von Archiv | 07.05.2008
Den Ostseeraum hat der Nordische Klang bereits seit Jahren mit im Blick. Ganz besonders zeigt sich dies an den Kammermusikkonzerten. Für die diesjährige Spielzeit beauftragten die Festivalmacher die Stralsunder Cellistin Friederike Fechner mit der Erarbeitung eines skandinavisch-baltischen Programms für ein Konzert in der prächtigen Aula der Greifswalder Universität.
Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf dem „schwedischen Mozart“. Zu Unrecht gehört der elf Jahre lang in Stockholm wirkende Joseph Martin Kraus (1756 – 1792) heute zu den fast vergessenen Komponisten. Gerade dann, wenn die Quartette des gebürtigen Odenwälders und des vom schwedischen König Gustav III. Geförderten einst mit denen von Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart verglichen wurden. Gemeinsam mit David Movsiyan (Geige), Tigran Mikaelyan (Geige) und Daniel Thieme (Bratsche) eröffnete Friederike Fechner als Baltica Quartett am vergangenen Montagabend mit Kraus „Schottischen Quartett“ in G-Dur den anregenden Festivalbeitrag mit den wohlklingenden Spezialitäten aus dem Ostseeraum. Weich, dicht und fließend bot das Baltica Quartett dessen fein gesponnen Streichersatz dar. Gelang ihnen zudem beim Andante maestoso eine tänzerische Festlichkeit, so fehlte in der Gänze hier und da eine ganz kleine Prise jener Leichtigkeit, unter der ein originaler Mozart vollends jubiliert.
Mit dem einzigen Streichquartett von Nikolaus Konstantin Ciurlionis (1875 – 1911) leuchtete ein neuer Aspekt des künstlerischen Schaffens des Balten im diesjährigen Programm des Nordischen Klangs auf. Stellte der Organist Prof. Matthias Schneider im vergangenen Jahr dessen Orgelstücke im Rahmen des Greifswalder Festivals an der Gristower Orgel vor, so begeisterte das Baltica Quartett vorgestern mit Ciurlionis Streichquartett in c-Moll. Leider nur dreisätzig. Denn dem zwischen 1901 und 1902 in Leipzig entstandenen Werk ging der letzte Satz vor der Drucklegung verloren. Schicksalhaft und ganz dem Beethovens Pathos verschrieben ließen die Aufführenden das Allegro moderato hervorpreschen. Dem schloss sich das Andante mit einem herrlich eingesponnen Moldau-Anklang wie aus der Feder des Tschechen Bedrich Smetanas an bevor der dritte Satz mit dem galanten Menuett den tänzerischen Kehraus machte.
Richtig erschien, das Klarinettenquartett von Bernhard Henrik Crusell (1775 – 1838) als kulminierenden Schlusspunkt zu wählen. Zusammen mit der Deutsch-Skandinavischen-Jugend-Philharmonie unter der Leitung Andreas Peer Kähler brachte die Greifswalder Klarinettistin Annette Fischer bereits vor sieben Jahren in der Greifswalder Jacobikirche mit „Introduction et Air suedois varié“ ein Werk des gebürtigen Finnen und lange Zeit in der schwedischen Hauptstadt wirkenden Klarinettisten und Komponisten zu Gehör. Schwungvoll startete das Baltica Quartett mit Annette Fischer in das Poco Adagio Allegro des ersten Satzes des Klarinettenquartetts op. 2 in Es-Dur und sie erfreuten dank ihr mit eleganter Gelöstheit bis das Allegro vivace des vierten Satzes hinein. Bestechend zudem, weil die Klarinettistin mit ihrer weit ausholenden Kantilene über den größtenteils stützenden, gelegentlich miteinander ins Zwiegespräch tretenden Streicherlinien förmlich schwebte.
Geschrieben von Uwe Roßner
von Archiv | 06.05.2008
Jazz besitzt in Skandinavien eine gute Tradition. Bis heute. Eindrucksvoll bewies dies der diesjährige 17. Nordische Klang mit der sonntäglichen Jazznacht im Theater Vorpommern.
Erstmals außerhalb ihres Heimatlandes traten die schwedischen Sänger Viktoria Tolstoy und Svante Thuresson als Duo im großen Saal auf. Mit der Urenkelin des Schriftstellers Lew Tolstoy und dem Grand Old Man des schwedischen Jazzgesangs gelang dem größten außerskandinavischen Festival ein Coup: das Zusammentreffen zweier Stimmengiganten mit einem Altersunterschied von 37 Jahren zwischen dem Hip Man und der Prinzessin. Kurz und gut: Ein Gipfeltreffen von Angehörigen verschiedenster Generationen der schwedischen Jazzszene. Das geschmeidig begleitende Claes Crona Trio einmal mitgerechnet.
Zuhörer reisten extra dafür aus Finnland, Belgien, Schweden und der Schweiz an. Neben Stammgästen und Freunden des Nordischen Klangs füllten Kurzentschlossene und Tagesgäste der Universitäts- und Hansestadt den gut gefüllten Musentempel. Ein letztlich für den Veranstalter zufrieden stellendes Ergebnis. Denn vergleichsweise zurückhaltend fiel die Werbung vor Ort für den diesjährigen Hauptact des Festivalprogramms aus. Trotz des maßgeschneiderten Swingabends im gedämpften Rampenlicht.
Für Victoria Tolstoy war das Greifswalder Gastspiel ein besonderer Tourstopp während ihrer derzeitigen Deutschlandtournee. Förmlich an den Lippen hingen die Zuhörer der vorerst solo am Mikrofon mit „I thought about you“ startenden Schwedin. Geschmackvoll zog sie im cremefarbenen Kleid ihren wohltemperierten Bogen von „The Nearness of You“, „Caravan“ mit einem über „What a Difference“ bis hin zu „Round Midnight“. Ihr, bei aller Professionalität, letztes Quäntchen Anspannung brach vollends mit dem im dunklen Anzug auftretenden Svante Thuresson entzwei und wandelte sich in ausgelassene Lässigkeit. Ergreifend ungezwungen und fast im Plauderton sangen beide miteinander. Gebührend ließ das Duo mit einander zugewandtem Blick am Ende der gemeinsamen Songs ihr Stimmenvolumen und ihren Tonumfang noch einmal golden aufleuchten. Immer bestens gestützt vom Claes Crona Trio, das vor vier Jahren am gleichen Ort zusammen mit Georgie Fame für großes Aufsehen sorgte.
Mit „Alone Togehter“, Bill Evans „Walz for Debbie“, Quincy Jones „Stockholm, Sweden“ und des mit einem schwedischen Text unterlegten „Bluesette“ bewegte Svante Thuresson nach einer kurzen Pause als Entertainer der guten alten Schule und mitgestaltender Musiker einer Zeit, in der Jazz in Skandinavien zu seiner eigenen Stimme fand. „Bluesette“ diente Thuresson als ein gesungener musikgeschichtlicher Hinweis auf die Tradition, Standards mit Lyrics in eigener Landessprache und zugleich mit neuen Inhalten aufzupeppen. Gerade für diese Reminiszenz auf die fünfziger Jahre wird das Duo Tolstoy-Thuresson mit ihren Programmen in Schweden verehrt und geliebt. Für Greifwald und trotz des Nordischen Klangs hielten sie sich leider lieber an die Originale. Auch wenn sie für die Einladung in die Universitäts- und Hansestadt eine exklusive Setlist im Vorfeld aufstellten. Natürlich durfte Duke Ellington dabei nicht fehlen. Dessen „Don´t get around“ und „It don´t mean a thing“ bildeten den Schlusspunkt des kunstvoll zelebrierten Abends. Geschrieben von Uwe Roßner
von Archiv | 05.05.2008
„Iron Man“ von John Favreau
Im wahrsten Sinn des Wortes bombastisch schlug die Verfilmung des Stan Lee-Comics ein. In den USA erlebte die Leinwandtaufe den zehntbesten Start aller Zeiten und auch in Deutschland strömten trotz des guten Wetters über 300.000 Zuschauer am ersten Wochenende in die Lichtspielhäuser. Dies ist eine Überraschung, denn der eiserne, sprücheklopfende Lebemann – dargestellt vom wieder auferstandenen Robert Downey Jr. – gehört zu den unbekannteren Helden des Marvel-Universums. Ein wahrer Lichtblick im inhaltsarmen Streifen ist aber Gwyneth Paltrow.
Lange ist es her seitdem die Patentochter von Regisseur Steven Spielberg Eindruck als Schauspielerin hinterließ. Vor allem als Mrs. Chris Martin tauchte ihr Namen in einschlägigen Boulevardmedien auf. Auch wenn 35-Jährige regelmäßig der Schauspielerei nachging. Die meisten Filme hatten Klasse, sorgten für keine hohen Umsätze – was nicht weiter schlimm ist – und brachten auch keine weiteren Filmpreise auf den Kaminsims in ihrer englischen Wahlheimat.
Das Jahr 1999 steht ganz im Glanze der blonden Darstellerin. Mit der Hauptrolle in John Maddens „Shakespeare in Love“ trumpfte Paltrow auf, verzauberte die Männer im Film und auch außerhalb der Kinowelt. Die Frauen bewunderten ihre Stärke, die hinter dem weichen Äußeren versteckt war. Als Belohnung strich Paltrow einen Oscar als beste Schauspielerin des Jahres ein.
In der Filmwahl änderte der Preis nichts. Wie schon in ihren Anfangsjahren wechselte Paltrow zwischen seichten Komödien, Hollywood-Mainstream-Kino und anspruchsvollen Dramen. Das Publikum folgte ihr nur schwer. Paltrow nagte nie am Hungertuch, doch einen Film allein trug ihr Name nicht zum Erfolg.
Gerade deshalb ist Paltrows Auftritt in der 135 Millionen Dollar teuren Produktion ein Lichtblick. Man erwartet diesen nicht und ist durch die leichte, teilweise naive Darstellungsweise der rothaarigen Pepper Potts als Mädchen-für-alles des Superhelden Tony Stark/ Iron Man positiv überrascht. Als femininer Gegenpart zum exzentrischen Waffennarren und im Film geläuterten Protagonisten, ist Paltrow eine Zierde. Leider sind ihre Auftritte sehr kurz gehalten. Als Stichpunktgeber funktioniert die Rolle, doch hätten noch mehr starke Auftritte im Film geholfen, die mäßigen Actionsequenzen zu überstehen. Über die Handlung braucht kein Wort verloren werden. Nur soviel zum Inhalt: „Iron Man“ ist eine 1A-Comic-Verfilmung, läutet hervorragend die Sommersaison ein, unterhält, ist aber von vorn bis hinten durchschaubar. Formel F passt sich den Zuschauerinteressen an. Oder soll man eher sagen, dass sich das Publikum gern berieseln lassen möchte und die Marketinggewalt keine alternative im Kinoprogramm zulässt?
Die obligatorische Fortsetzung steht auf jeden Fall auf der Agende der Marvel Studios. Die Comicmacher haben schließlich eine neue Melkkuh entdeckt. Für den zweiten Teil hofft man nur auf noch mehr Szenen mit Gwyneth Paltrow. Denn schließlich wollen weibliche Zuschauer nicht nur die Männer als Schmuckstück ins Kino begleiten, sondern auch selbst eine Identifikationsfigur haben.
Geschrieben von Björn Buß
von Archiv | 05.05.2008
Vom 14. – 17. Mai steht die Uni Greifswald ganz im Zeichen einer universitären Entdeckungsreise. Mit einem Mix aus informativen, unterhaltsamen und sportlichen Veranstaltungen lädt die Universität Greifswald zur ersten Woche der Wissenschaft ein. Eine Kinder- und Jugend-Uni, eine Ringvorlesung, ein Tag der Offenen Tür und der 2. Greifswalder Citylauf geben einen Einblick in Forschung und Lehre in der Universitäts- und Hansestadt.
Was es bedeutet, die Hörsaalbank zu drücken, können alle Wissensbegierigen sowohl in der Kinder- und Jugend-Uni als auch bei einer Ringvorlesung für Erwachsene von Mittwoch, 14. Mai, bis Freitag, 16. Mai, selbst testen. Schüler aller Klassenstufen haben dann die Möglichkeit, Rätsel und Wunder des Alltags zu entschlüsseln. Von den Geheimnissen der Tiefsee über eine Reise durch den Körper bis hin zu bösen Buben, die früher an der Uni eingesperrt wurden, reicht die Bandbreite der altersgerecht angebotenen Themen.
An der Ringvorlesung beteiligen sich alle Fakultäten, um das vielfältige Spektrum an der Universität aufzuzeigen. Ob die Mathematik eine Königin oder Dienerin der Wissenschaft ist, was der Staat für seine Bürger tun kann und ob ein Papst den Koran verbrennen ließ, wird im Rahmen der zahlreichen Vorträge in den frühen Abendstunden zu erfahren sein. Am Freitag (16. Mai) spielt die Uni-Bigband um 19.00 Uhr im Innenhof des Hauptgebäudes.
Am Sonnabend, dem 17. Mai, stehen allen Besuchern, die einmal hinter die Kulissen der Forscherwelten und Hightech-Labore schauen möchten, die Pforten der Alma Mater zum Tag der Offenen Tür weit offen. Führungen durch einzelne Institute, Universitätssammlungen und die barocke Aula stehen ebenfalls auf dem Programm. Darüber hinaus präsentieren sich die Fachschaften, das Studentenwerk und die Studienberatung vor Ort. Alle Veranstaltungen sind kostenlos und frei zugänglich.
Wer seine Wissenstour hingegen sportlich ausklingen lassen möchte, hat dazu am Sonnabend, dem 17. Mai, beim 2. Greifswalder Citylauf Gelegenheit. Neben dem 10 km-Hauptlauf kann auch eine 4 x 2,5 Kilometer Team-Staffel absolviert werden. Bei der 10 km-Strecke besteht zudem für Laufgruppen von Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen die sportliche Option, in einem Mannschaftswettbewerb anzutreten. Dem Siegerteam winkt der vom Kanzler der Universität Greifswald, Dr. Thomas Behrens, ausgelobte Uni-Cup. Trommlergruppe und Cheerleadern begleiten den Citylauf stimmungsvoll, damit den Läufern nicht die Puste ausgeht. Verschiedene Informationsstände, eine Laufanalyse und ein DJ runden den sportlichen Event auf dem Greifswalder Markt ab.
von Archiv | 05.05.2008
Tief ist das Akkordeon in der Musikwelt Skandinaviens verwurzelt. Egal ob Folk, Jazz oder Tango – überall ist als Rhythmus- und Melodieinstrument begehrt und geschätzt. Polierte der Auftritt des polnischen Motion Trios im letzten November im Theater Vorpommerns beim polenmARkT gehörig den Ruf des zu weil als Schifferklavier bekannten Tasteninstrumentes auf, so legt der Nordische Klang am vergangenen Samstag im St. Spiritus gebührlich nach. Gleich mit einer ganzen Akkordeon-Nacht und zwei gastierenden Formationen, die das schillernde Spektrum an Klangfarben und – möglichkeiten des Instrumentes zu Gehör brachten. Und dies immer einladend tanzbar.
Ganz der Folkore verschrieben sich die Norweger Even Röhjell und Övyind Sandum. Das seit zehn Jahren bestehende Duo aus Hamar gab in Greifswald eindrucksvoll beschwingend sein Deutschlanddebüt. Hierbei setzten sie auf alte Tanzstücke, trugen musikalische Kostbarkeiten aus Mittelnorwegen vor und wechselten von der Polka zur Mazurka und zum Walzer und anderen klanglichen regionalen Besonderheiten. Nie dabei um eine Erklärung bei der Ansage verlegen, stets im weichen Tonfluss, den Takt vorgebend Fußwippen und einem ruhig abstimmenden Seitenblick zum Spielpartner.
Einen stilistischen Kontrapunkt setzte in der zweiten Hälfte gekonnt das Mika Huusari Trio aus Kotka. Die Formation aus Greifswalds finnischer Partnerstadt bot souverän und mit einer gehörigen Portion Spielwitz Jazzstandards, Latin, estnische Folklore und natürlich auch Finnischen Tango dar. Mika Huusari (Akkordeon), Jarkko Puro (Flöte/ Gesang) und Petri Mäkiharju (Kontrabass) präsentierten gewinnend die seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts in Nordeuropa bestehende Tradition des Akkordeons als Jazzinstruments. Mit Mary Hopkins „Those were the days“ und Dave Brubecks „Nomad“ legte die Combo davon bestens Zeugnis ab. Gerade dann, wenn es nicht wie nach der altbekannten Platte klingt.
Ins Herz schloss an diesem Abend das Nordische Klang-Publikum allemal beide Gruppen, dankte ausgiebig mit Beifall und erhielt im Gegenzug eine jeweils dufte Zugabe. Nicht allein das. Das finnische Trio würdigte mit „Mona Lisa“ seine Festivalbetreuerinnen freundlichst. Und das als letztem Beitrag des Abends. Geschrieben von Uwe Roßner