von moritz.magazin | 18.12.2010
Kann man heutzutage überhaupt noch ohne den wöchentlichen Rausch leben? Der tägliche „Push“ durch Kaffee, Alkohol oder Zigaretten lauert überall. Im Folgenden zeigen sich Perspektiven einer drogenfreien Kultur: dem Straight Edge.
Das schwarze „X“ auf dem Handrücken ist das Symbol der Straight-Edge-Bewegung
Wir sind jung und wir sind frei. Doch viele von uns können mit dieser Freiheit nicht sehr vorbildlich umgehen. Abends mal ein Glas Wein, vielleicht noch ein Bier und genüsslich eine schmöken – das kann der Anfang allen Übels sein, wenn man die Zügel nicht mehr in der Hand hält. Kaum ist der Anfang in die verlockende Welt der Rauschmittel geebnet, klettern wir munter die Leiter hinauf. Immer ein bisschen mehr, ein bisschen doller, ein bisschen härter.
Schnell hat man auf der Party bei Freunden oder im Club den kleinen grünen Freund, den Joint, in der Hand. Nach dem ersten Zug folgt der zweite und schon hat man die nächste Stufe der Drogenhierarchie erklommen. Besonders verbreitet sind diese sogenannten Einstiegsdrogen unter Studenten und Studentinnen, sie sind gewissermaßen die Zielgruppe, denn sie sind neugierig, feierwütig und gehen gerne mal über Grenzen.
Delikte im Zusammenhang mit dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) treten auch in Greifswald in den letzten Jahren immer häufiger auf, so beträgt die Anzahl erfasster Fälle in Verbindung zu Rauschgiftdelikten seit 2008 insgesamt 587.
Weiterhin berichtet die Polizeidirektion Anklam, dass es in den letzten drei Jahren unter den 18 – 21 Jährigen der Hansestadt 158 allgemeine Verstöße gegen § 29 des BtMG und bei den über 21 Jährigen sogar 310 dieser Verstöße gebe. Die Vorfälle häufen sich in den letzten Jahren stetig, somit ist ein klarer Anstieg, besonders in der Altersgruppe der Studierenden, zu verzeichnen. (mehr …)
von moritz.magazin | 18.12.2010
Perspektivwechsel
Festgefahrene Bilder hinterfragen, den Blick hinter die Kulissen, auf die tatsächliche Beschaffenheit der Dinge wagen. Was bei Wikileaks ein in höchstem Maße gespaltenes Echo hervorrief, dürfte in Mecklenburg-Vorpommern eher auf breites Desinteresse stoßen. Doch nicht an der politischen Fassade wollen wir rütteln, sondern das Bild des Bundeslandes aufhellen, dem Klischee zum Trotz. Wir haben uns nicht mit der Annahme zufrieden gegeben, dass MV außerhalb der großen Städte nur braunen Sumpf, Fisch und gähnend weite Landschaften zu bieten hat.
Was steckt hinter den Bahnhöfen, an denen nie jemand ein-, geschweige denn aussteigt? Was steckt hinter den Gebäuden, die wie große, einsame Zeugen menschlichen Scheiterns den natürlich Horizont durchbrechen? Was kann man wirklich im vermeintlichen Niemandsland Mecklenburg-Vorpommern finden? Unsere Redakteurinnen haben sich auf die Suche nach dem Klischee des nordöstlichen Bundeslandes gemacht. Fernab der üblichen Haltestellen zogen sie durch weitläufige Landschaften und fanden neben aufgegebenen Bahnhöfen und beinahe isolierten Wohngebieten auch historische Touristenattraktionen oder eine Sternenwarte auf dem Land (Seite 26).
Wer das Aussteigen an den kaum beachteten Orten wagt, wird mehr finden, als die Scheuklappen-Schablone hergibt. Aber nicht nur unumstritten Positives gilt es im nordöstlichen Bundesland zu entdecken: Neben den von den Zugfahrten bekannten, riesigen Feldern tendiert auch der tierzüchtende Agrarbetrieb Mecklenburg-Vorpommerns zur rationalisierten und überdimensionierten „Intensivtierhaltung“. In Alt Tellin im Landkreis Demmin wird nun eine so genannte „Ferkelaufzuchtanlage“ gebaut, die in ihren Ausmaßen jede Vorstellungskraft sprengt (Seite 29).
Um die Geheimnisse des Nachbarlandes Polen zu ergründen, muss man als Greifswalder nicht einmal in den Zug steigen. Der Greifswalder PolenmARkT zeigt Jahr für Jahr, dass man in Polen nicht nur billige Zigaretten kaufen und sein Auto wieder finden kann. Das Kulturfestival bietet ein umfangreiches Programm. moritz hat mit ausgewählten Künstlern über ihre Arbeit und ihre Heimat gesprochen, das Ergebnis könnt ihr auf Seite 36 lesen.
Es gibt noch viel zu entdecken in Mecklenburg-Vorpommern und Umgebung, man muss nur den Schritt an der richtigen Stelle aus dem Zug wagen.
Patrice Wangen
Ausgewählte Artikel aus diesem Heft könnt ihr wie immer auf unserer Seite lesen und kommentieren, das komplette Heft könnt ihr als pdf hier herunterladen.
von moritz.magazin | 16.11.2010
Einblicke geben
Ich habe ein Seminar, in dem der Dozent neben mir lediglich einen weiteren Studenten zu betreuen hat. Das sind Verhältnisse, die keine Privatuni bieten kann. Und alles ganz ohne horrende Studiengebühren. In zwei anderen Vorlesungen dagegen fand ich mich mit 400 Studierenden in der Kiste wieder. Da merkt man eben doch, dass wir an einer staatlichen Hochschule studieren. Während das an anderen Unis normal ist, gehört es in Greifswald eher zu den Ausnahmen.
Die meisten Hörsäle der Uni bieten ohnehin nicht so vielen Personen Platz. Dazu zählen auch die Räume des Historischen Instituts. Seitdem in den Semesterferien ein Teil der Decke eingestürzt ist, wurde das Institutsgebäude sogar komplett gesperrt. Das forderte im Anschluss natürlich nicht nur Bauarbeiten sondern auch organisatorische Höchstleistungen. In diesem ganzen Chaos wollten wir dann auch noch Informationen haben. Dass wir hartnäckig waren, könnt ihr auf Seite 22 lesen.
Ähnlich selten wie volle Universitätssäle gibt es wohl gut gefüllte Kirchensäle in Greifswald. Auf 54 000 Einwohner kommen circa ein Dutzend Kirchengemeinden. Die drei größten Kirchen in der Innenstadt prägen die weithin sichtbare Silhouette, jeder kennt sie. Doch wer weiß auf Anhieb, wo sich die Moschee in Greifswald befindet? Sie gehört zum Islamischen Kulturzentrum in der Makarenkostraße und zählt ebenfalls zu den Orten, an denen der Glaube ausgelebt werden kann. Wir möchten euch die islamische Gemeinde Greifswalds vorstellen.
Dazu passt rein geografisch, wie ihr sicherlich schon bemerkt habt, auch der Artikel über das benachbarte Studentenwohnheim. In diesem gibt es häufig Sachschäden. Für auftretende Defekte werden die Bewohner, meist ausländische Studierende, verantwortlich gemacht. Unser Redakteur traute sich hinein in die vermeintliche Hölle (Seite 32)
Apropos Hölle: Ist es für Studierende mit einem hervorragenden Abitur schrecklich in einem vollen Hörsaal zu sitzen und überhaupt nicht aufzufallen? Da war man nun extra fleißig in der Schule und dann das. Einmal im Betrieb interessieren niemanden mehr die Vorleistungen, die dafür erbracht wurden. Trotzdem werden die meisten neidisch, wenn sie von Leuten hören, die ein glänzendes Abitur in der Tasche haben. Ihnen steht schließlich die Welt offen! Sie können alles studieren, wozu sie Lust haben. Die Frage allerdings ist, ob sie dies wirklich können. Einige Studierende unserer Uni haben uns Einblicke in ihre Gedanken zur Studienwahl gegeben (Seite 18).
Für uns vom moritz ist es im Übrigen sogar von Vorteil, wenn ihr in vollen Hörsälen sitzt: die Wahrscheinlichkeit ungestört und vor allem unbemerkt unser Magazin lesen zu können, steigt deutlich. In diesem Sinne: viel Spaß beim Überstehen der Vorlesungen mit unserer neuen Ausgabe!
Anja Rau
Das komplette Heft könnt ihr hier als pdf herunterladen. Ausgewählte Artikel könnt ihr auch online lesen und kommentieren.
von moritz.magazin | 16.11.2010
Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland – mit präsidialen Segen von Christian Wulff zum Jahrestag der Deutschen Einheit. Die Debatte um Integration hält an. moritz hat mit Greifswalder Muslimen gesprochen.
Auf der einen Seite des Gebäudes der Hörsaal, auf der anderen der Studentenclub. Doch wer hätte gewusst, dass in der „Kiste“ in der Makarenkostraße auch eine Moschee ist.
Es ist das Jahr 1431 n. Hidjra. An einem kalten Oktobermorgen steigt Houssein auf sein Fahrrad und fährt los. Greifswald ist ruhig und dunkel, keine Autos auf den Straßen – die Sonne wird erst in zwei Stunden aufgehen. Houssein fährt schneller, kommt an ausgeschalteten Ampeln vorbei. Hat sein Ziel fast erreicht. Zwischen den Wohnheimen kommt die orangefarbende „Kiste“ in Sicht. Er stellt sein Fahrrad davor ab und geht um das Gebäude herum. Er studiert Medizin im fünften Semester. Eine Vorlesung besucht er um diese Uhrzeit aber nicht. Seine Armbanduhr zeigt in digitalen Ziffern 5:42. Pünktlich betritt er die Greifswalder Moschee – er ist hier zum Fajr, dem Gebet vor dem Sonnenaufgang. Houssein ist Muslim – Muslim in der kleinen Hansestadt Greifswald.
Im täglichen Gebet findet Houssein immer wieder einen Zugang zu Allah. Das Salāt (Gebet) ist das tägliche Verbeugen Richtung Mekka. Fünf mal täglich soll ein Muslim das Gebet sprechen. Houssein kennt es nicht anders. Seine Heimat ist Syrien, seit fast drei Jahren ist er nun in Deutschland.
Wie er haben junge Männer und Frauen neben Hörsaal und Studentenclub ihre Nische in Greifswald gefunden. Die Räumlichkeiten sind klein, aber ausreichend. Der Gebetsraum mit weinrotem importiertem Teppich, die Gebetsnische Mihrab gen Mekka, Waschräume für rituelle Reinigungen und ein überschaulicher Seminarraum mit Bücherregalen an den Wänden und einem Fernseher. Die Moschee ist neben dem Gebet auch Gemeinschaftsort. (mehr …)
von moritz.magazin | 16.11.2010
Einser Absolventen stehen nicht nur einer Vielzahl von Studienoptionen gegenüber, sondern auch hohen Erwartungen anderer.
Das Abitur ist für viele die erste wirkliche Hürde im Leben und dazu noch eine wichtige! Die Durchschnittsnote des Abschlusses bestimmt oft, welche Türen sich für das zukünftige Berufsleben öffnen und welche für immer verschlossen bleiben. Ein Schnitt im Einserbereich ist für den Großteil der Schulabgänger eher ein Wunschdenken als wirkliche Realität. Nur wenigen gelingt es, sich die begehrten Noten auch zu erarbeiten und damit das Tor zum Wunschstudium aufzustoßen. Dann aber sind die Möglichkeiten vielfältig: entweder man studiert beispielsweise Medizin an der nächstgelegenen Universität oder besucht eine Privatschule für Wirtschaft in einem ganz anderen Bundesland. Leider wird es von einem Großteil der Gesellschaft schon fast erwartet, dass Spitzenabiturienten entsprechende Berufswege, wie den eines Arztes, einschlagen.
Doch wie trifft man die richtige Entscheidung, wenn man die freie Qual der Wahl hat? „Nach meinem Abi war ich erstmal ziemlich planlos, was genau ich denn nun studieren wollte. Ich wusste nur, dass es irgendetwas in Richtung Naturwissenschaften und Forschung werden sollte“, erzählt Jörn, der erst nach einem Studienwechsel das richtige Fach für sich gefunden hat.
Trotz einer Traumnote von 1,1 schrieb er sich zunächst für ein zulassungsfreies Fach ein: „Ich hatte mich damals recht spontan entschieden, aber relativ schnell gemerkt, dass es doch das falsche Fach für mich war.“ Er hat dann die Zeit bis zum nächsten Semesterstart genutzt und sich in verschiedenste Vorlesungen zur Orientierungshilfe gesetzt. So ist er letztendlich bei den Humanbiologen gelandet. Jörn steht somit stellvertretend für viele andere und zeigt, dass selbst Einser-Abiturienten keinen Masterplan in der Hand haben und Zeit zur Entscheidungsfindung brauchen.
Für Maja war dagegen schon in der Schulzeit klar, wohin ihr Weg gehen sollte: „Ich habe mein Schulpraktikum in der 10. Klasse in einer Reha-Klinik gemacht und durfte dort bei den Neuropsychologen reinschauen. Danach war Psychologie eine Studiumsoption. Ich habe mich informiert und seit der 11. Klasse stand es dann für mich fest.“ Sie hat sich mit einem Schnitt von 1,4 beworben und studiert heute im fünften Semester. Psychologie gehört wie Humanbiologie an der Universität Greifswald neben (Zahn-)medizin zu den höchsten NC-Fächern. (mehr …)