Von den Fans ausgelassen gefeiert

Zuviel hatte Krach im Vorfeld nicht versprochen. Im Gegenteil. Gebührlich stellte die in der Hanse- und Universitätsstadt beheimatete Band am vergangenen Freitag in der Mensa am Schießwall ihr neuestes Album „Voran!“ vor. Eine wahrhaft heiße Premiere. Nicht allein für die Zuhörer. Personell bestens durch Backgroundsänger, einen Percussionisten, Akkordeonisten und Gitarristen als Gäste verstärkt hatte das spielhungrige Septett ein Programm für zwei gute Stunden auf ihrer Playlist. sCHmmOOs nicht mit eingerechnet. Denn die Prerower Vorband stimmte mit einer griffigen Mischung aus Pop, Rock und Raggae die tanzfreudigen Zuhörer auf den Hauptact ein.

Doch als der Countdown auf eine seitlich der Bühne befindlichen Leinwand heruntergezählt, der schwarze, quer durch den Raum gespannte Vorhang fiel und die Zuhörer den bis zum Auftritt damit abgesperrten Meter in Richtung Bühne strömten, galt alle Aufmerksamkeit zweifelsohne Krach. Ob jung, ob alt – die Band zog an diesem Abend wieder eine Fangemeinde an, die mehrere Generationen im kleinen Saal der Mensa versammelte. Mit ausgelassenem Jubel wurde die vorerst in Nebel gehüllte Band begrüßt. Nachdem Tobias Reinsch mit seiner Stimme zu den Bläsern, dem Bass, der halbakustischen Gitarre und dem Schlagzeug stieß, bebte der Saal. Bis in die letzte Reihe. Neue Titel vermischte Krach geschickt mit bekannten Nummern wie beispielsweise „Lebenslang“, „Krach“ und „Am Fenster“. Lagen die alten Stücke bestens in Ohr und Hüften, so fanden die Erstaufführungen mehr als bloße Zustimmung. Die Fans tanzten, nicht wenige sangen bereits die  brandneuen Lyrics mit. Ob „Schlafen“ oder „Voran“ – das eingängige Material setzte Akzente im bisherigen Bandprogramm.

Durchnässt bis auf die Haut und abgekämpft trotz bester Kondition schickten die Krachmacher ihre Anhänger gegen halb eins nach Hause. Keineswegs zeigten die Anwesenden am Ende der Show Ermüdungserscheinungen. Im Gegenteil. Die Stimmung unter den Fans hielt ungetrübt bis zum letzten Titel und bis in die letzte Reihe des Raumes durch. Mehr Treue kann einer Band nach einer ausgedehnten Kunstpause im Orchestergraben und mit einem neuem Album im Gepäck wahrlich nicht mehr bezeugt werden.                          

Geschrieben von Uwe Roßner

Vortrag zum „Plattensterben“

Am 7. März stellt Robert Conrad ab 20 Uhr im Koeppenhaus sein jüngstes fotografisches Projekt ?Plattensterben? vor. Der gebürtige Greifswalder ist zugleich Spiritus Rector des örtlichen Dokumentarprojektes ?Zerfall und Abriss?. In jüngerer Zeit hat er sich den Ruinen der jüngeren Zeit zugewandt und über einen Zeitraum von zehn Jahren den Verfall und das Sterben der Plattenbauten in den neuen Bundesländern, wie beispielsweise in Wolgast, Rostock oder in Brandenburg und Berlin dokumentiert.
Seine Schwarz-Weiß-Fotografien schildern trostlose Ansichten von unbewohnten Plattenbauten, die es zum Teil gar nicht mehr gibt oder deren Abriss bevorsteht. Vom Statussymbol und Stolz der Erbauer rationeller Plattenbautechnologien sind sie nun mehr geisterhafte Orte der Erinnerung an eine ?ausgemusterte? Architektur geworden. Trotz der menschenleeren Anonymität eröffnet sich hinter dem sichtbaren Bild der Fassaden ein Stück Sozialgeschichte, das auf das Leben der Bewohner verweist. Im Anschluss an die Veranstaltung wird die gleichnamige Ausstellung in der Galerie des Literaturzentrums in der Bahnhofsstraße 4/5 eröffnet.

Aus Liebe zur Literatur

Mit Büchern hatte Selma von klein auf zu tun. Erst lasen ihr die Eltern immer vor, dann brachte sie das Lesen sich kurz vor der Einschulung selber bei. „Mir machte das viel Spaß“, sagt die heute Elfjährige mit den langen roten Haaren. Denn das wollte sie unbedingt selber lernen. Zeit für anderes bleibt der Schülerin dennoch. Denn Hausaufgaben, Freunde, Tanzen oder Malen können nicht warten. Dennoch kommt sie an guten Büchern nicht vorbei.

Hielt Selma bis vor kurzem im Kinderbereich der Stadtbibliothek Hans Fallada in der Knopfstraße nach neuem Lesestoff Ausschau, so sieht sie sich in letzter Zeit gezielter in den anderen Etagen um.  In den Deutschstunden bemerkte Susann Lüder-Kleeman rasch die Begeisterung für Literatur ihrer Schülerin. „Selma ist sehr motiviert “, sagt die Klassen- und Deutschlehrerin von der Montessori-Schule. Denn mit viel Freude und Spaß sei sie dabei, ohne daran zu ermüden. Das spiegle sich beispielsweise in Aufsätzen und kurzen Pausengesprächen wider. Im Mittelpunkt will Selma damit allerdings nicht stehen. Außerdem gehören Buchvorstellungen beim schulinternen Lesewettbewerb dazu. Ungewohnt ist zudem die Arbeit mit einer für die Kinder stadtbekannten Autorin nicht. Denn Antonia Michaelis ist durch die bisherigen Projekte an der Schule längst keine Unbekannte mehr.

„Es ist etwas besonderes, wenn Kinder Kindern Bücher empfehlen“, meint Anett Hauswald vom Literaturzentrum Vorpommern. Des Öfteren begegnete sie Selma lesend im Café Koeppen und sprach sie schließlich eines Tages an. Aus einem ersten Gespräch entwickelte sich ein intensiver Kontakt. Ganz unabhängig von der Schule. Im März des vergangenen Jahres moderierte Selma eine Lesung von Antonia Michaelis im Koeppenhaus. Nicht allein das. In Abständen erscheinen ihre Buchkritiken zu neuen Veröffentlichungen des Kinderbuchmarktes im Internet. Allerdings zur Förderung der Lesebegeisterung. Ihre Familie weiß darum. In der Klasse und unter ihren Freunden ist das noch nicht ganz bekannt. „Es gibt noch eine Menge Pläne“, meint Anett Hauswald über die gute Zusammenarbeit mit der engagierten Schülerin. Einige davon sollen demnächst umgesetzt werden.                   Geschrieben von Uwe Roßner

Mit voller Kraft voraus

Krach stellt am Freitag ihr neues Album in der Greifswalder Mensa am Schießwall vor.

Eine neue Platte war längst überfällig. Denn nach einer Spielzeit im Orchestergraben beim Off-Broadway-Musical „Der kleine Horrorladen“ des Theater Vorpommerns hat die in Greifswald beheimatete Band wieder viel vor. Das aus Tilmann Holsten (Saxophon/ Chor), Thorsten Reul (Tuba), Thomas Welzel (Trompete/Flügelhorn), Sascha Hamann (Schlagzeug/Percussion/Chor), Tobias Reinsch (Gesang/Percussion/Chor), Arne Last (halbakustische Gitarre) und Jan Fischer (Fretless Bass) bestehende Septett kehrt mit frischem Material, eingängigem Sound und lässigem Sprachwitz zurück.

„Voran!“ heißt ihr viertes, komplett durch Konzerte und Merchandise selbst finanziertes Album. Erschienen ist es auf dem eigenen Label Krach-Macher. „Wir wollen den Kreis jetzt größer ziehen“, sagt der Geschichtsstudent Arne Last. Weit über Greifswald hinaus. Denn nach Rostock, Köln und Berlin führt ihre bevorstehende Tour auch für einen kleinen Abstecher nach Holland. Das Unplugged-Konzert am 4. April in Anklam steht fest im Terminkalender. Denn 2008 will Krach wieder präsent sein. Nicht allein auf der Bühne.

Die radiotaugliche Single „Schlafen“ zeugt davon. Eine Tour-DVD ist geplant. Ganz nach der künstlerischen Formel: einfach ist schön, aber schwer. Keinesfalls fehlen die lässigen Riffs oder der gewohnt satte Bläsersatz. „Voran!“ klingt als Nachfolger von „Tagtraum“ immer noch nach Krach und zugleich anders. „Wir sind offener geworden“, meint der Gitarrist Arne Last. Es ist nicht mehr allein die bisher bewährte Mischung aus Jazz, Ska, Raeggae. Denn ganz unabhängig vom Geschmack eines jeden Bandmitglieds versuchen sie jetzt beim Schreiben neuer Songs verschiedenste Musikrichtungen mit zu berücksichtigen. Und seien es beispielsweise Dance- oder Elektroelemente.

Aufgenommen wurden die elf Songs im September 2007 in den Lakeside-Studios in der Nähe von Berlin. Nach einem arbeitsreichen Sommer. „Wir wollten ein radiotaugliches Album“, begründet Thomas Welzel die Entscheidung für den Gang der Band in ein professionelles Studio. Produzent Dirk Burke drückte nicht allein den Aufnahmeknopf, sondern half beim neuen Sound. „Wir sind völlig von dem weg, was wir in den letzten Jahren gemacht haben“, erklärt der BWL-Student. Das brave Strophe-Refrain-Schema der alten Alben habe Krach jetzt hinter sich verlassen. Vom Spielerischen her seien sie ausgefeilter und durchdachter geworden. Ab 29. Februar steht „Voran!“ in den Läden. Und im Netz.     

Geschrieben von Uwe Roßner

Chronik einer Liebe

Manchmal ist das Leben ohne einer guten Prise Humor nicht auszuhalten. Davon weiß Katja Lange-Müller in ihrem zuletzt erschienen Buch „Böse Schafe“ zu erzählen. Nicht ohne Erfolg. Denn im vergangenen Jahr schaffte es die gebürtige und mit angesehenen Literaturpreisen ausgezeichnete Berlinerin auf die Kurzliste für den Preis des Deutschen Buchhandels. Am vergangenen Freitagabend las sie im gut besuchten Koeppenhaus aus dem dritten und letzten Teil ihrer einfühlsamen Berlin-Triologie.

Damit thematisierte die dritte Gemeinschaftsveranstaltung der Buchhandlung Weiland mit dem Literaturzentrum Vorpommern einmal mehr die literarische Betrachtung der seit 1989 wiedervereinten Hauptstadt. Stellte die französische Autorin Cécile Wajsbrot mit „Mann und Frau den Mond betrachtend“ kürzlich das heutige Berlin in Zeiten eines gedankenvollen Aufbruchs vor, so setzte Katja Lange-Müller den ausklingenden achtziger Jahren in Westberlin ein kleines literarisches Denkmal. „Ich musste sehr viel recherchieren“, bemerkte die Autorin. Obwohl sie diese Zeit selbst erlebt hat. Im November 1984 siedelte die heute als freie Schriftstellerin arbeitende nach Westberlin über. Eines stand beim Schreiben des letzten Teils von Anfang an fest: „Das Buch musste mit dem Fall der Mauer enden“, erklärte Katja Lange-Müller.

Mit leicht rauchiger Stimme zog sie die erschütternde Liebe der nach Westberlin geflohenen Setzerin Soja in den zwielichtigen Harry nach. Geblieben ist davon ein Schulheft Harrys, in dem sich Sojas Name nicht ein einziges Mal findet. Die undatierten Einträge der genau 89 Sätze verwebt Soja zu einem beherzten Selbstgespräch mit ernstem Ausgang. Bedrückend fanden die abendlichen Zuhörer den doppelbödigen Gedankenfluss Sojas keinesfalls. Im Gegenteil. Katja Lange-Müllers augenzwinkernder Stil, ihre feine Beobachtungen und herrlichen Pointen brachten die Zuhörer immer wieder zum Lachen. Trotz eines anrührenden Sittenbildes, ja einer bis ins Letzte hingebungsvollen Liebe in einem seiner Zeit geteilten Berlin.  

Geschrieben von Uwe Roßner