Metelmann vs. Hochschulautonomie

„Wir halten Kompromisslösungen für erstrebenswert und lehnen das Gebaren eines kleinen, bockigen Jungen ab, der im Falle eines Problems mit den Füßen strampelt weil er seinen Willen nicht bekommt, und in unserem Falle dann eben einfach die Selbstbestimmungsrechte beschneidet.“ Diese klaren Worte fand der hochschulpolitische Referent des Greifswalder AStA, Torsten Heil, für Landesbildungsminister Metelmann und das von ihm angestrebte zweite Gesetz zur Änderung des Landeshochschulgesetzes.

Der Entwurf vom 28. Juni 2005 soll das erst 2002 geänderte Landeshochschulgesetz (LHG) um einen Absatz 4 im bestehenden Paragraph 15 und einen Paragraph 92a erweitern. Der neue vierte Absatz des 15. Paragraphen sähe für die Landesregierung die Möglichkeit vor, durch Rechtsverordnung Studiengänge einrichten und aufheben zu können. Thomas Schattschneider, Greifswalder AStA-Vorsitzender, schreibt dazu in einer Stellungnahme an Bildungsminister Metelmann folgendes: Eine solche Ermächtigungsgrundlage zur Schließung ganzer Fakultäten werde dem zu erwartenden Anstieg der Studierendenzahlen in ganz Deutschland nicht einmal ansatzweise gerecht. In Hinsicht auf einen künftigen Mehrbedarf an Studienplätzen sei die Schweriner Betrachtungsweise, die einzig auf die demografische Entwicklung in M-V abhebe, „inakzeptabel“.
Der geplante Paragraph 92a sieht die Befugnis der Landesregierung vor, die Zusammenlegung von Fakultäten mehrerer Hochschulen im Land anzuweisen. Dies ist Schattschneider zufolge rundum abzulehnen. Als Grund hierfür nennt er die grundsätzliche Notwendigkeit eines Zusammenfallens von Sach- und Entscheidungskompetenz in einer Hand. Die Selbstverwaltung der Universität habe eine solche Kompetenz in der Vergangenheit schon bewiesen.
Weiterhin sei die Tendenz zu einem Zentralismus planwirtschaftlicher Art völlig konträr zur Änderung des LHG von 2002, in der die Hochschulautonomie erheblich ausgebaut wurde. Das wurde damals vom gleichen Gesetzgeber damit begründet, „aufgrund der konsensualen Festlegung wesentlicher Entwicklungsfaktoren den Spielraum der Hochschulen zu eigenverantwortlicher Entwicklung und Profilbildung wesentlich zu erweitern.“ Es wurde also im Interesse eines breiteren Konsenses vorgesehen, dass das Bildungsministerium mit den Hochschulen zusammen Eckpunkte für die Hochschulentwicklung im Land erarbeitet. Auch die Planungssicherheit der Hochschulen sollte somit erhöht werden.
Schattschneider scheint sich nun an das totalitäre Regime der DDR-Ära erinnert zu fühlen. Er bemüht das Beispiel, wie 1955 nur durch das „couragierte und unerschrockene Engagement der Studierenden und vieler Bürger und Bürgerinnen“ die Schließung und Umwandlung der Medizinischen Fakultät der Universität in eine militärärztliche Sektion zum größten Teil verhindert werden konnte.
Bildungsminister Metelmann bestätigte indes die geplante Schließung der größten Teile des Lehramtsstudiums in Greifswald, was bis jetzt noch 1.500 der 10.000 Studierenden in Greifswald ausmacht. Bei einem zu erwartenden Mehrbedarf an qualifizierten Lehrkräften in der näheren Zukunft.
Eigentlich stehen im ganzen Land die Studierendenvertreter, die Hochschulrektoren sowie die Personalräte an den Hochschulen gegen die Pläne aus Schwerin. Nichtsdestotrotz schrieb Volker Schlotmann, Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag, als Antwort an Thomas Schattschneider – nach einigen belehrenden Worten über Notwendigkeiten bezüglich europäischer Wettbewerbsfähigkeit, demografischer Entwicklung und Umsetzung des Landespersonalkonzepts – unverhohlen: „Für das Nichtzustandekommen von Zielvereinbarungen zwischen der Landesregierung und den Hochschulen gibt es bisher keine Regelung.“
Wer nach der Verabschiedung des Änderungsgesetzes entscheiden wird, ist klar. Also wird statt Hochschulautonomie die Maxime gelten: Wenn kein Kompromiss zu erzielen ist, wird er erzwungen.

Geschrieben von Stephan Kosa