Mimimi-Mittwoch: Reisen während Corona

Mimimi-Mittwoch: Reisen während Corona

Wut, Hass, Zorn: all diese Gefühle verbindet man so manches Mal mit seinen Mitmenschen. Genau für solche Momente ist diese Kolumne da. Wann immer wir uns mal gepflegt über Leute auslassen, lest ihr das hier.

Das Jahr 2020 steht ja unter keinem guten Stern, wenn man über das Reisen spricht. Aufgrund des Coronavirus wurde die Freizügigkeit am Anfang des Jahres auf ein Minimum reduziert, einige von euch erinnern sich vielleicht noch daran. Im Sommer, als dann die ersten Hygienekonzepte ausgearbeitet waren, stand eine Reise auf meinem Plan. Erst in die Heimat und dann mit Begleitung noch weiter nach Heidelberg. Entsprechend nervös war ich vor meiner ersten Reise mit den neuen Reisebestimmungen der Krise. Bin ja so schon kein Reisefreund und dann auch noch das.

Es geht gut los: Mein Plan, wie immer so früh wie möglich zu fahren, wird über den Haufen geworfen, als ich sehe, dass es nur noch genau eine Verbindung gibt. Abends. Um 17:40 Uhr. Danke dafür, ganz toll. In Berlin um 20 Uhr noch eine halbe Stunde mit den Öffis zu fahren ist natürlich genau das, was man sich in den Coronazeiten wünscht.
„Naja“, denke ich mir, „Maske auf, ab in den Bus.“ Ein bisschen die Natur von der Autobahn aus beobachten und ein Nickerchen machen, bevor ich mich in Berlin mit den öffentlichen Verkehrsmitteln rumschlage. Der Bus des knallgrünen Unternehmens ist natürlich perfekt auf die Situation angepasst und voll belegt.
Nee, genau das ist ja einer der Ratschläge der Experten gewesen. Da freu‘ ich mich gleich noch mehr auf die Fahrt! Normalerweise ist es schon unangenehm bei den Mitfahrenden auf dem Schoß zu sitzen, aber mit dem Gedanken an das Virus wird das alles ja viel entspannter. Gerade ausverkaufte Busse verringern nämlich die Gefahr der Ansteckung, das wissen die meisten gar nicht! Ich rieche hier eine große Verschwörung. Aber damit sollte ich ja jetzt alles Negative aufgezählt haben. Ha! Ich naiver Träumer. Die Durchsage vom Band, die ich noch häufiger hören werde, macht die Mitfahrenden darauf aufmerksam, dass es ja keine allgemeinverbindliche Maskenpflicht an Bord gebe. Obwohl der Großteil die Masken trotzdem aufbehält sehe ich immer noch einige Nasen. Also wortwörtlich.

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Endlich in Berlin angekommen, habe ich Erstaunliches zu berichten: Ich lebe noch! Wie das geht? Ich weiß es auch nicht! Eigentlich sollte ich ja bereits erstickt sein, so lange wie ich die Maske getragen habe. Komisch, ging also doch. „AbEr DaS GaNzE ScHwItZeN MuSs dOcH sChLiMm sEiN.“ Nee, war’s nicht! Ich jogge ja auch nicht im Bus sondern sitze ruhig auf meinem Platz. Wie kommen die Leute immer auf sowas?

Am Abend dann noch eine tolle Nachricht für die Weiterfahrt: Die Bahnfahrt wurde storniert und zu einer 9:40 h langen Busfahrt umgebucht. Da bin ich vor lauter Freude doch glatt erstmal ganz aus dem Häuschen! Zum Glück betrifft das nämlich sowohl Hinfahrt als auch Heimweg. Ganz toll². Wenigstens finden die Fahrten um die Mittagszeit und an Tagen mit Höchsttemperaturen von 37 °C statt. Da wird der volle Bus noch mehr zu einem Erlebnisort für alle Sinne. Auch wenn man das wieder nicht glauben wird: Es ließ sich trotz Maske (!!elf!) aushalten. Die populärwissenschaftlichen Vermutungen konnten wir also nicht bestätigen.

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Nun war ich zum Glück nicht damit gestraft, in andere Länder fahren zu müssen. Es gibt wirklich Länder ohne Maskenpflicht in Läden. Sterben ist ja nur was für die Schwachen, nicht? Noch schöner sind dann nur noch die Corona-Tests, die häufig entweder eine Stunde Wartezeit verlangen oder bei denen am Ende das System dahinter nicht funktioniert und man in Ungewissheit den Heimweg antreten darf. Und dann sind da ja noch die ganzen Mitreisenden. „Die, deren Nase gesehen werden muss“, sind für mich fast die Nervigsten. Das sind doch bestimmt auch Leute, die auf dem Klo zwar die Hose runter ziehen, aber nicht den Deckel öffnen. Glauben die wirklich, dass das reicht? Oder haben sie Angst zu ersticken, wenn sie die Maske ganz aufsetzen? Dann habe ich jetzt mal einen Geheimtipp: Solange die Maske keine Plastiktüte ist, wird das nicht passieren! Und einige von euch sehen mit Maske vermutlich sogar besser aus als ohne.

Vielleicht enden wir heute etwas versöhnlicher. Um auf den vorhergehenden Mimimi-Artikel anzuspielen: Es war noch nie einfacher, rücksichtsvoll zu sein! Vielleicht sollten wir uns ins Gedächtnis rufen, dass wir die Maske nicht nur für uns, sondern in erster Linie für die anderen tragen. Diese Form von Rücksicht tut nicht weh, das bisschen Stoff macht keinen kaputt. Doch es gibt aktuell eine größere Chance, dass IHR Menschen kaputt macht und ihnen wehtut, wenn ihr die Maske nicht tragt. Deswegen tragt sie doch einfach. Denn damit können wir alle dafür sorgen, dass wir bald wieder ordentlich zusammen feiern können.

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Beitragsbild: Ashley Gerlach
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Umgekrempelt: Den Fokus auf positive Dinge richten – das Dankbarkeitstagebuch

Umgekrempelt: Den Fokus auf positive Dinge richten – das Dankbarkeitstagebuch

Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.

Ihr fühlt euch häufiger schlapp? Nicht erfolgreich genug? Leer? Einsam? Und nichts fühlt sich richtig an? Könnte man von einer chronischen Unzufriedenheit sprechen? Wenn ihr bei diesen Fragen ein paar bejahen könnt, dann habe ich jetzt eine kleine Übung für euch. Sie dauert täglich nur wenige Minuten und kann sehr dabei helfen, positiver zu denken. Heute lernen wir, Dankbarkeit aktiver zu empfinden.

Vorher sollte gesagt werden, dass ich davon durch das Video „Ein Mittel gegen Unzufriedenheit“ des Youtube-Kanals Dinge Erklärt – Kurzgesagt erfahren habe und das unbedingt ausprobieren wollte. Dieser gehört zum Funk-Netzwerk und ist definitiv immer einen Blick wert!

Aber zurück zum Thema. Das Dankbarkeitstagebuch ist (wie sollte es bei dem Namen auch anders sein?) eine Auflistung verschiedener Dinge, für die man dankbar ist. Und dabei kommt es nicht darauf an, was genau man aufschreibt. Sei es das Wetter, der Geruch der Blumen draußen, das Lieblingsessen oder einfach, dass man den Bus doch gerade noch bekommen hat. Mein Fokus liegt außerdem auf kleinen Schlussfolgerungen am Ende mancher Tage, da die Dinge, die ich aufgeschrieben habe, bei jedem Menschen anders aussehen werden. Dieser Selbstversuch erstreckt sich bei mir über einen längeren Zeitraum, deswegen habe ich bestimmte Tage ausgewählt, die besonders erwähnenswert sind.
Aber starten wir jetzt erstmal mit:

Tag 1

Die ersten Notizen fallen recht knapp aus. Dinge zu finden, die mich gerade stören, ist aber auch viel einfacher. Natürlich musste es seit um 6 Uhr schon taghell sein und die Temperatur auf um die 35°C in meinem Zimmer steigen. Zum Glück habe ich ja erst um 12 Uhr Uni und könnte noch länger schlafen. Nervt mich alles. Doch der Regen gestern hat die Pollen aus der Luft gewaschen. Keine tränenden Augen oder eine laufende Nase am Morgen – das muss notiert werden! Über den Tag hinweg finden insgesamt drei Punkte ihren Weg auf das Papier.
Um das Konzept aus dem Video noch etwas weiter zu entwickeln habe ich mir vorgenommen wenn möglich am Ende des Tages ein kleines Feedback zu entwickeln. Also beende ich den Tag damit, dass ich herausgefunden habe, dass ich wohl noch zu sehr auf negative Punkte fokussiert bin.

Tag 2

Dieses Mal wache ich nicht so früh auf. So ein Laken hat doch seine Vorteile im Sommer. Das sollte ich gleich aufschreiben! Doch ein Rückschlag an dem Tag sorgt dafür, dass wieder negative Gedanken aufkommen. Zum Glück bin ich mit meinem besten Freund verabredet und mit ihm zu reden hebt meine Stimmung extrem. Gut, dass ich mein Tagebuch jetzt immer dabei habe – also gleich notieren!
Das Fazit: Es fällt mir direkt am zweiten Tag schon viel einfacher, sich auf positive Dinge zu besinnen! Erstaunt, wie schnell das doch ging, gehe ich ins Bett.

Tag 3

Der dritte Tag ist ein Donnerstag. Woher ich das weiß? Die Redaktionssitzung vom Web ist vermerkt. Und erneut erfreue ich mich an der von Pollen befreiten Luft.
Doch viel wichtiger: Schon jetzt fallen mir positive Rückmeldungen von meinen Mitmenschen viel schneller auf. Komplimente werden nicht mehr einfach als falsch abgetan, sondern es gibt die Überlegung, ob da nicht doch etwas dran sein könnte.

Tag 4

Der Fokus auf positivere Gedanken wird stärker. Und auch weitere Nebeneffekte werden schon jetzt spürbar: Ich bin energiereicher, entspannter und offener gegenüber spontanen Einladungen meiner Freund*innen. Früher hätte ich einiges davon abgesagt – doch jetzt nicht mehr. Und das wichtigste ist, dass das Einschlafen jetzt viel einfacher fällt. Dieses ewige Hin- und Herwälzen und in Gedanken versinken. Ein kurzer Blick in die bisherigen Einträge sorgt schnell für ein schönes Gefühl.

Tag 5

Insgesamt sind jetzt bereits neun Tage seit dem Beginn der Aufzeichnungen vergangen. Nicht nur fallen mir jetzt Komplimente häufiger auf, es fällt mir auch leichter sie anzunehmen. Gleichzeitig steigt meine bewusste Dankbarkeit für die Menschen in meinem Umfeld. Und neben dem Das bereichert mein Leben-Gedanken, möchte ich das den gemeinten Menschen auch viel lieber mitteilen.

Fazit

Soweit zu den groben Eindrücken aus meinen Aufzeichnungen. Die Verzweiflung, mit der dieses Projekt anfing, hat sich schnell zu Begeisterung entwickelt. Je mehr man sich darauf einlässt, desto schneller scheint es auch Wirkung zu zeigen. Gleichzeitig ist man viel dankbarer für alles, was im Umfeld passiert. Man nimmt weniger als einfach so gegeben hin. Genauso möchte ich den Menschen, die mir trotz aller schlechten Phasen beistehen, einfach dafür danken.

Dinge wie kleine Zwischenfazits und auch das erneute Lesen in Phasen, in denen es euch nicht so gut geht, helfen ungemein um sich selbst zu reflektieren und aufzumuntern. Wenn ihr also mal wieder einen schlechten Tag habt und ihr euch zu nichts motivieren könnt, dann fangt dieses Tagebuch an. Am Ende nimmt man das Leben eben nur so wahr, wie man es einordnet. Also lasst euch von einem Prinzip der positiven Psychologie „umprogrammieren“. Und vergesst niemals:

Beitragsbild: Bookblock auf Unsplash
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Autorenlesung: Gregor Gysi im Boddenhus

Autorenlesung: Gregor Gysi im Boddenhus

„Erstaunlich, was sich alles ereignen muss, damit irgendwann das eigene Leben entstehen kann.“ Für Gregor Gysi ist ein Leben nicht genug. Er selbst war nicht nur lange Zeit als Vorsitzender der SED/PDS und später der Linken in der Politik tätig, sondern arbeitete auch als Rechtsanwalt und Moderator, ist gelernter Facharbeiter für Rinderzucht und versuchte sich zuletzt auch als Autor.

Die Erlebnisse, die er bei all dem machen durfte, hält Gysi in seiner Autobiografie fest – angefangen bei den Familienverhältnissen, in die er geboren wurde, und seiner Kindheit, über seine hohe Stellung in DDR-Zeiten, die scharfe Kritik nach der Wiedervereinigung und seiner Rückkehr durch Talkshows. Gysi beschreibt die Zeit vor und insbesondere kurz nach der Wende aus der Sicht von jemandem, der mitten im Geschehen stand, und bietet damit vor allem Politikbegeisterten und denjenigen, die selbst als Kinder der DDR geboren wurden, einen interessanten Lesestoff.

Am Dienstag, dem 01. September, lädt das Boddenhus Gregor Gysi zur Lesung seiner Autobiografie „Ein Leben ist zu wenig“ mit anschließendem Gespräch ein. Aufgrund der hohen Nachfrage wurde bereits eine zweite Veranstaltung geplant. Die erste, für die es noch Karten gibt, beginnt um 16 Uhr (Einlass ab 15 Uhr), um 18 Uhr findet die bereits ausverkaufte Veranstaltung statt. Die Karten kosten 25 Euro, für das leibliche Wohl wird im Garten gesorgt. Wegen der Corona-Maßnahmen sind die Kapazitäten allerdings stark begrenzt, eine Anmeldung im Voraus ist also zwingend notwendig.

Weitere Infos (inklusive Mail- und Telefonkontaktdaten zur Anmeldung) könnt ihr unten dem Flyer entnehmen, der freundlicherweise vom Boddenhus bereitgestellt wurde. Wenn euch „Ein Leben ist zu wenig“ bereits Lust auf DDR-Biografien gemacht hat, dann findet ihr daneben noch einen weiteren Hinweis auf eine Veranstaltung am 09. September.

„Aus dieser Mischung aus Adel, Jüdinnen und Juden, Ärzten – mein Großvater väterlicherseits war Arzt – aber auch einem Ingenieur … Ich weiß nicht, daraus wird dann so was Komisches wie ich.“

Gregor Gysi im Interview mit „Idealism Prevails“

Beitragsbild: Boddenhus Greifswald

Mimimi-Mittwoch: Vorurteile

Mimimi-Mittwoch: Vorurteile

Wut, Hass, Zorn: All diese Gefühle verbindet man so manches Mal mit seinen Mitmenschen. Genau für solche Momente ist diese Kolumne da. Wann immer wir uns mal gepflegt über Leute auslassen oder uns auch generell mal der Schuh drückt, lest ihr das hier.

Lange wurde überlegt, wie dieser Artikel eingeleitet werden könnte. Zum Glück konnten da polnische Freunde beim Einstieg helfen. Weil alle Menschen aus Polen ja auch immer einsteigen. Wisst ihr? Weil die ja auch immer alle stehlen. Zumindest hat mir das ja der Bruder, des Vaters, der Freundin eines Freundes versichert! Und ich meine was der sagt muss ja stimmen. Oder? Ist doch so, nicht?

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Naja, aber dann gibt es ja noch die total lustigen Witze die beispielsweise Frauen als Protagonistinnen haben. Natürlich werden dort dann auch nur die am wenigsten von der Intelligenz gesegneten Exemplare angetroffen. Damit sind natürlich nicht weniger als alle gemeint. Aber wie sollten wir auch etwas anderes denken? Wir alle sollten ja spätestens seit der Dr. Oetker Werbung wissen: „Eine Frau hat zwei Lebensfragen – Was soll ich anziehen und was soll ich kochen?“. Klar, dass das nur logisch ist, denn nur Frauen können kochen.

Aber natürlich sind es nicht nur das Geschlecht oder zum Beispiel die Haarfarbe, womit man ganz tolle humoristische Ergüsse produzieren kann. Wie wäre ist mit Nationalitäten? Wie anfangs schon erwähnt sind alle polnischen Menschen ja Diebe, Französ*innen ergeben sich immer sofort, alle Deutschen sind immer mit Socken in den Sandalen ausgerüstet, während wir unsere schwarz-rot-gelben Handtücher auf den besten Liegen positionieren. Und vergessen wir nicht die Italiener*innen, die ja auch alle immer Pizza oder Nudeln essen, während sie wild gestikulieren, um sich zu unterhalten. Aber warum nur in Europa bleiben? Da gibt’s ja auch noch die aus China. Oder Korea? Nee Japan! Ach, ist doch für uns eh alles das Selbe. Die sehen ja sowieso alle gleich aus und essen nur Reis. Achso und Katzen, ist ja klar. Vielleicht kommen daher ja die außerordentlichen Ergebnisse in Mathe! Von Afrikaner*innen, die ja immer alle nur mit Palmenblättern bekleidet sind, brauche ich gar nicht anfangen. Genauso sind auch nicht immer nur Menschen gemeint. Immerhin versucht die gesamte Flora und Fauna Australiens jeden Menschen dort umzubringen. Südamerika ist ja sowieso nur Regenwald, Sibirien ist auch immer gefroren, in Afrika gibt’s nichts als Sand und in Brandenburg nichts als Wald und Wölfe.

Wahrscheinlich ist jede*r schon einmal mit mindestens einer dieser Aussagen konfrontiert worden – ob scherzhaft oder ernst gemeint. Man sieht also: Vorurteile sind praktisch allgegenwärtig. Jede*r hat sie wenn man einen neuen Menschen kennen lernt. Das ist ja auch nur ein natürlicher Mechanismus. Es ist die simple Vorsicht vor dem Unbekannten. Um das Unbekannte besser einzuschätzen zu können, braucht man natürlich Informationen. Diese bekommt man, gefragt oder ungefragt, von der Umwelt immer irgendwie mit. Dinge, die im Umfeld gesagt werden, die man mal in Büchern liest oder mal in Filmen sieht. Sie vereinfachen bestimmte Einschätzungen immens, sorgen für ein schnelles Verstehen. Doch genau dort liegen auch die Gefahren. Wenn man sich nur noch an die Vorurteile hält und glaubt, damit die ganze Welt erklären zu können, dann ist die Blondine aber nicht mehr die Dümmste im Raum. Damit öffnet man sehr leicht Pauschalverurteilungen und zielgerichteten Feindbildern Tür und Tor.

Eine spezifische Form des gelebten Vorurteils ist der Rassismus. Hagen Rether fasst das Ganze noch etwas genauer zusammen. Sinngemäß sagt er, dass es natürlich nur normal ist, dass man rassistisch ist. Evolutionstechnisch könnte es sehr entscheidend gewesen sein. Doch als wir Menschen die Kultur dazugewonnen haben, uns mit Sprache und Bildern verständigen lernten, da wurden Rassismus und auch eben diese Vorurteile überflüssig. Wir lernten sich komisch verhaltende und aussehende Menschen kennen und somit wurden sie für uns nicht mehr komisch.

Querschläger gibt es in allen Regionen und Kulturen. Überall gibt es Schlaumeier und Dummköpfe, Diebe und überkorrekte Korinthenkacker. Wichtig ist, dass man lernt diese Eigenschaften heraus zu filtern und nicht zu pauschalisieren. Abschließend kann man sich ja noch einmal die Frage stellen: Sind wir kulturell und können Unterschiede erkennen, ohne uns aber von diesen allein zu einem Urteil bewegen zu lassen?

Zu den im Beitrag erwähnten Erklärungen von Kabarettist Hagen Rether gelangt ihr hier, etwa ab Minute 11: https://www.youtube.com/watch?v=w4hRsmJozqY

Beitragsbild: Ali Yahya auf Unsplash
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Etwas für nach dem Tritt in den Allerwertesten, oder: Wie man die Langeweile übersteht

Etwas für nach dem Tritt in den Allerwertesten, oder: Wie man die Langeweile übersteht

Langsam ist dieses völlig andere Sommersemester wieder rum. Die ganzen aufgeschobenen Arbeiten sind bereits erledigt, Veranstaltungen soweit überstanden und die Prüfungsvorbereitung steht in den Startlöchern? Aber was macht man, wenn alle Prüfungen geschrieben sind? Damit die Langeweile nicht zurückschlägt, möchte ich die Gamingbegeisterten auf eine tolle Unterhaltungsmöglichkeit hinweisen.

(Vorweg soll gesagt sein, dass dieser Artikel keine Werbung ist und sein soll. Er ist nur als ein Hinweis auf ein Spiel anzusehen.)

Gerade, wenn es in den eigenen vier Wänden wieder zu eng wird, dann ist das Echtzeit-Strategiespiel Stellaris auf jeden Fall einen Blick wert. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um ein Computerspiel, welches sich hauptsächlich im Weltraum abspielt. Doch beginnen wir am Anfang: Bevor man die Weiten des Weltalls erkundet, bastelt man sich zunächst eine eigene Spezies und ein eigenes Reich zusammen.

Noch ein weiterer Hinweis: Die meisten Spiele der Entwicklungsfirma Paradox funktionieren mit einem DLC-System. Das heißt, dass ein Teil der Inhalte erst durch zusätzlich kaufbare Erweiterungen verfügbar wird. Das klingt am Anfang vielleicht abschreckend, bedeutet aber, dass das Spiel weiterhin mit Updates und weiteren Spielinhalten versorgt wird. Und wenn man mit Leuten zusammenspielt, die bereits alle DLCs haben, werden diese für die Onlinelobby freigeschaltet. Somit kommt man, zumindest in Onlinerunden, trotzdem in den vollen Spielgenuss. Außerdem wird bei jeder Veröffentlichung eines neuen DLCs ebenso ein kostenloses Update für das Spiel selbst herausgegeben, welches größere Veränderungen im Hauptspiel bedeutet. Man muss also nicht zwingend den Geldbeutel öffnen.

Nun aber zurück zur Erstellung des Spiels: Dabei stehen nicht nur die obligatorischen Menschen oder weitere Humanoide zur Auswahl, sondern das Spektrum reicht von Insekten über Pflanzen bis hin zu lebenden Mineralien und natürlich Robotern. Weiterhin lassen sich verschiedene Reichsethiken auswählen. Möchte man also egalitäre, pazifistische Demokrat*innen, versklavende Despot*innen, ein galaktisches Imperium spielen? Oder vielleicht doch einen verschlingenden Schwarm, der alles auf dem Weg zur galaktischen Dominanz frisst? Oder lockt der Reichtum und man strebt ein galaktisches Unternehmen an, oder aber doch ein Verbrechersyndikat? Klar ist: Für den Wiederspielwert und zahlreiche verschiedene Spielweisen ist schon einmal gesorgt.

Ist das Reich nun erstellt, folgen noch ein paar Einstellungen für die Galaxie. 200 bis 1000 Sternsysteme stehen dabei zur Auswahl. Mit den Mods, welche im kostenlosen Workshop von der Community bereitgestellt werden, sind sogar 25.000 Systeme zugänglich. Doch das reizt sogar bei stärkeren Computern die Leistungsgrenzen aus.

Die Erstellung des Reichs und der Spezies.

Sobald die Einstellungen getroffen und die Galaxie geladen wurde, beginnt das eigentliche Spiel. Mit dem Forschungsschiff werden die ersten Systeme erforscht und zeitgleich mit dem Konstruktionsschiff die ersten Ressourcen nutzbar gemacht. Nun entwickelt sich die frisch aufgestiegene Spezies und steckt ihren Teil der Galaxie ab. Aber um das eigene Reich zu vergrößern, muss die Wirtschaft im Auge behalten werden. Das Abbauen von Rohstoffen sowie deren Weiterverarbeitung sind essenziell: Legierungen für Schiffe und Konsumgüter für die Bevölkerung. Schon bald wird man auf weitere Reiche treffen, welche euch positiv, aber auch negativ gesinnt sein werden. Und nun eröffnen sich weitere Möglichkeiten: Erobert man die anderen Reiche nach und nach? Unterwirft man sie und macht sie zu seinen Vasallen? Oder gewinnt man diplomatisch ihre Herzen und eint die Galaxie in einer riesigen Föderation? Wartet aber nicht zu lange mit euren Entscheidungen, denn auch diese Galaxie wird von Krisen heimgesucht werden, die ihr alleine und als kleines Reich nicht überstehen werdet …

Stellaris bietet also nicht nur eine Menge an Entscheidungsfreiheiten, sondern auch Spielstile, von denen sich andere Spiele eher distanzieren. Von Sklaverei und Vertreibung bis zur Vernichtung anderer Spezies ist alles möglich. Ob man das, im Kontext des Spieles, gut oder schlecht findet, sollte man an dieser Stelle selbst entscheiden. Für mich steht fest: Ich mag es. Damit ist die Entscheidungsfreiheit einfach um einiges größer. Mir wird nicht vorneweg erklärt, dass das alles schlecht ist, sondern man wird mit diesen Entscheidungen konfrontiert und muss sich selbst Gedanken machen. So wird ein Rollenspiel ermöglicht, das die Spielenden noch viel stärker in die jeweilige Galaxie eintauchen lässt. Interessant wird es auch, wenn man in der galaktischen Gemeinschaft als Anführer*in eines versklavenden Reiches Argumente dafür finden muss, dass Sklaverei nicht geächtet werden sollte. Auf der anderen Seite kann man auch durchaus einen Krieg erklären, um die versklavten Lebewesen wieder zu befreien. Schnell lässt sich damit also die Lust, mal der*die Böse sein zu können, befriedigen. Und wir alle wissen ja: Es ist nur ein Spiel und nicht die Realität.

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Zu guter Letzt möchte ich noch einmal aufzeigen, inwiefern beim Rollenspiel auch Kritisches thematisiert wird. Dazu werde ich zwei Gesprächsausschnitte nutzen, die im Spiel gemeinsam mit Freund*innen aufkamen. Wichtig dabei: Die Aussagen sind im Spielkontext zu sehen und spiegeln keineswegs reelle Ansichten der spielenden Person wieder.

Es nicht nur durch Raumschlachten und Invasionen anderer Welten möglich, Feinde zu bezwingen und Kriege zu gewinnen; selbst das Bombardieren einer Welt, bis diese unbewohnbar wird, ist noch nicht der Gipfel. Nein, ferner ist es sogar möglich, mit riesigen Raumschiffen ganze Planeten zu sprengen oder sie mit einem Neutronenstrahl einfach von sämtlichen biologischen Lebewesen zu säubern. Je größer die Bevölkerung des gesprengten Planeten war, desto mehr Mineralien bringt der aufgebrochene Planet danach. „Ist schon schade, dass der Planet mit 84 Milliarden Bewohnern nur 20 Mineralien bringt“ ist schon eine sehr lockere Bemerkung, wenn man gerade das Zwölffache der Erdbevölkerung ausgelöscht hat. Und das einfach, indem man den Befehl zur Sprengung des Planeten gegeben hat.

Je schwieriger die KI eingestellt ist, desto wahrscheinlicher ist auch eine Kriegserklärung. Auf die Frage meiner Mitspieler*innen: „Warum führst du denn schon wieder Krieg?“ folgt dann auch kurzerhand mal die Antwort: „Wenn sie mich angreifen, dann habe ich ja wohl das Recht ihre Spezies auszulöschen.“ Vor allem, wenn es der*die ewige Konkurrent*in ist, der*die einem wichtige Systeme genommen hat und im Senat gegen einen wettert, fallen solche Worte sehr schnell.

Der Neutronenstrahl im Einsatz.
Ein Planet wird aufgebrochen.

Hoffentlich haben euch diese düsteren Zitate nicht davor abgeschreckt, auch mal in dieses Spiel reinzuschauen. Ihr solltet allerdings Interesse an Echtzeitstrategie und auch etwas Ausdauer für das Einspielen mitbringen. Wenn ihr diese Eigenschaften habt, dann erwartet euch ein Spiel mit vielen Hundert Stunden Spielspaß. Ich selbst bin jetzt bei über 1500 Spielstunden und entdecke immer noch komplett neue Seiten und Geschichten in dieser großartigen Galaxie. Achso, fast hätte ich es vergessen: Natürlich sind überall kleine Anspielungen an Sci-Fi-Serien und Filme versteckt und Begeisterten wird ein Lächeln über das Gesicht huschen, wenn sie eine davon entdeckt haben. Schließlich bleibt mir eigentlich nur noch zu sagen:

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Beitragsbilder: persönlich aufgenommene Screenshots aus dem Spiel; Entwickler: Paradox Development Studio