von Archiv | 17.10.2005
Interview mit Alexander Schulz-Klingauf, autonomer AStA-Referent für Behinderte
moritz: Behindert ist man nicht, behindert wird man. Auch an unserer Uni?
Alexander Schulz-Klingauf: Mit dem Rollstuhl kommt man in die ganzen alten Gebäude in der Innenstadt nicht hinein, zum Beispiel in das Historische Institut oder in das Institut für Anglistik und Amerikanistik. Zur Zeit gibt es dort keine Studierenden mit Rollstuhl, dennoch ist das eine unhaltbare Situation.
Wird bei Neu- und Umbauten behindertengerecht gebaut?
Ja, darauf achtet die Bau- und Raumkommission des Senats. An allen Gebäuden des neuen Campus gibt es Rampen und bei den älteren Gebäuden, die renoviert worden sind, wurden sie nachträglich installiert, so zum Beispiel am Institut für deutsche Philologie.
Gibt es neben den physischen auch geistige Barrieren?
Die sieben Betroffenen, die mich bisher in der Sprechstunde aufgesucht haben, sagten, dass sie sich akzeptiert fühlen und keine geistigen Barrieren spüren. Sie möchten ihren Alltag selbstständig gestalten und wollen keine dauernde Hilfestellung. Mein neu geschaffenes Referat wurde übrigens sehr positiv aufgenommen; die Betroffenen haben anscheinend weniger Hemmnisse zu mir zu kommen als zu einem Professor.
Was kann man inzwischen über das Internet an Formalia erledigen?
Die Online-Immatrikulation ist in einigen Fächern möglich. Im Zweifel müsste ein auf den Rollstuhl angewiesener Studierender allerdings beim Studentensekretariat oder beim Prüfungsamt über die Stufen getragen werden.
Was planst Du für das nächste Semester?
Ich werde zusammen mit dem Uni-Beauftragten, Professor Herbst aus der Theologie, eine Mängelbroschüre erarbeiten und sie dem Kanzler überreichen. Außerdem werde ich mir einen Überblick verschaffen, wie viele Studierende mit Behinderung es überhaupt an unserer Uni gibt. Die Erhebungen des Studentenwerks sind hoffnungslos veraltet und undifferenziert. Ich muss Aufbauarbeit leisten, weil die Uni lange nichts getan hat, um für Studierende mit Behinderung attraktiv zu sein. Meiner Meinung nach ist es auch für das Renommee der Uni äußerst wichtig, eine gute Behindertenpolitik zu betreiben.
Wie kann man dich erreichen?
Ich werde natürlich wieder Sprechstunden im AStA-Büro anbieten und bin auch über E-Mail unter behinderte@asta-greifswald.de jederzeit erreichbar.
von Archiv | 17.10.2005
Metelmann vs. Hochschulautonomie
„Wir halten Kompromisslösungen für erstrebenswert und lehnen das Gebaren eines kleinen, bockigen Jungen ab, der im Falle eines Problems mit den Füßen strampelt weil er seinen Willen nicht bekommt, und in unserem Falle dann eben einfach die Selbstbestimmungsrechte beschneidet.“ Diese klaren Worte fand der hochschulpolitische Referent des Greifswalder AStA, Torsten Heil, für Landesbildungsminister Metelmann und das von ihm angestrebte zweite Gesetz zur Änderung des Landeshochschulgesetzes.
Der Entwurf vom 28. Juni 2005 soll das erst 2002 geänderte Landeshochschulgesetz (LHG) um einen Absatz 4 im bestehenden Paragraph 15 und einen Paragraph 92a erweitern. Der neue vierte Absatz des 15. Paragraphen sähe für die Landesregierung die Möglichkeit vor, durch Rechtsverordnung Studiengänge einrichten und aufheben zu können. Thomas Schattschneider, Greifswalder AStA-Vorsitzender, schreibt dazu in einer Stellungnahme an Bildungsminister Metelmann folgendes: Eine solche Ermächtigungsgrundlage zur Schließung ganzer Fakultäten werde dem zu erwartenden Anstieg der Studierendenzahlen in ganz Deutschland nicht einmal ansatzweise gerecht. In Hinsicht auf einen künftigen Mehrbedarf an Studienplätzen sei die Schweriner Betrachtungsweise, die einzig auf die demografische Entwicklung in M-V abhebe, „inakzeptabel“.
Der geplante Paragraph 92a sieht die Befugnis der Landesregierung vor, die Zusammenlegung von Fakultäten mehrerer Hochschulen im Land anzuweisen. Dies ist Schattschneider zufolge rundum abzulehnen. Als Grund hierfür nennt er die grundsätzliche Notwendigkeit eines Zusammenfallens von Sach- und Entscheidungskompetenz in einer Hand. Die Selbstverwaltung der Universität habe eine solche Kompetenz in der Vergangenheit schon bewiesen.
Weiterhin sei die Tendenz zu einem Zentralismus planwirtschaftlicher Art völlig konträr zur Änderung des LHG von 2002, in der die Hochschulautonomie erheblich ausgebaut wurde. Das wurde damals vom gleichen Gesetzgeber damit begründet, „aufgrund der konsensualen Festlegung wesentlicher Entwicklungsfaktoren den Spielraum der Hochschulen zu eigenverantwortlicher Entwicklung und Profilbildung wesentlich zu erweitern.“ Es wurde also im Interesse eines breiteren Konsenses vorgesehen, dass das Bildungsministerium mit den Hochschulen zusammen Eckpunkte für die Hochschulentwicklung im Land erarbeitet. Auch die Planungssicherheit der Hochschulen sollte somit erhöht werden.
Schattschneider scheint sich nun an das totalitäre Regime der DDR-Ära erinnert zu fühlen. Er bemüht das Beispiel, wie 1955 nur durch das „couragierte und unerschrockene Engagement der Studierenden und vieler Bürger und Bürgerinnen“ die Schließung und Umwandlung der Medizinischen Fakultät der Universität in eine militärärztliche Sektion zum größten Teil verhindert werden konnte.
Bildungsminister Metelmann bestätigte indes die geplante Schließung der größten Teile des Lehramtsstudiums in Greifswald, was bis jetzt noch 1.500 der 10.000 Studierenden in Greifswald ausmacht. Bei einem zu erwartenden Mehrbedarf an qualifizierten Lehrkräften in der näheren Zukunft.
Eigentlich stehen im ganzen Land die Studierendenvertreter, die Hochschulrektoren sowie die Personalräte an den Hochschulen gegen die Pläne aus Schwerin. Nichtsdestotrotz schrieb Volker Schlotmann, Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag, als Antwort an Thomas Schattschneider – nach einigen belehrenden Worten über Notwendigkeiten bezüglich europäischer Wettbewerbsfähigkeit, demografischer Entwicklung und Umsetzung des Landespersonalkonzepts – unverhohlen: „Für das Nichtzustandekommen von Zielvereinbarungen zwischen der Landesregierung und den Hochschulen gibt es bisher keine Regelung.“
Wer nach der Verabschiedung des Änderungsgesetzes entscheiden wird, ist klar. Also wird statt Hochschulautonomie die Maxime gelten: Wenn kein Kompromiss zu erzielen ist, wird er erzwungen.
Geschrieben von Stephan Kosa
von Archiv | 17.10.2005
Dürfen AStA-Referenten bezahlten Wahlkampf für die Bundestagswahl machen oder tastet das ihre parteipolitische Unabhängigkeit an?
„Eine bezahlte Tätigkeit als Wahlkampfhelfer ist mit der Tätigkeit im AStA nicht vereinbar“, so der HoPo-Veteran und neue StuPa-Präsident Simon Sieweke. Der AStA möge sich dagegen aussprechen, dass Mitglieder der studentischen Selbstverwaltung Wahlkampf betreiben, stellte Simon als Antrag in der AStA-Sitzung am 3. August. Die Referenten lehnten ab. Auch wenn einzelne mehr als den sechsfachen Betrag ihrer Aufwandsentschädigung von 240 Euro kassierten.
Thomas Schattschneider war über sechs Wochen in einem vierköpfigen Wahlkampfteam für die SPD in Vorpommern unterwegs. „Wegen meiner Funktion als AStA-Vorsitzender gab es eine Vereinbarung, dass ich direkt in Greifswald keinen Wahlkampf mache“, stellt Thomas klar. „Überhaupt bestand der Wahlkampf für mich eher aus Flyer-,Gummibärchen- und Luftballon-Verteilen.“ Das sei keine politische Arbeit im eigentlichen Sinne, außerdem gebe es einen großen Unterschied zwischen Bundes- und Landespolitik. Einen Interessenkonflikt mit seinem Amt als AStA-Vorsitzender, der als höchster Repräsentant der Studierendenschaft deren Interessen nach außen vertritt, sieht Thomas nicht: „Der Wahlkampf war ein Ferienjob, während die AStA-Arbeit eher ehrenamtlich ist.“
Dass Thomas‘ AStA-Arbeit nicht unter dem Wahlkampfengagement gelitten hat, kann die AStA-Co-Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Anja Bartell bestätigen: „Mindestens ein Mal am Tag war Thomas im Büro zugegen und wir haben bei mehreren Pressemitteilungen zusammen gearbeitet.“ Thomas selber verweist darauf, dass er – wie in den Semesterferien üblich – mehr informelle Gespräche geführt habe, auch wegen der Parlamentsferien in Schwerin. „Das Wahlkämpfen konnte schon mal 10 Stunden am Tag dauern, allerdings nicht an jedem in der Woche“, so Thomas. „Es blieb genug Zeit für die AStA-Arbeit und ich habe bis auf eine alle AStA-Sitzungen selber geleitet.“
Stefanie Hennig, AStA-Co-Referentin für Uni-Jubiläum und Alumni-Arbeit war ebenfalls über 6 Wochen für die SPD kreuz und quer in Vorpommern unterwegs. Da ihr Referat aus ihrer Sicht keinen politischen Auftrag hat wie zum Beispiel das des Vorsitzenden, sieht sie keinen Konflikt zwischen ihrer Tätigkeit im AStA und der bezahlten Wahlkampftätigkeit: „Letztendlich handelt es sich um einen Ferienjob, auch wenn gewisse Überzeugungen daran hängen.“
Stefanies und Thomas‘ SPD-Mitwahlkämpfer empfanden die Debatte als weit hergeholt. Marcus Unbenannt, Wahlkampfleiter der Greifswalder Kandidatin, wundert sich vor allem, dass das Mißtrauen von Simon Sieweke kam: „Der hat selber für die Greifswalder Bürgerschaft kandidiert und auch nie einen Hehl aus seiner SPD-Mitgliedschaft gemacht.“ Im Übrigen habe das Thema Bildung im Wahlkampf keine Rolle gespielt, schließlich sei es um Bundes- und nicht um Landespolitik gegangen. BAföG und Studiengebühren seien die einzigen relevanten Themen, die ab und zu mal jemanden interessiert hätten.
Torsten Heil, AStA-Referent für Hochschulpolitik und inoffizielle Nummer 2 nach dem Vorsitzenden, warb über zweieinhalb Monate für die CDU in Greifswald und der weiteren Umgebung. Auch er kann die ganze Aufregung nicht nachvollziehen: „Das eine ist der universitäre Bereich und das andere mein Privatbereich“, so Torsten. Außerdem hätten alle AStA-Referenten weniger gemacht in den Ferien.
Dennoch läßt Simon Sieweke nicht locker. Er hat den StuPa-Antrag schon in der Tasche. „Entweder AStA oder Partei“, formuliert er inzwischen grundsätzlicher, „beides geht nicht.“
Geschrieben von Ulrich Kötter
von Archiv | 17.10.2005
Brauchen wir ein starkes Präsidium?
Wenn der AStA-Vorsitzende jetzt Richtlinienkompetenz über seine Kollegen hat, dann braucht es einen starken StuPa-Präsidenten, der im Zweifel auch mal dagegen hält, wenn der AStA sich über StuPa-Beschlüsse hinwegzusetzen droht. Wir passen schon auf, ob die in der täglichen Arbeit des AStA auch eingehalten werden.
Wird das Präsidium damit nicht schleichend neben dem AStA ein zweites Exekutivorgan der Studierendenschaft?
Nein, ein Teil der Exekutive sind und werden wir nicht, das ist auch in der Satzung so angelegt. Aber wenn das StuPa in den Semesterferien nicht da ist, überwachen wir die AStA-Arbeit schon.
Welche Rolle wird das Präsidium im Senat spielen?
Das StuPa muss erkennen, dass es unabhängig von den Senatoren stärker in den Senat hineinwirken kann. Wie werden die Senatsunterlagen an die Mitglieder des StuPa versenden, die Sitzungen im StuPa vorbesprechen und das StuPa auffordern, Anträge für den Senat zu stellen.
Ihr wollt bei der nächsten StuPa-Wahl die Wahlbeteiligung steigern, ja insgesamt mehr Öffentlichkeitsarbeit machen.
Öffentlichkeitsarbeit ist von entscheidender Bedeutung bei der Steigerung der Wahlbeteiligung. Konkret wollen wir für eher unwichtige TOP deutlich weniger Zeit aufwenden. Dagegen sollen wichtige, auch politische Themen mehr Platz bekommen. Gleichzeitig wollen wir die Arbeit des StuPa transparenter machen, indem wir die Protokolle schneller erstellen und auch online stellen.
Geschrieben von Ulrich Kötter
von Archiv | 17.10.2005
Das StuPa sorgte sich um den Haushalt und hat einen neuen Präsidenten
Das Studierendenparlament (StuPa) war vor der Semesterpause viel beschäftigt. Nachdem der inzwischen 20-köpfige Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) seine Arbeit aufgenommen hatte, brach im StuPa eine Debatte um die Aufwandsentschädigungen los, die den AStA-Referenten, dem StuPa-Präsidium sowie der Geschäftsführung und den Chefredaktionen der studentischen Medien, moritz und moritzTV, ausbezahlt werden. Hätten zum Beispiel die 5 Hauptreferenten im AStA jeweils 250 Euro und die restlichen Referenten jeweils 150 Euro kassiert, wäre der Haushalt der Studierendenschaft gehörig ins Wanken geraten.
Diese Aussicht versetzte die StuPisten anscheinend in Angst und Schrecken und das an sich sachliche Thema lief in den Diskussionen, die sich über mehrere Sitzungen hinzogen, aus dem Ruder. Geld wurde von einigen nicht mehr nur als Maßstab für die zu leistende Arbeit, sondern auch als Maßstab für die Wertschätzung des Amtes und damit teilweise auch für die Wertschätzung einzelner Personen begriffen. Das komplexe Hierarchie- und Weisungsgeflecht mit autonomen, Co- sowie Voll-Referaten des größten AStA, den die Greifswalder Studierendenschaft bisher gesehen hat, entwickelte sich zu Stolperfalle. Hätte das StuPa die Aufwandsentschädigungen festgelegt, bevor die einzelnen Stellen besetzt wurden, hätten sich die Parlamentarier viel Ärger erspart.
Prominentestes Opfer der Debatte war StuPa-Präsident Philipp Kohlbecher. Seine gewissenhafte und ruhige Arbeit hatte die Parlamentarier der letzten Legislatur mehrheitlich überzeugt und ihm die Wiederwahl ins Amt des aktuellen Präsidiums gesichert. Doch nachdem er mehrfach von einigen StuPisten für unzureichende Arbeitsleistungen gerüffelt wurde, war die Debatte um die Aufwandsentschädigungen der entscheidende Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und ihn veranlasste, auf der letzten Sitzung vor der Sommerpause am 12. Juli zurückzutreten. Was war passiert? Das StuPa hatte beschlossen, eine dritte Stelle im Präsidium einzurichten, wollte jedoch die Aufwandsentschädigung unverändert bei 200 Euro belassen. Drei sollten nun dieselbe Entschädigung wie zwei erhalten. „Mit der niedrigsten Aufwandsentschädigung in der gesamten studentischen Selbstverwaltung wird ja auch eine Aussage über die Wichtigkeit eines Amtes getroffen“, meint Philipp, „die im Fall des StuPa-Präsidenten nicht angemessen ist.“ Er habe zwar von vornherein beabsichtigt, nicht die gesamte Legislatur im Amt zu bleiben, doch der konkrete Anlass habe ihn dann doch früher dazu gebracht das Amt niederzulegen. „Ich bin persönlich unbeschadet aus dem Amt geschieden“, sagt Philipp heute, „auch wenn ich den Streit um die AStA-Aufwandsentschädigungen als sehr unschön empfunden habe.“
Der neue StuPa-Präsident ist ein intimer Kenner der Greifswalder Hochschulpolitik, aber einer, der schön öfter gesagt hat, dass er aufhören wolle – zuletzt im Mai dieses Jahres: Simon Sieweke. Seine Einer-muss-es-machen-also-pack-ich’s-an-Haltung führte ihn auch dieses Mal ins Amt. Andere Kandidaten standen nicht zur Wahl.
Geschrieben von Ulrich Kötter