Filmrezension: Phantastische Tierwesen 3 – Rowlings Geheimnisse

Filmrezension: Phantastische Tierwesen 3 – Rowlings Geheimnisse

Kaum ein Film wurde 2022 mit einer vergleichbaren Erwartungshaltung antizipiert, wie die dritte Instanz der „Phantastische Tierwesen„-Reihe von Warner Bros. Der Grund dafür war nicht zuletzt die mehrfache Verschiebung des Erscheinungsdatums von „Phantastische Tierwesen. Dumbledores Geheimnisse„. Weiterhin wurde der Film schon vor seiner Fertigstellung von Skandalen begleitet. Darunter die vorgeworfene Transphobie J.K. Rowlings, basierend auf einigen Tweets der Autorin im Juni 2020, und der Schauspielerwechsel des Antagonisten im Film. Dieser Artikel konzentriert sich nun allerdings auf die Kunst, die sich hinter dem Tarnumhang des Medienrummels verbirgt.

Eine Welt im Wandel

Der dritte Film des voraussichtlich fünfteiligen Franchises führt uns in die 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts. Wie auch in den vorherigen Instanzen wird in puncto Handlung auf internationale Drehorte gesetzt. Während Teil eins und zwei vorwiegend in den U.S.A. und Paris spielten, setzt der dritte Teil noch einen drauf. So spielt der Film unter anderem im Dschungel Brasiliens, im südasiatischen Buthan und sogar in Deutschland finden sich unsere Protagonist*innen zwischenzeitig wieder. Wer jetzt eins und eins zusammenzählen kann – also 1930er Jahre plus Deutschland – muss kein*e Historiker*in sein, um sich denken zu können, dass das deutsche Zaubereiministerium nicht ganz so gut wegkommt in diesem Film.

Die Welt ist im Wandel und damit lässt sich auch das Thema des Films gut einleiten. Wie stoppt man diesen Bösewicht Grindelwald, der versucht, an die Macht zu gelangen und Menschen zu unterdrücken? Denn das eigentlich Gefährliche an der Figur ist ihr Charisma, dass Mads Mikkelsen ihr großartig zu geben vermag. Während der Antagonist der Harry-Potter-Reihe seine Macht durch die Etablierung von Angst in der Zaubereigesellschaft festigte („Du weißt schon wer“), schafft Grindelwald dies mit einem verquerten Idealismus, der für die Allgemeinheit sehr verlockend zu sein scheint. Dieser Verlockung wollen sich Newt Scamander (Eddie Redmayne) und seine Gefährt*innen nun entgegenstellen. Ein schwieriges Unterfangen, da Grindelwald, wie bereits in Teil zwei etabliert wurde, als Seher in die Zukunft schauen kann. Wie hält man also jemanden auf, der die eigenen Pläne voraussieht?

Der Plan, keinen Plan zu haben

So beginnt also ein Katz-und-Maus-Spiel, das für Verwirrung sorgen soll. Leider ist das jedoch nicht nur für den Antagonisten der Fall. Auch der*die Zuschauer*in fragt sich zwischendurch, was hier eigentlich abgeht. Durch die Vielzahl an Figuren, die alle verschiedene Aufgaben haben, wird aus den Handlungssträngen zwischenzeitig eher ein Handlungsknoten, den nichtmal Houdini in 142 Minuten Filmdauer lösen könnte. So wird der Eindruck erweckt, dass auch der Film an sich eher nach dem Plan handelt, keinen Plan zu haben. Ein Vorwurf, dem sich auch schon der Vorgänger, „Grindelwalds Verbrechen“, stellen musste.

Die Lösung für dieses Problem sollte bei „Dumbledores Geheimnisse“ in Form von Steve Kloves kommen. Kloves war der Screenwriter von sieben der insgesamt acht Harry-Potter-Instanzen und hatte bereits bewiesen, dass er J.K. Rowlings komplexe Welt der Bücher sehr gut in die kompakte Welt der Filmscripts übertragen konnte. Nun sollte er also mit J.K. Rowling zusammen für den Film schreiben. Man sieht seinen Einfluss auf das Script an manchen stellen des Films zwar durchaus positiv durchscheinen, aber trotzdem wirkt der Film oft gleichzeitig gehetzt und langatmig und alles in allem etwas ziellos. Das vergisst man allerdings schnell wieder, wenn das 200-Mio.-Dollar-Spektakel – so viel hat der Film nämlich gekostet – tief in die CGI-Kiste greift und ein paar sehr beeindruckende Visual Effects auspackt. Trotzdem bleibt manches in dem Film rätselhaft.

Rowlings Geheimnisse

Die Harry-Potter-Enthusiast*innen, die sich mit „Dumbledores Geheimnisse“ Antworten auf die vielen Fragen aus Teil zwei erhofft hatten, werden in vielerlei Hinsicht leider enttäuscht. Es wirkt, als ob J.K. Rowling sich nicht mehr an die Regeln ihrer eigens kreierten Welt hält, die so liebevoll, komplex und wunderbar weird ist. Es sind zwar meist nur Kleinigkeiten, wie beispielsweise, dass Dumbledore nicht „Verteidigung gegen die dunklen Künste“, sondern „Verwandlung“ unterrichtet hat, oder etwa, dass Minerva McGonagall, die im Film als Lehrerin auftaucht, eigentlich erst 1935 geboren wurde. Allerdings fragt man sich eben deshalb, weil es solche Kleinigkeiten sind, warum die Entscheidung getroffen wurde, sich nicht an die Informationen der Buchvorlage zu halten. Es kommt einem wie ein komischer Fanservice vor, der die Hardcore-Fans eher re-serviert werden lässt.

Aber möglicherweise ist dies auch Teil eines größeren Plans, den J.K. Rowling gerade ausheckt. Vielleicht ist es ein gewollter Aspekt der Narratologie dieser Reihe, dass manche Unstimmigkeiten bestehen und am Ende werden sie möglicherweise sogar aufgelöst. Ob Rowlings Geheimnisse eine bewusste narratologische Entscheidung sind, oder ob es sich bei der „Phantastische Tierwesen“-Reihe wirklich um ein planloses Spektakel handelt, wird sich in den nächsten Instanzen der Filmreihe zeigen.


Beitragsbild: Jules Marvin Eguilos

Eine Liebeserklärung an … Plattdeutsch

Eine Liebeserklärung an … Plattdeutsch

Ein Kribbeln im Bauch, ein unverhoffter Glücksmoment, ein wohlig warmes Gefühl. Dafür braucht es nicht immer ein großes Ereignis, vielmehr liegen diese magischen Momente oft verdeckt unter einem Mantel der Gewohnheit und der Selbstverständlichkeit. „Eine Liebeserklärung“ ist unsere neue Kolumne, in der es darum gehen soll, die vermeintlich einfachsten Dinge dieser Welt wertzuschätzen. Mit ihr bauen wir euch eine zynismusfreie Nische, in die sich hineingekuschelt werden kann, wenn der Alltag einem mal wieder die Daunendecke der guten Laune zu klauen versucht. In diesem Artikel wird nun über das verschrobene, sympathische und oft ungewollt niedliche Plattdeutsch geschwärmt.

Plattdeutsch ist „To Huus“ und „To Huus“ ist Plattdeutsch.

Jede*r, der*die in den nördlichen Bundesländern aufgewachsen ist, kennt zumindest ein paar Begriffe dieser quirligen Sprache. Wörter wie „Schietwedder“, „Lütt“ und „Klönschnack“ halten sich wacker im norddeutschen Sprachraum und das macht mich überglücklich. Plattdeutsch verbinde ich immer mit meinen Großeltern. Ob es nun eine Weihnachtsgeschichte war, die mein Großvater vortrug und von der ich höchstens 5% verstand oder meine Oma, die einem (wie Omas halt so sind) mit den Worten „hier min Jung“ 5€ zusteckte. Die Sprache ist somit auch immer ein bisschen zu Hause, also „to Huus“, für mich und deswegen habe ich mich entschieden, diesen kleinen Liebesbrief dem Plattdeutschen zu widmen.

Ein bisschen Geschichte 

Niederdeutsch, eine Sprache so „platt“ wie das Land auf dem sie gesprochen wird. Die Ausdrücke Niederdeutsch und Plattdeutsch sind zwei Begriffe für die eine gleiche Sprache, die überwiegend in Norddeutschland gesprochen wird. Während der Begriff Niederdeutsch als Abgrenzung zum Hochdeutschen zu verstehen ist, welches seinen Ursprung im Süden des Landes hat, ist Plattdeutsch eigentlich eher eine abwertende Bezeichnung für die Sprache, die hier in den letzten Jahrhunderten überwiegend von der Unter- und Mittelschicht gesprochen wurde. Aber obwohl das Niederdeutsche seit mehreren Jahrhunderten als offizielle Schriftsprache in Deutschland vom Hochdeutschen abgelöst wurde, ist „Platt schnacken“ immer noch ein nicht wegzudenkender Teil Norddeutschlands.

Nun ist es allerdings genug mit der Sprachgeschichtliche. Warum lohnt sich ein kleiner Liebesbrief an diese Sprache, fragt ihr euch? Ich werde es euch zeigen. 

Meine Lieblingsbegriffe

Hüüt bin ick een lütt beet’n tüdelig. Was für eine schöne Art zu sagen, dass man heute irgendwie nicht so ganz auf dem Dampfer ist. „Tüdelig“ ist einer meiner Lieblingsbegriffe des Plattdeutschen und als ich angefangen habe im Zuge dieses Artikels über das Wort nachzudenken, ist mir aufgefallen, wie vielseitig dieser Begriff eigentlich ist. So beschreibt er nicht nur einen Menschen, der ab und zu ein wenig verplant ist. Wenn etwas „vertüdelt“ ist, dann kann das auch bedeuten, dass etwas unordentlich oder durcheinander ist und man kann auch jemanden beschuldigen „rumzutüdeln“, wenn zum Ausdruck gebracht werden soll, dass das Gegenüber Blödsinn redet. In einem Gespräch auf der Klönschnackbank könnte das also ungefähr so aussehen:

Fiete A: Du, ich war heute so tüdelig, dass ich meine vertüdelten Kopfhörer nicht auseinandergetüdelt bekommen habe.“
Fiete B: „Ach hör auf rumzutüdeln, du hast doch Airpods.“

Toll, oder? Es tüdelt sich so hin.

Ein weiterer Lieblingsbegriff meinerseits ist „lütt Schietbüddel“. In diesem Begriff zeigt sich die wunderbare Fähigkeit des Plattdeutschen, Dinge zu verniedlichen. So ist „lütt Schietbüddel“ eine liebevolle Bezeichnung für die kleinen Mitglieder der Familie, mit der Zuneigung und Wohlwollen zum Ausdruck gebracht werden, während das hochdeutsche Pendant „kleiner Scheißbeutel“ schon fast an häusliche Gewalt grenzen würde.

Auch meine Lieblingsschimpfwörter im Plattdeutschen sind mit deutlich weniger Härte gekennzeichnet als hochdeutsche Beleidugungen. Wenn man jemanden zum Beispiel als „Dösbaddel“ bezeichnet, bedeutet das zwar auch, dass diese Person nicht gerade der hellste Leuchtturm auf dem Deich ist, aber der hochdeutsche „Dummkopf“ wirkt auf mich persönlich viel unfreundlicher. Möglicherweise ist dies eher auf meinen Mangel an Objektivität bezüglich der Sprache zurückzuführen, aber wer will in einem kleinen Liebesbrief schon objektiv sein? Nicht dieser aufstrebende Jung-Journalist!

Es gibt noch so viele Begriffe aus dem Plattdeutschen, die sich für eine solche Kolumne lohnen, doch ich denke, dass dieser kleine Einblick in die Sprache, und warum ich sie so schön finde, genügen. Letztendlich lässt sich sagen, dass es mir eine absolute Freude war, ein bisschen über das Plattdeutsche zu schwärmen, Ich hoffe, dass ich ein paar Leute mit diesem kleinen Liebesbrief an Plattdeutsch durch das gelegentliche „Schietwedder“ Mecklenburg-Vorpommerns hindurch helfen kann und vielleicht ist ja nicht nur für mich Plattdeutsch ein bisschen „to Huus“.

Beitragsbilder: Thore Fründt, Annica Bromman

 

Gemeinsam für psychische Gesundheit – Beginn der Forumsreihe

Gemeinsam für psychische Gesundheit – Beginn der Forumsreihe

Vergangenen Monat gründete sich in Greifswald die Initiative „Gemeinsam für psychische Gesundheit“. Ziel dieses gemeinnützigen Vereins soll es sein, Bürger*innen aus Greifswald und Umgebung und vor allem Betroffene und deren Angehörige mit psychotherapeutischen Institutionen und Wissenschaftler*innen zusammenzuführen, um eine gemeingesellschaftliche Verbesserung der geistigen Gesundheit zu bewirken. Im Zuge der Initiative soll nun eine Forumsreihe starten.

Psychische Gesundheit ist spätestens seit Beginn der Coronakrise ein immer relevanter werdendes Thema der heutigen Gesellschaft. Das Motto „social distancing“ ist aus Pandemieperspektive natürlich absolut richtig und wichtig, aber aus psychologischer Sicht eine Belastungsprobe für die geistige Gesundheit der Bevölkerung. Deswegen soll nun im Zuge der Initiative „Gemeinsam für psychische Gesundheit“ eine Forumsreihe stattfinden.

Die Forumsreihe stellt ein Netzwerktreffen dar, bei dem nicht nur über psychische Gesundheitheit informiert, sondern auch gemeinsam diskutiert werden kann. Zentral sind dabei die Themen Vorsorge, Behandlung, Kooperation und Vernetzung. Mehr zu der Initiative erfahrt ihr demnächst auf dem webmoritz.

Veranstaltungen:

Jeden ersten Mittwoch im Monat ab 18 Uhr wird es in der alten Frauenklinik in Greifswald (Wollweberstraße 1-3) einen neuen wissenschaftlichen Beitrag geben. Sowohl für die Online- wie auch die Präsenzteilnahme kann man sich per Mail unter gemeinsampsychischgesund@uni-greifswald.de anmelden.

  • Was? „Effizient, praktikabel und akzeptiert – neue Wege in der Expositionstherapie zur Überwindung von Ängsten“ von Prof. Dr. Alfons Hamm & Dr. Jan Richter
  • Wann? 03.11.2021
  • Was? „‚Schnupperkurs‘ Psychotherapie: Einzel- und Gruppentherapien live erleben“ von Dr. Eva-Lotta Brakemeier & dem ZPP Team
  • Wann? 01.12.2021
  • Was? „‚Depri-Buddy‘ Vorstellung einer Online-Website zur Selbsthilfe von psychisch Belasteten“ von Alexander Liedtke
  • Wann? 05.01.2022
  • Was? „Die Unimedizin stellt sich vor“ von Prof. Dr. Hans J. Grabe und Team
  • Wann? 02.02.2022
  • Was? „Monitoring und Feedbacksysteme: Was bringen Sie Patient*innen und Praktiker*innen?“ von Dr. Tim Kaiser und M.Sc. Selin Demir
  • Wann? 02.03.2022
  • Was? „Citizen Science in Greifswald: Wie können sich interessierte Laien bei der Förderung der psychischen Gesundheit einbringen?“ von Prof. Dr. Mazda Adli
  • Wann? 04.05.2022

Beitragsbild: Initiative Gemeinsam für psychische Gesundheit

moritz.playlist – Twenty One Pilots

moritz.playlist – Twenty One Pilots

Musik  Töne mit Zusammenhang, oder gerne auch ohne. Im Prinzip systematischer Krach. Jede*r hat schonmal Musik gehört, aber was ist die Geschichte hinter den einzelnen Stücken, auch Lieder genannt, und womit verbinden wir sie? Was lösen sie in uns aus und wer hat sie erschaffen? webmoritz. lässt die Pantoffeln steppen, gibt vor, was angesagt ist und buddelt die versteckten Schätze aus. Unsere Auswahl landet in eurer moritz.playlist.

„Stressed Out“, „Heathens“, „Ride“. Drei Songs mit jeweils mehr als einer Milliarde Aufrufen sowohl auf Spotify als auch auf YouTube. Vor allem „Stressed Out“ wurde  von Radiosendern und Bluetoothboxen so hochfrequentiv gespielt, dass am Ende ironischerweise  eher der Song an sich „outstressing“ war. Allerdings sind Twenty One Pilots künstlerisch sehr viel komplexer als diese drei „Hits“ es vermuten lassen. Schon der Namensursprung deutet auf eine gewisse melancholische Tiefe hin. „Twentyone Pilots“ leitet sich ab aus einem Drama von Arthur Miller, in welchem Aufgrund der Entscheidungen, die der Hauptprotagonist im Laufe des Stückes trifft, 21 Piloten während des zweiten Weltkriegs ihr Leben verlieren. Der Name der Band soll als stetige Erinnerung dienen, seinen moralischen Kompass zu beizubehalten, egal wie schwer die Entscheidungen sind, die vor einem liegen.

Twenty One Pilots wurden 2009 gegründet und bestehen heute aus dem Musiker-Duo Tyler Joseph und Joshua Dunn. Joshua Dunn geht auf dem Schlagzeug so ab, dass bei ihm klare Punkeinflüsse von Bands wie The Offspring oder Blink 182 durchscheinen. Währenddessen wandert Tyler Joseph als Songwriter so unbekümmert durch alle möglichen Genres wie ein Backpacker durch Asien und versucht dabei, im Gegensatz zum Backpacker, wirklich sich selber zu finden. Seine Songs handeln meistens von Depression und dem wütenden Chaos in seinem Kopf, dem er mithilfe des Songschreibens Struktur zu geben vermag.

Auf die moritz.playlist kommen zwei Songs von Twenty One Pilots, die ihre Vielseitigkeit großartig verdeutlichen. „Car Radio“ ist ein Song ohne Refrain, besteht nur aus drei Akkorden und hat nichtmal ein catchiges Intro. Trotzdem ist dieser Song einer der bedeutendsten und interessantesten, die die Band  jemals auf einer Platte verewigt haben. „Warum“, fragt ihr? Findet es selbst heraus und hört ihn euch gerne in unserer Playlist an. Danach kommt „House of Gold“ auf die Playlist. Ein Song, der darstellt wie Twenty One Pilots es schaffen, zwischen leichten Melodien und schweren Texten zu balancieren und dabei noch großartig zu klingen. Zuletzt kommt der Song „Not Your Fault“ von „Awolnation“ auf die Liste, der in seinem Stil an die frühen Songs von Twenty One Pilots erinnert und der einen Refrain mit absolutem Ohrwurmpotential besitzt.

Twenty One Pilots passen nicht in das Indie-Schema, es gibt keine coolen Gitarrenriffs, keine Songs, die sich allein auf die Akustikgitarre verlassen und auch kein Albumcover im Retrolook. Trotzdem werden sie von vielen Indie-Fans gehört und geliebt, was wahrscheinlich daran liegt, dass sie ihr eigenes Ding durchziehen, anstatt sich einem bestimmten Trend anzupassen. Ein Album von Twenty One Pilots anzuhören ist ein Abenteuer, man weiß nie was als nächstes passiert. Aber dass es etwas Neues, nie vorher Dagewesenes ist, das weiß man mit Sicherheit.

Titelbild: Eric Nopanen 
Beitragsbild: Wesley Gibbs

Die unendliche Geschichte – Teil 12

Die unendliche Geschichte – Teil 12

Einfach mal abheben in ein anderes Universum, auch dafür ist der webmoritz. da! Ihr könnt jeden Freitag ein anderes Redaktionsmitglied auf einem neuen Teil der intergalaktischen Reise unserer unendlichen Geschichte begleiten. Die Rahmenbedingungen haben wir in einer gemeinsamen Sitzung aus unseren Ideen zufällig ausgewürfelt, danach haben wir die Geschichte jedoch der individuellen Kreativität und Gnade unserer Redakteur*innen überlassen. Wohin die unendliche Geschichte führen wird, ist für uns also auch noch ungewiss, aber wir bieten Corona-Craziness, Ärger und Spaß ohne Ende – garantiert!

Was bisher geschah …
Gerhard Schmitt, Galapagos-Schildkröte, Investigativjournalist und Entenfotograf, landet als blinder Passagier in dem Enten-Raumschiff Große Kosmische Ente ganz schön holprig auf dem Planeten Meridia (Teil 1). Hier beginnt ein großes Abenteuer für den mutigen Schildkröterich. Zunächst wollte er nur Enten in Krisengebieten fotografieren, doch als er Justus, das kleine Schnabeltier, kennenlernt, dessen Vater vom Meritär entführt wurde, so wie auch die Enten (Teil 6), muss er auf einmal selbst zum Helden werden. Gemeinsam suchen sie die Mudixe auf (Teil 7), die beinhärtesten Journalist*innen des Planeten, die zu wissen scheinen, wo sich das geheime Meritärlager befindet. Nach einem Waldbrand und der (angeblichen) Rettung durch den angeberischen Cornelius von Nussingen (Teil 10) machen sich Gerhard, Justus und die Mudixe Lila und Julica auf den Weg zum geheimen Geheimlager des Meritärs, bis sie zu einem dubiosen Loch im Boden kommen (Teil 11).

 

Teil 12 Keine Zeit für Schildlife-Crisis

Alles war dunkel. Sie waren auf etwas sehr Weichem gelandet, aber unser liebenswerter Schildkröterich hatte noch nicht identifiziert, was es war. „Vermudixt und zugenäht“, hörte Gerhard Julica fluchen. „Ich hatte ganz vergessen, wie tief dieses Loch ist.“ „Worauf sind wir hier gelandet?“, fragte Justus leicht bibbernd, leicht angeekelt. „Eine Erfindung des Meritärs“, sagte Lila. „Das ist auf 1111 Grad Celsius erhitztes Strontium. Wenn es schließlich wieder abkühlt, nimmt es diese weiche, gummiartige Form an.“ Gerhard rappelte sich auf. Man musste kein investigativer Investigativjournalist sein, um sich für die Frage zu interessieren, die Gerhard nun stellte: „Gibt es hier irgendwo Licht?“ Justus antwortete prompt: „Ich habe bei meiner Verfolgung der entführten Enten ein EiPhone auf dem Boden gefunden, dass eines der Tiere verloren haben muss. Damit kann ich uns den Weg leuchten!“ Gerhard war stolz auf das kleine Schnabeltier. „Weißt du, du solltest vielleicht über eine Karriere als Investigativjournalist nachdenken, du hast einen richtig guten Spürsinn.“ „Dabei habe ich nicht einmal eine Nase“, antwortete Justus und Gerhard kamen Zweifel, ob das Jungchen wirklich so helle war, wie er gerade angenommen hatte. „Naja egal, würdest du bitte einmal das Licht anmachen?“ „Ja klaro.“ Endlich wurde der Ort mit Licht erfüllt. Sie waren in einem Gang gelandet, der nur in eine Richtung führte. So rappelten sie sich auf und machten sich auf den Weg durch den dunklen Tunnel. Julica und Lila stimmten nach einiger Zeit ein Lied an. Ein alter Faultier-Folklore-Song, der ungefähr so ging: „My Faultier is over the ocean, my Faultier is over the sea, my Faultier is over the ocean, oh bring back my Faultier to me …” Ihre Stimmen waren wie der Gesang einer Lerche im Frühling und Gerhard musste sich sogar eine Träne aus den Augen wischen, als Lila fulminant eine höhere Oktave anstimmte und wie eine junge Faultiergöttin „toooo meeeeee“ schmetterte.

„Wir sind da“, sagte Justus plötzlich, der vorausgegangen war. Vor ihnen war ein Fahrstuhl in den Gang gebaut. „Ah super“, sagte Julica, „Um den zu benutzen, müssen wir noch den geheimen Geheimcode eingeben.“ „Was ist der geheime Geheimcode?“, fragte Gerhard. „1111“, sagte Lila und es kostete Gerhard alle Anstrengung, nicht seine schrumpeligen Augen zu verdrehen. Als der Fahrstuhl ansprang, sagte Lila: „So, weiter kommen wir nicht mit. Wir haben morgen ja wieder Redaktionssitzung, die immer um 19:15 Uhr stattfindet. Außer …“ „Ja, ich weiß, außer wenn MNTM läuft“, unterbrach Gerhard sie harscher, als er gewollt hatte und fügte deshalb hinzu: „Vielen Dank für alles. Wenn ich mich irgendwann mal revanchieren kann, sagt mir Bescheid, und ich komme so schnell herbeigeeilt, wie es einer Schildkröte nur möglich ist, Galapagos-Ehrenwort.“ Justus und Gerhard stiegen in den Fahrstuhl ein und fuhren zurück Richtung Erdoberfläche.

Nach einer Weile hielt der Fahrstuhl an und seine Türen öffneten sich. Sie lugten mit ihren Köpfen in den neonlichtdurchfluteten Gang, zu dem sie der Fahrstuhl gebracht hatte. Niemand war da. Ein Weg führte nach links und einer nach rechts. „Also gut“, flüsterte Gerhard, „Wir sind hier, um die Enten und deinen Vater zu retten. Ich denke, wir sollten uns aufteilen du gehst nach links und ich gehe nach rechts, und wenn irgendjemand etwas findet, macht er ein Geräusch wie ein Hirsch in der Brunftzeit.“ „Was ist ein Hirsch?“, fragte Justus. „Ach egal, pfeif einfach den ersten Vers von „My Faultier is over the ocean, wenn du etwas gefunden hast.“ Justus nickte zustimmend, dann machten sich die beiden auf den Weg, das kleine Schnabeltier nach links und Gerhard nach rechts.

Gerhard war das alles nicht geheuer warum war hier niemand? Er schlich mit der Gewandtheit einer dreißigeinhalbjährigen Galapagos-Schildkröte durch die Gänge und auf einmal kam er an Gitterstäben vorbei. Die Zellen waren zunächst alle leer, doch schließlich hörte er aus einem der Räume lautes Geschnatter und Gequake. Er ging auf die Zelle zu und es bot sich ihm ein äußerst sonderbares Schauspiel. Er sah ein Schnabeltier sowie zwölf Enten und Erpel um einen runden Tisch herumsitzen und Poker spielen. Sie blickten auf, als er sich ihnen näherte. „Sind Sie Justus‘ Vater?“, fragte er das Schnabeltier. „Ja, der bin ich. Was ist hier los? Wer sind sie?“ Justus‘ Vater war überhaupt nicht so, wie Gerhard ihn sich vorgestellt hatte. Er trug eine Sonnenbrille, hatte an jedem Ohr einen Ohrring und ein Tattoo auf der Schulter, das aus den Buchstaben „A.M.A.B.“ bestand. Justus Vater, dem Gerhards Blick aufgefallen war, sagte verschmitzt lächelnd: „Gefällt es Ihnen? Das bedeutet ‚All Meritärs are blöd‘“. „Ich und Ihr Sohn sind hier, um sie zu retten“, sagte Gerhard ungehalten. „Mein Sohn ist hier?“, fragte das Schnabeltier. „Ja und wir wollen Sie retten. Gibt es irgendwo einen Schlüssel für die Zelle?“ „Ja, im Büro des Meritär-Marschalls ist einer.“ Gerhard ließ sich den Weg zu dem Büro des Meritär-Marschalls beschreiben und sagte: „Alles klar, ich besorge den Schlüssel, hole ihren Sohn und dann kriegen wir euch hier raus.“ Er machte sich auf den Weg zum Büro, doch nach der ersten Biegung sah er etwas, das ihm fast die Brille von der Schildkrötennase herunterrutschen ließ. Durch den Spalt einer Tür konnte er ihn sehen. War das möglich? Konnte es sein? In diesem Zimmer auf einem Schreibtisch lag: der Sauerteig.

 

Puh, ganz schön spannend. Was wird Gerhard jetzt tun? Vielleicht schafft er es noch die anderen zu retten oder er wird am Ende doch noch erwischt, während er sich über den heißgeliebten Sauerteig hermacht. Warum hat Gerhard noch niemanden vom Meritär gesehen und wer hat eigentlich den Waldbrand angezettelt? Ist das vielleicht alles eine Verschwörung von ganz oben?

Illustration: Elisa Schwertner