Interview mit Esther Erwin zum Konflikt um den 08. Mai

Interview mit Esther Erwin zum Konflikt um den 08. Mai

Seitdem im November auffiel, dass die für den 08.05. geplante 24h-Vorlesung mit der traditionell aus der Studierendenschaft unterstützten Demonstration gegen die rechtsradikale Vereinnahmung des Gedenkens an die Gewalt und den Massensuizid in Demmin 1945 zusammenfällt, versucht eine Mehrheit im Studierendenparlament (StuPa) den AStA dazu zu bewegen, die 24h-Vorlesung auf einen anderen Tag zu verlegen. Auf der vergangenen StuPa-Sitzung eskalierte die mehr und mehr zugespitzte Auseinandersetzung und führte zum Rücktritt der damaligen AStA-Vorsitzenden Esther Erwin. moritz. hat Esther um ein Interview gebeten, um die Ursachen des Konflikts genauer zu ergründen.

Jonas Meyerhof: Vielen Dank, dass du dir für das Interview Zeit genommen hast und dass du dabei hilfst an die Ursachen zu kommen, warum zwischen StuPa und AStA wieder alles so schief gegangen ist. Falls du inhaltlich anderer Meinung bist oder auf andere Aspekte lenken willst, dann sag das ruhig.

Im Rahmen der auf beiden Seiten emotional sehr aufgeladenen StuPa-Sitzung am 11.02. kam es zu deinem Rücktritt. Wie ging es dir danach, gab es persönliche Anfeindungen oder Aussprachen?

Esther Erwin: Also danach ging es mir eigentlich ganz gut, weil ich irgendwie das Gefühl hatte, dass ich damit so ein bisschen einen Abschluss gefunden hatte. Aber ich war tatsächlich etwas traurig dass es dann auch so plötzlich enden musste und dass es dann auch so ein bisschen ausgeartet ist. Und persönliche Anfeindungen gab es dann tatsächlich auch danach, also zumindest eine.

JM: Die unter dem Artikel?

EE: Genau. Also der webmoritz. hatte ja noch einen Artikel in derselben Nacht geschrieben und darunter gab’s dann einen Kommentar, in dem es auch persönliche Beleidigungen gab.

“Naja, vielleicht auch ein bisschen Sturheit auf beiden Seiten, also vielleicht auch von mir .”

JM: Was denkst du, war das Grundproblem, dass eine Einigung zwischen StuPa und AStA verhindert und so zur Eskalation geführt hat und wie könnte der Konflikt gelöst werden?

EE: Also, ich denke eine Konfliktlösung ist jetzt dadurch gefunden, dass die 24h-Vorlesung gar nicht stattfinden wird – also das ist zumindest jetzt mein Standpunkt, ich bin ja jetzt gar nicht mehr in den Sitzungen und so dabei – aber das ist jetzt sozusagen eine Lösung, wenn man das so will. Zum Grundproblem: Naja, vielleicht auch ein bisschen Sturheit auf beiden Seiten, also vielleicht auch von mir. Aber ich steh auch noch zu dem was ich mir da überlegt hatte, das war eben eine Entscheidung, die der AStA schon vor sehr langer Zeit, also jetzt mittlerweile vor einem Jahr, getroffen hat und das StuPa hat das aber – warum auch immer – erst vor drei Monaten mitbekommen und deswegen finde ich es immer noch richtig, was ich gemacht habe.

JM: Einen Tag vor deinem Rücktritt, in der AStA-Sitzung am 10.02., hast du dich noch mit dem StuPa-Präsidium auf den Kompromiss geeinigt, den Termin um einen Tag nach hinten zu verlegen. Am nächsten Tag in der StuPa-Sitzung am 11.02. wolltest du dem nicht zusagen, weil Liliya, die AStA-Beauftragte der 24h-Vorlesung und einige AStA-Referent*innen noch nicht einverstanden waren. Standest du als AStA-Vorsitzende in dem Konflikt zwischen den Stühlen oder warst du auch persönlich der Meinung, dass der Termin nicht verschoben werden sollte?

EE: Ja war ich. Und zu der AStA-Sitzung am Montag, ich weiß nicht ob das irgendwie ein Missverständnis war, aber ich habe auf der AStA-Sitzung gesagt, dass ich diesen Kompromissvorschlag gerne an die Zuständigen weitergeben werde, aber dass wir noch keine Entscheidung treffen können, bevor ich nicht mit den Zuständigen gesprochen hab. Es gibt Leute – also in jedem Fall zwei Leute – die im AStA dafür zuständig sind das alles zu planen und das kann nicht einfach über ihre Köpfe hinweg entschieden werden. Und das war das, was ich auf der AStA-Sitzung gesagt hatte. Offensichtlich ist das nicht so rübergekommen, oder… ich weiß nicht. Es war eben nur ein Kompromissvorschlag und kein fertiger Kompromiss.

JM: Du hast gesagt, dass auch du dich ein bisschen zu stur verhalten hast. Wie würdest du dich aus heutiger Sicht in dem Streit verhalten? Gibt es etwas, das du vielleicht anders machen würdest?

EE: Ich denke, ich würde es genau so nochmal machen.

JM: Was kann auf Seiten der StuPist*innen, des StuPa-Präsidiums, der AStA-Referent*innen, der moritz.medien oder anderer Gremien besser gemacht werden, damit so ein festgefahrener Konflikt in Zukunft verhindert werden kann?

EE: Ich muss sagen, das StuPa-Präsidium hat sich in dem Konflikt eigentlich sehr angenehm – sage ich jetzt mal – verhalten. Auf der vorletzten StuPa-Sitzung ging es ja auch nochmal um Liliyas Aufwandsentschädigung – und da hat Felix, finde ich, die Sitzung sehr neutral geleitet, also das fande ich alles in Ordnung. Und von den Medien – also ich finde ihr habt immer sehr neutral und sachlich getickert.

JM: Trotzdem gab es ja bis zuletzt keine Annäherung, obwohl das Thema über Monate in StuPa- und AStA-Sitzungen mit Vertreter*innen aus beiden Gremien diskutiert wurde. Warum konntest du dich nicht mit dem StuPa-Präsidium auf eine Lösung einigen, hat die Zusammenarbeit nicht funktioniert?

EE: Naja, also die ganze Sache ist ja jetzt nichts zwischen dem StuPa-Präsidium und mir, sondern eher generell zwischen StuPa und dem AStA, oder mir und den zuständigen Referent*innen. Das grundsätzliche Problem oder was uns am Anfang einfach geärgert hat, war, dass die ganze Sache wirklich erst im Dezember aufkam, obwohl dieses Datum schon so lange feststand und auch schon seit Oktober an dieser 24h-Vorlesung gearbeitet wurde. Da war eben auch das Präsidium auf den AStA-Sitzungen, das immer auf den AStA-Sitzungen da ist – also das ist jetzt nicht unbedingt die Schuld des Präsidiums oder so, das hätten auch andere StuPist*innen sein können, die auf der AStA-Sitzung waren und was hätten sagen könnten.

Die Argumente kommen vielleicht Leuten, die nicht selbst daran mitarbeiten, schwach vor, aber das ist halt für jemanden, der das wirklich praktisch organisieren muss, schon ein Argument.

JM: Die Diskussion gab es ja aber schon im November. Seitdem wirkt es etwas so als ob der AStA die Auseinandersetzung mit dem StuPa gemieden hat. Als Reaktion auf auf den StuPa Auftrag vom 16.11. zu prüfen ob der Termin verschoben werden kann, einen alternativen Termin zu finden und zu beschließen und mit der Hochschulleitung über die Möglichkeit einer Verschiebung der Hochschulinformationstage zu sprechen, hast du in der folgenden StuPa-Sitzung am 10.12. anfangs angegeben, dass der Termin nicht verschoben werden kann. Erst auf Nachfrage haben du und Liliya dann ausgeführt, dass der Termin zwar doch verschoben werden könnte, dass mit den neuen Einladungen aber „unnötiger“ Mehraufwand und eine für Liliya „unangenehme“ Terminverschiebung für Referent*innen einhergehen würde, die bereits zugesagt haben. Bis dahin gab es nach euren Angaben laut StuPa-Protokoll 5, laut StuPa-Ticker 10 Zusagen, davon 5 von internen Referent*innen. Im Verhältnis: für die 24h-Vorlesung im November wurden 35 Vorträge organisiert. Täuscht dieser Eindruck?

EE: Ja, ich finde das täuscht. Also erstmal – so ein Termin kann natürlich theoretisch immer verschoben werden, aber im AStA wird halt dazu gearbeitet und dann ist immer die Frage: wie sinnvoll ist es sowas zu machen, wieviel Mehraufwand bedeutet das und wie peinlich wird das eventuell auch, wenn man den Leuten dann sagen muss: „Entschuldigung wir hatten hier ein bisschen Streit, könnten Sie auch an dem anderen Datum?“ Das ist irgendwie ein bisschen unnötig und eben auch ein viel größerer Aufwand. Wegen der zwei verschiedenen Zahlen: Im Ticker stand 10, das waren wahrscheinlich die Eingeladenen, 5 davon die Zusagen. Also deshalb würde ich sagen, wir sind einer inhaltlichen Diskussion auf keinen Fall aus dem Weg gegangen. Die Argumente kommen vielleicht Leuten, die nicht selbst daran mitarbeiten, schwach vor, aber das ist halt für jemanden, der das wirklich praktisch organisieren muss, schon ein Argument.

JM: Was wäre der Mehraufwand gewesen?

EE: Erstmal den Leuten abzusagen, die schon zugesagt haben, und dann auch die Leute zu informieren, die schon eingeladen waren, aber noch keine Rückmeldung gegeben hatten. Dann kommt natürlich auch noch hinzu, dass die Leute, die man ursprünglich eingeladen hat, vielleicht an dem neuen Datum dann gar nicht können, und um das neue Datum festzulegen, hätte es dann auch nochmal zwei Wochen gedauert. Dann hätte man die Leute auf dieses neue Datum verschieben müssen, dann hätte bestimmt der Großteil auch nicht gekonnt und dann hätte man sich neue Leute raussuchen müssen. Also alles nochmal von vorne eigentlich und dann den alten Leuten nochmal absagen.

JM: Habt ihr deswegen auch nicht nach einem neuen möglichen Termin gesucht oder mit der Hochschulleitung über eine Verschiebung der Hochschulinformationstage gesprochen?

EE: Doch, ich habe das in der darauffolgenden Dienstberatung [mit dem Rektorat] angesprochen – aber es war natürlich nicht möglich, das war ja eigentlich schon im Vorhinein klar. Aber nachgefragt habe ich auf jeden Fall.

JM: Was war die Reaktion von der Hochschulleitung?

EE: Amüsiert .

Wir hätten da bestimmt drei Stunden gesessen und am Ende wäre nichts rausgekommen.

JM: Warum bist du noch vor der Personaldebatte zurückgetreten, statt dich z.B. zu erklären und deinen Punkt stark zu machen?

EE: Erst einmal: das kam schon öfter in der Diskussion auf, ich weiß dass eine Personaldebatte nicht zwangsläufig dazu führt, dass man rausgeschmissen wird, aber trotzdem fand ich es ehrlich gesagt so unglaublich anstrengend, diese Monate zu diskutieren und dann immer die gleichen Argumente zu wiederholen und nie zu einem Punkt zu kommen, und deswegen war ich dann auch nicht mehr daran interessiert meine Sache nochmal darzulegen, obwohl schon jeder wusste was meine Meinung dazu ist. Wir hätten da bestimmt drei Stunden gesessen und am Ende wäre nichts rausgekommen. Und deswegen bin ich dann zurückgetreten.

JM: Glaubst du, der Kompromissvorschlag den Termin um einen Tag zu verschieben hätte eine realistische Chance gehabt?

EE: Das Problem mit dieser Terminverschiebung wäre halt gewesen, dass es an einem Sonntag gewesen wäre und Referent*innen für einen Sonntag zu finden ist generell nochmal viel schwieriger. Wer will schon sonntags um 4 Uhr morgens dann hier schon stehen und irgendeinen Vortrag halten. Wenn man das vielleicht vor vier Monaten gemacht hätte, dann vielleicht. Der Grund warum die 24h-Vorlesung mit den Hochschulinformationstagen zusammengelegt werden sollte, war ja, dass sich das ein bisschen überschneidet. Bei den Hochschulinformationstagen gibt es auch Vorträge in dem gleichen Gebäude. So hätte es 4 Stunden gegeben, die thematisch auch für die Studierenden interessant gewesen wären – die wir in unser Programm aufgenommen hätten, und unser Programm wäre wiederum in das Programm der Hochschulinformationstage gekommen, was natürlich für uns auch nochmal viel größere Werbefläche bietet. Wenn das dann um einen Tag verschoben worden wäre, wäre das nicht mehr reingefallen, es hätte ja dann am 09. Mai um 18:00 angefangen, die Vorträge der Hochschulinformationstage hören aber auf jeden Fall früher auf. Das wäre auch nochmal auf jeden Fall blöd gewesen für uns.

JM: Als Argument für die Beibehaltung des Termins am 08. Mai wurde vorgeschlagen, dass man das Gedenken an die Gewalt und den Massensuizid in Demmin 1945 und Aktionen gegen die Vereinnahmung dieses Ereignisses durch Rechtsextreme mit einer 24h-Vorlesung, die am gleichen Tag stattfindet, verbinden könnte. Gab es im AStA konkrete Pläne für so eine Verknüpfung, z.B. passende Vorträge oder eine mit der Demo in Demmin verträglich gemachte Vortragsgestaltung?

EE: Es gab schon ganz ganz früh eine Zusage für 18:00 Uhr – wenn ich das jetzt richtig weiß – da müsste man nochmal bei Liliya nachfragen. Aber das wäre für uns auf jeden Fall möglich gewesen, das so zu machen. Das war ja aber auch ein Kompromiss, der offensichtlich nicht angenommen werden wollte, das wurde ja auf der StuPa-Sitzung im Dezember vorgeschlagen, von Goswin glaube ich, da gab es aber irgendwie nur negative Reaktionen von den StuPist*innen.

JM: Wie lange wusste das StuPa-Präsidium im Voraus von deiner Entscheidung den StuPa-Beschluss, dass die 24h-Vorlesung verschoben werden soll von der Rechtsaufsicht (Herrn Wehlte) prüfen zu lassen? Hast du mit dem StuPa-Präsidium davor nochmal darüber gesprochen?

EE: Im Voraus nicht, das liegt aber daran, dass das sehr sehr kurzfristig passiert ist. Ich habe dem StuPa-Präsidium aber dann direkt nachdem ich bei ihm war eine Mail geschrieben. Aber dass ich überhaupt ins Justitiariat gehe und einfach mal nachfrage, das war auch eher eine total spontane Entscheidung, weswegen da eine Vorinformation irgendwie gar nicht richtig möglich war.

“Ich habe mich ehrlich gesagt auch ein bisschen geärgert, weil ich das Gefühl hatte, dass das Studierendenparlament versucht, ein bisschen unsere Arbeit zu boykottieren – natürlich nicht extra – aber faktisch schon”

JM: Warum hast du dich für diesen Schritt entschieden direkt zu Herrn Wehlte zu gehen – du hättest die Frage der Weisungskompetenz ja auch ins StuPa einbringen können, z.B. mit: „Ich glaube, ihr habt nicht die Kompetenz uns das aufzuzwingen, und ich könnte das auch zur Rechtsaufsicht bringen.“

EE: Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das wirklich etwas gebracht hätte, wenn ich das im StuPa gesagt hätte. Dann wäre wahrscheinlich eher die Reaktion gewesen, dass ich das doch machen soll. Es war ja auch erstmal nur eine Ersteinschätzung und es hat mich einfach auch wirklich interessiert. Ich habe mich ehrlich gesagt auch ein bisschen geärgert, weil ich das Gefühl hatte, dass das Studierendenparlament versucht, ein bisschen unsere Arbeit zu boykottieren – natürlich nicht extra – aber faktisch schon ein bisschen. Und deswegen hat es mich einfach interessiert was Herr Wehlte dazu denkt.

JM: Konntest du verstehen, was die Beweggründe der StuPist*innen waren, die den Termin verschieben wollten?

EE: Ich kann das sehr gut verstehen und ich hätte das auch vollkommen ok gefunden, wenn das ein paar Monate früher gekommen wäre – dann wäre das alles kein Problem gewesen. Dadurch, dass dem StuPa irgendwie nicht aufgefallen ist, was sie dort für Beschlüsse fassen, ist es halt irgendwie ein bisschen blöd gelaufen. Ich kann die Gründe dahinter nachvollziehen – ich finde man muss es aber auch immer ein bisschen abwägen.

JM: Auch dieser Terminstreit steht wieder im Kontext der langjährigen Auseinandersetzung zwischen Mehrheiten im StuPa einerseits und anderen StuPist*innen sowie Herrn Wehlte andererseits, inwiefern sich die verfasste Studierendenschaft für das allgemeinpolitische Engagement gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einsetzen darf. Auch diesmal wurden im StuPa zumindest mit manchen Argumenten wieder beide Stellungen bezogen. Denkst du, dass die Frage nach den Grenzen des Hochschulpolitischen Mandats auch für die Haltung des AStA eine Rolle gespielt hat?

EE: Diese ganze Diskussion hat ja mit der Fragestellung, wie jetzt das Hochschulpolitische Mandat auszulegen ist, gar nichts zu tun. Es geht ja dabei nicht darum, ob wir jetzt als Studierendenschaft offiziell zu dieser Demo in Demmin fahren dürfen, das war ja überhaupt nicht das Thema. Es geht lediglich darum, ob das StuPa Kompetenzen überschritten hat – das hätte ja auch jede andere Sache sein könnten.

JM: In der StuPa-Diskussion wurden diese Argumente doch aber auch wieder mit eingebracht…

EE: Ich kann verstehen, warum sich manchmal diese Themen überschneiden, auch wenn es eigentlich nichts miteinander zu tun hat. Ich finde aber auch, dass sich das nicht grundsätzlich ausschließt. Also nur, weil jetzt die 24h-Vorlesung an diesem Tag ist, heißt das ja nicht, dass ich dann damit dazu aufrufe, nicht nach Demmin zu fahren. Das steht sich ja ideologisch gesehen nicht wirklich im Weg, vor allem auch wenn wir die 24h-Vorlesung thematisch darauf abgestimmt hätten. Das hätte ja dann noch eher viel mehr Leute erreicht. Also auch als politische Bildung.

“Der AStA ist eine Behörde und es gibt eben einen ganz fest gesteckten Handlungsrahmen und es ist schwierig, für so allgemeinpolitische Sachen Werbung zu machen. Aber wenn man das irgendwie mit der Studierendenschaft verbindet, dann geht das.”

JM: Genauere Pläne die 24h-Vorlesung thematisch abzustimmen gab es ja aber noch nicht. Du glaubst also, dass die Frage, ob man sich als Studierendenschaft überhaupt etwa für Antirassismus einsetzen sollte, keine Rolle für die Haltung des AStA gespielt hat?

EE: Ja. Man hätte ja trotzdem noch diskutieren können, ob man für die Demo Werbung macht. Das hätte ja parallel laufen können. Aber dann ist eben wirklich die Frage, wie das ist mit dem Hochschulpolitischen Mandat. Das hat dann auch nichts irgendwie mit meiner oder der politischen Meinung allgemein zu tun, sondern das ist halt irgendwie ein bisschen das Problem: Der AStA ist eine Behörde und es gibt eben einen ganz fest gesteckten Handlungsrahmen und es ist schwierig, für so allgemeinpolitische Sachen Werbung zu machen. Aber wenn man das irgendwie mit der Studierendenschaft verbindet, dann geht das. Das hatten wir auch schon öfter mit Herrn Wehlte, dass wir uns dann überlegt haben, ok, wie können wir das jetzt auf die Studierendenschaft beziehen, sodass das vollkommen in Ordnung geht.

JM: Wie fandest du die Arbeit als AStA-Vorsitzende ganz allgemein?

EE: Ich muss sagen, es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Natürlich war es sehr viel Arbeit, also es ist ja ein 30-Wochenstunden-Job. Und ich muss auch sagen, klar, es ist irgendwo im Büro, wo man arbeitet und so, aber es ist auch so ein bisschen heimelige Atmosphäre, also ich nehme mal an, so ein bisschen wie bei den moritz.medien, wahrscheinlich nicht ganz so stark. Weil man einfach auch sehr viele neue Leute kennenlernt, auch an der Uni, und sehr viele nette und engagierte Leute. Es hat schon sehr viel Spaß gemacht.

JM: Gibt noch etwas, worauf du mehr eingehen willst?

EE: Ne, eigentlich nicht.

JM: Ok, vielen Dank für das Interview.

EE: Gerne, dir auch vielen Dank.

Anm. d. Red.: Das Interview wurde aus redaktionellen Gründen
leicht gekürzt und für die Veröffentlichung angepasst.

Beitragsbild von Daniel Friesenecker auf Pixabay

HoPo Dienstag – Ausgesetzt, nicht ausgestorben! – StuPa AGs (mm137 Oktober 2018)

HoPo Dienstag – Ausgesetzt, nicht ausgestorben! – StuPa AGs (mm137 Oktober 2018)

Stellt Euch vor, es gäbe so etwas wie ein hochschulpolitisches Reservat, in dem große, lebendige AGs wieder die Vorstellungskraft der Studierendenschaft auffangen, neue Studierende begeistern und eindrucksvoll die hochschulpolitische Landschaft prägen. Wenn im StuPa oder im AStA die Energie aussetzt, könnten sie einspringen und mit Biss beweisen, dass Kontrolle bloße Illusion ist! Heute veraltete Science-Fiction … oder? Mithilfe von vier funktionierenden AGs wird ein Blick auf Funktionen, Probleme und Möglichkeiten der studentischen AG-Arbeit geworfen.

Manchmal entscheidet unser Studierendenparlament (das StuPa), dass neue, ständige AGs ins Leben gerufen werden sollen – zuletzt geschah das nach einem Vollversammlungsbeschluss (VV) mit der AG E-Sports. Neben den ständigen StuPa-Ausschüssen (Haushalt, Medien, Gamification), die gezielt bestimmte Probleme diskutieren und Expertenvorschläge an das StuPa weitergeben, sollen AGs zusätzlich eine Plattform sein, auf der man sich unverbindlich mit anderen Studierenden über ganze Themenbereiche austauschen und regelmäßig Projekte planen kann. Sowohl Ausschüsse als auch AGs sind über einen vom StuPa gewählten Vorsitz dem Studierendenparlament rechenschaftspflichtig, der*die Vorsitzende soll laut Satzung außerdem StuPa-Mitglied sein. Durch diese recht enge Bindung an die Hochschulpolitik (HoPo) teilen sich viele der AGs ihr Themenfeld mit Referaten des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA); sie sollen ihnen bei der Ideenfindung und der Umsetzung von Veranstaltungen zur Seite zu stehen. Gibt es für einen wichtigen Bereich kein passendes Referat, kann das StuPa eine AG in bestimmten Fragen zur Außenvertretung der Studierendenschaft machen. Direkt mit dem AStA verbundene AGs sind z. B. die AG Ökologie, die AG Soziales und die AG Studentische Kultur – alle mittlerweile ausgesetzt. Entweder ist das zugehörige Referat auch nicht besetzt, der*die Referent*in hat noch nie von der AG gehört oder es scheint kein Interesse aus der Studierendenschaft (im SoSe 18 immerhin ≈ 9500 Studierende) zu geben. Hier, wo Hoffnung auf Öffnung, begeisterte Mitstreiter*innen und neue Ideen war, bleibt in der HoPo eine traurige Lücke. Zwischen den staubigen Fossilien gibt es aber Leben. Eine Handvoll AGs hat sich erfolgreich über Jahre erhalten, manch eine versucht sich zaghaft wieder aufzurappeln – oder sich erstmal zu bewähren. Kann man bei ihnen etwas DNA klauen, den Staub wegpinseln und es nochmal mit dem Beleben probieren?

GRIFFIN GAMING

Die AG E-Sports ist jetzt schon ein Jahr alt. Die Sitzungen finden mit ca. zehn Teilnehmer*innen einmal im Monat live und ein weiteres Mal über Discord statt. Unter dem Vorsitz von Verena Eltmann planen sie Veranstaltungen für alle aktiven Spieler*innen, für die 24h-Vorlesung und die Ersti-Woche. Der größte Teil der Mitglieder (bis zu 140) nimmt nicht an den Sitzungen teil, sondern lässt sich über den Griffin Gaming-Discord-Server für kompetitives Spielen organisieren oder hilft online mit. Die AG braucht etwa dringend noch freiwillige Coaches – besonders für League of Legends. Ansonsten gibt es Spieler*innen für Super Smash Bros, Rocket League, Heartstone und CS Go, wenn auch deutlich weniger. Die Diskussionen, ob E-Sports wirklich ein Sport ist, kennt die AG nur zu gut. Sie hat Probleme, das Rektorat zu bewegen, Räumlichkeiten für Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen; ein Sponsor wird immer noch gesucht. Sie kann Turniere deshalb erstmal nur über das Internet abhalten. Mindestens im kleinen Kreis gibt es dafür viel Motivation und Engagement. Für alle, die Interesse haben, lohnt sich der Discord-Server und gelegentlich ein Blick auf die Facebook-Seite, die AG bietet ab und zu kommentierte Streams für Turniere und eventuell auch mal das Training an.

STRUKTUR

Für alle, die sich für HoPo begeistern, eignet sich die AG-Struktur. Sie findet in der Regel aber nur einmal im Jahr statt. Die Vorsitzende Soraia Querido, in diesem Fall sogar StuPa-Mitglied und ehemalige AStA-Vorsitzende, möchte die AG dieses Jahr gleich dreimal einberufen. Zum Anfang der StuPa-Legislatur, zur Halbzeit und zum Ende soll überlegt werden, wie das StuPa, der AStA und die Medien besser strukturiert werden können. Wie bei allen AGs kann jede*r teilnehmen, viel Einarbeitung brauch es nicht. Am 28.08. diskutierten drei weitere StuPistinnen und zwei AStA-Referenten mit: Sollte man die AStA-Co-Referate Ökologie und Veranstaltungen mit kurzfristigen Beauftragungen ersetzen, weil sich dann vielleicht endlich jemand dafür interessiert? Wie kann man sonst damit umgehen, dass der AStA dauerhaft unterbesetzt ist? Wie bringt man das StuPa dazu, Probleme bis ganz zum Ende zu verfolgen? Wie hoch sind angemessene Aufwandsentschädigungen? Ein Grund, warum der Raum bei so gewichtigen Themen nicht überfüllt ist, ist wahrscheinlich, dass am Ende sowieso die StuPa-Entscheidung zählt – und die darf nun mal auch spontan nach Bauchgefühl sein. Trotzdem; guten Ideen und offener Diskussion wird hier der Raum geschaffen.

SATZUNG

Bei der AG Satzung geht es ähnlich wie bei der AG Struktur um die Verbesserung der HoPo-Arbeit. Dabei wird sich aber auf Grauzonen, Formulierungsfehler und Schlupflöcher in den Satzungen der Studierendenschaft konzentriert. Der Vorsitzende ist Marcel Gaudig, AStA-Referent für Finanzen. So wie Soraia versucht auch er aus eigenem Antrieb die Sitzungen deutlich öfter einzuberufen. Nicht wie bisher dreimal im Semester, sondern bis zu zweimal im Monat. Leider muss man sowohl für die Einladungen zur AG Struktur, wie auch zur AG Satzung zumindest im StuPa-Verteiler sein. Ein sehr häufiges Problem in der HoPo (die neue Leute eigentlich gut gebrauchen kann). In der Regel hat die AG Sitzung zwischen vier und sechs Teilnehmer*innen, größtenteils aus dem AStA. Am 17.07. geht es um den Abschnitt der Satzung der Studierendenschaft zu den moritz.medien: Ist es sinnvoll, dass das StuPa die Vertreter*innen der Medien für den Medienausschuss per Wahl erst bestätigen muss? Wer haftet eigentlich im Falle einer Klage gegen die Medien? Warum sollten die AG-Vorsitzenden laut Satzung aus dem StuPa kommen müssen (was sie ja de facto oft gar nicht tun)? Auch diese potentiell kontroversen Themen werden in einer lockeren, respektvollen Diskussion behandelt, um gute Ergebnisse dann an das StuPa weitergeben zu können.

GENDER TROUBLE

Die Gender Trouble AG steht nach dem Vorbild des Buches „Gender Trouble“ von Judith Butler für die Differenzierung zwischen Geschlecht und Gender, und darauf aufbauend für die Gleichberechtigung aller Sexualitäten und Identitäten. Sie bietet wöchentlich bei Sitzungen und einmal im Monat bei einem Stammtisch Raum für Austausch, Gemeinschaft und für Hilfestellungen. Der Vorsitzende Felix Naundorf erzählt, dass die AG außerdem versucht, unsinnige Tabus und Vorurteile zu bekämpfen, Veranstaltungen (z. B. einen Vortrag über Intersexualität) zu planen und die eigene Sichtbarkeit für ein bunteres Greifswald zu verbessern. Die AStA-Referentin für Soziales, Sophie Nuglisch, nimmt an den Sitzungen teil und arbeitet mit der AG zusammen. Es gibt ein breites Spektrum an Teilnehmer*innen und das einzige, was man mitbringen muss, ist Toleranz. Die Gender Trouble AG ist mit 19 Jahren die älteste aller ständigen AGs.

Diese präzise wissenschaftliche Untersuchung ergibt: Intrinsisch motivierte Individuen, die mit Optimismus und Mut die Leitung bzw. die Organisation in die Hand nehmen, haben den größten Einfluss auf das AG-Überleben. Regelungen, die versuchen AGs zu kontrollieren, indem StuPist*innen in den Vorsitz gewählt werden, oder AStA-Referaten die Einberufung zugeschoben wird, nützen der hochschulpolitischen Fitness schon deshalb wahrscheinlich nicht. Zweitens ziehen gerade die vom StuPa und AStA unabhängigeren AGs mehr HoPo-fremde Studierende an und sind am Ende deshalb vielleicht sogar stabiler. Sie sind weniger von einzelnen, zeitweise nicht existierenden Referent*innen und Postenwechseln abhängig. Und sie stehen weniger unter unserer HoPo, die wie eine Scheinriesin ungewollt den Schatten eines oder gleich zwei geheimer Clans wirft. Gerade Stupist*innen sind zudem nicht für ihre Technik der AG-Arbeit berüchtigt – obwohl eine regelmäßige AG Gremien und Kommunikation vor dem Hintergrund vieler hartnäckiger HoPo-Probleme eine gute Idee wäre, ist sie z. B. bis jetzt vom StuPa-Präsidium nur ein einziges Mal einberufen worden.

Damit zur dritten Beobachtung: fehlende Werbung. Wer versuchen will herauszufinden, welche AGs überhaupt für die Legislatur einberufen wurden, muss die StuPa-Beschlüsse im Studierendenportal finden und einzeln durchgehen, denn die Studierendenportal-Übersicht zu den AGs ist höchstens irreführend. Wenn man das hinter sich hat, weiß man noch nicht, ob die einberufene AG tatsächlich aktiv ist (die AG Bildungsstreik hat z. B. einen seit anderthalb Jahren veralteten Facebook-Auftritt, die AG Internationales reagiert nicht auf den angegebenen E-Mail-Kontakt). Sitzungseinladungen gibt es bei vielen AGs nur intern. Das letzte Problem durchzieht fast die ganze HoPo: Wer angesprochen werden will, muss schon dabei sein oder die richtigen Leute kennen.

Kam es schlicht zu einer Evolution in der Studierendenschaft, einem neuen zeitgeistgeprägten Klima, das AGs heutzutage alt aussehen lässt? Bevor man diese Frage beantworten kann, müssen vorher alle anderen wichtigen Hindernisse aus dem Weg geräumt sein. Noch können wir nicht die blasseste Vorstellung haben, von dem, was uns erwartet!

Weißer Raum zum Nachdenken

Weißer Raum zum Nachdenken

Ein Gleiswärter erschlägt einen asylsuchenden Mann, der eine Frau bedrängt. Nach der ersten Szene ist die Rahmenhandlung von “Weißer Raum” komplett. Auch deshalb lohnt sich der Besuch.

Die Inszenierung des Theaters Vorpommern bietet ein gutes, kreatives Schauspiel, bequeme Sitze, vor allem aber eine Chance, sich mal zurückzulehnen und über Fremdenfeindlichkeit nachzudenken. Lars Werners eigentliche Erzählung in “Weißer Raum”, für die der Autor 2018 mit dem Kleist-Förderpreis ausgezeichnet wurde, ist eine geschickt unterschwellige Antwort auf die Frage, warum es Fremdenhass gibt.

Die beinahe klischeehaft naturalistisch inszenierte Handlung soll durch schnelle Szenen-, Orts- und Zeitwechsel sowie ein beeindruckendes weißes, abstraktes Bühnenbild entfremdet werden. Das Publikum soll so angeregt werden, die Handlungsmotive der Charaktere zu ergründen, während mehr oder weniger subtile Hinweise gegeben werden.


Uli trifft auf die Journalistin Marie, die er vor einem vermeintlichen Angreifer gerettet hat. Marie stellt jedoch unangenehme Fragen…

Das Konzept funktioniert. Der weiße Raum wird gut ausgespielt und die Schauspieler*innen geben eine überzeugende Vorstellung – obwohl es manchen Rollen dann doch an nachvollziehbarer Motivation fehlt. Während sozioökonomische Faktoren und Geschlechtsidentität (zu Recht) vom Stück in eine starke, zentrale Position gerückt werden, spielen rassistische Ideologie und nationale Identität überraschender Weise kaum eine Rolle. Die Perspektive des erschlagenen Mannes bleibt ebenfalls außen vor, was die Relevanz des Stückes leider etwas herunterspielt. Das vom Autor und der Theatergruppe selbstgesteckte Ziel, Zuschauer*innen zum Nachdenken anzuregen, wird jedenfalls auf gutem Weg erreicht.

Im Anschluss an die Aufführung gibt es Publikumsgespräche, in denen die Zuschauer*innen und Schauspieler*innen ihre Perspektiven und Gedanken teilen können. Alles in Allem ist die Inszenierung von “Weißer Raum” ein Musterbeispiel dafür, warum Theater noch immer relevant ist.

“Weißer Raum” wird in Greifswald am 25.05. noch einmal aufgeführt.

Beitragsbilder: © Vincent Leifer, Theater Vorpommern

HoPo-Dienstag Nachhaltig Nachgefragt

HoPo-Dienstag Nachhaltig Nachgefragt

Lobenswerte Ambitionen, ein Schattenspiel der Bürokratie und die Chancen von Studierenden-Empowerment. Darüber berichten die ehemaligen AStA-Referentinnen für Umweltpolitik und Nachhaltigkeit Xenia Valero-Schönhöft und Kira Wisnewski, die nebenbei auch Mitglieder der Grünen Hochschulgruppe sind. Zudem steht auch Laura Hübner – seit November HiWi des Nachhaltigkeitsbeauftragten der Universität – Rede und Antwort.
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