Ohne Sonne gegen die AfD

Ohne Sonne gegen die AfD

Über 500 Menschen demonstrierten am Samstag gegen das rechte Flügeltreffen der AfD auf Rügen.

Binz – am 23. November 2019 wird das Straßenbild des Touristenorts von ungewöhnlich viel Polizei geprägt. Aus der ganzen Republik kommen Menschen nur für ein Event: Das rechte Flügeltreffen der AfD im Arkona Strandhotel. Die einen kommen, um sich Reden von Björn Höcke anzuhören, die anderen, um vor dem Hotel genau dessen Ankunft zu verhindern oder wenigstens aufzuhalten.

Um 11.00 Uhr versammeln sich am Binzer Bahnhof die Gegendemonstrierenden, die dem Aufruf von „Rügen für Alle“ gefolgt sind, um gegen die AfD und ihren Beitrag zum politischen Diskurs zu demonstrieren. Das Wetter ist grau und eisig kalt, die Stimmung ist positiv, wenn auch in weiten Teilen verhalten. Die Figur Björn Höcke, der prominenteste Vertreter des selbsternannten Flügels der rechten Partei, war dabei die sichtbarste. Auf vielen Transparenten und Schildern wurde auf ihn angespielt. Der Flügel wird vom Verfassungsschutz als „Verdachtsfall im Bereich Rechtextremismus eingeordnet.“ Auf dem Weg ins Hotel werden aber auch Teile der Identitären Bewegung, darunter auch Greifswalder Studierende, und ein Mitglied der terroristischen Vereinigung Nordkreuz, gesehen. Nordkreuz ist eine Gruppe rechtsextremer Prepper, die sich zurzeit vor Gericht verantworten müssen, weil sie sogenannte Feindeslisten geführt haben, mit dem Ziel die Personen in der Zukunft zu ermorden.

Der Demonstrationszug geht zunächst zum Kundgabeplatz vor dem mit Bauzäunen abgesperrten Hotel, wo auf einer Bühne eine große Anzahl von Redner*innen die Breite des Bündnisses widerspiegelt. Vertreter*innen der Kirche, Gewerkschaften, Kunst und Geflüchtetenvereine, sowie Politiker*innen von SPD, LINKE und Grünen wenden sich deutlich gegen die Spaltung der Gesellschaft und die Verbreitung von Hass durch die Rhetorik und politische Arbeit der AfD Politiker*innen. Insbesondere Björn Höcke selbst und Andreas Kalbitz, aber auch der Juraprofessor der Universität Greifswald, Ralph Weber, werden von den Redner*innen angegriffen. Es nehmen nach Polizeiangaben über 500, nach Schätzungen der Organisierenden, 1200 Menschen an der Gegendemonstration teil.

Claudia Müller (Grüne), Kerstin Kassner (LINKE) und Sonja Steffen (SPD)

Nach zwei Stunden mit Ansprachen und musikalischen Beiträgen brechen die Demonstrierenden erneut zu einem Protestmarsch durch den Ort auf. Auffällig bleibt, dass die Route in erster Linie durch eher abgelegene Wohngegenden führt, wo Anwohnende von ihrem Balkonen aus filmen. Die Ankunft des Hauptredners der AfD um 15 Uhr, will ein Teil der Demonstrierenden den Zugang zum Hotel mit einer Straßenblockade verhindern. Bis dahin tritt die Polizei ziemlich zurückhaltend auf und reagiert auch nicht auf die Abspaltung von einigen Teilnehmenden, während des zweiten Protestmarsches. Als allerdings ein Auto an der Straßensperre vorbei will, nutzt die Polizei die Gelegenheit um die Demonstrierenden an die Seite zu drängen und Höcke kann ungehindert an sein Ziel kommen.

Andrea Sakowski vom Verein PRO BLEIBERECHT

Währendessen ist der restliche Demonstrationszug wieder bei der Bühne angekommen und es wird bei lauter Live-Musik bis 16.00 Uhr der Kälte getrotzt, gerade, als der Sonnenuntergang endlich durch die Wolken bricht.

Bilder und Videos: Jonathan Dehn

Demonstration gegen das neue Polizeigesetz

Demonstration gegen das neue Polizeigesetz

Das Bündnis SOGenannte Sicherheit ruft am Samstag, den 16. November um 13 Uhr zu einer Demonstration gegen die Novelierung des Sicherheits- und Ordnungsgesetz M-V (SOG-MV)

Das gesamte Jahr 2019 steht schon im Zeichen des Widerstands gegen das neue Polizeigesetz, dass im Januar für die Verbandsanhörungen freigegeben wurde und im Juni von der Landesregierung abgesegnet wurde. Obwohl der Gesetzesentwurf nicht so weit geht wie der bayrische, ist auch das SOG-MV umstritten. Verschiedene Berufsgruppen und Sachverständige, darunter auch der Bund deutscher Kriminalbeamter möchten eine Nachbesserung des Gesetzes. Konkret fordern die Veranstalter*innen der Demonstration, dass keine Daten von Unbeteiligten erhoben werden, es keine anlasslose Videoüberwachung im öffentlichen Raum gibt und wehren sich gegen die Einführung eines Überwachungsvirus – dem sogenannten Staatstrojaner. Darüberhinaus will das Bündnis endlich eine Einführung einer unabhängigen Kontrollinstanz für die Polizei, bisher vermittelt die bei Gesetztesverstößen gegen sich selbst. Das Bündnis SOGenannte Sicherheit besteht aus über 60 Gruppen und Initiativen und hat schon im Sommer eine Demonstration in Schwerin organisiert.

Am Donnerstag, den 14. November fand bereits eine Podiumsdiskussion zum SOG-MV in der Universität statt.

Die Demonstration am Samstag beginnt um 13 Uhr am Bahnhof in Greifswald.

Beitragsbild: Ausschnitt Demoplakat

Lastenfahrrad für die Studierendenschaft ist da

Lastenfahrrad für die Studierendenschaft ist da

Auf Kommando fuhren plötzlich sechs Lastenfahrräder verschiedenster Ausführungen alle im Kreis. Auf dem Innenhof der Universität Greifswald gab es am Dienstagmittag die nächste Etappe eines wissenschaftlichen Projekts zu Transportlogistik in Form von frischen E-Lastenrädern.

Hintergrund des Projektes ist, den Autoverkehr und auch den Parkdruck in mittelgroßen Städten zu senken und damit die Luftverschmutzung und Lärmbelastung der Städte zu reduzieren. Die Universität testet Lastenfahrräder bereits seit letztem Jahr, die Stadt Greifswald sowie die Pflegedienste der Johanna-Odebrecht-Stiftung und Heinrich & Heinrich haben sich entschlossen, die Lastenfahrräder ebenfalls zu testen. Gefördert wird das Ganze von der Europäischen Union, die in vielen Ländern den Einsatz von Lastenfahrrädern vorantreibt. Greifswald ist Teil des Projektes Cargo bikes in urban mobility (CoBiUM), das ähnliche Projekte auch in anderen Städten des Ostseeraums durchführt. Da das Projekt Daten zum Gebrauch und dem Nutzen der Lastenfährrader in Greifswald erhebt, sind alle Fahrräder mit GPS-Sendern ausgestattet und QR-Codes, über die die Erfahrung der Fahrenden nach jedem Gebrauch abgefragt werden kann.

Es ist auch der Moment, in dem die Studierendenschaft endlich zu dem Lastenrad kommt, dessen Anschaffung auf der Vollversammlung der Studierendenschaft im November 2018 beschlossen wurde – das große Projekt von Goswin Schreck, der sich noch heute als „Fahrradbeauftragter“ des AStA versteht. Dieses Fahrrad ist nur teilfinanziert durch CoBiUM. Das Fahrrad selbst wurde mit circa 1500 Euro durch die Wohnsitzprämienmittel bezahlt, ist aber mit einem großen Anhänger ausgestattet, der auch einen Umzug quer durch die Stadt möglich macht. Dieser Anhänger wird auch durch CoBiUM gefördert und steht, nebst Fahrrad, allen Studierenden zum Verleih über den AStA zur Verfügung. Große Sportlichkeit ist nicht notwendig, um eine Waschmaschine damit durch die Stadt zu fahren. Wie die anderen Fahrräder ist auch das neue AStA-Lastenrad ein E-Bike.

Foto: Veronika Wehner

Optisch ein Hochgenuss

Optisch ein Hochgenuss

Antigone eine Theaterrezension, geschrieben von einer Amateurzuschauerin, zur Information von Interessierten und Entrüstung von Theaterliebhaber*innen.

„Wär‘ ich doch nie auf Eure Schulen gegangen“ – das Resümee von Haimon, Sohn des Tyrannen und Verlobter Antigones in der Inszenierung von Sophokles Klassiker am Vorpommern Theater, wirkt eher wie eine Feststellung. Zuvor ist er mit seinen goldenen Schuhen über das Bühnenbild gefegt und hat verzweifelt versucht, das Schicksal seiner Verlobten abzuwenden. Symptomatisch für alle Männer des Stücks. Empörung, Wut, Verzweiflung und Resignation.

Das Stück „Antigone“ selbst ist über 2000 Jahre alt und vermutlich den meisten Menschen mit einer humanistischen Bildung mindestens vom Hörensagen bekannt. Der Plot, für alle anderen, ist folgender: Antigone, Tochter des berüchtigten mutteraffinen Ödipus, widersetzt sich der Anweisung von Kreon, Herrscher über die Stadt, ihren Bruder zu beerdigen. Der hat im Vorfeld Krieg gegen Kreon geführt und verloren. Als Strafe für ihren Ungehorsam erwartet Antigone nun das Todesurteil. Das Stück ist eine griechische Tragödie, die Hauptfiguren alle miteinander verbandelt – eigentlich braucht man keine Spoiler, um zu wissen, was passieren wird. Es ist also möglich, die Inszenierung unter ganz anderen Gesichtspunkten zu sehen. Sprache, Darstellung, Ausstattung.

Die Sprache, zur Einordnung, ist mehrheitlich aus einer Übersetzung Sophokles aus dem Altgriechischen von 1917 durch Walter Hasenclever. Leichte Unterhaltung wird durch die Sprache von vorneherein ausgeschlossen. Kann man mögen. Muss man aber nicht. In ihrer Inszenierung erweitert Annett Kruschke das Thema des zivilen Ungehorsams um die Genderdimension. „Du bist ein Weib. Gehorche!“ – mit diesem charmanten Einwand wird den Frauen der Stadt nahegelegt, sich der Herrschaft Kreons und der der Männer im Allgemeinen zu unterwerfen. In dem Szenario wird Antigones öffentlicher Gesetzesbruch zu Aktivismus gegen den patriarchalen Status quo. Auch den Männerchor des Stücks hat Kruschke überwiegend mit Frauen besetzt. Bühnenbild und Ausstattung sind aufwendig symbolisch und vereinen stilistisch gleich mehrere Jahrzehnte. Im Camouflage-Anzug Kreons spiegelt sich sein militaristisch-autoritäres Wesen, dessen Prunksucht durch die Accessoires goldener Borten, Schuhe und Krone kombiniert wird. Die Schwestern Ismene und Antigone wirken durch ihre Kostüme wie die symbolische Emanzipation von den 1960er Jahren in die 70er Jahre. Während Ismene zwar äußerlich das Minikleid rockt und empört über die Demütigung ihres gefallenen Bruders ist, sich aber lieber in die Gesellschaft einfügt, wirkt Antigones (Schlag-)Hosenanzug deutlich abgeklärter und kampfbereiter. Überhaupt überstrahlt Feline Zimmermann als Antigone die meisten ihrer Mitspielenden mühelos. Die Antigone Kruschkes und Zimmermanns ist mehr als nur eine Symbolfigur. Diese Antigone hadert mit ihrem selbstgewählten Schicksal und mit dem Bild, dass das Patriarchat von ihr hat.

Ismene bei ihren Geschwistern Antigone und Polyneikes in der Gruft.

Die Inszenierung ist keine leichte Kost, keine wirkliche neue Geschichte, aber wer einen optischen Hochgenuss mit vorsichtiger Neuinterpretation und großartiger Leistung der Hauptdarstellerin sehen will, sollte sich „Antigone“ noch am 12. und am 21. Mai in Greifswald und am 16. Mai in Stralsund ansehen.

Fotos: Vincent Leifer, Theater Vorpommern

Fridays for Future – Greifswalder demonstrieren gemeinsam mit über 1.500 Gemeinden weltweit für die Klimarettung

Fridays for Future – Greifswalder demonstrieren gemeinsam mit über 1.500 Gemeinden weltweit für die Klimarettung

Zum vierten Mal haben sich am Freitag, dem 15. März 2019 hunderte Schüler*innen, Studierende und Wissenschaflter*innen auf den Straßen Greifswalds Gehör verschafft. Sie haben bei jedem Wetter, Wolken, Sonnenschein, Regen und eisigem Winde für die Rettung des Klimas demonstriert.  Weltweit haben sich an diesem Tag über 1.500 Gemeinden der Bewegung angeschlossen.

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