Auf Herz und Nieren

Das Ergebnis einer Akkreditierung ist ein Gütesiegel einer unabhängigen Agentur. Diese vergibt richtungsweisende Noten für Studiengänge, die von der Universität freigegeben wurden.

Dies ist somit der Auftrag einer Bildungseinrichtung an spezielle Agenturen. Das jeweilige Resultat weist die Qualität eines Studiengangs aus und hebt gleichzeitig das Prestige einer „alma mater“. In Zeiten knapper Kassen und der Umwerbung von Studenten  für den eigenen Hochschulstandort, bedarf es harter Standortvorteile und eines bundesweiten guten Rufs.  
Die Begutachtung an der Greifswalder alma mater liegt im Landeshochschulgesetz begründet. Innerhalb des sogenannten Anerkennungsverfahrens (LHG      §§ 108-112) ist eine Universität verpflichtet, sich nach einer internen Einführung von neuen Studiengängen einer externen Prüfung zu unterziehen.

22 Master-Studiengänge auf dem Prüfstand

Erstmalig erfolgte dies im Bereich der Bachelorstudiengänge Ende 1999/Anfang 2000. Derzeit werden die siebzehn Master of Arts (M.A.)- und fünf Master of Education (M.Ed.)- Studiengänge auf Herz und Nieren geprüft. Die Kosten der Begutachtung bewegen sich nach einer Rückfrage beim Dekan der Philosophischen Fakultät, Prof. Manfred Bornewasser die Kosten im fünfstelligen Bereich. Durch den Bologna-Prozess gaben die Kultusministerien bundesweit die Evaluierung in die Hand von Agenturen. Die Kosten hierfür müssen inzwischen die Universitäten tragen, die somit unter neuerlichen finanziellen Druck gerieten. Bisher wurden in Greifswald diese Aufwendungen durch die gesamte Universität getragen. Ab diesem Jahr jedoch sollen die Fakultäten aus ihrem Budget die Mittel für die Akkreditierung selbst aufbringen. Verlierer werden damit die Reformwilligen sein. 
Die Unterlagen aus Greifswald wurden im vergangenen Jahr eingereicht. Vom 5. bis zum 7. Januar weilte dann die zuständige  Akkreditierungskommission der Agentur Aquin in Greifswald. Die in drei Gruppen aufgeteilte Kommission untersuchte vorschriftsgemäß die betreffenden  Studiengänge gemäß einer Bündelung. Die gut 20 Gutachter reisten aus der ganzen Bundesrepublik in die Hanse- und Universitätsstadt, wurden herumgeführt und fragten bei Professoren, Studenten, Fachschaftsräten und im AStA nach.
Spannend werden letztlich die offiziellen Ergebnisse der komplexen Analyse sein. Voraussichtlich ist damit im April zu rechnen.  Denn dann zeigt sich, was top ist oder was nachgebessert werden muss.

Geschrieben von Uwe Roßner

Von einem, der auszog, Prorektor zu werden

Simon Sieweke ist vom engeren Senat nicht für die Wahl zum Prorektor nominiert worden.

Der derzeitige AStA-Referent für Hochschulpolitik und ehemalige Vorsitzende war bei der Senatssitzung am 15. Dezember angetreten, nachdem ihn der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät mit 13 zu 7 Stimmen als Kandidat nominiert hatte.
„Mehr Transparenz“ hatte Simon Sieweke bei der Kandidatenvorstellung gefordert und außerdem auf das Problem hingewiesen, dass die Anzahl der Master-Studenten in Greifswald immer weiter abnehme. Er werde daher für breitflächige Evaluationen eintreten. Seine Kernforderung war jedoch der Erhalt aller fünf Fakultäten der Universität gewesen. „Eine Universität braucht die ganze Breite“, so Sieweke. Eine Meinung, der sich die beiden Gegenkandidaten nicht anschließen wollten. „Eine Amputation führt zwar immer zu einem Leben mit Behinderung, doch manchmal stellt sie das einzige Überlebenskonzept dar“, so Prof. Claus Dieter Classen, derzeitiger Prorektor bei seiner Vorstellung. Ihm sei ein „exquisites Geschäft“ lieber als ein „Gemischtwarenladen“. Eine Meinung, die den Großteil der 22 Mitglieder des Engeren Senats offenbar überzeugte. Er nominierte mit großer Mehrheit Classen sowie Prof. Otto-Andreas Festge für die Wahl, die am 19. Januar stattfinden wird. Simon Sieweke erhielt die erforderlichen zwölf Stimmen nicht.
Dabei hätten bei der Nominierung durchaus drei Kandidaten berükksichtigt werden können. Eine Vorauswahl wäre nicht nötig gewesen. „Ich habe das Gefühl, dass da eine Menge Druck ausgeübt wurde“, gibt sich Sieweke enttäuscht. Seiner Meinung nach würden viele einen Kurswechsel des Rektorats im Umgang mit der Landesregierung befürworten, doch „wenn man unzufrieden ist, muss man auch aufstehen und das auch sagen.“
Rechtlich wäre die Wahl von Simon Sieweke ins Rektorat möglich gewesen. Nach der neuen Grundordnung der Universität aus dem Jahr 2002 muss einer der beiden Prorektoren Professor sein, der andere kann ein Angehöriger der Universität sein – ob nun ein Mitglied des öffentlichen Dienstes oder ein Student.
Die Prorektoren bilden zusammen mit Rektor und Kanzler das Rektorat, des etwa über die Öffnung oder Schließung von Studiengängen entscheidet. Wäre Simon Sieweke also erfolgreich gewesen, hätte die studentische Seite auch einen Vertreter in einer Schlüsselstellung der Universität gehabt. Die nächsten Rektoren- und Prorektorenwahlen finden 2006 statt.        

Geschrieben von Kai Döring

Das Semester wird teuer

Zwölf Minuten dauert die persönliche Einschreibung eines Neu-Studenten in Greifswald. „Zu lange“, meint das Rektorat, da hierdurch während der Immatrikulationszeiträume zu viel Personal gebunden werde.

Zusätzlich zu den 80 Cent Porto, die das Versenden der Leporellos pro Student verursache, entstünden so enorme Kosten. Kosten, die die Universität nicht mehr länger allein tragen möchte. Aus diesem Grund hat der Senat am 15. Dezember gegen die Stimmen der studentischen Vertreter beschlossen, dass jeder Student ab dem kommenden Wintersemester eine Rückmeldegebühr in Höhe von zehn Euro zusätzlich zum Semesterbeitrag zahlen soll.
„Dies ist der Einstieg in ein kostenpflichtiges Studium“, ist aus dem AStA zu hören, nach dessen Ansicht die Einführung einer solchen Gebühr gegen § 6 des Landeshochschulgesetzes verstößt. Laut dem Gesetz ist die Erhebung von Gebühren für ein Erststudium verboten. „Sollte es tatsächlich zu einer Einführung kommen, streben wir daher eine Klage vor dem Oberverwaltungsgericht an“, ist von Simon Sieweke, dem hochschulpolitischen Referenten, zu erfahren. Die Chancen für einen Erfolg sieht er „etwa fifty-fifty“.
„Bei der Rückmeldegebühr handelt es sich nicht um eine Studiengebühr, sondern um eine Verwaltungsgebühr“, setzt Kanzler Dr. Thomas Behrens den Bedenken des Studierendenausschusses entgegen. Einem möglichen Rechtsstreit sieht er deshalb mit großer Gelassenheit entgegen. „Ob sich die Studierenden damit aber einen Gefallen tun, bleibt abzuwarten.“ Ihm sei es lieber, wenn die Studierenden ihre Energie weniger in einen „vergleichsweise lächerlichen Prozess“ steckten, sondern sich vielmehr an sinnvollen Modellen für eine  sozial verträgliche Gebührengestaltung beteiligten.
Ob die Gebühr ab dem Wintersemester 2005/2006 dann tatsächlich in Greifswald kommen wird, hängt nun auch am zuständigen Bildungsministerium in Schwerin. „Dies hat noch nicht grünes Licht gegeben“, so Simon Sieweke. Er habe jedoch einen Brief geschrieben, in dem er den Standpunkt der Studierenden noch einmal verdeutliche.                 

Geschrieben von Kai Döring

Des Nazis schicke Sportklamotte

Thor Steinar als Schafspelz junger Rechtsradikaler

Wer in Greifswald und auch sonstwo mit einem Quentchen Aufmerksamkeit unterwegs ist, dem fällt gelegentlich jemand in trendgemäßer Sportswear namens Thor Steinar (TS) auf. Wer es genau wissen will fragt sich dann, was das denn sei und warum diese Kleidung Embleme mit Maschinengewehren und Schriftzüge wie Hausbesuche zieren. Doch fällt das oft gar nicht groß ins Auge. Gerade diese Unauffälligkeit ist jedoch der Sinn der Sache, was auch die Gefährlichkeit von TS ausmacht.

Es handelt sich bei TS um einen nicht mehr ganz neuen Trend. Nazis verzichten auf das klassische, martialische Outfit von Bomberjacke und Springerstiefeln. Heutzutage kleidet Braun sich trendy. Antifas wurden so anfänglich nicht unbedingt aufmerksam, untereinander erkennt man sich aber als Gesinnungsgenossen.

Verkauft wird TS seit eineinhalb Jahren von der Firma MediaTex GmbH aus Zeesen südöstlich von Berlin, registriert auf einen Axel Kopelke. Der Vertrieb organisiert sich über die schicke Internetseite oder auch über Modeboutiquen, die sich nicht am Gesinnungsgehalt der Klamotten stören. Dieser ist nämlich hochbrisant. Das Logo setzt sich aus zwei germanischen Runen, der Tyr-Rune (Todesrune) sowie der Gibor-Rune (Wolfsangel) zu einer sogenannten Binderune zusammen.

Die Tyr-Rune war während der NS-Zeit im Zeichen der SA-Reichsführerschulen und der 32. SS-Division ?30. Januar? enthalten. Die Gibor-Rune wurde von der SS-Panzerdivision ?Das Reich? sowie von Nazi-Werwolfeinheiten und Sabotagegruppen am Ende des Zweiten Weltkriegs verwendet. Doch ist das Logo von TS auch in der Nachkriegsgeschichte nichts Neues – es ist fast deckungsgleich mit dem Symbol des rechtsextremen „Thule Seminar“, über das auch der Verfassungsschutz urteilte:

„Das Thule Seminar ist […] auf der Seite derjenigen Rechtsextremisten positioniert, die ihre Ablehung der Institutionen und Wertvorstellungen der demokratischen Verfassungsstaaten aggressiv und offen zum Ausdruck bringen“.

Der Markenname an sich, vor allem in Verbindung mit dem Namen einer Kollektionsreihe „Division“, wird als gezielte Hommage an den von Neonazis verehrten SS-General Felix Steiner verstanden.

Doch imagepolierende Kampagnen antirassistischen Inhalts wie von der britischen Marke „Lonsdale“ sind von der MediaTex GmbH nicht zu erwarten. Zwar sagt Geschäftsführer Uwe Meusel (29) „Wir haben mit keiner Organisation auch nur ansatzweise etwas zu tun“. Doch Jonas Grutzpalk vom Brandenburger Verfassungsschutz weiß: Der Firma gehören Rechtsextremisten an.

Auf das Logo angesprochen antwortet Meusel:  „Unser Logo? Das ist ein T und ein S, in Runenschrift.“ Und: „Warum fragen Sie uns nicht, wie viele Arbeitsplätze wir hier in Brandenburg geschaffen haben??“ Fragt man ihn dann danach, antwortet er: „Das werde ich Ihnen jetzt nicht sagen.“

Er ist der Meinung: „Ich muss mich hier nicht distanzieren.“ Auch der Anwalt der MediaTex GmbH verweist darauf, dass es nicht das Problem der Firma sei, wenn Leute, die mit der Verfassung Probleme haben, die Sachen tragen.

Klaus Parker, Jurist und Rechtsextremismusexperte, ist da anderer Meinung: „Im Gegensatz zu Lonsdale, die nichts dafür können, gehört Thor Steinar zu den Marken, die eindeutig für die rechtsextreme Szene produziert werden.“

Der Meinung schloss sich nun kürzlich auch die Staatsanwaltschaft Neuruppin an, die vor dem Amtsgericht Königs-Wusterhausen die Beschlagnahmung der Kleidung verfügte sowie jedem, der die Marke trägt, mit einem Strafverfahren wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen droht. (AZ 2.2 GS 594/04)

Dr. Gerd Schnittcher, Leitender Oberstaatsanwalt in Neuruppin, erhofft sich eine von diesem Urteil ausgehende Signalwirkung. Sie müsste eine Entscheidung vor einem Oberlandesgericht verursachen. Das Urteil eines Amtsrichters kann in der nächsten Instanz des deutschen Gerichtsweges leicht wieder aufgehoben werden. Außerdem ist das Urteil über dir Beschlagnahme von TS höchst umstritten.

Nachdem nun jedoch selbst die London Times auf das Urteil aufmerksam wurde, hat die MediaTex GmbH zwei Tage nach dem Urteil ?alle Händler aufgefordert, die Logos zu entfernen oder die Ware zurückzugeben?, so der Anwalt der Firma. Und weiter: „Aber ein neues Logo ist bereits in der Mache.“

Es bleibt also abzuwarten, was aus TS wird. Rechtsextreme sind kaum noch davon abzubringen, sich modebewusst und damit unauffällig doch füreinander erkennbar zu gewanden. Aufmerksamkeit empfielt sich unbedingt.

Geschrieben von Stephan Kosa