Dürfen AStA-Referenten bezahlten Wahlkampf für die Bundestagswahl machen oder tastet das ihre parteipolitische Unabhängigkeit an?
„Eine bezahlte Tätigkeit als Wahlkampfhelfer ist mit der Tätigkeit im AStA nicht vereinbar“, so der HoPo-Veteran und neue StuPa-Präsident Simon Sieweke. Der AStA möge sich dagegen aussprechen, dass Mitglieder der studentischen Selbstverwaltung Wahlkampf betreiben, stellte Simon als Antrag in der AStA-Sitzung am 3. August. Die Referenten lehnten ab. Auch wenn einzelne mehr als den sechsfachen Betrag ihrer Aufwandsentschädigung von 240 Euro kassierten.
Thomas Schattschneider war über sechs Wochen in einem vierköpfigen Wahlkampfteam für die SPD in Vorpommern unterwegs. „Wegen meiner Funktion als AStA-Vorsitzender gab es eine Vereinbarung, dass ich direkt in Greifswald keinen Wahlkampf mache“, stellt Thomas klar. „Überhaupt bestand der Wahlkampf für mich eher aus Flyer-,Gummibärchen- und Luftballon-Verteilen.“ Das sei keine politische Arbeit im eigentlichen Sinne, außerdem gebe es einen großen Unterschied zwischen Bundes- und Landespolitik. Einen Interessenkonflikt mit seinem Amt als AStA-Vorsitzender, der als höchster Repräsentant der Studierendenschaft deren Interessen nach außen vertritt, sieht Thomas nicht: „Der Wahlkampf war ein Ferienjob, während die AStA-Arbeit eher ehrenamtlich ist.“
Dass Thomas‘ AStA-Arbeit nicht unter dem Wahlkampfengagement gelitten hat, kann die AStA-Co-Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Anja Bartell bestätigen: „Mindestens ein Mal am Tag war Thomas im Büro zugegen und wir haben bei mehreren Pressemitteilungen zusammen gearbeitet.“ Thomas selber verweist darauf, dass er – wie in den Semesterferien üblich – mehr informelle Gespräche geführt habe, auch wegen der Parlamentsferien in Schwerin. „Das Wahlkämpfen konnte schon mal 10 Stunden am Tag dauern, allerdings nicht an jedem in der Woche“, so Thomas. „Es blieb genug Zeit für die AStA-Arbeit und ich habe bis auf eine alle AStA-Sitzungen selber geleitet.“
Stefanie Hennig, AStA-Co-Referentin für Uni-Jubiläum und Alumni-Arbeit war ebenfalls über 6 Wochen für die SPD kreuz und quer in Vorpommern unterwegs. Da ihr Referat aus ihrer Sicht keinen politischen Auftrag hat wie zum Beispiel das des Vorsitzenden, sieht sie keinen Konflikt zwischen ihrer Tätigkeit im AStA und der bezahlten Wahlkampftätigkeit: „Letztendlich handelt es sich um einen Ferienjob, auch wenn gewisse Überzeugungen daran hängen.“
Stefanies und Thomas‘ SPD-Mitwahlkämpfer empfanden die Debatte als weit hergeholt. Marcus Unbenannt, Wahlkampfleiter der Greifswalder Kandidatin, wundert sich vor allem, dass das Mißtrauen von Simon Sieweke kam: „Der hat selber für die Greifswalder Bürgerschaft kandidiert und auch nie einen Hehl aus seiner SPD-Mitgliedschaft gemacht.“ Im Übrigen habe das Thema Bildung im Wahlkampf keine Rolle gespielt, schließlich sei es um Bundes- und nicht um Landespolitik gegangen. BAföG und Studiengebühren seien die einzigen relevanten Themen, die ab und zu mal jemanden interessiert hätten.
Torsten Heil, AStA-Referent für Hochschulpolitik und inoffizielle Nummer 2 nach dem Vorsitzenden, warb über zweieinhalb Monate für die CDU in Greifswald und der weiteren Umgebung. Auch er kann die ganze Aufregung nicht nachvollziehen: „Das eine ist der universitäre Bereich und das andere mein Privatbereich“, so Torsten. Außerdem hätten alle AStA-Referenten weniger gemacht in den Ferien.
Dennoch läßt Simon Sieweke nicht locker. Er hat den StuPa-Antrag schon in der Tasche. „Entweder AStA oder Partei“, formuliert er inzwischen grundsätzlicher, „beides geht nicht.“
Geschrieben von Ulrich Kötter