Ein Kribbeln im Bauch, ein unverhoffter Glücksmoment, ein wohlig warmes Gefühl. Dafür braucht es nicht immer ein großes Ereignis, vielmehr liegen diese magischen Momente oft verdeckt unter einem Mantel der Gewohnheit und der Selbstverständlichkeit. „Eine Liebeserklärung“ ist unsere neue Kolumne, in der es darum gehen soll, die vermeintlich einfachsten Dinge dieser Welt wertzuschätzen. Mit ihr bauen wir euch eine zynismusfreie Nische, in die sich hineingekuschelt werden kann, wenn der Alltag einem mal wieder die Daunendecke der guten Laune zu klauen versucht. In diesem Beitrag soll es um die stürmische Liebe zum Herbst gehen.
Lasst uns den Herbst romantisieren. Was bleibt uns anderes übrig? Man kann sich viel über jede Jahreszeit aufregen: Der Winter ist zu kalt und nass und dunkel, im Sommer ist es zu heiß, viel zu früh hell und Insekten sind überall, und im Frühling sterben Allergiker*innen sämtliche Tode, vor denen sie der Winter verschont hatte. Genauso über den Herbst. Ich denke viele mögen ihn nicht, weil sie sich nicht vom Sommer verabschieden wollen. Weil sich die Sonne und das Gefühl, alles und jede*r sprühte vor Leben, langsam zurückziehen. Es wird gewelkt und verblüht. Es wird kälter. Nasser. Windiger.
Ich finde nass und kalt auch nicht super, trotzdem ist Herbst meine Lieblingsjahreszeit. Ich liebe es, mich vom Sommer zu verabschieden. Sommerliche Wärme ist mir schnell zu viel, ich bekomme nichts gebacken (haha). Ein Spiegelei auf dem Asphalt hat mehr Elan als ich, wenn Temperaturen die 24-°C-Markierung hinter sich lassen. Der Moment, in dem sich spät im August oder früh im September die Luft abkühlt, ist mit Leichtigkeit einer meiner Top 3 im Jahr. Aber nicht nur das.
Herbst und Essen
Es wird langsam kühler, warme Mahlzeiten gewinnen wieder mehr an Wertschätzung. Jedes Jahr gibt es einen Zeitpunkt, wo ich dringend eine Suppe kochen will. Sie sind sonst nie meine erste Wahl. Aber sie haben etwas umarmendes – ich kann mich nicht in eine Badewanne legen, also koche ich eine Suppe und lasse sie denselben Effekt wirken. Natürlich schwingt ein Hauch von „Suppen sind gesund“ mit, wenn ich mehr Gemüse kleinschneide und hineinwerfe, als ich normalerweise in einem Monat esse. Angebratener Knoblauch, Zwiebeln, cremige Soßen, Käse auf allem, das sich nicht aktiv wehrt. Und die Küche riecht warm und einladend. Extrapunkte für Mahlzeiten, die ich aus Schüsseln essen kann. Was ebenfalls exponentiell steigt, sind die Tassen Tee pro Tag. Wenn sich kochen anfühlt wie Self Care, ist zumindest für den Moment alles in Ordnung.
Herbst und Übergangsjacken
Genauso geht es mir mit Übergangsklamotten. Kuschelige Pullover, Jacken, Schichten … Der Mensch ist wahrlich eine Zwiebel. Ist es nicht ein massiver Vorteil, wenn Kleidung kuschelig sein kann? Und wandelbar? Zugegeben, ich finde es super, im Sommer weniger Wäsche waschen zu müssen, weil man da einfach nicht viel Stoff tragen kann. Aber ich brauche auch in keiner anderen Jahreszeit so dringend eine Extratasche, weil Jackentaschen ausfallen und die an meinen sommerlichen Kleidungsstücken wirklich nicht optimal sind. Wenn vorhanden. So sehr es andere nervt (und mich, wenn ich mich ohne Schirm von Regen überrascht finde), ich bin Team „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung“.
Herbst und Romantik
Okay, das könnte man im Winter ja auch alles gut finden. Aber da gibt es noch etwas anderes. Das Licht, die Luft. Für den Geruch nach Regen und Erde und verwesenden Blättern nehme ich die Kälte gerne in Kauf. Dramatisch wechselhaftes Wetter macht jeden Tag ein bisschen besonders. Wenn ich Greifswald im Herbst sehe, verstehe ich Künstler*innen der Romantik. Ich möchte das goldene Leuchten der ersten gelben Blätter in der Vormittagssonne festhalten und mich daran wärmen. Ich möchte den Mond in Ölfarben malen, wie er schon früh am Abend groß und hell in den Bäumen sitzt, über dem Feld, zwischen den Wolken. Straßenlaternen sehen kleiner aus neben ihm. Sie spenden zusammen ein warmes Licht, das hier und da in der diesigen Luft hängen bleibt. Der Wind fühlt sich nach Veränderung an. Gleichzeitig riecht die Luft nach einem spezifischen Tag, an den du dich nur vage erinnerst, du warst vielleicht fünf, vielleicht elf, an einen Moment, der dir glasklar vor Augen liegt. Du gehst die Straße entlang und plötzlich fühlst du dich, als könntest du eine andere Person werden, wenn du einfach nicht aufhältst, was die Zeit jetzt mit dir macht.
Herbst und Halloween
Ich frage nicht mehr nach, beschwere mich nicht mehr über weihnachtlich assoziierte Kekse, wenn sie Ende August in Supermärkten auftauchen, seit ich in einer solchen Übergangssaison Spekulatius-Regalen gegenüber an der Kasse saß. In einer Woche kam derselbe Kommentar von circa fünfzig Kund*innen. Jedes Jahr früher? Nein. Aber, wenn du mich fragst, jedes Jahr ein bisschen zu früh. September ist dazu da, um zu verdauen, dass das Jahr wieder „fast vorbei“ ist, Oktober ist Halloween, und November ist eine Gratwanderung zwischen Herbst und Mariah Carey. Halloween ist mein Lieblings-„Feiertag“ – völlig zwanglos, niemand erwartet eine Feiertagskarte oder Festtagswünsche auf anderen Wegen. „Das liegt daran, dass das kein Feiertag ist. Wenn überhaupt, ist Reformationstag.“ Gut, aber den feiert in meinem Umfeld auch niemand. Seit meiner Kindheit habe ich mich immer gerne verkleidet und damals ein bisschen geärgert, wenn es Ende Oktober kalt war und ich eine Jacke über dem Kostüm tragen musste – an dem einen Tag im Jahr, an dem dieses Hobby akzeptabel war. Oh, die Optionen. Die Freiheit. Ich war schon immer introvertiert, das letzte, was ich wollte, war aufzufallen. Da kam es mir natürlich entgegen, wenn es an einem Tag im Jahr gesellschaftlich akzeptabel ist, wenn nicht sogar erwartet wird, dass man mal von „normal“ abweicht. Und wenn keine Partys zustande kommen, kann man wunderbar Horror- und Halloween-Filme gucken, für die man eventuell zu anderen Zeitpunkten nicht in Stimmung ist. Ich bin auch immer für Horror-Podcasts und Graphic Novels zu haben. Ich muss nur aufpassen, dass ich nicht diejenige bin, die nachts das Licht ausmachen muss.
Ein Kribbeln im Bauch, ein unverhoffter Glücksmoment, ein wohlig warmes Gefühl. Dafür braucht es nicht immer ein großes Ereignis, vielmehr liegen diese magischen Momente oft verdeckt unter einem Mantel der Gewohnheit und der Selbstverständlichkeit. „Eine Liebeserklärung“ ist unsere neue Kolumne, in der es darum gehen soll, die vermeintlich einfachsten Dinge dieser Welt wertzuschätzen. Mit ihr bauen wir euch eine zynismusfreie Nische, in die sich hineingekuschelt werden kann, wenn der Alltag einem mal wieder die Daunendecke der guten Laune zu klauen versucht. In diesem Beitrag soll es um die Liebe zu ganz besonderen Brötchen gehen.
Die ersten Blätter fallen, auf dem Markt gibt es Kürbisse in allen Größen. Eine kühle Brise zieht durch die Straßen. Mit ihr kommen auch sie wieder in die Auslagen der Bäckereien: Die Reformationsbrötchen.
Reformations…was? Denken jetzt vielleicht einige. Ich musste in meinem ersten Greifswald-Semester lernen, dass es hier im Norden keine Reformationsbrötchen gibt. Irritiert schaute mich die Verkäuferin in der „Junge“-Filiale an, als ich fragte, ob es schon so weit sei. In Greifswald ist es scheinbar nie so weit. Nach einer kleinen nicht repräsentativen Umfrage unter meinen Kommiliton*innen wusste ich, dass kaum jemand die süßen Brötchen kennt. Scheinbar sind Reformationsbrötchen nur in der Region um Leipzig bekannt. An den Rest Deutschlands: ihr verpasst etwas.
Fluffiger Hefeteig mit saftigen Rosinen im Teig und einem Klecks Marmelade in der Mitte. Es ist im Prinzip ein Mini-Stollen und das schon im Herbst. Die Form soll an die Lutherrose erinnern. Allerdings meistens mit vier statt fünf Blättern. Traditionell isst man sie am 31.10 – dem Reformationstag. Aber so genau muss man nicht sein. Sie schmecken auch an jedem anderen Oktobertag. Man kann Reformationsbrötchen sogar vegan backen und sie können bedenkenlos auch von allen anderen Religionen gefuttert werden. Also ein süßes Stück Herbst, dass offen für jede*n ist. Was will man mehr? Außerdem bieten sie eine Alternative zum pumpkin-spice-alles, was einem im Herbst oft begegnet.
Reformationsbrötchen habe ich schon immer gemocht, aber den speziellen Platz in meinem Herzen haben sie seit meinem ersten Praktikum. In den Herbstferien 2014 habe ich ein Praktikum bei einer Lokalzeitung begonnen. Endlich sollte ich eine richtige Journalistin werden, zumindest dachte ich das. Bei meinem ersten großen Pressetermin ging es um: Reformationsbrötchen. Ich sollte einen Konditor interviewen, der offiziell die Saison eröffnet hat. Nach dem Termin durfte ich mir ein Reformationsbrötchen mitnehmen. Ich kam mir auf dem Rückweg zur Redaktion vor, wie eine Investigativjournalistin in New York mit ihrem Kaffee in der Hand. Nur eben als Praktikantin in Oschatz mit ihrem Reformationsbrötchen in der Hand. Also mindestens genauso cool.
Reformationsbrötchen sind für mich ein Stück Zuhause. Weil es sie wirklich nur dort gibt. Sie erinnern mich auch daran, dass am 31.10 nicht nur Halloween ist. Martin Luther und seine 95 Thesen haben die Geschichte Mitteleuropas verändert. Vielleicht sollte man den Reformationstag einmal nutzen, um sich ein bisschen in die Historie einzulesen. Oder man kartert von der letzten Halloween Party aus. Oder man zieht mit den kleinen Geschwistern auf der Jagd nach Süßigkeiten um die Häuser. Egal wie ihr den Reformationstag verbringt, ich werde an die Reformationsbrötchen denken, die es vielleicht irgendwann auch nach Greifswald schaffen.
Ein Kribbeln im Bauch, ein unverhoffter Glücksmoment, ein wohlig warmes Gefühl. Dafür braucht es nicht immer ein großes Ereignis, vielmehr liegen diese magischen Momente oft verdeckt unter einem Mantel der Gewohnheit und der Selbstverständlichkeit. „Eine Liebeserklärung“ ist unsere neue Kolumne, in der es darum gehen soll, die vermeintlich einfachsten Dinge dieser Welt wertzuschätzen. Mit ihr bauen wir euch eine zynismusfreie Nische, in die sich hineingekuschelt werden kann, wenn der Alltag einem mal wieder die Daunendecke der guten Laune zu klauen versucht. In diesem Beitrag soll es um die große Liebe zum kleinen Christoph gehen.
In den letzten Wochen habe ich viel Zeit in der Zentralen Universitätsbibliothek verbracht – als Geisteswissenschaftlerin. Die Gründe sind sehr verschieden. Einer ist aber definitiv Christoph. Christoph sorgt dafür, dass ich meinen Platz in der ZUB wirklich immer so auswähle, dass ich ihn beim Starten und Landen beobachten kann. Was wiederum dazu führt, dass mir meine Freund*innen mittlerweile als Reaktion auf meine Bibliotheks-Instagram-Storys nur noch Helikopter-Videos schicken.
Meine Begeisterung könnt ihr vermutlich noch nicht nachvollziehen und ehrlicher Weise kann ich sie manchmal auch nicht nachvollziehen. Von daher dient diese Liebeserklärung an unseren Rettungshelikopter auch ein wenig dem Ergründen meiner Faszination.
Christoph 47. Wer?
Ja, ihr habt das schon richtig verstanden. Christoph 47 ist der Helikopter der DRF Luftrettung am Universitätsklinikum Greifswald. Christoph ist hierbei der Rufname und kommt eigentlich von Christophorus, dem Schutzpatron der Reisenden. Alle Rettungshelikopter in Deutschland tragen diesen „Rufnamen“ und besitzen zur Unterscheidung noch eine Kennung: eine Zahl oder einen Ort. In unserem Fall die 47. Sollte also einmal ein rot-weißer Helikopter über euch herumfliegen, dann ist es sehr wahrscheinlich Christoph 47. Seit August 2020 hat der Helikopter übrigens eine Nachtflugerlaubnis und kann seitdem rund um die Uhr starten und landen und Leben retten.
Lieber Christoph 47…
…da, wo ich wohne ist es des Öfteren laut: Nerviges Laut. Laut in Form von: der Schönwalder-Bomber lässt wieder Sprengkörper explodieren, die Anklamer Straße wird mit hohen Drehzahlen zur Rennstrecke erklärt, irgendjemand hört ultra-nervige Musik auf der Straße über eine JBL-Box. Dieses Laut. Nerviges Laut halt. Es gibt jedoch auch noch angenehmes Laut: (d)ein startenden und landender Helikoptermotor.
Zu Beginn wurde ich durchaus von der Geräuschkulisse aus dem Schlaf gerissen. Genauso haben mich allerdings auch andere Dinge aus dem Schlaf gerissen. Der Unterschied? Bei anderen Dingen stört es mich. Bei Christoph drehe ich mich um und schlafe irgendwie sofort wieder ein.
Vielleicht ist es das Gefühl, zu wissen, dass jetzt einer Person in einer Notlage geholfen wird. Vielleicht ist es auch das Wissen, dass für den Fall der Fälle auch für mich schnelle Hilfe unterwegs ist. Vielleicht ist es aber auch einfach nur (noch) ein White Noise.
Schnelle Hilfe am Hintern der Welt
Ich bin davon überzeugt, dass es vor allem das Zweite ist: die schnelle Hilfe. Als Kind habe ich mich im Rügen-Urlaub am Po von Mönchgut des Öfteren gefragt, wie schnelle Rettungswege auf dieser Insel mit einer Infrastruktur, die nicht auf diese Massen von Urlauber*innen ausgelegt ist, gewährleistet werden kann. Mir war klar, wo das nächstgelegene Krankenhaus ist und dass Rettungsdienste auch mit Sondersignal durchkommen können, aber wenn zweimal die Woche Rügenmarkt ist und einfach KEIN Fahrzeug an diesen Tagen von der Stelle kommt, dann haben auch Rettungsdienste keine Chance. Zumal man über 18 Kilometer de-facto nur eine Hauptstraße zur Verfügung hat. Die Antwort auf meine Frage erhielt ich, als eines Tages der Rettungshelikopter mal schnell auf dieser einzigen Straße landete.
Ein weiterer Punkt, den ich nach wie vor sehr faszinierend finde, ist die (vielleicht auch nur gefühlte) Präzision, mit der so ein Helikopter starten, landen und fliegen kann. Es ist immer ein bisschen spannend, diese Manöver zu beobachten, wenn man sich gerade auf der Pappelallee befindet. So spannend, dass ich beim Beobachten vielleicht zwei Mal fast mit dem Fahrrad stürzte und ein Mal beim Joggen unkoordiniert über meine eigenen Füße stolperte. Ich meine: da heben gerade in diesem Moment knapp 2 Tonnen in die Luft ab. Gerade und manchmal auch leicht schräg. Bei jeder Witterung (und wir haben hier viel Wind und Regen!). Ich kann nur Fahrrad und Auto fahren – beim Moped fahren überfordert mich nach wie vor das Kuppeln mit der Hand. Da stelle ich mir das Helikopter fliegen nochmal deutlich komplizierter vor.
Danke…
Als begeisterte Sportlerin, die sich gut und gerne einmal in Wäldern und auf schwer zu erreichenden Wegen oder eben auf den Gewässern am Arsch der Heide aufhält, ist es ein gutes Gefühl, zu wissen, dass es einen schnellen und zuverlässigen Weg zu medizinischer Versorgung gibt. Selbst wenn man nicht unbedingt auf diese Weise unterwegs ist: sobald man einmal im Stau auf einer der Inseln stand oder auf Hiddensee ohne große Versorgung unterwegs war, weiß man den Helikopter über Greifswald zu schätzen und auch ein wenig zu lieben. Von daher: Danke für den Krach. Danke für Hilfe. Einfach Danke.
Ein Kribbeln im Bauch, ein unverhoffter Glücksmoment, ein wohlig warmes Gefühl. Dafür braucht es nicht immer ein großes Ereignis, vielmehr liegen diese magischen Momente oft verdeckt unter einem Mantel der Gewohnheit und der Selbstverständlichkeit. „Eine Liebeserklärung“ ist unsere neue Kolumne, in der es darum gehen soll, die vermeintlich einfachsten Dinge dieser Welt wertzuschätzen. Mit ihr bauen wir euch eine zynismusfreie Nische, in die sich hineingekuschelt werden kann, wenn der Alltag einem mal wieder die Daunendecke der guten Laune zu klauen versucht. In diesem Artikel geht es um den wohltuenden Spaziergang.
Zumindest für mich ist er unter allen Gängen der Beste. Da mag es noch so tolle Gänge geben wie den Nachtisch, den Eingang zur Bücherei oder den Ausgang aus dem überfüllten Geschäft, das Wichtigste ist und bleibt der erste Gang, den es schon am Morgen gibt: Der Spaziergang.
Jetzt werdet ihr wahrscheinlich die Augen verdrehen über meinen Versuch witzig zu sein oder darüber, was ich doch für eine Langweilerin bin. Vielleicht auch über beides. Doch ich brauche einfach meinen täglichen Spaziergang, um richtig zu funktionieren. Daher hier eine kleine Liebeserklärung ans Spazierengehen.
Lieber Spaziergang, nun kennen wir einander schon so lange, dass ich dir einfach einmal sagen wollte, wie viel du mir bedeutest. Ich kann mir ein Leben ohne dich gar nicht mehr vorstellen. Du gibst mir Kraft und Ruhe, oft sogar mehrmals täglich. Du erträgst es klaglos, wenn ich wieder einmal Selbstgespräche führe oder noch so falsch vor mich hinsinge. Du lässt mich immer wieder auf Leute treffen, nimmst es aber auch hin, wenn ich sie nicht weiter beachte. Nicht einmal, wenn ich am Wochenende lieber mit deinen großen Geschwistern Ausflug und Wanderung unterwegs bin, beschwerst du dich. Kurzum: Du bist einfach großartig. Und ich bin wirklich froh, dass du dich mit mir triffst, statt wie früher nur die Spa zu zieren.
Ich entschuldige mich für den letzten Satz, aber ich habe mein eigenes Gesäusel kaum mehr ausgehalten. Damit sollte ich meine Liebe zu Spaziergängen genug zum Ausdruck gebracht haben, um dem Thema dieser Kolumne gerecht zu werden und wir können von Gefühlen zu echtem Inhalt übergehen.
Was ist das eigenlich genau, ein Spaziergang? Laut Duden handelt es sich um einen „Gang zur Erholung, zum Vergnügen“, als Synonym wird Wanderung genannt. Das Gegenteil dazu dürften dann wohl die Montagsspaziergänge gewesen sein, Gänge zum Schaffen von Stress und Ärger. Schon witzig, dass diese Falschbenennung zur Folge hatte, dass man sich montags kaum mehr traute, echte Spaziergänge als solche zu bezeichnen. Was genau wir als solch „echte“ Spaziergänge betrachten, ist aber doch sehr subjektiv und weicht oft von der Definition im Duden ab. Die Übergänge mögen fließend sein, doch die meisten Menschen würden wohl darin übereinstimmen, dass Spaziergänge von Wanderungen abzugrenzen sind. Wanderungen sind allgemein länger und haben oft ein Ziel, während Spaziergänge mehr ziellos sind. Oft wird auch das Tempo mit einbezogen, das bei Spaziergängen deutlich langsamer sein kann. Aber wo die Grenzen zu ziehen sind, liegt hier quasi im Fuße des Begehers. Mir wird beispielsweise immer vorgeworfen, ich würde nicht spazieren gehen, sondern spazierrennen. Ich rege mich dafür gerne über das Spazierschleichen anderer Leute auf. Vielleicht sollte ich in Zukunft ankündigen, wandern zu gehen, wenn ich mit jemandem im gleichen Tempo spazieren will? Gilt nur zu hoffen, dass die Leute dann nicht den Duden gelesen haben. Sonst bleibt wohl nichts, als einen (Spazier-)Gang runter zu schalten.
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