Ist Deutschland noch immer das berühmte „Land der Dichter und Denker“ oder vielmehr die pisageplagte Republik der Sprachlosen und Denkfaulen?
Der 6. Poetry Slam, organisiert durch das Kulturprojekt „kunstleutekunst“, ließ diese Frage weitgehend unbeantwortet. Angekündigt war ein Dichterwettstreit – einziges Problem: es waren zu wenig Dichter anwesend. So musste Moderator Mischa Weggen das Publikum mit Hinweis auf nur drei teilnehmende Dichter vertrösten und auf einen improvisierten Abend vorbereiten. Einen wirklichen Dichterwettstreit bot der Abend im Folgenden also nicht, unterhaltsam war es jedoch allemal. So präsentierte ein Lehrer einer 5. Klasse Gedichte, die seine Schüler als „Artemis, Poseidon oder Hermes, der schnelle jugendliche Helle“ charakterisierten. Auch der Freestyler Willy aus Teltow wusste mit spontaner Wortakrobatik in dem Sinne „ich bin glücklich, indem ich erzähl und Wörter ganz spontan auswähl“ zu unterhalten. Höhepunkt das Abends waren jedoch zweifellos die Beiträge von Volker Strübing, dem deutschen Meister des Poetry Slam 2005. Viel gelacht, gestaunt oder zustimmend genickt wurde bei seinen Kurzgeschichten, die „Herpes als ästhetischen Super-GAU“, „Klone als Alternative zu Kindern“ oder die weibliche Argumentationstechnik als „Windmühlenflügel“ amüsant beschrieben. Nicht weniger beeindruckend waren Beiträge mancher Zuschauer, die Gedichte rezitierten und dafür Freigetränke erhielten. Abgerundet wurde der Abend schließlich durch einen „Worst Poem Contest“. Auch hierbei musste das Publikum aktiv werden und mit den Wörtern „Achseldackel, Raps, Pustekuchen und burschikos“ möglichst schlechte Gedichte schreiben. Dies gelang mühelos und so stand am Ende nicht der beste Dichter, sondern der schlechteste Poet fest. Aus der Not wurde letztlich eine Tugend. Für den nächsten Poetry Slam bleibt zu hoffen, dass mehr Dichter den Mut zur Teilnahme finden und beweisen helfen, dass Deutschland eben doch das „Land der Dichter und Denker“ ist.
Geschrieben von Grit Preibisch