vorstellungen der AfD misst der Abstand aber mindestens 2,5 Kilometer. Diese Regel ist bereits aus Bayern bekannt.
"Die Erfahrungen aus Bayern zeigen, dass die sogenannte 10-H-Regelung nicht zu den gewünschten Ergebnissen führt und die Ausbauziele unseres Landes gefährden könnte", erklärt die LEKA MV. Aktuell müssen Windräder in MV einen Abstand von 1000 Metern zum nächsten Wohnhaus haben. Dieser Abstand habe sich als ausreichend erwiesen, meint die Beratungsstelle.
Interessen der Anwohner werden geschützt, der Ausbau der Windenergie vorangetrieben. Trotzdem kommt es im Nordosten immer wieder zu Protesten, wenn Bewohnern ein Windrad in die Nachbarschaft gebaut wird. 

Zu Photovoltaikanlagen, welche nicht auf fruchtbaren, landwirtschaftlichen Flächen errichtet werden sollen:

Die AfD fordert, dass keine Solaranlagen auf fruchtbarem Ackerland gebaut werden. Aktuell scheint das in MV auch nicht zu passieren.
Es ist nicht die Regel, dass fruchtbares Ackerland mit Photovoltaikanlagen bebaut wird und diese dann nicht zur Landwirtschaft zur Verfügung steht. 

Im Baugesetzbuch wird ganz klar geregelt, wo und wie Solaranlagen auf Freiflächen verbaut werden können. Tatsächlich zeichnet sich im Moment ein ganz anderer Trend ab: Agri-Photovoltaik, also die Nutzung von Flächen für die Landwirtschaft und gleichzeitig zur Energiegewinnung.
Landbesitzer, Landwirte und Projektentwickler melden sich immer häufiger bei der Beratungsstelle. Kein Gesetz zwingt Landwirte zur Solarbebauung ihrer Ackerflächen. Sollten die Landwirte dies tun wollen, können sie gemäß dem Baugesetz handeln. 

Zu der Abschaffung des "Klimanotstandes" in einigen Orten MVs.

Die AfD stellt sich in ihrem Kommunalwahlprogramm auch entschieden gegen den "Klimanotstand".
Was man sich darunter vorstellt: Lokale Parlamente oder Verwaltungen erklären, dass der Klimawandel und seine Folgen einer umfassenden Krise entsprechen. Daraufhin wollen die ausrufenden Gremien mehr gegen den Klimawandel machen. 

In Greifswald wurde der Klimanotstand 2019 ausgerufen. Fünf Jahre später gilt Greifswald als Vorbild. Mittlerweile produzieren die Stadtwerke dort 100 Prozent Ökostrom, die Stadt saniert Gebäude nach nachhaltigeren Standards, der Busfahrplan wurde verbessert. Maßnahmen, die den Alltag vieler Einwohner betreffen.
Auch andere Städte MVs haben den Klimanotstand ausgerufen. Darunter sind unter anderem Rostock, Schwerin, Ludwigslust und Parchim.
In einigen Gemeinden sei das ein symbolischer Akt geblieben, sagen Aktivisten. In anderen haben sich seitdem Kleinigkeiten bei der Arbeit der Verwaltung verändert. "Ich hatte befürchtet, dass es heiße Luft sein könnte, aber wir sind auf dem richtigen Weg", sagte Jörg König (Grüne), Vorsitzender des Umwelt- und Klimaschutzausschusses, schon 2022 der Schweriner Volkszeitung.

Was sind die wichtigsten Forderungen der AfD-MV? 

  • Reform der kommunalen Finanzierung, Finanzierung welche sich an den Einkommenssteuereinnahmen  der Kommunen orientiert 
  • Übermäßige kommunale Steuern wie Betten-, Jagd- und Getränkesteuer, sowie Kurtaxe werden abgelehnt 
  • Der Bund soll 100% der direkten, wie indirekten, Migrationskosten tragen 

Sind alle Forderungen kommunal umsetzbar? 

Nein.

Die Realisierung hängt von politischem Willen, rechtlichen Rahmenbedingungen und finanziellen Möglichkeiten auf Kommunal-, wie Landes- und Bundesebene. 

Was kann außerdem gesagt werden?

Zu kommunaler Finanzierung und der Ablehnung kommunaler Steuern: 

„Diese Forderungen sind mehr oder weniger politische Gemeinplätze, die häufig und aus ganz unterschiedlichen politischen Richtungen formuliert werden“ sagt Dr. Stefan Ewert von der Universität Greifswald zur Forderung großer finanzieller Spielräume durch Kommunalpolitiker.
Auch irritiert es, dass die Betten-, Jagd- und Getränkesteuer, sowie Kurtaxe vehement abgelehnt werden. Die Begründung der AfD-MV lautet, dass „unsere Touristen keine auszupressenden Zitronen sind.“ Damit würden wichtige Einnahmen wegfallen, insbesondere mit Blick auf die freiwilligen Aufgaben der Kommunen. Unter diese freiwilligen Aufgaben fällt beispielsweise die Kulturförderung. 

Eine Maßnahme um erneut Geld in die Kassen der Kommunen zu spielen, wäre die formulierte Reform der kommunalen Finanzierung. Anhand der Einkünfte der Einkommenssteuer soll künftig transparenter Geld auf die Kommunen verteilt werden.
Eine Gefahr welche mit diesem Modell logischerweise bestehen würde wäre, dass der ländliche Raum vernachlässigt wird. Kommunen mit vielen Menschen, besser bezahlten Jobs und großen Firmen könnten größere Projekte anstoßen und beispielsweise Ballungszentren attraktiver gestalten.
Der ländliche Raum wiederum - mit erheblich weniger Menschen, und einem geringeren Durchschnittseinkommen - würde mit dieser Reform auch deutlich weniger Geld erhalten. Mit einer so limitierten Finanzierung wäre es schwierig die Attraktivität durch beispielsweise Infrastruktur zu erhöhen. Die Gefahr bestünde, dass noch mehr Menschen in die Städte ziehen, als sie es schon jetzt tun. 

Durch Kurtaxen hätten die Kommunen noch selbst die Mittel aus beispielsweise „einer schönen Landschaft“ Profit zu schlagen. Durch die Vorschläge der AfD wäre die Landschaft jedoch egal, da zählt nur die Lohnsteuerabrechnung. 

Zu der Forderung, der Bund solle 100% der Migrationskosten tragen:

Wir befragten Stefan Ewert im Interview, als wie realistisch er diese Forderung bewertet. Ewert nutzt die Metapher eines Jenga-Turms und erklärt, dass "jedes Element mit rationalen Gründen an seinem Platz ist. Einen Stein herauszuziehen kann ungeahnte Konsequenzen haben. Völlig unabhängig vom Politikfeld erklärt sich so die Beharrlichkeit (und Rationalität) der bestehenden Finanzarrangements zwischen den einzelnen politischen Ebenen, weshalb ich die Forderung als eher unrealistisch einschätze.“

Die Umsetzung ist also weiterhin fraglich. Auch die konkrete Höhe, welche der Bund an die Kommunen zahlen soll, sind nicht im Wahlprogramm enthalten.
Wir kommen nicht um die Vermutung umhin, dass solche unmöglichen Forderungen aus Kalkül formuliert werden.
Das Kalkül könnte sein dadurch Wähler zu werben und an höhere Stimmergebnisse zu gelangen. Der Wähler wird in diesem Moment zwar getäuscht, die Legislatur besteht aber für 5 Jahre. 

Demokratie und Bürgernähe - ein Kommentar 

Eingangs stellten wir fest, dass Nikolaus Kramer, Fraktionsvorsitzender der AfD-MV im Landtag und Listenplatz 1 für die Kommunalwahl in Greifswald, keine Kompromisse eingehen wird.  Ein Punkt, der nach Kramer für seine Koalitionsbildung unabdingbar ist.

Gerne hätten wir mit Nikolaus Kramer persönlich gesprochen und ihn beispielsweise befragt, warum ein kommunales Wahlprogramm kaum Forderungen enthält, die kommunal umsetzbar sind.
Wir hätten ihn auch gerne zu seinem Standpunkt zur Remigration befragt. Schließlich widmete er dem Thema eine ganze Folge seines Podcasts.
Beide Anfragen blieben aber ohne Antwort – weder direkt, noch bürgernah.

Wir stellten fest, dass in diesem Wahlprogramm Scheinzusammenhänge, wie der zwischen Herkunft und Kriminalität, genutzt werden, um gewaltige Forderungen zu stellen.
Die Statistiken zeigen klare Relationen, die AfD-MV ignoriert diese und bedient sich vorurteilsbehafteter Narrative. Eine Demokratie kann sich nicht auf populistische Versprechen stützen, die letztendlich den demokratischen Prozess untergraben. Eine Partei, welche Fakten, Grundrechte und letztendlich eine Meinungsvielfalt ablehnt, ist nicht mehr konservativ – diese Partei ist antidemokratisch.

Darum wird es für die Forderungen für die Demokratie der AfD-MV, in dieser Analyse, keinen Platz geben. 

Text und Illustrationen: Robert Wallenhauer & Konstantin Ochsenreiter (Teil von moritz.Millennium)

  1. Kramers Klare Kante, Folge 06: Vision Remigration; 26:25 min ↩︎
  2. Kramers Klare Kante, Folge 06: Vision Remigration; 26:47 – 30:33 min ↩︎
  3. Kramers Klare Kante, Folge 06: Vision Remigration; 32:41 min ↩︎

Was ist eure Meinung zur Kommunalwahl? Was denkt ihr über die AfD? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen! Mittwoch bringt moritz.tv noch ein Video zur Kommunalwahl, schaltet gerne ein!


Zur Person der*des Autor*in