moritz 65 – Oktober 2007: Wir und Bus? Mit neuen Konzepten zu mehr Fahrgästen

Tach!

So sieht man sich wieder. Das Semester beginnt und sicher freut Ihr Euch schon auf  Eure interessanten Veranstaltungen. Doch nicht nur die Uni-Kurse beginnen, sondern auch der moritz ist für Euch am Start. Und wenn Ihr schon immer einmal Medienluft schnuppern wolltet, bietet sich Euch nun die einmalige Gelegenheit dazu. Wir sind immer auf der Suche nach Schreiberlingen, Fotografen und Layoutwütigen – und solchen, die es werden  wollen. Also, keine Scheu und ab zur donnerstäglichen Redaktionssitzung um 18 Uhr in die Wollweberstraße 4.

Oder schreibt uns einfach Themenvorschläge – auch Leserbriefe – an moritz @ uni-greifswald . de. Wir sind gespannt!

So, was erwartet Euch nun im ersten der ersten moritz-Ausgabe des Wintersemesters? Wir sind mit leeren Bussen in Greifswald gefahren und gehen der Frage nach, ob eine Preissenkung gen Null Sinn macht. Ob die Arbeit des Bildungsministers Henry Tesch dagegen Sinn macht, beantwortet unserer Rückblick auf zwölf Monate Große Koalition in Schwerin. Für weitere Ablenkungen während einer Vorlesungen ist ebenfalls gesorgt: Jede Fakultät ist vertreten. Denn wer suchet, der findet.

Zum Schluss das Beste oder das Beste zum Schluss: Die Kulturseiten wanderten ans Ende des Heftes. Feedback erwünscht!

Geschrieben von Euer moritz

″Dabei hat das nichts mit dem Islam zu tun″

In einem kurzen Interview erzählt Dr. Mohammed al-Kilzy von seiner Sicht auf die deutsche Gesellschaft und die Diskussionen um den Islam – aus der Sicht eines normalen Moslem.

Dr. al-Kilzy lebt seit 4 Jahren mit seiner Familie in Greifswald und praktiziert als Arzt im Universitätsklinikum. Er ist Mitglied im Vorstand des Islamischen Kulturzentrums Greifswald und stammt ursprünglich aus Syrien.

Förster:
„Dr. Mohammed al-Kilzy, fühlen Sie sich in Deutschland akzeptiert?“

Dr. al-Kilzy:
„Meistens ja, eigentlich gibt es da keine Probleme. Ich bin jetzt seit 4 Jahren in Deutschland, in denen mir größtenteils freundlich begegnet wurde. Es gab vielleicht nur 2 oder 3 Leute, die mir ablehnend gegenüberstanden – eher feindlich. Durch meine Arbeit an der Universität und im Alltag komme ich auch mit vielen Deutschen in Kontakt. Insgesamt haben ich und meine Familie etwa gleich viele Bekanntschaften mit (ausländischen) Moslems und mit Deutschen. Und ich denke, dass es immer Ausnahmen gibt.“

Förster:
„Was ist ihre Meinung dazu, dass die Kirche in Deutschland vor dem Islam bevorzugt wird?“

Dr. al-Kilzy:
„In der Theorie schreibt das Gesetz dem Staat vor, dass Gleichheit, Neutralität und Glaubensfreiheit herrschen müssen. In der Praxis denke ich aber schon, dass die Kirche Vorteile hat. Zum Beispiel die Steuer, die der Staat für sie einzieht. Außerdem erkennt man zum Beispiel beim Moscheenbau in Köln, dass der Islam oft nicht gleich behandelt wird. Auch rechtsextreme Gruppen versuchen, die Menschen dagegen zu mobilisieren. Das ist keine Religionsfreiheit.“

Förster:
„Soll der Islam die gleichen Rechte erhalten wie die Kirche in Deutschland?“

Dr. al-Kilzy:
„Ich bin mit der Art, wie ich meinen Glauben ausüben, beten oder die Moschee besuchen kann, sehr zufrieden und sehe keine Probleme. Aber wenn man in den Medien sieht, wie zum Beispiel das Kopftuchverbot unterstützt wird, dann mache ich mir Sorgen. Da soll das Glaubensrecht [die Religionsfreiheit, Anm. d. Interviewers] eingeschränkt werden. Es sollte Freiheit für alle geben. Aber bei solchen Fragen, ob der Islam die gleichen Rechte bekommen sollte, sollte man eher auf die Position des Zentralrats der Muslime (ZMD) schauen.
Ein anderes Beispiel ist das Schächten, das offiziell auch nicht erlaubt ist. Juden dürfen allerdings ihr Fleisch so zubereiten, wie ihnen das ihre Religion vorschreibt.“

Förster:
„Denken Sie, dass es Muslime gibt, für die die Scharia mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist? Und dass sie das Grundgesetz nicht achten?“

Dr. al-Kilzy:
„Ich bin nicht der Ansicht. Die Prinzipien der Scharia sind der Schutz des Lebens, Glaubens, der Nachkommen, des Eigentums und das klare Bewusstseins und Denken. Das Grundgesetz schützt auch viele dieser Dinge, da gibt es kein Problem.
Moslems müssen auch schon aus religiöser Sicht die Gesetze beachten, wenn Sie ein Visa, einen Pass haben oder in Deutschland leben. Sie gehen einen Vertrag mit dem Land ein, in dem sie leben, und müssen dadurch die Gesetze befolgen – der Islam schreibt das vor.“

Förster:
„Was sollte man tun, damit (ausländische) Muslime und Deutsche besser zusammenleben können? Haben Sie Vorschläge oder Ideen?“

Dr. al-Kilzy:
„Diese Aufgabe müssen beide wahrnehmen, ausländische Moslems und Deutsche. Muslime müssen mehr Kontakt mit Deutschen haben, auch die Gesetze beachten. Das tun die meisten auch. Moslems, die nicht die Gesetze der Länder achten, in denen sie leben, sind keine guten Moslems und auch keine guten Vorbilder.
Der Islam ist eine tolle Religion, eine tolerante, friedliche Religion, die die Menschenrechte achtet. Aber die Medien zeichnen immer ein falsches Bild vom Islam. Sie zeigen nur die Dinge, die Moslems falsch machen, die Verfehlungen. Dabei hat das nichts mit dem Islam zu tun, sie dürfen das nicht im Islam. Sie nehmen sich immer genau die Dinge, die schlecht sind im Islam, und zeigen den Islam so, wie er nicht ist. Und dann ist es klar, dass die Menschen in Deutschland oder Europa und anderen Ländern die Moslems nicht akzeptieren. Sie haben Angst, weil der Islam immer wieder als Gefahr dargestellt wird.
Ich frage: Warum? Warum tun die Medien das? Das tut mir wirklich Leid, es tut weh. Die meisten Moslems sind nicht so. Das entwickelt sich zur Islamophobie. Und die Islamophobie ist eine Gefahr für beide Seiten, für Moslems und Nicht-Moslems.“

Geschrieben von Daniel Förster

″Die Orgel interessiert als Instrument″

Bis Anfang Oktober finden in Greifswald immer mittwochs ab 20 Uhr in den Greifswalder Altstadtkirchen Orgelkonzerte statt. Die Organisten Katharina Pohl (St. Marien), Wilfried Koball (St. Jacobi) und Frank Dittmer (St. Nicolai) organisieren sie. Ein Interview über die Traditon der begonnenen Orgelsaison.

moritz web: Seit wann gibt es den Greifswalder Orgelsommer?
Koball: Ein genaues Datum gibt es nicht. Die Konzertreihe der evangelischen Altstadtgemeinden ist in Greifswald zu einer Tradition geworden. Sie beginnt immer nach der Bachwoche.

moritz web: Welches Anliegen haben sie damit?
Pohl: Die Zuhörer wieder verstärkt für das Instrument zu interessieren. Der Ursprung der Orgel soll wieder ins Bewusstsein gerückt werden.
Dittmer: Die Faszination für das Instrument ist in jedem Falle da. Denn die vorhandene Musik besitzt unzählige Möglichkeiten, sie auf der Orgel darzustellen.

moritz web: Wie verlaufen die Planungen?
Pohl: Im Vorjahr stehen bereits die Termine an sich fest. Die Solisten kommen dann im Laufe der Zeit dazu. Zudem hat man immer jemanden im Kopf, den man gezielt anspricht.

moritz web: Wie sticht aus dem diesjährigen Programm hervor?
Koball: Wir versuchen, Jubiläen zu berücksichtigen. 2006 war es Wolfgang Amadeus Mozart, in diesem Jahr erinnern wir an Dietrich Buxtehude. Die Konzert werden generell auf die Instrumente zugeschnitten. Denn auf einer barocken oder romantisch gestimmten Orgel klingt nicht alles unbedingt passend.

moritz web: Die Orgel im Dom St. Nikolai feierte kürzlich 175. Geburtstag. Wie ist das für Sie?
Dittmer: Ein Jubiläum ist schön. Das Datum ergab sich in diesem Jahr und passte gut in den Greifswalder Orgelsommer.

moritz web: Was sprach für den Zeitraum für Juli bis Oktober?
Koball: Die Zeit hat sich sich bewährt. Klimatisch sind wir auf den Sommer festgelegt. Alle wissen zudem, am Mittwochabend ist immer ein Orgelkonzert. Der Termin in der Woche ist auch für Studierende und Mitarbeiter der Universität günstig.

moritz web: Welche Resonanz hat der Greifswalder Orgelsommer?
Pohl: Die Zahl der Zuhörer variiert. Dennoch passen die Konzerte zum Kirchenraum und zum Eindruck. Gerade für Touristen.
Dittmer: Die Leute sind interessiert. Gerade dann, wenn besondere Programme mit Ereignissen verbunden werden. Wir können nicht allein Orgelkonzerte anbieten. Der Kontakt zwischen dem Musiker und dem Publikum ist doch räumlich bedingt ein anderer. Wir möchten die Orgel und ihre Musik anbieten und näher bringen wie beispielsweise in Gesprächen nach dem Konzert. Denn wie es sich zeigte, kommen dann auch detaillierte Fragen vom Publikum.
Koball: Unsere Reihe ist außerdem ein fester Punkt, um die Kirche zu öffnen. Tagestouristen schauen oft tagsüber vorbei, sehen draußen ein Schild mit dem Konzerthinweis und kommen dann abends zum Zuhören.

moritz web: Was soll sich beim Greifswalder Orgelsommer verändern?
Dittmer: Wir möchten stärker mit den Zuhörern in Kontakt kommen. Es gibt einige Ideen, die wir verfolgen wollen.

moritz web: Wie steht es um den finanziellen Rahmen?
Koball: Die Orgelkonzerte tragen sich selbst. Wir möchten hochkarätige Organisten spielen lassen. Dennoch soll der Eintritt nicht zu einer Schwelle für die Zuhörer werden. Das ist ein Spagat. Dennoch wir wollen nicht im eigenen Saft schmoren. Und hervorragende Kollegen können wir nicht für eine Kollekte spielen lassen.

moritz web: Welchen Wunsch haben Sie für diese Saison?
Dittmer: Wir freuen uns auf eine gute Annahme der Konzerte in diesem Jahr. Denn sie sind ein wichtiger Bestandteil der kulturellen Lebens der Universitäts- und Hansestadt Greifswald.

moritz web: Vielen Dank für das Gespräch!

Geschrieben von Uwe Roßner

In Worte gefasst

Der Schriftsteller Paul Celan als Vorlesender und Hörbucherlebnis

Bei seiner ersten Lesung in Deutschland wurde Paul Celan ausgelacht. Sein pathetischer Vortrag des Gedichts „Todesfuge“ wurde von Mitgliedern der Gruppe 47 sogar mit Goebbels verglichen. Unter den deutschen Dichtern der Nachkriegszeit war es auch Anfang der 50er Jahre noch üblich über den Massenmord an den Juden zu schweigen. Doch Paul Celan schwieg nicht, hatte er doch Heimat und Eltern durch das NS-Regime verloren.
Leicht hatte es die Lyrik nach Auschwitz nicht. Sie musste dem Vorwurf standhalten, das Grauen der Shoah nicht in Worte fassen zu können, ohne es zu ästhetisieren. Paul Celan schaffte es aber angemessen über die Opfer zu schreiben und ihnen damit zu gedenken.
Einen Einblick in sein umfangreiches Werk bietet die Doppel-CD „Ich hörte sagen“, auf der Gedichte und ein Prosastück vom Autor selbst gelesen werden. Auf über 100 Minuten kann man dem teils musikalisch anmutenden Vortrag Celans lauschen, um ein Gespür für seinen „Sound“ zu bekommen. Oder aber man sieht es als Möglichkeit die schwer zugängliche Lyrik besser zu verstehen, dafür ist es meiner Meinung nach jedoch unumgänglich die Gedichte beim Hören vor Augen zu haben.
Paul Celan beteiligte sich auch literarisch an den Diskussionen zwischen Philosophen und Litaraten und antwortete auf Kontroversen poetisch. So schildert er in dem kurzen Prosastück „Gespräch im Gebirg“ seine nicht stattgefundene Begegnung mit Theodor W. Adorno in einem schweizerischen Gebirgsort. Hier treffen sich zwei Juden, die sich über ihre Heimatlosigkeit und das Problem der Muttersprache unterhalten. Von Paul Celan gelesen kommen die sprachlichen Besonderheiten noch besser zum Tragen und so durfte die „kleine Prosa“ in der umfangreichen Sammlung nicht fehlen.
Auch wenn den Dichter Kritiker und Plagiatsvorwürfe verfolgten, wurde er für sein literarisches Schaffen unter anderem mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Ende April des Jahres 1970 beendete Paul Celan sein Leben mit einem Sprung in die Seine. Heute wird er zu den bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikern des 20. Jahrhunderts gezählt.

Paul Celan: Ich hörte sagen. Gedichte und Prosa, 2 CDs, ca. 101 Minuten, Der Hörverlag, München 2004, ISBN 3-89940-450-5Geschrieben von Alina Herbing

Mikropenis erregt US-Verlag

Eine weltweit erfolgreiche Kinderbuchautorin aus Deutschland treibt es nach Ansicht ihres US-Verlags zu bunt: Weil auf zwei Illustrationen nackte Haut zu sehen ist, müsse nachgebessert werden. Besser nicht, entschied die Autorin.