TITEL Weibsbilder – Frauen und studentische Verbindungen

DSC_0033-Gabriel-KordsFranziska Borges hat ein „1A“ Zimmer in Greifswald. Es liegt fast in der Innenstadt, nah an der Uni und kostet nur 170 Euro pro Monat. Es gibt nur einen Haken – das Zimmer befindet sich im Verbindungshaus der Burschenschaft Markomannia Aachen-Greifswald und die Mitbewohner dort sind nicht jedermanns Sache. Seitdem Franziska im Verbindungshaus eingezogen ist, gibt es Gerüchte, Markomannia würde Frauen in ihre Burschenschaft aufnehmen. Die meisten studentischen Verbindungen nehmen aber keine Frauen auf. Es gibt in Greifswald jedoch Frauen, die sich als Gegengewicht zu den rein männlichen Studentenvereinigungen zusammengeschlossen und die Schwesternschaften Athena und Gratia Aurora gegründet haben. Es bleibt die Frage, warum Frauen nicht aufgenommen werden und die weit verbreiteten Vorurteile, Verbindungen seien sexistisch und extrem konservativ.

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Der Groschen ist noch nicht gefallen – Der 14. polenmARkT

Was wissen wir eigentlich über Polen? Es ist ein Nachbarland von Deutschland, klar. Die Flagge ist rot-weiß, die Hauptstadt heißt Warschau und unser östlicher Nachbar ist seit Mai 2004 Mitglied in der EU. Und dann?

Armia_038-Eva HeldDas diesjährige Kulturfestival polenmARkT, das je nach Zählung bereits zum 12. beziehungsweise 14. Mal stattfand, soll einen Beitrag leisten, die polnische Kultur und Geschichte dem Greifswalder Publikum näher zu bringen. Zum ersten Mal standen die diesjährigen Kulturtage unter einem Motto: Polen und seine Nachbarn. Die Veranstalter wählten diese Thematik, um Polens kulturelle Offenheit gegenüber den ost- und westeuropäischen Ländern darzustellen und zu zeigen, dass es ein Land der bewegten Grenzen ist. Dabei wurde einerseits ein thematischer Schwerpunkt auf das Verhältnis Polens zur Ukraine gelegt, da diese zahlreiche gemeinsame Verbindungen teilen. Das wurde bereits bei der feierlichen Eröffnung am 20. November deutlich, bei der die ukrainische Schriftstellerin Natalia Sniadanko, die ebenfalls als Deutsch-Übersetzerin arbeitet und bereits Greifswald schon einmal besuchte, las. Nebenbei ist die Uni Greifswald die einzige Hochschule bundesweit, die den Studiengang Ukrainistik anbietet.

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Die Jagd nach dem nützlichen Menschen

Es ist über 2000 Jahre alt, hält sich hartnäckig wie kein zweites und ist auch in Deutschland fest verwurzelt: Das Vorurteil, dass die Jugend nichts taugt. Doch was ist dran an dem Ausspruch?

Es ist ein Prinzip der Philosophie. Man kann für eine Behauptung, oder auch ein Vorurteil, endlose Bestätigungen finden und sie wird niemals endgültig wahr. Doch man braucht nur ein einziges Gegenbeispiel, um zu beweisen, dass eine These falsch ist.

mm81-38-bierkran-daniel FockeVor dem Supermarkt riecht es nach Bier. Eine Flasche liegt gesprungen auf dem Parkplatz. Der Alkoholkonsum in Deutschland ist in allen Altersgruppen extrem hoch. Allein bei den zwölf bis 17-Jährigen beläuft er sich auf 50,4 Gramm pro Woche pro Kopf (alle Nicht-Trinker sind in der Statistik enthalten). Auf einem Kasten Billigbier sitzt ein Junge um die sechzehn und lacht lauthals, während er mit blankem Finger abwechselnd auf zwei Mädchen vor sich zeigt. Anbei stehen drei weitere Gestalten in weiten schwarzen Sachen, welche man aus der Entfernung kaum wahrnimmt. Auf die Frage, ob sie einem Bachelorstudenten für Journalismus bei der Arbeit helfen würden, antwortet der Junge auf dem Kasten: „Es gibt keinen Bachelorstudiengang Journalismus. Zumindest nicht hier in Greifswald.“ Seine Gefährten brechen in Gelächter aus.

Als sie verstummen, stellt sich der Kastenjunge mit seinem Namen vor. Marco* heißt er, ist seit zwölf Minuten siebzehn Jahre alt und feiert mit Freunden an der frischen Luft. Auf ein Stirnrunzeln hin wirft eines der Mädchen ein, dass Marco Partys hasse und lieber abseits der Clubs und der eigenen Wohnung sei. Das alles kann die Gruppe um Marco sympathisch machen, doch ein konkreter gesellschaftlicher Nutzen ist ihnen bis zu diesem Punkt nicht nachgewiesen. Keiner der sechs zeigte sich bis zu diesem Zeitpunkt sozial oder politisch engagiert, das ging aus einem Gespräch hervor. Abgetan wird diese Tatsache von Marco mit den Worten: „Oma liebt mich und das nicht nur, weil ich ihr beim Einkauf helfe.“ Es drängt sich die Frage auf, woran Wörter wie nutzbringend oder tauglich gemessen werden. Ein Kran ist nutzbringend wenn er große Lasten heben kann, aber ein Mensch? Angestachelt von diesem spontanen Gedankenexperiment, soll Marco den Bierkasten heben. Wenig überraschender Weise schafft er es. Macht ihn das nützlich? Kaum. Er erzählt, wie er sich seine Zukunft vorstellt: „Studieren, wenn‘s das Geld hergibt, Lehramt Deutsch und Geschichte soll es sein“, sagt er. Dann bittet er darum, seinen Geburtstag fragenfrei weiterfeiern zu dürfen. Einen Wunsch den man nicht abschlagen kann. (mehr …)

TITEL Uni im Aufruhr: Psychologie will Fakultät wechseln

Aus dem moritz-Magazin November 2009 (80)

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“Wir verhandeln nicht”

Einer nach dem anderen strömen sie in den Saal, ein unruhiges Murmeln liegt in der Luft. In getrennten Blöcken nehmen sie Platz. In einem Teil des Raumes sitzen überwiegend Männer mit Anzügen und grau melierten Haaren, man kann ihnen den Wissenschaftler ansehen. Ihnen gegenüber sitzen gut gekleidete junge Menschen, überwiegend Frauen, sie unterhalten sich angespannt. In der ersten Reihe: Professorin Hannelore Weber, die geschäftsführende Direktorin des Instituts für Psychologie. Unter den Blicken der alten Preußenkönige auf den Gemälden an den Wänden entwickelt sich ein Bild, das die Vorgänge um das Psychologische Institut in den letzten Wochen und Monaten gar nicht besser beschreiben könnte.

Es ist der 27. Oktober, Konferenzsaal des Universitätshauptgebäudes, Fakultätsratssitzung der Philosophischen Fakultät. An diesem Tag berät das Gremium über die Zukunft des eigenen Hauses. Es berät darüber, wie es zu der Absicht der Psychologie steht, die Fakultät in Richtung des Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Nachbarn zu verlassen. Sie werden ein Papier verabschieden, welches den Wechsel strikt ablehnt, natürlich ohne die Stimmen der Psychologen. Es ist eine Abrechnung mit dem Institut für Psychologie. Es zeigt, in welcher verzweifelten Lage sich die Fakultät seit Jahren befindet und wie abhängig ihr Fortbestand von dem wechselwilligen Fach ist. Eins wurde schon während der Sitzung klar – egal wie der Streit ausgeht, danach wird nichts mehr so sein, wie es vorher war. (mehr …)

Die Philosophie und die Liebe

Die diesjährige Gewinnerin des Philosophie-Wettbewerbes des Forschungsinstituts für Philosophie Hannover: Dr. Chiara Piazzesi

Dr. Chiara PiazzesiSie lockt uns ins Kino, weil sie schöne, aber auch traurige Momente offenbart. Sie rührt uns zu Tränen, weil wir uns oft wiederfinden oder erkennen, dass es in der Wirklichkeit dann doch nie so verläuft. Es sind die Momente, die Emotionen in uns erwachen lassen: Liebe ist eben der Stoff, auf den selbst Hollywood niemals verzichten kann. Dies erkannte auch Chiara Piazzesi. Seitdem beschäftigt sie sich mit dem Thema aus philosophischer Sicht. Mit leuchtenden Augen sitzt uns diese zierliche junge Frau mit italienischem Akzent gegenüber und kann es selbst noch kaum fassen, dass sie vor kurzem einen Wettbewerb für Philosophie gewonnen hat. Bei einer Tasse Cappuccino verrät sie uns den Weg dorthin.

Bereits ihr Vater studierte Philosophie. „Er hatte schon immer eine Begeisterung für philosophische und existenzielle Fragen. Ebenso wie meine Philosophielehrerin in der Schule“, erzählt Dr. Piazzesi. Sie nahm sich vor, wenn sie ein Stipendium an der Universität Pisa bekommen würde, schlage sie den gleichen Weg ein. Genau so kam es dann auch. An ihr Studium an der Universität Pisa und an der Scuola Normale di Pisa denkt die 32-jähige gern zurück. Von der Letzteren habe sie später auch ein Post-doc-Stipendium* bekommen. „Die Stadt ist sehr nett und angenehm – ich bin immer froh, wenn ich dorthin fahren darf und die Stimmung der Stadt miterleben kann“, schwärmt die gebürtige Florentinerin. (mehr …)