von David Vössing | 27.07.2010
Viel Krach verursachten etwa 15 Aktivisten am Montag Mittag auf dem Marktplatz, als sie mit Pfeifen, Tröten und Trommeln für die sofortige Abschaltung der Atomkraftwerke demonstrierten. „Die CDU trägt die Hauptverantwortung für die Energiepolitik“, machte Daniel Daedlow deutlich und damit auch dem heimischen CDU-Bundestagsabgeordneten Matthias Lietz. „Die Entsorgung des Atommülls ist ungeklärt. Es gibt keine Lösung“, so der 31-jährige Rostocker weiter, der sich dort in der Initiative Umweltschutz engagiert.
Mit ihrer Aktion demonstrierten die Atomkraftgegner auch gegen die geplanten Castor-Transporte in das Zwischenlager nach Lubmin, das ein anderes Gesicht als ein Zwischenlager habe. „Was passiert mit dem Atommüll nach dem Zwischenlager“, fragte Daedlow und machte damit erneut auf die ungeklärte Entsorgung aufmerksam. Die Atomkraft sei keine Brückentechnologie.
Werden in 20 Jahren wieder Atomkraftwerke in Deutschland gebaut?
Für Kritik sorgte Bodo Müller aus Potthagen: „In 20 Jahren werden wieder Atomkraftwerke gebaut werden“. Erneuerbarer Energien brächten nicht den notwendigen Nutzen, so der Greifswalder Bürger weiter. Er wünscht sich eine Erhöhung des heutigen Anteils der Kernenergie von 30 auf künftig 60 Prozent. Zustimmung erhielt Roland Oesker, der schon vor 30 Jahren gegen die Atomkraft gekämpft habe. Es sei „traurig, dass man sich noch heute gegen die Atommafia einsetzen muss“, so der 60-jährige Remscheider.
Der Protest fand vor der CDU-Zentrale statt, weil die CDU-geführte Bundesregierung die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängern will, ist sich aber nicht einig, um wie viele Jahre. Lietz konnte die Unterschriften gegen dieses Vorhaben nicht persönlich entgegennehmen, da sich die Geschäftsstelle sich im Urlaub befindet.
Fotos: David Vössing
von David Vössing | 15.07.2010
Frank Hardtke, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses
In der dritten Sitzung des Untersuchungsausschusses zum Technischen Rathaus berichtete Dr. Ullrich Bittner (Grüne), dass die Ausschreibung für die Elektrotechnik des Technischen Rathauses „nicht ordnungsgemäß“ gelaufen sei. Bei diesem Auftrag um etwa eine Million Euro sei nicht der günstigste Anbieter zum Zuge gekommen, sondern EIM. Dabei stützt er sich auf Hinweise, die diese These bestätigt hätten. Er wolle sich noch mit dem unterlegenen Bieter in Verbindung setzen. Der Ausschuss setzte mehrere Arbeitsgruppen, die die einzelnen Kostensteigerungen von insgesamt über acht auf 13,8 Millionen Euro untersuchen soll.
„Schwerer Unterlagenwust“
Zu Beginn bemängelten viele Ausschussmitglieder, dass es schwierig sei, sich in den Unterlagen zurecht zu finden. Ausschussvorsitzender Professor Frank Hardtke (CDU) sprach von einem „schweren Unterlagenwust“. Zudem seien diese unvollständig. So vermisste Marion Heinrich (Linke) den Treuhändervertrag zwischen Hansestadt und Baubecon. Bauderzernent Jörg Hochheim (CDU) will sich bemühen, bis zur nächsten Sitzung Ende August eine „Chronologie“ in die Akten zu bringen und verwies auf die bereits vorliegenden Gegenüberstellungen der Kosten.
Auch einzelne Gründe für die Kostensteigerungen wurden deutlich. So berichtete Projektsteuerer Franz Winkler, dass in den 8,5 Millionen nicht nach der Sanierung des Dachstuhls wegen Verkleidung einbezogen wurde, wo sich später schadstoffbelastete Hölzer ergeben hätten. Anhand eines Beispiels für Beleuchtung machte Karl-Dieter Schmidt (SPD) klar, dass nicht die tatsächlichen Kosten angesetzt wurden, „sondern auf Phantasiekosten herunter gerechnet wurde“. Peter Multhauf (Die Linke) kritisierte, dass für die „Schrottimmobilie“ Alte Post der von der Post geforderte Preis einfach bezahlt wurde.
Tatsächliche Kosten auf Phantasiekosten herunter gerechnet
Neben den Kostensteigerungen gab es Streit um erbrachte oder nicht erbrachte Leistungen zwischen Hansestadt und Baubecon, die aus dem Sanierungsvermögen 420.000 Euro mithilfe einer gefälschten Unterschrift des Oberbürgermeisters entnommen hat. Daraufhin entließ die BauBeCon Rainer Winkler, gegen den deswegen ein Strafverfahren eingeleitet wurde. Die Stadt fordert eine Rückzahlung, welche die BauBeCon verweigert. Hochheim berichtete, dass die BauBeCon als Bauherr festgelegt wurde, die Verträge im Rahmen dessen wie Grunderwerb abschließen könne. Der von der Bürgerschaft verabschiedete Treuhandvertrag sehe vor, dass die BauBeCon selbst Planungsleistungen erbringen könne, die dann gesondert abgerechnet würden.
Projektsteuerer Franz Winkler
Auf Nachfrage von Hardtke sagte Hochheim, die Freigabe aus dem Sanierungsvermögen sei von Franz Winkler erfolgt, was dieser bestätigte. Diese seien für Architekturleistungen der BauBeCon gewesen, die durch einen freien Mitarbeiters ausgeführt worden seien, so Winkler weiter. Ekkehard Brunstein, Leiter des OB-Büros und Mitglied der Bürgerschaftskanzlei ergänzte, dass der Bauauschuss darüber informiert worden sei. Auf Nachfrage wollte Hochheim zumindest nicht öffentlich sagen, wer die Rechnungen sachlich und rechnerisch richtig abzeichne. Ein Antrag auf Nichtöffentlichkeit der Sitzung wurde mit vier zu fünf Stimmen abgelehnt.
Arbeitsgruppen für einzelne Kostensteigerungen eingesetzt
Während der Ausschusssitzung war auch Karsten Stahl als Nachfolger von Rainer Winkler anwesend. Stahl ist Diplom-Geograph und seit acht Jahren bei der BauBeCon. Die nächste Sitzung findet Ende August statt. Teilweise sollen die Arbeitsgruppen erste Ergebnisse zu den Kostensteigerungen liefern und die BauBeCon soll erste Fragen beantworten. Professor Wolfgang Joecks (SPD) bemerkte abschließend: „Wir sind zu langsam!“
Fotos: David Voessing
von David Vössing | 09.07.2010
Aufsichtsrat-Chef Wolfgang Joecks, Theater-Geschäftsführer Rainer Steffens, Betriebsrätin Sabrina Sadowska, Moderator Rüdiger Bloch und Schulleiter Nils Kleemann diskutieren über das Theater.
Wo sonst Theateraufführung auf der Bühne stattfinden, ging es zwar auch um das Theater, nur ging es diesmal um die Zukunft des Hauses, in einer Podiumsdiskussion, wo unter anderen Theater Vorpommern Geschäftsführer Dr. Rainer Steffens (CDU) letzte Woche Rede und Antwort stand. Nur zu den gekündigten Geschäftsführern wollte Steffens nichts sagen.
Während im Jahr 2009 ein Defizit von 228.000 Euro erzielt wurde, sind für dieses Jahr zwar 38.900 Euro Gewinn eingeplant. Jedoch werden bis 2020 jährliche kontinuierlich steigende Defizite bis in die Millionen hinein erwartet. Damit sinke das Eigenkapital von 285.100 Euro Anfang 2010 auf fast 18 Millionen Euro, negativ versteht sich.
Angesichts dieser dramatischen wirtschaftlichen Lage hat die Bürgerschaft Greifswald auf ihrer Sondersitzung am Montagabend einen Prüfauftrag für das Theater Vorpommern erteilt. Die Verwaltung hat nun freie Hand, alle notwendigen Strukturveränderungen zur Zukunftssicherung des Theaters zu prüfen. Es besteht akuter Handlungsbedarf, da der Kulturstätte bereits im kommenden Jahr die Insolvenz droht.
Kultursenator Ulf Dembski (SPD)
„Die Probleme sind nur mit erheblichen Strukturveränderungen zu beheben“, machte Kultursenator Ulf Dembski (SPD) bei seiner Fürsprache für den Prüfauftrag in der Bürgerschaft deutlich. „Es ist wichtig, alle Optionen zu untersuchen. Ich warne davor, eine Beschränkung vorzunehmen. Das Theater muss am Ende finanzierbar sein.“ Dem Appell folgte die Mehrheit der Bürgerschaft, darunter Wolfgang Joecks (SPD), Axel Hochschild (CDU) und Manfred Matschke (FDP). Bürgerliste und Linkspartei hatten dafür plädiert, die Prüfung in Richtung Theaterfusion komplett aus der Beschlussvorlage zu entfernen. Dieser Änderungsantrag fand jedoch keine Mehrheit.
Auch in der Podiumsdiskussion machte Steffens deutlich, dass es „keine Tabus“ gebe, auch über eine Fusion werde geredet, es sei „aber kein Fakt, dass sie Ende 2010 kommt“. Nachdrücklich verwies er darauf, dass der Prüfantrag „offen“ im Ergebnis sei. Die neuen Geschäftsführer seien „nicht als Abwickler“ eingestellt worden.
Einig waren sich die knapp über hundert Teilnehmer am Mittwochabend, dass Greifswald sein Theater behalten müsse. „Ich rufe Sie alle auf, das Theater zu erhalten“, sagte beispielsweise der Theater-Geschäftsfüher. „Kultur ist etwas ganz Wichtiges“, meinte eine Deutschlehrerin. „Das Theater ist unverzichtbar“, meinte ein anderer.
Schere zwischen Einnahmen und Kosten öffnet sich weiter
Rechtsanwalt und Theater-Geschäftsführer Dr. Rainer Steffens (CDU)
Schnell brachte Moderator Rüdiger Bloch die Diskussion auf den Punkt: „Geld ist die zentrale Frage“. Die Schere zwischen Einnahmen und Kosten gehe immer weiter auseinander, so der ehemalige Intendant des Theaters Vorpommern. Zwar sieht Steffens „keine akute Insolvenzgefahr“, aber „perspektivisch kann mit den laufenden Mittel das Theater nicht weiter betreiben werden“. Grund seien steigende Kosten bei sich kaum ändernden Einnahmen. Die Gesellschafter würden nun ein Konsolidierungskonzept erwarten.
Neben den Eintrittsgeldern erhält das Theater Zuschüsse von den drei Gesellschaftern, also der Städte Greifswald, Stralsund und des Landkreises Rügen und des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Zumindest aus den Stimmen zur Greifswalder Bürgerschaft wurde deutlich, dass diese interfraktionell hinter dem Theater stehen. Anders sieht es mit den Zuschüssen des Landes aus, die seit 1994 konstant sind und es auch noch die nächsten zehn Jahre bleiben sollen. Jedoch wünsche sich das Land Fusionen, so Steffens und werde Anstrengungen bei der Höhe der Zuschüsse berücksichtigen. Sieht das Land diese nicht, könnten die Zuschüsse geringer ausfallen. Hieran entzündete sich große Kritik, weil das Land nur reine Bundesmittel weiter verteile ohne einen eigenen Beitrag zu leisten. Eine finanzielle Beteiligung forderte ein Gast unter Beifall.
Keine Betriebsbedingten Kündigungen
Betriebsratsvorsitzende Sabrina Sadowska machte deutlich, dass die Mitarbeiter auf einen Teil ihres Gehalt verzichteten, um die finanzielle Lage des Theaters zu erleichtern. Bei den harten Verhandlungen habe es Arbeitsplatzsicherung bis mindestens Ende 2011 gegeben. Aufsichtsratsvorsitzender Professor Wolfgang Joecks (SPD) ergänzte, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben werde.
Fusion mit anderen Theatern nicht erwünscht
Knapp 100 Gäste lauschten gespannt der Diskussionsrunde
Was die Fusion angeht, gab es auch großen Widerstand. „Fusionen sollen Zuschauerströme lenken, das wird aber nichts“, machte ein Zuhörer deutlich. Ob man dann in andere Theater zu Aufführungen fährt, wurde teils bejaht, aber überwiegend skeptisch gesehen. Bloch, der in Anlehnung an das Positionspapier zur Lehrerbildung, ein solches Papier auch für das Theater zu erarbeiten forderte, berichtete von mehreren von ihm durchgeführten Fusionen, die die Probleme aber nur verschoben hätten. Joecks will keine Fusion, „bei der am Ende alle Pleite sind“. Zu Kooperationen mit anderen Theatern zeigte man sich allerdings offen.
Was die Zukunft anging, war man sich einig, dass an der Theaterpädagogik nicht gerüttelt werden soll und viele sehen sogar noch ein großes Potential bei der Jugend, um die Besucherzahlen zu erhöhen. Laut Joecks wird das aber nicht viel helfen, weil von Schülern und Studenten nicht hohe Eintrittspreise verlangt werden können. Bloch taxierte die Eintrittsgelder auf 15% der Gesamteinnahmen. Die Sommerbespielung soll auch weiter geführt werden, eventuell im Wechsel von Greifswald und Stralsund. Ein Gast schlug die Einbeziehung der Klosterruine Eldena mit ein. Applaus erhielt Joecks, als er sagte: „Wir müssen aus der Not eine Tugend machen“.
Fotos:
David Vössing (Gruppenbild, Diskussionsrunde-Publikum)
Torsten Heil (Ulf Dembski, Rainer Steffens)