von moritz.magazin | 20.07.2009
Dieser Reisebericht handelt von einem Abenteuerausflug zweier Greifswalder Studenten – oder zumindest dem Versuch dazu.
Tag 1
Nach Polen? Ihr wollt im Februar nach Polen fahren und dort zelten? Vor unserer Abreise gingen mir diese und ähnliche Anmerkungen ziemlich auf den Zeiger. Seit Dezember hatte ich mit meinem Kumpel René einen etwas anderen Urlaub in den Semesterferien geplant und alle taten so, als würden wir direkt in den Tod marschieren. Natürlich war es im Februar etwas kälter, aber wir hatten uns gute Ausrüstung besorgt.
Am Donnerstagnachmittag standen wir mit gepackten Rucksäcken am Greifswalder Bahnhof.
Die Dame am Schalter hatte einige Schwierigkeiten, die Tickets für den polnischen Nachtzug zu buchen. Bei dem Preis war uns beiden etwas schwindelig geworden, so dass wir beschlossen, die Rückfahrt individuell zu gestalten. René hatte beruhigend eingewandt, dass wir ja keine Tour durch die Städte machen wollten, sondern durch den Urwald an der polnisch-weißrussischen Grenze. Und da müsse man schließlich erst einmal hinkommen.
Der erste größere Umstieg war in Warschau. René war auf der Suche nach einem Informationsschalter und wenig an den zahlreichen Ständen interessiert. Wir fanden ein Fenster, über dem ein kleines „i“ Fragenden Antwort versprach. Wie wir schnell feststellten, allerdings nur auf Polnisch, und das sprachen wir nicht. Der mit der saubersten deutschen Betonung ausgesprochene Ortsname B-I-A-L-Y-S-T-O-K entlockte der freundlichen Dame nur ein Fragezeichen und Schulterzucken. Wir holten Zettel und Stift hervor und schrieben den Namen auf – zum Glück schreiben auch die Polen mit lateinischen Buchstaben. Die Frau lächelte und notierte Gleisnummer und Abfahrtszeit. Auf dem Weg zum Bahnsteig erinnerte ich mich an den alten Bahnhof in meiner Heimatstadt Rostock. Nicht zu vergleichen mit dem Neubau, der seit einigen Jahren eine Zierde der Stadt ist. Ist das nicht erstaunlich, dass man sich als etwas Besseres fühlt, nur weil im eigenen Land die alten Bauten etwas früher saniert wurden? Was würde ich wohl von Polen denken, wenn der Warschauer Bahnhof komplett renoviert wäre? (mehr …)
von moritz.magazin | 20.07.2009
Feature von Alexander Müller
Es war eine bunt gemischte Masse aus jungen Menschen, die sich von der Unibibliothek aus durch Greifswald bewegte. Ihren Unmut hatten sie auf Transparente geschrieben, in den Augen war die Wut und Enttäuschung deutlich zu sehen. „Arbeit nervt“, schallte es aus den bunt verzierten Boxen; die Parole einer Generation, der oft Desinteresse und Identitätslosigkeit vorgeworfen wurde. Die Ironie versteht, wer sie verstehen will. Denn wenn junge Menschen eins wollen, dann ist es eine Zukunft mit der Aussicht auf Arbeit.
„Bildung für alle“, das ist die Forderung mit der das bundesweite Aktionssbündnis „Bildungsstreik 2009“ Schüler und Studenten aus der ganzen Republik dazu aufforderte, am 17. Juni ihre Klassenräume und Vorlesungssäle zu verlassen, um gegen die Bildungspolitik von Bund und Ländern zu demonstrieren. Über hunderttausend junge Leute gingen bundesweit auf die Straße. Der Moment dafür, konnte gar nicht besser gewählt worden sein. Die Zeitungen waren voll in den letzten Wochen mit Leitartikeln, in denen sich darüber gewundert wurde, wie ruhig und gelassen die Deutschen in der Krise doch blieben. Was für ein Glück sei es doch, dass soziale Unruhen bislang ausgeblieben sind, weil nur so vernünftig Politik gemacht werden könne. Das mag nicht ganz falsch sein. Doch ist es ein nicht hoch genug einzuschätzendes Zeichen, dass sich nun genau die erheben, deren Zukunft momentan aufs Spiel gesetzt wird. Jene Generation, die bislang hilflos mit ansehen musste, wie das Geld ihrer Zukunft in die Rettung von Banken fließt, während die eigenen Schulen und Hochschulen zerfallen und beim Lehrpersonal weiter gespart und gekürzt wird. Dass aber die Zukunftsaussichten möglicherweise noch viel schlechter wären, wenn der Staat nicht massiv in die Wirtschaft eingreifen würde, ging in Parolen wie „Die Commerzbank hat deine Studiengebühren“, welche als Ankündigung des Streiks in einem Youtube-Video verkündet wurden, etwas unter. (mehr …)
von moritz.magazin | 20.07.2009
Im Juni 2008 hatte moritz das letzte Mal die Möglichkeit, mit Erwin Sellering zu sprechen – damals war er noch Sozialminister. Ein Jahr später trafen wir den SPD-Politiker wieder, mittlerweile hat er das Amt des Ministerpräsidenten inne. Wir sprachen mit ihm über die Zukunft der Hochschulen, Studiengebühren und die Finanzkrise als Chance für Mecklenburg-Vorpommern.
moritz Sie kommen ursprünglich aus dem Ruhrgebiet und teilen das Schicksal vieler Studenten, die zugezogen sind. Wie sehr identifizieren Sie sich mit Greifswald, mit der Region, mit Mecklenburg-Vorpommern?
Erwin Sellering Es ist sicherlich ein Unterschied, ob man als Student hier herzieht und studiert. Ich bin in der Mitte des Lebens hier hergekommen, mit der klaren Entscheidung: Das ist meine Heimat. Es ist touristisch toll hier und als Ministerpräsident sage ich: Mensch, ist das ein schönes Land. Man kann nur stolz sein, dass es bergauf geht. (mehr …)
von moritz.magazin | 20.07.2009
Alles schien wie an einem gewöhnlichen Sommertag. Der Innenhof der Universität lag friedlich und verlassen vor den altehrwürdigen Gebäuden. Doch das ferne Grollen tiefer Bässe ließ schon vermuten, was hier in wenigen Minuten los sein würde. Der Bildungsstreik schwappte in Richtung Rubenowplatz und vor den Schranken zum Hof sammelten sich die ersten Studenten. Es war der hochschulpolitische Höhepunkt dieses Semesters. Am 17. Juni fand die in jedem Semester einberufene Vollversammlung der Studierendenschaft statt, veranstaltet und beworben vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA). Über 1.300 Studentinnen und Studenten ergiffen die Initiative, um ihr demokratisches Recht wahrzunehmen. Eine Rekordbeteiligung, im letzten Semester fanden sich nur 170 Kommilitonen in der Mensa ein. „Es war ein großartiges Engagement der Studierenden“, sagte Fabian Freiberger, AStA-Referent für Hochschulpolitik dem moritz, „wir sehen uns in unserem Konzept, die Vollversammlung unter freiem Himmel und im größeren Rahmen zu veranstalten, bestätigt.“ Freiberger selber nahm an der Veranstaltung allerdings nicht teil. Nach eigenen Angaben konnte er aus persönlichen Gründen nicht in Greifswald sein. (mehr …)
von moritz.magazin | 20.07.2009
Wir studieren da, wo andere Urlaub machen. Dachten wir. Aber aus unserem Treffpunkt „Eldenabeach“ wurde über Winter eine Großbaustelle. Bagger rollen und der großflächige Sandstrand ist einfach nicht mehr das, was er noch im letzen Sommer war. Der Deichbau in Eldena – von einigen stillschweigend notiert, von anderen heiß diskutiert. Doch was passiert da eigentlich genau?
Der Deichbau ist Teil des „Generalplanes Küsten- und Hochwasserschutz Mecklenburg-Vorpommern“, der zum Schutz der besonders sturmflutgefährdeten Gebiete in Wieck, Eldena und dem Stadtgebiet selbst bereits 1994 ins Auge gefasst wurde. „Die Idee eines Schutzprogrammes ist sogar noch älter“, so Peter Lubs aus der Stadtverwaltung. Schon zu Zeiten des Nationalsozialismus kam der Gedanke auf. In der DDR wurden die ersten Deiche errichtet, die bis heute einen gewissen Schutz bieten. In der Zeit davor waren Greifswald und Umgebung den Launen des Wassers ausgesetzt. So nahmen im Jahr 1872 Wassermassen mit einer Höhe von 2,81 Metern über Normalnull das Land ein. Zwar erreichten die nachfolgenden Hochwasser nie den Stand von 1872, doch die zeitlichen Abstände der Sturmfluten werden immer geringer. (mehr …)